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PRESSEKONFERENZ/639: Regierungspressekonferenz vom 22. Juli 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 22. Juli 2013
Regierungspressekonferenz vom 22. Juli 2013

Themen: Reise der Bundeskanzlerin in die Hochwassergebiete in Sachsen-Anhalt, Zusammenarbeit von NSA, BND und BfV, Oberhauswahlen in Japan, Commerzbank, Verzögerungen bei der Auslieferung des Transportflugzeugs Airbus A400M, Vorschlag der Bundesregierung zur Umstrukturierung der EU-Kampfgruppen

Sprecher: SRS Streiter, Peschke (AA), Paris (BMVg)



VORS. Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS Streiter: Ich habe Ihnen zwei Sachen mitgebracht. Das eine ist eine etwas präzisere Terminankündigung für morgen. Die Bundeskanzlerin hatte ja am Freitag angekündigt, dass sie morgen noch einmal in die Hochwassergebiete fahren wird. Ich kann das jetzt noch einmal ein bisschen präzisieren. Sie wird also noch einmal nach Sachsen-Anhalt in das Hochwassergebiet fahren, um sich dort ein eigenes Bild von der aktuellen Lage zu machen und mit den betroffenen Anwohnern zu sprechen. Sie wird insbesondere Fischbeck und Kamern besuchen, die Region, in der die Menschen am längsten vom Hochwasser betroffen waren.

Die Bundeskanzlerin wird ab 10 Uhr in Fischbeck sein und dort mit den Anwohnern zusammentreffen. Anschließend wird sie sich ein Bild von der derzeitigen Situation an der Deichbruchstelle und den Arbeiten an der gesperrten ICE-Trasse bei Schönhausen machen.

Ab ca. 12 Uhr wird die Bundeskanzlerin dann in Kamern mit vom Hochwasser betroffenen Anwohnern zusammentreffen und das Spendensammellager in der Turnhalle des Dorfgemeinschaftshauses besuchen.

Die Bundeskanzlerin wird von dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, und dem dortigen Minister für Landwirtschaft und Umwelt, Hermann Onko Aeikens, begleitet. Eine Akkreditierung ist nicht erforderlich. Die interessierten Journalistinnen und Journalisten sollten sich ca. 30 Minuten vor dem Eintreffen der Bundeskanzlerin vor Ort einfinden. Wir werden jetzt auch gleich noch ein genaues Presseprogramm zum Ablauf dieses Besuches mit allen Details veröffentlichen. Wer Interesse hat, ist also herzlich eingeladen.

Dann möchte ich noch etwas zur Berichterstattung vom Wochenende über die berichtete Zusammenarbeit zwischen der NSA, dem BND und dem Bundesamt für Verfassungsschutz sagen: Eine internationale Zusammenarbeit ist unabdingbar. Sie ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Tätigkeit unserer Dienste bei der Abwehr von Gefahren für unser Land. Internationaler Terrorismus kann nur durch internationale Zusammenarbeit bekämpft werden. Dies dient dem Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Nicht zuletzt beruht der Schutz deutscher Soldatinnen und Soldaten in den Krisengebieten auf der internationalen Zusammenarbeit mit unseren Partnern, also mit unseren engsten Verbündeten. Zur internationalen Zusammenarbeit gehören regelmäßige Gespräche auf Arbeits- und Leitungsebene, und zwar mit allen Partnerdiensten. Ein Land wie Deutschland kann auf eine solche Zusammenarbeit und funktionierende Nachrichtendienste nicht verzichten. Klar ist dabei, und das hat die Bundeskanzlerin am Freitag gesagt: Auf deutschem Boden gilt deutsches Recht. Das gilt für jeden. Daran haben sich alle in Deutschland zu halten, auch unsere Nachrichtendienste.

Die Fragen, die sich aus der Berichterstattung vom Wochenende ergeben, nimmt die Bundesregierung daher sehr ernst. Der Chef des Bundeskanzleramtes hat eine umfangreiche Prüfung veranlasst. Über deren Ergebnis wird dem Parlamentarischen Kontrollgremium kurzfristig berichtet werden. Bundesminister Pofalla hat heute Vormittag mit dem Vorsitzenden des Gremiums, dem Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Herrn Oppermann, Kontakt aufgenommen und ihn gebeten, ab Mittwoch zu einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums einzuladen. In dieser Sitzung sollen alle aufgeworfenen Fragen geklärt werden. Herr Oppermann hat dem zugestimmt und wird nach Abstimmung mit den Fraktionen im Deutschen Bundestag zeitnah einen konkreten Termin festsetzen.

