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PRESSEKONFERENZ/662: Regierungspressekonferenz vom 11. September 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 11. September 2013
Regierungspressekonferenz vom 11. September 2013

Themen: Kabinettssitzung (Verwaltungsvorschrift zur Koordinierung des Infektionsschutzes bei Epidemien, Ergebnisse des G20-Gipfels), Syrienkonflikt, Ausgaben der Bundesministerien für externe Dienstleistungen und Beratungen, EU-Beratungen zur Finanztransaktionssteuer, Pkw-Maut, europäische Bankenaufsicht, bevorstehende Bundestagswahlen, Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland, mögliche Aussetzung des SWIFT-Abkommens

Sprecher: StS Seibert, Peschke (AA), Teschke (BMI), Mishra (BMBF), Stamer (BMU), Kotthaus (BMF), Joppe (BMG), Wendt (BMAS), Zimmermann (BMJ)



Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag! Der zentrale inhaltliche Punkt im Kabinett war heute eine Verwaltungsvorschrift zur Koordinierung des Infektionsschutzes bei Epidemien. Sie erinnern sich sicherlich alle an den Ausbruch von EHEC im Jahre 2011 und daran, wie damals mit Hochdruck nach der Ursache gesucht wurde. Wenn eine solche bedrohliche übertragbare Krankheit nach Deutschland eingeschleppt wird oder gehäuft auftritt, dann arbeiten Bund und Länder beim Infektionsschutz eng zusammen.

Die Koordinierung dieser Zusammenarbeit wird jetzt neu geregelt. Es sind Schlussfolgerungen zu ziehen aus dem Ausbruch und der Behandlung von EHEC und auch anderen Krankheiten. Auch der medizinische und technische Fortschritt macht solche Schlussfolgerungen nötig. Deswegen hat das Kabinett eine entsprechende Verwaltungsvorschrift verabschiedet.

Zentral darin ist: Das Robert Koch-Institut bekommt beim Krisenmanagement eine Schlüsselrolle. Seine Mitarbeiter werten alle Informationen für den Infektionsschutz aus. Wenn es den Verdacht gibt, dass eine bedrohliche Krankheit ausgebrochen ist, dann sind sie es, die die zuständigen Behörden vorwarnen. Das Robert Koch-Institut kann dann ein Koordinierungsverfahren starten, in dem alle Fäden bei ihm zusammenlaufen. Es informieren sich alle Beteiligten gegenseitig über die neuen Entwicklungen, und sie stimmen auch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, was in einem solchen Fall sehr wichtig ist, ab. Das Robert Koch-Institut fertigt Lageberichte an, berät wissenschaftlich und unterstützt die Gesundheitsbehörden der Länder. So - davon sind wir überzeugt - werden Krankheitsausbrüche wirksam bekämpft. Die Beteiligten werden dieses Verfahren, wenn sie es tatsächlich mehrere Jahre nicht anwenden mussten, dann auch üben.

Das war der wesentliche Punkt. Anschließend hat die Bundeskanzlerin kurz einen zusammenfassenden Rückblick und eine Bewertung der wirtschafts- und finanzpolitischen sowie steuerpolitischen Ergebnisse des G20-Gipfels gegeben. Insgesamt wurden nach unserer Überzeugung auf diesem Gipfel auf diesen Gebieten sehr gute Ergebnisse erzielt. In den Bereichen Weltwirtschaft, Steuern, internationaler Handel, Finanzmarktregulierung sind deutsche Anliegen sehr weitgehend durchgesetzt worden. - Das ist das, was ich Ihnen aus dem Kabinett zu erzählen habe.

Frage: Herr Seibert, war das die letzte Kabinettssitzung?

StS Seibert: Nein, nächsten Mittwoch gibt es natürlich eine weitere.

Zusatzfrage: Ich wollte nur fragen, wann es Kaffee und Kuchen gibt. Diesen Mittwoch ja nicht.

StS Seibert: Ich kann über die Bewirtung am nächsten Mittwoch jetzt auch nicht viel sagen, aber es gibt eine inhaltlich bedeutende Kabinettssitzung in der nächsten Woche.

Frage: Herr Seibert, hat das Thema Syrien und die jüngste Entwicklung dort im Kabinett oder im Kabinettsvorgespräch eine Rolle gespielt?

StS Seibert: Es hat im Kabinett heute keine Rolle gespielt. Das heißt natürlich nicht, dass die Bundesregierung nicht sehr genau die Entwicklungen verfolgt, sich mit den Entwicklungen befasst. Der Außenminister ist natürlich auch mit seinen Partnern im ständigen Kontakt.

