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PRESSEKONFERENZ/635: Regierungspressekonferenz vom 12. Juli 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 12. Juli 2013
Regierungspressekonferenz vom 12. Juli 2013

Themen: Lage in Ägypten, Zahl der Kitaplätze, Termine der Bundeskanzlerin (Festakt anlässlich des 150-jährigen Firmenjubiläums der Bayer AG, Kabinettssitzung, Sommer-Pressekonferenz in der BPK), Verkauf von Rüstungsgütern an Saudi-Arabien, Verwendung von umstrittenen Kühlmitteln in Pkws, Beratungen der E3+3-Staaten über das iranische Atomprogramm, EEG-Umlage, finanzielle Situation Portugals, Reise des Bundesfinanzministers nach Athen, Verhältnis von Umsatz zu Steuern bei Amazon, Pläne der EU-Kommission zur Bankenabwicklung

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Angeli (BMFSFJ), Toschev (BMWi), Moosmayer (BMVBS), Stamer (BMU), Kothé (BMF)



Vors. Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Schäfer: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich würde Ihnen gerne im Namen des Außenministers etwas zur Lage in Ägypten sagen. Wir sind mit unseren Partnern einer Meinung, dass jeder Anschein von selektiver Justiz in Ägypten vermieden werden muss und es keine politische Verfolgung geben darf. Das ist nicht nur Ausdruck der rechtsstaatlichen Grundsätze der Bundesregierung und Deutschlands, sondern auch unserer politischen Überzeugung, dass jede Form von politischer Verfolgung außerordentlich schädlich für die Zukunft Ägyptens wäre. Wir fordern deshalb auch ein Ende der aufenthaltsbeschränkenden Maßnahmen für Herrn Mursi. Gleichzeitig gilt unser Appell allen politischen Kräften, aber ganz besonders auch der Führung der Muslimbrüder, jetzt von jeder Form von Gewalt oder Drohung mit Gewalt abzusehen.

Außenminister Westerwelle fordert die Verantwortlichen in Ägypten auf, jetzt unverzüglich einer neutralen, unzweifelhaft vertrauenswürdigen internationalen Institution Zugang zu Herrn Mursi zu gewähren. Eine Rückkehr zur Demokratie in Ägypten kann nur gelingen, wenn alle politischen Kräfte den demokratischen Transformationsprozess mitgestalten können.

Angeli: Da wir vermehrt Anfragen zu einer Pressemitteilung des Saarlandes bekommen, in der das Saarland die zur Verfügung stehende Zahl der Kitaplätze im Saarland selbst infrage stellt, möchte ich Ihnen die Antwort des Saarlands auf unsere Frage danach zur Verfügung stellen, wie viele Plätze im Laufe des Kita-Jahres 2013/2014 noch zu den derzeit verfügbaren Plätzen, also dem Ist-Stand, hinzukommen. Die Antwort des Saarlands darauf war: Sehr geehrte Damen und Herren, zu Ihrer Anfrage teile ich Ihnen mit, dass im Saarland im Laufe des Kita-Jahres 2013/2014 zu den derzeit verfügbaren Plätzen voraussichtlich 1.153 Plätze hinzukommen werden. - Das war die Antwort des Saarlandes.

Alle Bundesländer haben eine gesetzliche Pflicht, uns, dem Bundesfamilienministerium, Zahlen zu dem Stand des Kita-Ausbaus im jeweiligen Land zur Verfügung zu stellen. Jedes Land verantwortet seine Zahlen selbstverständlich selbst. Wir haben in der Pressekonferenz von gestern das veröffentlicht, was uns die 16 Bundesländer hinsichtlich des Ist-Stands und der zur Verfügung stehenden Plätze im Kita-Jahr 2013/2014 zur Verfügung gestellt haben.

StS Seibert: Zunächst einmal (zu den Terminen der Bundeskanzlerin): Am Dienstag, dem 16. Juli, wird die Kanzlerin zu einem Festakt anlässlich des 150-jährigen Firmenjubiläums der Bayer AG nach Köln reisen. Das wird in den Messehallen stattfinden. Sie wird um 11 Uhr eintreffen und dort gegen 11.40 Uhr eine Rede halten.