Frage: Herr Streiter, nun gibt es Kritik und Stimmen, die sagen, dass Herr Pofalla bisher sehr lange nichts gesagt habe und jetzt offenbar erst sehr spät auftreten wolle. Wie bewerten Sie diese Fragen oder diese Kritik?

SRS Streiter: Gar nicht! Herr Pofalla war in der vergangenen Woche im Urlaub, und er ist seit gestern wieder da. Wie Sie sehen können, ist er gestern schon aktiv geworden und heute Morgen besonders.

Frage: Herr Streiter, es gibt Forderungen nach einer Ablösung des BND-Präsidenten Gerhard Schindler. Wie steht die Bundesregierung dazu?

SRS Streiter: Ich finde, Forderungen sollte man erst erheben, wenn man etwas weiß.

Zusatzfrage: Heißt das, das bleibt noch in der Schwebe? Wenn sich das bestätigt, was im "Spiegel" steht, wird er dann abgelöst?

SRS Streiter: Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe Ihnen gesagt, dass das Parlamentarische Kontrollgremium vermutlich in dieser Woche zusammentreten wird und dass dort alle Fragen beantwortet werden.

Frage: Herr Peschke, was hat denn die Überprüfung hinsichtlich bilateraler oder wie auch immer gearteter Abkommen über die Zusammenarbeit der Dienste, hinsichtlich möglicher alter oder noch bestehender Abkommen, die über die aus 1968 hinaus gehen, und hinsichtlich Sonderrechten für alliierte Dienste ergeben? Wir hatten ja am Freitag die Kanzlerin hier. Die sagte, der Außenminister werde das prüfen, und sie werde die Frage zum Anlass nehmen, ihm die Prüfung noch einmal ans Herz zu legen. Was ist denn dabei in der Zwischenzeit herausgekommen?

Peschke: Wo es ja eine Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung gibt, ist in der Tat das Verwaltungsabkommen von 1968. Das hat die Kanzlerin ja auch gesagt. Das hatte der Außenminister vorher schon in Auftrag gegeben. Dabei geht es um ein Verwaltungsabkommen zwischen Deutschland und den ehemaligen Alliierten aus dem Jahre 1968, das den Geltungsbereich von Art. 10 GG - das betrifft das Post- und Fernmeldegeheimnis - einschränkt.

Was dieses Verwaltungsabkommen betrifft, ist es so, dass wir der amerikanischen Seite konkret den Vorschlag zur Aufhebung dieses Verwaltungsabkommens gemacht haben. Dazu gab es bereits Gespräche mit der amerikanischen Seite. Wir haben der amerikanischen Seite einen Entwurf für eine Aufhebungsvereinbarung übergeben. Das wird dann vermutlich so stattfinden, dass entsprechende beidseitige Erklärungen zur Aufhebung ausgetauscht werden.

Da liegt der Ball jetzt im amerikanischen Feld. Wir haben das in Gesprächen anhängig gemacht und führen weitere Gespräche darüber. Jetzt müssen diesbezüglich natürlich eine amerikanische Abstimmung und dann auch eine entsprechende amerikanische Antwort erfolgen. Das ist der Tätigkeitsbereich, den wir im Moment in die Wege geleitet haben.

Zusatzfrage: Vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt. Es geht um Abkommen jenseits dieser Vereinbarung von 1968. Die Frage war explizit: Gibt es darüber hinaus weitere Abkommen, Verträge, Vereinbarungen, MoUs oder Sonstiges? Die Kanzlerin hatte zugesagt, dass der Außenminister das prüfen werde, und ich frage: Haben Sie geprüft, ob es darüber hinaus weitere Abkommen gibt? Wenn ja, hat die Prüfung etwas ergeben? Wenn Sie das nicht geprüft haben, dann würde mich interessieren, warum nicht.

Peschke: Ich glaube, wir haben eine sehr umfassende Aktivität in die Wege geleitet. Sofern es weitere einschlägige Regelungen geben sollte, wird das selbstverständlich geprüft. Ich meine mich zu erinnern - die Kanzlerin war am Freitag hier, und jetzt ist Montag -, dass wir, schon bevor die Kanzlerin hier war, sehr aktiv waren, was die Verwaltungsvereinbarung betrifft. Sofern es weitere einschlägige Dinge geben sollte und sich das in der anlaufenden, dauernden Prüfung und Aufklärung ergeben sollte - das ist eine Gesamtaufgabe der Bundesregierung -, werden wir dann natürlich selbstverständlich auch tätig werden.