Ich kann Ihnen - weil das ja sicherlich die Anschlussfrage ist - gerne sagen, dass die Bundeskanzlerin, die Bundesregierung insgesamt in dem neuen Vorschlag, syrische Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen, in der Tat eine neue Chance oder, wie die Kanzlerin es ausdrückt, einen kleinen Hoffnungsschimmer für die Diplomatie sieht. Wichtig dabei ist, dass Syrien nicht auf Zeit spielen kann. Es muss nun seine C-Waffen auch umgehend unter internationale Kontrolle stellen und dann vernichten.

Aus unserer Sicht wäre es in diesem Zusammenhang ein wichtiges politisches Signal, wenn Syrien unverzüglich das Chemiewaffenübereinkommen unterzeichnen würde. Dieses Übereinkommen verbietet den Besitz, die Herstellung, die Weitergabe und natürlich auch den Einsatz von Chemiewaffen.

Wir unterstützen die Bemühungen vor allem der drei westlichen Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, die sich darum bemühen, dass eine bindende UN-Resolution schnell die internationale Kontrolle über die syrischen Chemiewaffen festschreibt. Und nun - das ist wahrscheinlich das Wichtigste - ist die Aufforderung an das syrische Regime zu machen, dass es seinen Ankündigungen auch Taten folgen lässt.

Zusatzfrage: Darf ich eine Nachfrage stellen: Herr Seibert, ist denn mit diesem jüngsten Vorschlag Herr Assad für die Bundesregierung wieder ein möglicher, möglicherweise auch anerkannter politischer Verhandlungspartner geworden, oder ist das jemand, mit dem man auf Dauer in Zukunft nicht mehr zusammenarbeiten kann?

StS Seibert: Die Einschätzung von Herrn Assad hat sich nicht geändert. Wenn wir jetzt eine kleine Chance für die Diplomatie sehen, auch im Interesse der Menschen in der Region, dann heißt das nicht, dass wir dabei übersehen, welche Untaten und Verbrechen das Regime Assad schon jetzt zu verantworten hat. Daran hat sich nichts geändert, und trotzdem ist es die Aufgabe von Politik, eine solche diplomatische Möglichkeit, wenn sie sich denn bietet - im Moment scheint sie sich zu bieten -, dann auch tatsächlich zu ergreifen. Deutschland wird sich jedenfalls daran beteiligen, dafür zu sorgen, dass aus dieser diplomatischen Möglichkeit eine Realität wird. Aber da liegt nun der Ball in den Händen oder im Hof beziehungsweise im Spielfeld des syrischen Regimes. Das muss nicht nur ankündigen, es muss liefern.

Frage: Herr Seibert, es gibt ja ein bisschen Rätselraten darüber, ob das jetzt mehr eine zufällige Entwicklung war, die aus dieser etwas dahingesagten Bemerkung von John Kerry entstanden ist, oder ob es da nicht vielleicht doch eine Absprache auch von Obama und Putin in Sankt Petersburg gegeben hat. Können Sie dazu ein bisschen etwas sagen? War die Kanzlerin bei einer solchen Absprache, wenn es sie denn gegeben hat, oder bei der Erörterung dieses Themas in irgendeiner Weise involviert?

StS Seibert: Ich kann nicht bewerten und will nicht bewerten, wie es zu dieser Entwicklung gekommen ist, aber es ist eine Entwicklung, oder es ist die Möglichkeit einer Entwicklung, und Deutschland will sich daran beteiligen, dass daraus für die Menschen in der Region und auch für das Prinzip der Chemiewaffenfreiheit etwas Gutes wird.

Frage: Mich würden zwei Dinge interessieren. Zum einen: Ich meine, etwas davon gehört zu haben, in einem Rundfunkbericht oder Ähnlichem, dass Syrien angekündigt habe, der Chemiewaffenkonvention beizutreten. Ich weiß nicht, welchen Status das hat. Vielleicht kann die Bundesregierung mir sagen, ob das eine offizielle Ankündigung ist, möglicherweise gar mit einem konkreten Termin der Unterzeichnung versehen. Denn das ist ja eine wichtige Bedingung, die gestellt wird.

Zum Zweiten würde mich interessieren, wie die Bundesregierung die Rolle Russlands in diesem Prozess sieht. Hat Russland da die Rolle eines Maklers gespielt, der diesen Vorschlag aufgenommen hat, ausgearbeitet hat, oder ist das eine Überinterpretation der russischen Rolle?