Am Mittwoch, 17. Juli, wird dann wie üblich um 9.30 Uhr unter der Führung der Bundeskanzlerin das Kabinett tagen.

Am Freitag - das betrifft dann auch wiederum die Bundespressekonferenz - wird die Bundeskanzlerin an dieser Stelle sitzen und ihre schon traditionelle Sommer-Pressekonferenz vor einer hoffentlich nicht ganz so sommerlich ausgedünnten Kulisse geben, aber da bin ich ziemlich zuversichtlich. Diese Pressekonferenz wird um 10 Uhr beginnen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Familienministerium. Der Satz "Jedes Bundesland ist für seine Zahlen verantwortlich" deutet für mich darauf hin, dass Sie den Kita-Zahlen der Bundesländer nicht durchgehend trauen. Ist das so?

Angeli: Die Bundesländer, die in Deutschland für den Kita-Ausbau verantwortlich sind, haben uns nach einer gesetzlichen Pflicht Zahlen zugeliefert. Auf diese Zahlen müssen wir uns verlassen. Sie wurden von den Ländern erfasst, und es wurde dabei abgefragt, wie der Ist-Stand zum 30. Juni ist. Wir haben am vergangenen Mittwoch noch einmal abgefragt, wie viele Plätze im Kita-Jahr 2013/2014 noch zu dem mitgeteilten Ist-Stand hinzukommen werden. Das, was vom Saarland zurückkam, habe ich Ihnen gerade vorgelegt. Das, was von den anderen Bundesländern zurückkam, finden Sie in der gestern veröffentlichten Tabelle.

Zusatzfrage: Ich darf noch einmal auf das Auswärtige Amt zurückkommen: Ich stolperte ein bisschen über Ihre Formulierung der Aufforderung des Ministers, Ägypten möge zur Demokratie zurückkehren. Mursi hatte ja im November eine Art Verfassungsputsch veranstaltet. Ist das Demokratie gewesen? Wann gab es nach Auffassung des Auswärtigen Amtes Demokratie in Ägypten?

Schäfer. Ich glaube und meine "Rückkehr zum demokratischen Transformationsprozess" gesagt zu haben. Aus unserer Sicht hat dieser demokratische Transformationsprozess mit der Revolution im Februar 2011 begonnen. Das ist durchaus ein holpriger Weg, den Ägypten da gegangen ist. Das ist aber angesichts der tiefgreifenden Veränderungen, die das Land bereits durchlaufen hat und weiter durchlaufen muss, um bei einer Demokratie und demokratisch-rechtsstaatlichen Verhältnissen zu landen, wie wir sie hier in Europa seit vielen Jahrzehnten genießen, auch nicht wirklich überraschend. Deshalb habe ich ganz bewusst gesagt: Wir wollen, dass Ägypten möglichst bald zu seinem demokratischen Transformationsprozess zurückkehrt. Das ist ausdrücklich ein Prozess, in dem sich dieses Land und auch andere Länder der arabischen Welt befinden.

Der Außenminister pflegt zu sagen: Das, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren in Ägypten und anderswo in der arabischen Welt beobachtet haben, sind die ersten fünf Minuten einer historischen Stunde. Man muss sich einfach nur einmal die europäische Geschichte vergegenwärtigen und sich der Frage zuwenden, wie lange es im Verlauf der letzten Jahrhunderte gedauert hat, bevor es etwa in diesem Land oder in anderen Ländern wirklich zu demokratisch-rechtsstaatlichen Verhältnissen gekommen ist.

Frage: Herr Schäfer, ist es von Herrn Westerwelle nur eine Anregung oder ein konkreter Vorschlag, dass sich eine internationale Organisation mit Mursi treffen sollte, ihn aufsuchen sollte, wie auch immer? Wer sollte das denn sein, das Internationale Rote Kreuz, die UN oder was weiß ich?