Sie wissen, dass wir auch in Bezug auf den internationalen Zivilpakt tätig sind, nämlich insofern, dass man international eine Zusatzverordnung abschließt, um den internationalen Rechtsschutz in diesen Dingen zu erhöhen. Das ist ein weiteres Tätigkeitsfeld.

Aber, wenn sich weitere Erkenntnisse im Rahmen der ja seit geraumer Zeit geführten Aufklärungsarbeit und Prüfungsarbeit ergeben sollten, dann werden wir uns dem selbstverständlich und natürlich genauso intensiv widmen.

Zusatzfrage: Mit anderen Worten: Sie wissen nicht, ob es zusätzliche, darüber hinausgehende Abkommen gibt. Was weiß denn das Kanzleramt, Herr Streiter?

SRS Streiter: Das klärt ja das Bundesaußenministerium.

Frage: Ich habe zwei Fragen an Herrn Streiter. Die erste: Hat der Chef des Kanzleramts in seinem Gespräch mit Herrn Oppermann auch in Aussicht gestellt, dass sich gegebenenfalls auf Wunsch des PKGr auch die Bundeskanzlerin für weitere Auskünfte zur Verfügung stellen wird?

Die zweite Frage: Hat denn die Aussage von Frau Merkel, dass das unter Freunden, unter Partnern nicht gehe, wie sie es schon mehrfach ausgedrückt hat, weiterhin Bestand, nachdem jetzt klar geworden ist, dass auch die deutschen Dienste die gleichen Instrumente und gleichen Technologien wie die Amerikaner nutzen?

SRS Streiter: Zur ersten Frage: Darüber ist nicht gesprochen worden. Dazu gibt es auch keine Veranlassung.

Hinsichtlich des Zweiten, was die Instrumente betrifft, glaube ich, man sollte doch auch noch einmal feststellen: Es gehört ja zum Wesen von Geheimdiensten, dass manche Dinge eben auch geheim sind. Ich glaube, das kann jeder verstehen. Wir würden ja den Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung, die unsere Art zu leben in Gefahr bringen wollen, wirklich einen großen Gefallen tun, wenn wir nun wirklich jedes Detail in der Öffentlichkeit ausbreiten würden. Diese Menschen lesen auch Zeitung. Die schauen auch Fernsehen. Die hören auch Radio.

Dies alles bedeutet aber nicht, dass Geheimdienste der parlamentarischen Kontrolle entzogen sind, im Gegenteil. Diese Kontrolle erfolgt durch das Parlamentarische Kontrollgremium und die G-10-Kommission. Unsere Geheimdienste arbeiten also sinnvollerweise geheim, sind aber demokratisch legitimiert, arbeiten auf der Grundlage strenger Gesetze und unterliegen einer strengen parlamentarischen Kontrolle.

Frage: Herr Streiter, ich habe noch eine Frage zum Kanzleramtsminister. Sie sagten jetzt, er sei letzte Woche im Urlaub gewesen. Aber er hat letzte Woche auch den BND beauftragt, diese PRISM-Geschichte aufzuklären, also ob es "PRISM 1" oder "PRISM 2" gibt. Heißt das, er hat das aus dem Urlaub heraus gemacht? Wie kann man das verstehen?

Zweite Frage: Gibt es jetzt eigentlich schon neue Erkenntnisse, was "PRISM 1" und "PRISM 2" angeht? Ist es nach wie vor die Position der Bundesregierung, dass die beiden Programme nicht identisch sind, oder gibt es neue Erkenntnisse? Sind sie vielleicht doch identisch? Es gab ja die Meldung, dass beide auf dieselbe Datenbank zugreifen.

SRS Streiter: Dazu hat die Bundeskanzlerin ja am Freitag alles gesagt, was sie dazu sagen kann. Das ist ja auch nie eine Auffassung der Bundesregierung gewesen, sondern es ist - das ist hier referiert worden - ganz klar gewesen: Es gab die Einschätzung des BND, dass es sich um zwei Programme handelt. Ob es sich um ein Programm handelt oder um zwei Unterprogramme, das alles wird Gegenstand einer Aufklärung sein. Ich hoffe, dass man das vielleicht auch sogar schon bis zu dieser bevorstehenden Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums klären kann.

Zusatzfrage: Hat Herr Pofalla diese Anweisung an den BND dann aus dem Urlaub heraus gegeben?

SRS Streiter: Das wird dann wohl so sein. Vielleicht hat er auch einen Vertreter.

Frage: Herr Streiter, mich würde interessieren: War denn im Kanzleramt bekannt, dass es dieses Programm XKeyscore gab? Ist konkret bekannt gewesen, dass der BND und das Bundesamt für Verfassungsschutz damit arbeiten, oder ist das für Sie jetzt auch komplett neu gewesen? Gab es darüber auch schon einen direkten Austausch mit den Diensten?