Peschke: Zu dem ersten Punkt kann ich gerne etwas sagen, Herr Heller. Der syrische Außenminister al-Muallim hat gestern in einem öffentlichen Statement die syrische Bereitschaft angekündigt, dem Chemiewaffenübereinkommen beizutreten. Das ist bisher lediglich eine Ankündigung und, soweit wir es sehen, nicht versehen mit konkreten Fristnennungen und Zeitsetzungen.

Diese Ankündigung ist ja nach verschiedenen internationalen Forderungen erfolgt, auch von unserer Seite, dass Syrien eben diesen Schritt sozusagen als eine wichtige Vormaßnahme zur Kontrolle und Vernichtung seiner Chemiewaffen tut. In diesem Sinne muss man diese Ankündigung bei aller gebotenen Skepsis grundsätzlich positiv bewerten, aber es gilt, was Herr Seibert gesagt hat. Es gilt genauso auch, was der Außenminister gestern dazu gesagt hat. Bei aller Skepsis: Hier müssen dann tatsächlich Fakten geschaffen werden, Taten vollbracht werden und nicht nur Ankündigungen und Worte. Insofern bleibt abzuwarten, ob Syrien dieser Ankündigung seines Außenministers jetzt auch tatsächlich Taten folgen lässt.

Ich möchte noch eine Ergänzung zu der Frage machen, ob das Chemiewaffenthema denn schon vorher eine Rolle gespielt hat. Wie Herr Seibert gesagt hat: Wir können hier nicht zu Gesprächen zwischen anderen Staats- und Regierungschefs Stellung nehmen. Richtig ist - das haben wir ja auch schon deutlich gemacht -, dass es seit geraumer Zeit Gespräche zu dem Chemiewaffenthema in Syrien gibt, unter anderem auch zu der Frage, ob und wie es gelingen kann, die Chemiewaffen in Syrien unter Kontrolle zu bringen. Das ist richtig, das ist ja verschiedentlich auch schon kommuniziert und aufgegriffen worden. An diesen Gesprächen war die Bundesregierung auch auf verschiedenen Kanälen in verschiedener Intensität, aber mit Nachdruck beteiligt.

Zusatzfrage: Und noch die Frage nach der Einschätzung der russischen Rolle?

StS Seibert: Ich will hier nicht die Rolle, die unterschiedliche internationale Akteure dabei spielen, bewerten. Es gibt die Einigung des russischen und des amerikanischen Außenministers, dass sie einander morgen in Genf begegnen wollen und über das weitere Vorgehen sprechen wollen. Das begrüßen wir sehr, denn es war immer unsere Haltung, dass wir eine möglichst einheitliche internationale Haltung im Syrienkonflikt herstellen wollen. Und es war immer unsere Haltung, dass wir gerade von Russland erhoffen, dass es eine konstruktive Rolle im Interesse der Beilegung dieses Konfliktes, einer Lösung dieses Konfliktes spielt. Und wenn dazu das morgige Treffen beitragen kann, dann unterstützen wir das.

Zusatzfrage: Darf ich ergänzend fragen: Gab es in den letzten 24 Stunden entweder seitens des Außenministers oder der Kanzlerin einen Kontakt zu ihren Partnern in Russland in dieser Sache?

StS Seibert: Für die Bundeskanzlerin berichte ich dann über die internationalen Gespräche, wenn sie stattgefunden haben.

Peschke: Das Gleiche gilt für den Außenminister. Ich kann hier aber sagen, dass wir auf verschiedener Arbeitsebene, sozusagen auf verschiedener Einstufung, seitdem diverse Kontakte mit Russland hatten.

Frage: Herr Peschke, nachdem Sie eben sagten, dass man sich schon länger Gedanken darüber gemacht hat, die Chemiewaffen unter Kontrolle zu bringen und so den Konflikt zu entschärfen: Wie schätzen Sie denn die Realitäten ein? Wie groß ist die Möglichkeit, diese sehr verstreut gelagerten Chemiewaffen tatsächlich unter den gegebenen Bedingungen aufzuspüren und dann zu schützen und zu vernichten?

Peschke: Konfliktentschärfung ist ein hohes Wort, Herr Blank. Hier geht es darum, die Gefahr der vagabundierenden Chemiewaffen in Syrien, die ja effektiv auch schon vor ihrem Einsatz bestanden hat, in den Griff zu bekommen. Das ist eine offensichtlich sehr große Gefahr, die sich durch den furchtbaren mutmaßlichen Einsatz am 21.08. ja leider auch materialisiert hat.