Schäfer: Bei "neutralen und unzweifelhaft vertrauenswürdigen internationalen Institutionen" fallen gut informierten Beobachtern sicherlich die richtigen Namen ein. Ich nenne einmal einen - ich will damit nicht sagen, dass es eine solche Institution sein muss, aber jedenfalls, dass sie es sein könnte -, nämlich etwa das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Das ist eine Institution, die sich inzwischen seit weit mehr als einem Jahrhundert genau in dieser Art von Fragen wirklich sehr hervorgetan hat und deren Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Neutralität über jeden Zweifel erhaben ist. Ich will damit aber ausdrücklich nicht sagen, dass es diese Institution sein muss, sondern dass sie es aus Sicht von Außenminister Westerwelle sein könnte.

Hintergrund dieser Aufforderung an die Verantwortlichen in Ägypten ist selbstverständlich die Einschätzung, dass es der Lage im Land nicht zuträglich ist, wenn es zunehmend Unsicherheit über den Aufenthaltsort, den Verbleib und das Wohlbefinden von Herrn Mursi gibt.

Frage: Ich habe zunächst einmal eine Frage an Herrn Seibert beziehungsweise an Herrn Toschev: Hat die Bundesregierung irgendwelche Erkenntnisse darüber, dass Saudi-Arabien Abstand von seinem ursprünglichen Begehren genommen hat, bei einem deutschen Hersteller Rüstungsgüter zu kaufen? Bedauert die Bundesregierung das, wenn es so ist?

StS Seibert: Ich glaube, das BMWi kann sich dazu äußern.

Toschev: Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Der "Handelsblatt"-Artikel, den Sie erwähnen, ist uns bekannt. Zu dem darin aufgeführten Inhalt können wir keine Stellung nehmen. Es entspricht auch den üblichen Gepflogenheiten, dass wir zu solchen Angelegenheiten keine Auskunft geben können.

Frage: Ich habe eine Frage, die vielleicht auch das Auswärtige Amt beantworten könnte. In dem Artikel ist auch die Rede davon, dass man sich in Saudi-Arabien über die Debatte in Deutschland geärgert habe, als es um Panzerlieferungen ging. Die Opposition hat vehement dagegen argumentiert. Ist diesen Ärger darüber, wie die Debatte in Deutschland verlief, vielleicht auch über diplomatische Kanäle Ausdruck verliehen worden?

Schäfer: Das glaube ich nicht. Ich weiß es nicht. Ich wüsste nicht, in welcher Weise das auf diplomatischen Kanälen hätte geschehen sollen. Das ist mir nicht bekannt.

Frage: In dem "Handelsblatt"-Artikel werden auch Stimmen zitiert, die der Bundesregierung den - so nenne ich es einmal - Vorwurf machen, eine Entscheidung sei auf die Zeit nach der Bundestagswahl vertagt worden. Solche Stimmen gab es ja vorher auch schon. Ist das denn ein zutreffender Vorwurf? Was sagen Sie dazu?

Toschev: Ich kann nur das wiederholen, was ich gesagt habe: Zu Fragen, die solche Entscheidungen oder auch die diesbezüglichen Verfahrensprozesse betreffen, können wir leider keine Auskunft geben.

Frage: Ich würde mich gerne von der Bundesregierung über den aktuellen Stand des Streits zwischen der EU-Kommission, Daimler und dem französischen Staat über die Verwendung umstrittener Kühlmittel in Pkws informieren lassen. Mich würde zum einen interessieren, wie der Stand der Dinge ist. Hat sich zweitens die Bundeskanzlerin selbst in diesen Streit eingeschaltet? Mich würde auch interessieren, was das Bundesumweltministerium von dieser Sache hält, denn die hat ja als Hintergrund auch Umweltaspekte zum Gegenstand.

StS Seibert: Ich kann Ihnen für die Bundesregierung dazu nur sagen, dass sich die Bundesregierung in intensiven Gespräch befindet, und zwar sowohl mit der EU-Kommission als auch mit den französischen Behörden. Federführend ist bei uns allerdings das BMVBS zuständig. Insofern wäre die Sprecherin zu fragen.

Moosmayer: Dem ist eigentlich gar nicht viel hinzuzufügen. Wir befinden uns im Gespräch, um diese Sache zu lösen. Ich würde auch darauf hinweisen, dass die endgültige Risikobewertung ja noch aussteht. Die ist für den Sommer dieses Jahres zu erwarten. Dann werden wir sicherlich mehr Grundlagen haben.