SRS Streiter: Darüber habe ich keine Erkenntnisse. Ich würde sagen: Auch dies ist Gegenstand der Erörterung im Parlamentarischen Kontrollgremium.

Frage: Vielleicht noch einmal eine Frage zu der Suche nach weiteren Abkommen: Haben Sie denn einmal geschaut, ob Sie bezüglich der Abkommen, die den USA im Zusammenhang mit der Stationierung von Nato-Truppen in Deutschland möglicherweise auch Horch- und Spährechte einräumen, was nach deutschem Recht ansonsten eigentlich nicht erlaubt wäre, etwas machen können? Das bezieht sich auf das, was eben schon einmal gefragt wurde.

SRS Streiter: Haben Sie mich jetzt gefragt?

Zusatz: Nein, Herrn Peschke.

Peschke: Sie meinen Truppenstatute für ausländische Truppen in Deutschland. Es ist ein normaler Vorgang, dass es Truppenstatute für ausländische Truppen gibt. Wenn wir deutsche Soldaten ins Ausland schicken, arbeiten wir auch sogenannte Truppenstatute oder "Status of Forces Agreements" mit den jeweiligen Gastregierungen aus. Dabei gibt es natürlich immer gewisse Sonderregelungen und Immunitäten; das gibt es ja auch im diplomatischen Verkehr. Aber klar ist, dass natürlich am einschlägigsten ist - das hat die Kanzlerin auch betont -, dass in den jeweiligen Gastländern auch das Recht des jeweiligen Empfängerstaates zu respektieren ist.

Zusatzfrage: Haben Sie sich das also nicht darauf hin angeschaut?

Peschke: Ich verstehe den Prüfauftrag oder die Prüfzusage so, dass alles Einschlägige natürlich geprüft wird. "Alles Einschlägige" meint in diesem Fall, glaube ich, das Problem des Datenschutzes und der Datensicherheit. Dann muss man erst einmal sehen, was ein Truppenstatut mit dem Problem der Datensicherheit zu tun hat.

Wir hatten Anfang des Sommers einmal das Thema, dass es Berichte darüber gab, dass bestimmte Operationen von US-Streitkräften von deutschem Boden aus gesteuert werden könnten. Damals ist man in die USA gefahren, und Außenminister Westerwelle hat das gegenüber Außenminister Kerry angesprochen. Dann hat Außenminister Kerry öffentlich gesagt und versichert, dass internationales Recht und das jeweilige Recht selbstverständlich respektiert werden. Das ist eine öffentlich verbindliche Erklärung, hinsichtlich derer wir natürlich davon ausgehen, dass sie entsprechend eingehalten wird.

Das ist übrigens auch noch ein Aspekt, hinsichtlich dessen wir tätig sind, und das hat die Bundesregierung ja auch auf verschiedenen Ebenen anhängig gemacht, nämlich eine öffentlich verbindliche Erklärung der Amerikaner entsprechend der Forderung der Bundeskanzlerin, dass auf deutschem Boden auch deutsches Recht respektiert wird. Auch diesbezüglich sind wir diplomatisch tätig geworden und haben das auf diplomatischen Kanälen nachdrücklich bei der amerikanischen Seite angelandet. Es wird jetzt auch von amerikanischer Seite geprüft, inwiefern und in welchem Rahmen eine solche öffentliche Erklärung abgegeben werden kann.

Frage: Herr Streiter, mir ist, ehrlich gesagt, noch nicht ganz klar, auf was sich Ihr Satz bezieht, Herr Pofalla habe eine ausführliche Prüfung veranlasst. Sind das die neuen Medienberichte oder der "Spiegel"-Bericht vom Wochenende? Ist das eine Gesamtprüfung?

Zweite Frage. Lässt die Tatsache, dass er für Mittwoch um eine Sitzung des PKG gebeten hat, darauf schließen, dass er Mittwoch dem PKG und vielleicht auch der Öffentlichkeit endlich Ergebnisse präsentieren kann?

SRS Streiter: Ab Mittwoch.

Zusatz: Entschuldigung, ab Mittwoch.

SRS Streiter: Er hat natürlich die Berichterstattung zum Anlass genommen, sich noch einmal intensiv zu informieren. Er hatte heute Morgen auch ein Gespräch mit dem BND-Chef. Daraus haben sich einige Prüfaufträge ergeben, die jetzt sehr zügig abgearbeitet werden.