Wie konkret eine Sicherung, eine Sammlung, eine Vernichtung vollzogen werden kann und was dazu erforderlich ist, das kann ich Ihnen zur Stunde nicht sagen, denn das ist natürlich eine Frage, die man erst dann beantworten kann, wenn die Transparenz hergestellt ist. Deswegen ist unsere erste Forderung ja: Offenlegung aller Arsenale und Transparenzherstellung, Inspekteure hereinlassen, die sich die Sachen angucken können, damit man einen international nachprüfbaren Überblick bekommt, wo welche gefährlichen Substanzen gelagert sind, um dann im nächsten Schritt die Kontrolle und Vernichtung einleiten zu können, wie es ja auch das Chemiewaffenübereinkommen vorsehen würde.

Zu dem, was dann tatsächlich da ist, kann ich hier nicht spekulieren. Da gibt es einfach keine verlässlichen Angaben. Deswegen muss der erste Schritt sein, diese Transparenz herzustellen.

Zusatzfrage: Eine Nachfrage: Hat bei den Gesprächen und Überlegungen, die in diesem Zusammenhang offensichtlich geführt worden sind, ein möglicher Blauhelmeinsatz zur Absicherung einer solchen Inspektorenmission und auch eine deutsche Beteiligung an einem solchen Blauhelmeinsatz, selbstverständlich mit UN-Mandat, eine Rolle gespielt?

Peschke: Nein. Ich kann noch einmal wiederholen, was Außenminister Westerwelle gestern gesagt hat. Da ging es um die in einem letzten Schritt nach der Transparenzschaffung, nach der Offenlegung, nach der Sicherung dann möglicherweise erfolgende Vernichtung von Chemiewaffen. Da hat der Außenminister unter Verweis auf unsere deutschen Erfahrungen bei der Unterstützung der Vernichtung von Chemiewaffen in Russland, in Libyen und anderen Orts gesagt, dass man sich da grundsätzlich auch einen deutschen Beitrag vorstellen könne. Es ist natürlich viel zu früh, die Frage zu beantworten, wie der konkret sein würde. Aber die unmittelbare Antwort auf Ihre Frage lautet Nein.

Frage: Herr Seibert, es ist ja noch nicht allzu lange her, dass der deutsche Außenminister für die Bundesregierung erklärt hat, eine politische Lösung des Syrien-Giftgaskomplexes sei nahezu ausgeschlossen. Jetzt gibt es eine neue Chance für die Diplomatie.

Meine Frage: Nachdem die deutsche Außenpolitik in letzter Zeit etwas mäandert hat, würden Sie sagen, Deutschland hat bei der jetzigen Hoffnung auf Diplomatie eine gewisse Rolle gespielt, oder würden Sie sagen, Deutschland stand eher abseits?

StS Seibert: In Ihrer Frage sind ein nicht ganz korrektes Zitat und eine Bewertung der Außenpolitik der Bundesregierung enthalten, die ich natürlich auch nicht teilen kann. Aber zu dem Zitat vielleicht erst einmal Herr Peschke.

Peschke: So, wie Sie es formuliert haben - ich gebe Ihre Formulierung jetzt mit meinen eigenen Worten unscharf wieder -, Herr Wonka, habe der Außenminister gesagt, eine politische Lösung des Giftgaseinsatzes sei ausgeschlossen.

Zusatzfrage: Nahezu ausgeschlossen, um den Außenminister wörtlich zu zitieren. So habe ich es auch gesagt.

Peschke: Das hat er nicht gesagt; das ist kein nachweisbares Zitat.

Das ist übrigens ein Punkt, den ich ohnehin auf eine Ihrer Vorfragen machen wollte: Man muss hier wirklich trennen zwischen dem Umgang mit der Gefahr von Chemiewaffen, der internationalen Antwort auf den mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz und der anderen Frage einer politischen Lösung für den Syrienkonflikt. Das sind zwei verschiedene Dinge.

Wir müssen an der einen Front die Chemiewaffengefahr unter Kontrolle bringen und eine international überzeugende Antwort auf eine Verletzung einer der wichtigsten Normen des internationalen Rechtes finden, nämlich den mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen, und das andere ist, den Syrienkonflikt Schritt für Schritt einer politischen Lösung zuzuführen.

Der Syrienkonflikt findet ja auch jenseits des Chemiewaffeneinsatzes statt. Es sind in Syrien auch ohne Chemiewaffen 100.000 Menschen aufgrund des Bürgerkrieges gestorben. Es finden seit beinahe zwei Jahren Kampfhandlungen statt. Es ist ein Konflikt, der die gesamte Region destabilisiert. Dieser Konflikt wird am Ende - da sind sich alle einig - nur im Rahmen einer politischen Lösung beigelegt werden können. Da hat der Außenminister gesagt, dass der mutmaßliche Einsatz von Chemiewaffen uns einer politischen Lösung dieses Konfliktes nicht nähergebracht hat. Das ist der Zusammenhang, in dem er sich geäußert hat.