Zusatzfrage: Mich würde ganz konkret interessieren, wie die Bundesregierung es bewertet, dass ein befreundetes Partnerland letztendlich mit einer Blockade von Neuzulassungen betreffender Autos reagiert und sich damit über eine Genehmigung hinwegsetzt, die hier vom Fahrzeugbundesamt offenbar erteilt worden ist.

Noch einmal die Frage: Mich interessiert auch, was das Bundesumweltministerium von diesem Komplex hält.

Moosmayer: Ich kann es eigentlich nur noch einmal wiederholen: Natürlich ist das genau in diesem Dreieck zu sehen. Wir stehen also in Kontakt mit Paris und Brüssel, um diese Sache zu klären, die natürlich nicht schön ist. Es ist eine technische Frage, die da geklärt werden muss, und dafür liegen eben auch noch nicht alle Unterlagen vor. Aber dass man jetzt bald zu einer Lösung kommen muss, ist uns auch allen klar.

Stamer: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Schäfer, die Politischen Direktoren der E3+3-Staaten treffen sich nächste Woche in Brüssel. Was ist das Ziel des Treffens?

Schäfer: Ich kann Ihnen auf die Frage jetzt hier keine Antwort geben, weil ich das Treffen nicht bestätigen kann. Es ist mir nicht bekannt. Das soll aber nicht heißen, dass es das nicht gibt. Ich bin gerne bereit, nachher, gerne auch am Montag, dazu noch einmal Stellung zu nehmen.

Ganz grundsätzlich gilt selbstverständlich, dass es bei allen Bemühungen, an denen Deutschland im Rahmen der E3+3 beteiligt ist, endlich Fortschritte auf dem Weg zu einer vernünftigen Lösung im Hinblick auf die Zweifel an der Natur des iranischen Atomprogramms geben muss. Dem dienen Vorbereitungstreffen, dem dienen auch die Begegnungen, die unter Federführung von Lady Ashton für die E3+3 hoffentlich bald stattfinden können. Wir erwarten und hoffen, auch angesichts der neuen Führung in Teheran und des neu gewählten, noch nicht in sein Amt eingeführten iranischen Präsidenten, dass dieses ganz schwierige internationale Dossier in der nächsten Zeit in eine Verhandlungsbahn geführt werden kann, auf der sich Lösungen ergeben, mit denen alle Seiten leben können und die unsere Zweifel glaubwürdig und nachhaltig beiseite räumen.

Zusatzfrage: Noch einmal zur Klarstellung: Es gab Medienberichte, dass so ein Treffen am 16. Juli in Brüssel stattfinden soll. Das können Sie jetzt nicht bestätigen?

Schäfer: So ist es.

Frage: Eine Frage zur EEG-Umlage. Herr Toschev, es gibt eine Antwort des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in Sachen EEG-Umlage, wie viele Anträge es dieses Jahr in Bezug auf Ausnahmen geben wird. Das sind vorläufige Zahlen.

Erstens. Können Sie sagen, wann die endgültigen Zahlen vorliegen?

Zweitens. Ist die Vermutung richtig, dass die endgültigen Zahlen höher als die jetzigen vorläufigen sein werden?

Drittens. Kann man aus der Zahl der Anfragen auch ableiten, dass wahrscheinlich die Zahl der genehmigten Ausnahmen höher sein wird?

Viertens. Wann wird nach welchen Kriterien darüber entschieden?

Toschev: Ich würde wegen der Federführung des BMU die Frage an das BMU abgeben.

Stamer: Sie haben ja schon darauf hingewiesen, dass das, was vorliegt, eine vorläufige Übersicht über die Zahl der Anträge ist. Es gibt noch keine abschließenden Zahlen über die genehmigten Anträge. Die Entscheidungen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle stehen noch aus. Erst dann lässt sich auf einer belastbaren Basis eine Bewertung abgeben.