Zusatzfrage: Das ist genau das, was ich nicht verstehe. Uns ist ja schon seit Längerem Aufklärung versprochen worden. Warum wird immer nur scheibchenweise geguckt? Warum guckt man sich nicht das große Ganze an? Dann hätte ja eventuell dieses neue Programm, das jetzt aufgetaucht ist, auch schon längst in Erfahrung gebracht werden können. Warten Sie ab, lesen am Wochenende "Spiegel" oder andere Zeitungen und dann wird wieder neu geprüft? Ich verstehe, ehrlich gesagt, den ganzen Vorgang nicht.

SRS Streiter: Ich halte ihn doch für sehr verständlich. Der "Spiegel" hat eine Geschichte gebracht, die für eine gewisse Aufregung gesorgt hat - ob zu Recht oder zu Unrecht, wird sich noch weisen. Man bemüht sich, das aufzuklären. Ich kann jetzt, ehrlich gesagt, nichts Schlimmes daran erkennen, wenn man sich über die Instrumente, die man einsetzt, austauscht. Eine Zusammenarbeit mit Freunden beinhaltet ja nicht nur Gespräche. Denken Sie einmal an einen grenzüberschreitenden Polizeieinsatz. Dabei stimmt man sich eben auch einmal über die Funkfrequenzen oder Ähnliches ab.

Ich finde es ein bisschen erstaunlich. Es wird der Eindruck erweckt, als taktiere man mit dem Bösen. Das sind unsere Freunde. Wir arbeiten hier seit Jahrzehnten eng mit Freunden zusammen. Wenn es jetzt unterschiedliche Auffassungen über unterschiedliche Rechtsauffassungen oder auch unterschiedlich geltendes Recht über die persönlichen Daten in Amerika und in Deutschland gibt, dann heißt das ja nicht, dass sie jetzt plötzlich böse sind. Sie haben vielleicht eine andere Rechtsauffassung, die auch auf ihrem Staatsgebiet durchaus Gültigkeit hat - aber eben nicht auf deutschem Staatsgebiet. Da tauchen jetzt offenbar Fragen auf, die geklärt werden müssen. Ich würde gerne ein bisschen dem Eindruck entgegenwirken, als arbeite man hier mit bösen Menschen zusammen.

Frage: Herr Streiter, Sie sagten, dass es sinnvoll ist, dass bei den Geheimdiensten manche Tätigkeit geheim bleibt. Gilt das auch für die Kanzlerin und Herrn Pofalla? Oder kann ich davon ausgehen, dass wenigstens die beiden umfänglich wissen, was die Geheimdienste eigentlich machen und tun?

SRS Streiter: Dazu, wie die Bundeskanzlerin ihre Rolle versteht, hat sie sich am vergangenen Freitag sehr ausführlich geäußert. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Also manchmal weiß sie davon und manchmal nicht? Es muss ja noch untersucht werden, was ihre Geheimdienste genau machen.

SRS Streiter: Es ist auch nicht Aufgabe der Bundeskanzlerin, sich in jedes Detail einer amerikanischen Software einzuarbeiten. Wie gesagt: Die Bundeskanzlerin hat sich am Freitag hier nun wirklich sehr ausführlich geäußert. Das gilt.

Frage: Herr Streiter, vielleicht können Sie uns einfach einmal an dem Teil haben lassen, was wir Ihren Optimismus nährt, dass man möglicherweise ab Mittwoch im Parlamentarischen Kontrollgremium mit einem Kanzleramtsminister oder Chef BK konfrontiert sein wird, der tatsächlich Informationen liefert. In den letzten Wochen ist das ja nicht passiert. Warum? Oder was ist seit Freitag geschehen, dass Sie jetzt, also am Montag, sagen können, dass er ab Mittwoch - darum hat Herr Pofalla ja gebeten - tatsächlich Informationen liefern kann?

Gehen Sie vielleicht sogar in einem Schritt weiter davon aus, dass das der Mittwoch ist, der alle Fragen klären wird? Ist das die Botschaft, die Sie gerade versuchen uns diskret zu übermitteln?

SRS Streiter: Nein. Erstens reden wir nicht - das habe ich gerade dem Kollegen schon gesagt - von Mittwoch, sondern von ab Mittwoch.

Zusatz: Ich sprach von "ab Mittwoch".

SRS Streiter: Ach so!

Zusatz: Das ist ja ein Angebot. Ab Mittwoch müsste man sich ja in der Lage sehen - - -

SRS Streiter: Ich verstehe jetzt nicht ganz den Hintergrund Ihrer Frage. Es sind über das Wochenende Fragen aufgetaucht. Es ist Aufgabe der Regierung, diese Fragen zu beantworten.