Davon loszulösen ist unser Umgang mit der Chemiewaffenproblematik und die Suche nach einer Antwort. Das wird sicherlich auch der Regierungssprecher gleich sagen: Einen mäandrierenden Kurs der Bundesregierung kann ich hier beim besten Willen nicht erkennen.

StS Seibert: Die Bundesregierung steht fest im Lager derer, die dazu beitragen wollen, dass dieser grauenhafte Konflikt, der bereits 100.000 Menschenleben und mehr gekostet hat und schon viel zu lange anhält, einer politischen Lösung zugeführt werden kann. Dafür sind wir in engster Abstimmung mit unseren Partnern. Dazu versuchen wir, mit allem politischen Einfluss, den wir haben, beizutragen, insbesondere versuchen wir, dazu beizutragen, dass Europa eine gemeinsame Haltung in diesem Konflikt - anders als in manch anderem Konflikt - einnimmt. Da ist der letzte Samstag mit der Einigung der 28 in Vilnius, zu der Deutschland erheblich beigetragen hat, kein schlechter Tag gewesen. Aber wir wissen, dass da noch ein sehr langer Weg zu gehen ist.

Jetzt haben wir eine leichte Öffnung hin zu einer möglichen diplomatischen Lösung. Wir werden auf allen Wegen dazu beitragen, dass aus dieser Möglichkeit eine Realität wird. Wie die Chancen stehen, das kann ich heute noch nicht bewerten.

Frage: Herr Peschke, nun hat die syrische Opposition laut den Vereinten Nationen in der Vergangenheit auch C-Waffen benutzt. Was passiert mit diesen Waffen?

Peschke: Diese Information, wie Sie sie hier vortragen, kann ich aus eigener Erkenntnis nicht bestätigen. Aber es ist klar, dass, wenn wir hier über die Sicherung von Chemiewaffen in Syrien sprechen, es dann natürlich um sämtliche Chemiewaffen gehen muss, die in Syrien zu finden sein werden. Das ist ja das Ziel der Schrittabfolge - Transparenz, Offenlegung, Sicherung, Vernichtung -, wie sie das Chemiewaffenübereinkommen auch vorsieht. Das ist ein durchaus umfassender Ansatz.

Frage: Herr Seibert, Deutschland beteiligt sich humanitär, indem es jetzt 5.000 Flüchtlinge aus Syrien aufnimmt. Heute kommen die ersten an. Es gibt ja Äußerungen von NGOs, die sagen, dass diese Zahl natürlich viel zu klein sei. Gibt es die Überlegung, die Aufnahmezahl von Flüchtlingen gegebenenfalls zu erhöhen?

StS Seibert: Ich glaube, man muss das Bild etwas weiter betrachten. Es stimmt: Deutschland nimmt ein Kontingent von 5.000 besonders schutzbedürftigen syrischen Flüchtlingen auf, und tatsächlich wird heute der erste Charterflug aus Beirut mit, glaube ich, 105 Menschen, die vom UNHCR ermittelt worden sind, in Hannover ankommen. Der Bundesinnenminister - dazu kann Herr Teschke gleich etwas sagen - wird sie begrüßen.

Aber natürlich ist das nicht alles. Wir haben seit 2011 mehr als 18.000 syrische Asylbewerber aufgenommen. Deutschland und Schweden - in Schweden sind die Zahlen auch sehr beeindruckend - haben zusammen zwei Drittel aller sich in der EU aufhaltenden syrischen Asylbewerber aufgenommen. Das heißt, das Bild ist schon etwas größer.

Wir würden uns sehr wünschen und versuchen auch, dafür zu werben, dass auch andere europäische Staaten ihren Möglichkeiten entsprechend die Zahl der syrischen Flüchtlinge, die sie aufnehmen, in entsprechende Höhen steigern. Das wäre sicherlich ein guter Weg. Aber vielleicht möchte Herr Teschke mehr sagen, weil das vor allen Dingen auch noch die Bundesländer betrifft.

Teschke: Ich habe eigentlich nicht so viel zu ergänzen, außer dass, wie Sie natürlich wissen, der Bundesinnenminister auch schon am vergangenen Wochenende noch einmal ausdrücklich gefordert hat, dass es zu einer europäischen Flüchtlingskonferenz kommt. Er wird das Thema auch auf dem morgen Abend beginnenden G6-Treffen in Rom ansprechen. Dabei wird Syrien insgesamt ein Thema sein. Er wird das dort mit dem italienischen Innenminister, der englischen Innenministerin, seinem spanischen und seinem französischen Kollegen besprechen. Dabei geht es sowohl um Migrationsfragen als auch um Terrorismusabwehr, also um beide Themen, die etwas mit Syrien zu tun haben.