Was sich nach den vorläufigen Zahlen erkennen lässt, ist ein leichter Anstieg. Wie gesagt: Eine endgültige Bewertung ist im Moment noch nicht möglich.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, dass der Bundesumweltminister zusammen mit dem Wirtschaftsminister in Bezug auf kurzfristige Maßnahmen zur Abbremsung der Kosten beim Ausbau der erneuerbaren Energien Vorschläge dahingehend gemacht hat, dass diese Ausnahmeregelungen eingeschränkt werden, dass sie auf den Prüfstand kommen. In dem Vorschlag waren Maßnahmen für ein Volumen von 700 Millionen Euro enthalten. Sie wissen, dass diese Vorschläge wegen der ablehnenden und auch uneinheitlichen Haltung der Länder dazu bislang nicht umgesetzt werden konnten.

Eine Sache möchte ich noch ergänzen: Sie fragten nach der Grundlage. Die besondere Ausgleichsregelung - das ist der Fachbegriff - ist im EEG geregelt. Das sind die 40 ff. Hier ist das BAFA an Recht und Gesetz gebunden. Es hat keinen Ermessensspielraum bei seinen Entscheidungen.

Toschev: Ich möchte gerne noch etwas ergänzen: Ich kann das nur bekräftigen, was gerade schon gesagt wurde. Der Fokus der Frage - und auch des Artikels - liegt auf der besonderen Ausgleichsregelung. Unsere Position ist klar: Hohe Energiepreise belasten die Wettbewerbsfähigkeit und gefährden damit auch Arbeitsplätze. Deshalb ist für besonders stromintensive Unternehmen die Begrenzung der EEG-Umlage zur Sicherung der Arbeitsplätze sehr wichtig. Dabei erhält ein Großteil der Firmen keine Befreiung, sondern die Ausnahmen sind grundsätzlich restriktiv und nicht zu großzügig ausgestaltet, wie das dort vielleicht durchklingen mag.

Es gibt heute auch Berichte in anderen Medien, wonach Unternehmen, die Anträge gestellt haben, nicht befreit wurden. Das zeigt also, dass es keineswegs zu großzügige Ausnahmeregelungen gibt.

Nicht die Ausnahmen, sondern der bisher ungebremste Zubau der erneuerbaren Energien ist aus unserer Sicht der Hauptkostentreiber. Deshalb - das ist ja auch bekannt - setzt sich der Minister seit Langem für eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ein. - Soweit zur Einordnung.

Zusatzfrage: Zwei Zusatzfragen. Erstens. Herr Toschev, wenn das so restriktiv gehandhabt wird, wie erklären Sie dann, dass die Anträge innerhalb von zwei Jahren von 800 auf 2.400 steigen? Hat sich die Wettbewerbssituation in zwei Jahren plötzlich so stark verändert?

Zweitens. Frau Stamer, bis wann wird endgültig beschieden werden, wie viele Betriebsstätten sozusagen in den Genuss der Ausnahme kommen?

Toschev: Es obliegt natürlich den einzelnen Unternehmen, ob und wie viele Anträge sie stellen. Das liegt auch an der Unternehmenssituation. Ich kann den Anstieg der Antragszahl nicht weiter kommentieren. Wie gesagt: Aus unserer Sicht ist die Ausgleichsregelung ein wichtiges Element. Dass sie genutzt wird, zeigt das wahrscheinlich auch. Sie ist wichtig für die Arbeitsplatzsicherung.

Stamer: Ich kann Ihnen im Moment keinen Stichtag dafür nennen.

Zusatzfrage: Frau Stamer, Herr Toschev hat ja gerade noch einmal gesagt, dass der Wirtschaftsminister der Auffassung ist, dass der Hauptkostentreiber der ungebremste Zubau der erneuerbaren Energien und nicht diese Ausnahmeregelungen sind. Ihr Minister hat die Ausnahmeregelungen kritisch gesehen. Sie haben es eben schon gesagt: Er hatte in einem ursprünglichen Entwurf vor, sie einzudämmen. Wie beurteilt er denn politisch, dass nun die Ausnahmen offenbar weiter ansteigen?