Zusatzfrage: Die Frage ist einfach: Warum sollen wir glauben, dass die Regierung, die seit sechs Wochen keine Informationen zusammentragen kann - jedenfalls nicht in einer Form, um darüber reden zu können -, dieses nun ab Mittwoch möglicherweise tun kann? Was hat sich da geändert? Was haben wir verpasst?

SRS Streiter: Möglicherweise haben Sie gar nicht richtig wahrgenommen, was bisher geschah.

Frage: Herr Streiter, stimmt es, dass Herr Alexander, der Chef der NSA, im Mai im Kanzleramt war? Wenn ja, mit wem hat er im Kanzleramt gesprochen? Worüber wurde gesprochen?

SRS Streiter: Erstens weiß ich es nicht. Zweitens. Wenn ich es wüsste, könnte ich Ihnen über den Inhalt des Gesprächs mit Sicherheit nichts mitteilen. Wie ich schon sagte, handelt es sich um einen Geheimdienstchef. Ein Geheimdienstchef führt halt auch einmal aus guten Gründen ein geheimes Gespräch.

Mir macht ein bisschen Sorge, dass Sie vielleicht nicht verstehen möchten, dass es Dinge gibt, über die man in der Öffentlichkeit vielleicht nicht im Detail spricht. Genau dafür sind ja auch spezielle Kontrollgremien geschaffen worden, um eben manche Dinge nicht auf dem Marktplatz auszutragen.

Frage: Ich habe eine Verständnisfrage zum Zeitpunkt: Das heißt also, das Parlamentarische Kontrollgremium tagt am Mittwoch?

SRS Streiter: Nein. Es tagt frühestens am Mittwoch, spätestens wenn die Woche zu Ende ist, also im Laufe dieser Woche.

Frage: Ich habe eine Nachfrage, um mich zu vergewissern, dass ich es richtig verstanden habe: Herr Pofalla war letzte Woche im Urlaub? Oder war er länger weg?

SRS Streiter: Ehrlich gesagt bin ich jetzt überfragt, aber von der letzten Woche weiß ich es sicher. Ich war in der letzten Woche auch im Urlaub, und ich war in der vorletzten Woche auch im Urlaub. Da weiß ich es ganz sicher. Bei Herrn Pofalla weiß ich es nur in Bezug auf die letzte Woche.

Frage: Am Sonntag waren Oberhauswahlen in Japan. Die LDP hat eine Mehrheit erreicht. Gibt es dazu eine Reaktion von der Bundeskanzlerin oder vom Auswärtigen Amt?

SRS Streiter: Die Bundesregierung beglückwünscht den japanischen Ministerpräsidenten Abe zu seinem Erfolg bei den Oberhauswahlen. Das Wahlergebnis ist eine gute Chance für Japan, nun tatkräftig weitere Reformen in Angriff zu nehmen, um die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise nachhaltig zu beseitigen. Wir gehen davon aus, dass Ministerpräsident Abe seine Mehrheiten in beiden Parlamentskammern in diesem Sinne verantwortungsvoll einsetzen wird.

VORS.: Herr Peschke, möchten Sie das ergänzen?

Peschke: Nein. Ich glaube, das war für uns alle umfassend.

Frage: Hat Frau Merkel Herrn Abe in Form eines Schreibens oder eines Telefonanrufs gratuliert?

SRS Streiter: Darüber ist mir nichts bekannt. Ich habe Ihnen hier nur eine Stellungnahme übermittelt.

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium. Es gab am Wochenende eine Agenturmeldung zum Thema Commerzbank, nämlich dass der Bund nicht über einen Verkauf seines Anteils verhandelt. Ist das korrekt?

Kotthaus: Da gilt das, was wir, glaube ich, seit geraumer Zeit sagen: Es war stets das Ziel der Bundesregierung, die im Zuge der Finanzkrise gewährten Stabilisierungsmaßnahmen so eng wie möglich zeitlich zu begrenzen. Wann jedoch der verbleibende Anteil des SoFFin an der Commerzbank veräußert wird, ist derzeit nicht absehbar. "Nicht absehbar" können Sie durchaus so verstehen, dass wir zurzeit nicht mit Investoren reden.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Paris zum A400M: Welche konkreten Maßnahmen will Ihr Haus nun ergreifen, damit die militärische Zulassung des A400M nicht ein ähnliches Debakel oder vielleicht, was die Kosten angeht, ein noch größeres Debakel wird als beim "Euro Hawk"? Ich habe auch noch nicht so ganz verstanden, was eine virtuelle Zulassungsbehörde sein soll. Vielleicht können Sie das noch einmal erklären? Was gedenkt das Ministerium zu tun, um das auf den rechten Weg zu bringen?