Insgesamt gibt es aber, wie gesagt, derzeit keine Pläne, über die Zahl 5.000 hinauszugehen, sondern eher noch einmal den Appell an die europäische Staatengemeinschaft, den Verpflichtungen nachzukommen. Es gibt ja erfreulicherweise die Nachricht aus Österreich, dass dort jetzt auch 500 Syrer aufgenommen werden.

StS Seibert: Vielleicht noch ein Nachsatz, wenn ich das sagen darf: Der Schwerpunkt der Hilfe bleibt natürlich die Hilfe in der Region. Deutschland hat mittlerweile mehr als 348 Millionen Euro für diese Hilfe in der Region zur Verfügung gestellt und zählt damit zu den weltweit größten Geldgebern.

Frage: Noch einmal zu dieser Frage der Flüchtlinge: Wir hatten in der letzten Sitzung der Bundespressekonferenz gehört, dass die Länder die Möglichkeit haben, über diese Zahl 5.000 hinauszugehen. Meine Frage: Gibt es so etwas wie eine Globalzahl oder irgendeine Form von Begrenzung in Bezug darauf, was die Länder über diese 5.000 Flüchtlinge hinaus noch aufnehmen können, oder ist das völlig in deren Ermessen gestellt?

Dann würde mich noch etwas zur politischen Seite interessieren. Es gibt ja die Bedingung, dass die Verantwortlichen der Giftgasattacke zu verfolgen sind. Hat diese gestellte Bedingung eine solche Qualität, dass man sagen kann "Wenn dem nicht gefolgt wird, dann bleibt die Drohung hinsichtlich einer entschiedenen Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf dem Tisch"? Hat diese Bedingung also eine so große und harte Bedeutung?

Peschke: Zu dem zweiten Teil der Frage: Sie stellen das jetzt als sich ausschließende Alternativen dar. Ich versuche gerade, das nachzuvollziehen. Die Geschichte mit der Befassung des Internationalen Strafgerichtshofes ist ja eine Forderung, die unter anderem der Außenminister ins Gespräch gebracht hat und die ein Thema bei den Beratungen des informellen Außenministertreffens in Vilnius war. Das wurde auch in der Erklärung indossiert, die Lady Ashton für alle 28 EU-Außenministern abgegeben hat. Insofern ist das ein Plädoyer für eine Befassung des Internationalen Strafgerichtshofes, das europäisch getragen wird.

Jetzt ist es so, dass es natürlich an der internationalen Staatengemeinschaft selbst ist, diese Befassung einzuleiten. Das ist ja eine Forderung, die Syrien nicht selbst erfüllen kann. Das ist eine Forderung, die die internationale Staatengemeinschaft selbst umsetzen muss, und zwar der Sicherheitsrat, der ja sozusagen das Gremium ist, der den Fall an den Internationalen Strafgerichtshof verweisen müsste. Insofern ist es eine Forderung, die sich an den Sicherheitsrat richtet, seiner Verantwortung gerecht zu werden und die Befassung des Internationalen Strafgerichtshofes als Konsequenz auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz einzuleiten. Insofern kann man keine Alternative dazu beschreiben, sondern das ist ein Vorschlag, der im Raum steht. Aus unserer Sicht liegt es durchaus in der Verantwortung des Sicherheitsrates, dabei seinen Aufgaben auch entsprechend nachzukommen.

Zusatzfrage: Das ist ja nicht nur eine Sache des Sicherheitsrates; denn das betreffende Land muss ja, so mein Verständnis, zumindest insofern kooperieren, als es Beschuldigte beziehungsweise Verdächtige nun auch einer solchen Überstellung oder einer Ermittlung zugänglich macht. Ist das falsch?

Peschke: Ja. Ich glaube, dabei steht die internationale Justiz dann schon höher als ein einzelnes Land. Syrien ist ja nicht Teil des Rom-Statuts, das den Internationalen Strafgerichtshof ins Leben gerufen hat. Deswegen ist ja auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das einzige Gremium, das den Fall Syrien an den Internationalen Strafgerichtshof überweisen könnte, eben weil Syrien nicht Teil der begründenden Statute des Internationalen Strafgerichtshofes ist. Aber wenn der Sicherheitsrat das einmal macht, dann hat der Internationale Strafgerichtshof alle Möglichkeiten, Ermittlungen einzuleiten. Sie wissen ja auch, dass es gegen andere Führer wie zum Beispiel den sudanesischen Staatspräsidenten internationale Haftbefehle gibt. Wenn der sich zum Beispiel in einem Land aufhielte, das das Rom-Statut unterzeichnet hat, könnte der dann auch gegen den Willen der sudanesischen Regierung entsprechend vollstreckt werden.