Stamer: Ich habe ja gerade auf die gemeinsamen Vorschläge hingewiesen. Sie wissen, dass das Papier vom 13. Februar datiert. Der Minister setzt sich auch weiterhin dafür ein. Wenn es Gesprächsbereitschaft bei der Opposition oder bei den Ländern gibt, dann ist er der Meinung, dass sich diese Vorschläge kurzfristig noch umsetzen lassen.

Ich habe ja gerade darauf hingewiesen, dass das kurzfristige Maßnahmen sind, um den Kostenanstieg beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu dämpfen. Der Vorschlag zum Thema "besondere Ausgleichsregelung" konnte nicht umgesetzt werden, weil insbesondere in dieser Frage die Opposition und die Länder eine uneinheitliche Haltung hatten.

Im Übrigen gibt es auch Übereinstimmung darin, dass das EEG grundlegend reformiert werden muss. Der Minister hat mehrmals betont, dass das eine Aufgabe ist, die die neue Bundesregierung nach der Wahl sehr zügig angehen sollte. Auch bei dieser grundlegenden Reform gehören diese Ausnahmeregelungen auf den Prüfstand.

Vors. Detjen: Herr Schäfer, wenn ich es richtig verstanden habe, können Sie uns zum Thema Iran etwas nachtragen.

Schäfer: Genau, ich kann bestätigen, dass es in der Tat am 16. Juli in Brüssel ein Treffen der Politischen Direktoren der Gruppe E3+3 geben wird - ohne den Iran. Gegenstand der Gespräche ist - das liegt auf der Hand -, sich gemeinsam zu verabreden, wie angesichts der neuen Lage in Teheran der Verhandlungsprozess mit dem Iran fortgesetzt werden soll.

Frage: Ich würde gerne wissen - wahrscheinlich vom Finanzministerium -, wie beurteilt wird, dass Portugal bei seinen Geldgebern beantragt hat, den jedes Quartal anstehenden Prüfprozess zu verschieben. Ist das ein Hinweis darauf, dass in Portugal jetzt zunehmend die Gefahr besteht, dass das Land doch vom Kurs abkommt?

Kothé: Ich möchte vielleicht vorab noch einmal darauf hinweisen, dass wir davon ausgehen, dass es im ureigensten Interesse Portugals ist, an den Zielen des wirtschaftlichen Anpassungsprogramms festzuhalten und den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen. Die Erfolge sind ja sichtbar. Wie Sie wissen, hat Portugal erfolgreich erste Schritte zur Marktrückkehr absolviert, hat Portugal eine verbesserte Leistungsbilanz und sind die Dinge am Arbeitsmarkt positiver. All dies ist sehr ermutigend. Gleichwohl haben wir Verständnis für die im Augenblick schwierige innenpolitische Lage in Portugal. Darüber, was die weiteren Verfahrensschritte sind, werden wir uns mit unseren europäischen Partnern abstimmen.

Frage: Nächste Woche besucht Herr Schäuble Athen. Wird ein Memorandum of Understanding zum Aufbau einer griechischen Anstalt nach dem Vorbild der KfW unterschrieben werden?

Kothé: Es ist richtig - wir haben das ja bereits angekündigt -, der Minister reist nächste Woche nach Athen. Wir haben auch mehrfach gesagt, dass wir, ähnlich wie im Falle Spaniens, versuchen werden, bilateral den Anpassungsprozess und die Reformen in Griechenland zu unterstützen. Die Ausgangslage ist in Griechenland noch ein bisschen anders. Wir arbeiten daran und geplant ist, dass es - in welcher Form auch immer - irgendeine Verständigung geben wird. Das könnte ein MoU sein, das unterschrieben wird.

Frage: Wahrscheinlich noch einmal an das Finanzministerium: Nach neuesten Zahlen hat der US-Konzern Amazon in Deutschland weit über 8 Milliarden Euro umgesetzt, hat aber unter 4 Millionen Dollar Steuern bezahlt. Ist Ihnen das bekannt? Ist das ein singulärer Vorgang, der bei Amazon deutlich wird? Was folgert die Bundesregierung aus einem solchen offensichtlichen Missverhältnis von Geschäftsumfang und Besteuerung?