Paris: Wir gedenken nicht nur, etwas zu tun, sondern wir handeln bereits. Ich möchte darauf verweisen, dass das Projekt A400M schon mehrere Jahre alt ist. Es ist in diesem Fall so, dass wir auf der einen Seite, der Abnehmerseite, ein Konsortium von mehreren Ländern haben. Für die Details verweise ich einmal auf die Pressemitteilung, die wir dazu gestern verteilt haben. Es geht hier darum, die Verträge, die geschlossen worden sind und die später auch noch eine Änderung erfahren haben, so umzusetzen, dass wir auch zum Ziel kommen. Das sieht derzeit auch positiv aus.

Es gibt hier leider Lieferrückstände, letztendlich, weil sich das Verfahren verzögert hat. Das ist aber etwas, was nicht allein in dem Zuständigkeitsbereichs Deutschland liegt; das hat seinen Ursprung vielmehr in dem vereinbarten Verfahren. Es ist so, dass wir im Zeitplan hinten liegen. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir die mit dem Vertrag von 2010 - da gab es eine Vertragsanpassung - zugesagten Leistungen wohl im November 2014 werden abrufen können. Der erste A400M, der militärisch ausgeliefert werden wird, wird an die Franzosen ausgeliefert werden. Das wird meines Wissens zeitnah - ich denke, im August - erfolgen.

Wir sind dabei, in dem Zulassungsverfahren, das wir national noch durchführen müssen, zu arbeiten. Das sieht positiv aus. Es ist eben grundsätzlich ein Verfahren vereinbart worden, in dem letztendlich auf eine zivile Musterzulassung aufgesetzt wird, also das Flugzeug erst einmal in einem zivilen Status erstellt wird und zivil abgenommen wird, und dann die Zulassung der Besonderheiten, die militärisch sind, in einem entsprechenden Verfahren durchgeführt wird. Das ist unter all den Staaten, die an dem Projekt teilnehmen, vereinbart worden, das wird auch gemacht, und so machen wir dann auch unseren Teil. Das lässt mich zuversichtlich werden, dass wir diese Probleme dann auch lösen. Wir sind da auf einem guten Weg und haben derzeit keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass wir Ende 2014 über die Maschine verfügen.

Zusatzfrage: Gibt es da eine Entwicklung, die ich vielleicht noch nicht kenne, was die Endmontage in Sevilla angeht? EADS will ja keine deutschen Militärprüfer bei der Endmontage zulassen. Gibt es eine neue Entwicklung, dass das doch der Fall sein wird?

Paris: Auch diesbezüglich würde ich nicht unbedingt das unterschreiben, was der "Spiegel" aufgeschrieben hat. Wie gesagt, ich verweise einfach einmal auf das, was wir gestern sehr umfänglich herausgegeben haben. Da finden Sie einen Stand zum A400M und da sehen Sie auch all die Antworten, die wir dem "Spiegel" gegeben haben - das haben wir öffentlich gemacht. Darüber hinaus haben wir das Verfahren auch noch einmal beschrieben.

Für mich gilt es zu sagen, dass das Projekt läuft. Es läuft nicht optimal, einfach aus dem Grund, dass es hier Verzögerungen gibt. Das begegnet uns bei den großen Rüstungsprojekten derzeit immer wieder. Das macht uns nicht glücklich. Wir sind aber auch nicht dafür da, glücklich zu sein, sondern wir sind dafür da, Probleme zu lösen. Das tun wir, und ich habe Ihnen dargestellt, dass wir aufgrund der Maßnahmen, die wir ergriffen haben, zuversichtlich sind, dass wir Ende 2014 über das erste Flugzeug deutsch-national verfügen werden. Wir gehen davon aus, dass wir 2020 dann alle Flugzeuge in unserem Beritt haben werden.

Frage: Herr Streiter, wie findet denn die Kanzlerin, dass aus dem Verteidigungsministerium immer neue Dinge bekannt werden, die nicht so richtig optimal laufen - man könnte auch sagen: die nicht klappen -, und dass der Rhythmus, in dem solche Dinge bekannt werden, ein ziemlich kurzer ist, also viele Dinge in kurzer Zeit bekannt werden? Wie beeinflusst oder verändert das möglicherweise das Vertrauen der Kanzlerin in ihren Minister?

SRS Streiter: Seien Sie mir bitte nicht böse, aber über dieses Stöckchen springe ich nicht.

Zusatzfrage: Das heißt?