Teschke: Zum ersten Teil Ihrer Frage, Herr Heller: Von einer Kontingentierung dieser Flüchtlinge, die die Bundesländer noch zusätzlich aufnehmen können, ist mir nichts bekannt. Es gibt die einzige Grundbedingung, dass es eben Verwandte geben muss, die zusichern können, den Lebensunterhalt dieser Flüchtlinge bezahlen zu können.

Frage: Herr Peschke, der Minister hat Russland in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder sehr scharf kritisiert. Wäre denn jetzt einmal ein Lob für die russische Diplomatie fällig?

Peschke: Ich weiß es nicht. Das sind möglicherweise einfach etwas enge Kategorien, in die Sie unseren diplomatischen Wortschatz jetzt hineindrängen wollen. Wir haben in den vergangenen Monaten gesagt, was zur russischen Haltung zu sagen war, die uns - wie wir glauben, mit gutem Grund - unbefriedigend und nicht konstruktiv erschien.

Jetzt ist aufgrund des amerikanischen Vorstoßes hinsichtlich der russischen Vorschläge neue Bewegung zumindest in das Chemiewaffendossier gekommen. Das ist eine Entwicklung, die wir begrüßen und die der Außenminister gestern auch coram publico begrüßt hat. Das ist die Sprache, die wir wählen, und dabei bleibt es.

Zusatzfrage: Möchten Sie also auch keine Bewertung dazu abgeben, ob nun eher Kerrys Versprecher, halber Versprecher oder bewusster Versprecher - wie auch immer - der Auslöser dafür war oder ob die Russen schon länger einen Plan hatten? Möchten Sie das offenlassen?

Peschke: Das greift ja jetzt wieder auf Ihre erste Frage zurück. Ich glaube, es ist müßig, eine Bewertung abzugeben. Sie können ja zeitlich genau nachverfolgen, wer wann welchen Vorstoß gemacht hat. Tatsache ist, dass die Initiative jetzt auf dem Tisch liegt, dass Verschiedene dazu beigetragen haben, dass sich der russische und der amerikanische Außenminister für morgen verabredet haben, um den weiteren Fortgang zu besprechen, und dass es - wenn auch nicht im Gremium, so doch zwischen den beteiligten Ländern - Beratungen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gibt. Das ist eine Entwicklung, die positiv ist und die wir nach Kräften befördern möchten, indem wir auch mit allen involvierten Seiten in Kontakt stehen und das Unsere dazu beitragen, dass aus dieser kleinen Hoffnung, in diesem sehr schwierigen Dossiers einen Schritt nach vorne zu kommen, tatsächlich ein begründetes Momentum wird.

Frage: Herr Teschke, Sie hatten gerade als ein Kriterium für die Aufnahme der Flüchtlinge das Kriterium genannt, dass es Verwandte gibt, die für den Unterhalt aufkommen können. Gilt das für alle 5.000 oder sozusagen nur für diejenigen, die die Bundesländer über diese 5.000 hinaus aufnehmen?

Teschke: Das wäre ein schweres Missverständnis, wenn Sie mich so verstanden haben sollten. Nein, das gilt nur für die Flüchtlinge mit Verwandtschaftsbeziehungen, die hierhin kommen und hinsichtlich der die Länder gesagt haben: Wir haben Syrer bei uns im Bundesland, aber die haben noch Angehörige in Syrien, und die möchten wir gerne noch zusätzlich aufnehmen. Für die gilt das Kriterium, dass die syrischen Verwandten, die hier leben, den Lebensunterhalt ihrer Verwandten bezahlen müssen. Für alle anderen gilt ja nur das Kriterium der Schutzbedürftigkeit.

Zusatzfrage: Das würde ich jetzt gerne von Ihnen noch einmal genauer wissen: Wie sind die ausgewählt worden? Wer hat die ausgewählt? Wann sind die ausgewählt worden? Gibt es jetzt in Flüchtlingslagern rund um Syrien 5.000 oder 4.893 Menschen, die jetzt einen Zettel mit dem Satz "Am soundsovielten fliegst du nach Deutschland" in der Hand haben? Sind die also sozusagen alle schon bestimmt worden, oder ist das ein Prozess, der noch läuft?