Kothé: Die Zahlen kenne ich so nicht, Herr Heller. Wie Sie wissen, äußern wir uns auch grundsätzlich nicht zu einzelnen Unternehmen. Das würde ich, selbst wenn ich die Zahlen kennen würde, auch in diesem Fall nicht tun.

Vielleicht an dieser Stelle noch einmal der Hinweis: Sie wissen, dass wir uns dieses Themas, des allgemeinen Themas von Gewinnverlagerung und Steuervermeidungsstrategien im internationalen Bereich, sehr engagiert annehmen. Die bestehenden Initiativen kennen Sie; ich glaube, das brauche ich an dieser Stelle nicht alles zu wiederholen. Dieses Thema wird auch ein wichtiges Thema beim G20-Treffen der Finanzminister in Moskau sein.

Frage: Ich muss noch einmal etwas zum Thema Daimler und Kältemittel nachfragen, und zwar nicht das Finanzministerium, sondern Herrn Seibert, weil ich da vielleicht etwas überhört habe: Ich hatte gefragt, ob die Kanzlerin sich eingeschaltet hat. Ich glaube, diese Frage hatten Sie nicht so richtig beantwortet?

StS Seibert: Ich hatte gesagt, dass die Bundesregierung in sehr intensiven Gesprächen sowohl mit der Kommission als auch mit den französischen Behörden steht und dass das Verkehrsministerium federführend ist.

Zusatzfrage: Heißt das, dass nicht die Kanzlerin, sondern andere Teile der Bundesregierung damit befasst sind?

StS Seibert: Für die Bundesregierung heißt das das, was ich gesagt habe: sehr intensive Gespräche.

Frage: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium und an Herrn Seibert. Es geht um Herrn Götzl, seines Zeichens Chef des Genossenschaftsverbandes in Bayern, der die Bankenabwicklungspläne der EU-Kommission mit den Ermächtigungsgesetzen der Nazis verglichen hat. Das hat er nicht am Stammtisch getan, sondern bei einer Jubiläumsveranstaltung, bei der zum Beispiel auch Herr Weidmann Gast war. Deshalb die Frage: Was hält die Bundesregierung von solchen Äußerungen?

StS Seibert: Da ich das genaue Zitat, von dem Sie sprechen, nicht kenne, möchte ich das nicht kommentieren.

Kothé: Aus unserer Sicht sehe ich auch keinen Anlass, das zu kommentieren.

Frage: Ich würde gerne vom Finanzministerium noch kurzfristige Lernminuten einfordern, und zwar ebenfalls zum Punkte Bankenabwicklung. Nachdem die EU-Kommission jetzt Pläne vorgelegt hat, die die Bundesregierung nicht sonderlich goutiert: Wie ist das weitere Verfahren, welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, die Pläne von Herrn Barnier zu ändern oder zu stoppen?

Kothé: Wir haben das ja schon in der letzten Regierungspressekonferenz gesagt: Es geht keineswegs darum, den Prozess zu stoppen; vielmehr haben wir andere Vorstellungen davon, wie dieser Abwicklungsmechanismus beziehungsweise der Fonds ausgestaltet werden soll.

Zum Verfahren: Es wird noch eine Arbeitsgruppe geben; das ist das normale europäische Verfahren. Es gibt auf der Arbeitsebene noch ein Treffen vor der Sommerpause in Brüssel, und im September geht es dann weiter. Die Kommission hat angekündigt, dass sie bis Ende des Jahres eine allgemeine Ausrichtung im Rat anstrebt. Das vielleicht als erste Orientierung für den weiteren Zeitplan.

Zusatzfrage: Nur noch einmal zur Klärung: Könnte die Kommission diese Pläne letztendlich auch dann durchziehen, wenn Deutschland noch Kritik daran hat? Andersherum gefragt: Ist irgendwo eine Einstimmigkeit gefordert oder ist das in der Entscheidungsgewalt der Kommission?

Kothé: Das wird mit qualifizierter Mehrheit entschieden, aber der Rat muss dem Ganzen natürlich zustimmen. Von daher ist das keine alleinige Entscheidung der Kommission, sondern das übliche Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 12. Juli 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/07/2013-07-12-regpk.html;jsessionid=CE35C46041620850EC157A3335EF09B7.s1t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juli 2013