SRS Streiter: Dazu gebe ich keinen Kommentar ab.

Zusatzfrage: Das Vertrauen der Kanzlerin in den Minister wollen Sie also nicht bestätigen?

SRS Streiter: Nein, ich habe zu Ihrer Frage einfach keinen Kommentar abgegeben.

Frage: Ich habe noch eine kleine Lernfrage. Herr Streiter, welchen Grund gibt es, dass Finanzstaatssekretär Koschyk am Freitag an der Eröffnung des Richard-Wagner-Hauses in Bayreuth teilnimmt, außer, dass es sich um seinen Wahlkreis handelt? Grundsätzlich gefragt: Wer entscheidet eigentlich - das ist ja eine protokollarische Frage -, wer für die Bundesregierung bei solchen Terminen auftritt? Wird das im Kabinett besprochen oder wird das im Ministerium besprochen?

SRS Streiter: Ich muss gestehen: Sie erwischen mich auf einem völlig falschen Fuß, ich habe keine Ahnung davon. Ich versuche, das für Sie herauszufinden.

Frage: Herr Streiter, der "Spiegel" berichtete gestern über die Pläne der Bundesregierung, einen Teil der Kampfgruppen der Europäischen Union in Ausbildungsteams umzuwandeln. Stimmt das? Falls ja: Mit welcher Begründung, und wer ist in Europa dagegen? Im "Spiegel" hieß es, vor allem London sei gegen diese Idee.

SRS Streiter: Tut mir leid, da würde ich gerne an den Kollegen vom Verteidigungsministerium verweisen.

Paris: Ich beantworte das gerne. Es ist so, dass wir Ende des Jahres einen Europäischen Rat haben werden. Die EU-Verteidigungsminister haben sich bereits im November des vergangenen Jahres, also im November 2012, darüber unterhalten, wie ein relevantes Krisenreaktionsinstrument geschaffen werden kann. Dazu sind Vorschläge gemacht worden. Von deutscher Seite ist im April dieses Jahres in Luxemburg der Vorschlag gemacht worden, dass von den bisher zwei vorgesehenen Kampfgruppen eine als Kampfverband im bisherigen Umfang beibehalten werden soll und eine zweite in eine sogenannte modulare Ausbildungs- und Beratungsgruppe umgewandelt werden soll. Das ist Gegenstand der Diskussion innerhalb der Verteidigungsminister der Europäischen Union. Dieser Vorschlag und auch andere Vorschläge werden derzeit diskutiert, mit dem Ziel, dass man für Ausbildungsmissionen, die wir in den vergangenen Jahren ja sehr häufig gehabt haben - denken Sie an die jüngsten Beispiele -, sehr zügig europaseitig im Wege der Ausbildung unterstützen kann.

Dieser Vorschlag ist derzeit in der Diskussion. Es gibt da kein klares Nein und es gibt auch kein klares Ja, sondern es findet eine Diskussion statt - das ist auch sinnvoll -, wie man sich darüber verständigen kann, wie man in Zukunft mit diesen sogenannten EU Battlegroups sinnhaft umgeht. Das ist das, was ich dazu sagen kann. Mir ist ein klares Nein - insbesondere aus der Hauptstadt, die Sie gerade nannten - in diesem Fall nicht bekannt. Das würde ich mir auch kaum vorstellen können; denn üblicherweise ist es so, dass die Minister quasi einen Startschuss für solche Prüfungen beziehungsweise Überlegungen geben und dass dann in den zuständigen Gremien - den Fachgremien der Nato und auch der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik, also der GSVP - beraten und behandelt wird, mit dem Ziel, eine Lösung zu finden. Die ist angestrebt zum Ende des Jahres.

Zusatzfrage: Betrifft dieser Vorschlag eine konkrete Gruppe? Denn es gibt ja verschiedene nationale Konstellationen, unter anderem eine Kampftruppe, an der Polen und Deutschland teilnehmen.

Paris: Nein. Es geht um das grundsätzliche Verfahren, dass man eine Kampfgruppe behalten möchte und eine Ausbildungsgruppe sozusagen schaffen möchte. Welche von den bestehenden Kampfgruppen man dann nimmt, ist quasi Gegenstand der Verhandlungen oder der Überlegungen, die derzeit laufen. Ich denke, dass wir beim nächsten Treffen, das meines Erachtens im September in Vilnius stattfinden wird, schon Fortschritte verzeichnen können. So lange müsste ich Sie aber einfach vertrösten.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 22. Juli 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/07/2013-07-22-regpk.html;jsessionid=3C6FE6D1E1A885E98BF6BC7AEBA4A9BD.s4t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juli 2013