Wie lange wissen diese 107 Flüchtlinge, die heute kommen werden, das schon? Wann sind die ausgewählt worden? Warum kommen die heute und sind nicht beispielsweise vor drei Monaten oder so gekommen? Die Flüchtlinge und die Bereitschaft, sie aufzunehmen, gibt es nämlich schon etwas länger.

Teschke: Sie haben recht: Die Bereitschaft gibt es länger. Es gab etwas langwierige Verhandlungen mit den libanesischen Behörden und dann die Überprüfung von Papieren und Dokumenten. Deswegen hat sich der ganze Prozess etwas verzögert.

Ich kann Ihnen, ehrlich gesagt, nicht sagen, ob jetzt schon alle 5.000 ausgewählt sind und feststehen. Das müsste ich noch einmal bei uns im Haus abfragen. Wichtig ist, dass das Oberkriterium immer die Schutzbedürftigkeit war. Darunter haben wir alleinstehende Kinder, also Kinder ohne Eltern, Frauen, die ohne Angehörige in den Lagern lebten, und natürlich auch religiöse Minderheiten zu verstehen. Das sind so verschiedene Kriterien unterhalb der Schutzbedürftigkeit.

Zusatzfrage: Wie lange wissen diese 107 Flüchtlinge von heute schon, dass sie in Deutschland Aufnahme finden werden?

Teschke: Die letzte Reise unseres Hauses in die libanesischen Flüchtlingslager fand Anfang Juli statt.

Zusatzfrage: Warum hat es dann noch zwei Monate gedauert?

Teschke: Das lag, wie gesagt, zum Teil an den libanesischen Behörden. Zum Teil mussten aber auch noch Papiere überprüft werden, und der Gesundheitszustand wurde auch noch einmal abgefragt.

Peschke: Wenn ich eine Ergänzung machen darf: Grundsätzlich liegt die Auswahl natürlich beim UNHCR, also beim Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen. Wir haben das alles dann entsprechend begleitet. Es müssen ja auch entsprechende Prüfungen von deutscher Seite stattfinden. Aber grundsätzlich lag das in der Verantwortung des UNHCR, des Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen.

Zur Frage der Umsetzung: Eine so große Zahl von Dokumenten auszustellen, ist durchaus ein komplexer Prozess, der sozusagen auch für die Kollegen vor Ort - die Delegationen des Innenministeriums, aber auch die Kollegen an der Botschaft - eine erhebliche Bewährungsprobe gewesen ist. Aufgrund der großen Zahl von Dokumenten und Visa, die zu erteilen sind, hat der Außenminister auch veranlasst, dass die Botschaft in Beirut personell aufgestockt wird, um die Bearbeitung dieser Flüchtlingsfragen auch entsprechend leisten zu können.

Zusatzfrage: Vielleicht wissen Sie ja, wie viele von diesen Papieren jetzt schon ausgestellt worden sind und ob die 5.000 schon ausgewählt wurden.

Noch einmal zum Verfahren: Muss man sich das so vorstellen, dass die einen Antrag stellen, oder nimmt der UNHCR sie an die Hand, führt sie zu einer deutschen Konsulatsstelle und sagt "Bewirb dich da einmal"? Wie funktioniert das?

Peschke: Zu der genauen Zahl: Ich kann Ihnen keinen Zwischenstand nennen. Das ist sozusagen ein "moving target". Am Ende wird also die 5.000 stehen.

Aber dazu, wo wir dabei stehen: Das ist ein Prozess, der die ganze Zeit erfolgt, im Rahmen dessen sich die Zahl der ausgewählten Personen auch ständig vergrößert und im Rahmen dessen es auch ganz viele unterschiedliche Personen in ganz vielen unterschiedlichen Stadien der Dokumentenprüfung gibt.

Ansonsten fragen Sie zur Auswahl am besten den UNHCR direkt. Der trifft die Auswahl. Der UNHCR trifft die Auswahl aufgrund der Kriterien, die Herr Teschke vorgestellt hat - Hilfebedürftigkeit usw. usf. -, und er macht dann im Grunde genommen entsprechende Vorschläge, die dann natürlich unsererseits durch die entsprechenden Behörden gegengeprüft werden müssen. Die Dokumente müssen geprüft werden, und die Reisedokumente müssen auch ausgestellt werden.

Es gibt übrigens aus diesem Kontingent der 5.000 meines Erachtens auch bereits eine niedrige dreistellige Zahl von Menschen, die schon selbstständig nach Deutschland eingereist sind. Das ist jetzt der erste Sammeltransport, aber es gab auch schon welche, die selbstständig eingereist sind.

Teschke: Genau, das waren diejenigen, die selbstständig eingereist sind. Deswegen muss man diese Unterscheidung treffen. Heute werden die ersten mit einem Charterflugzeug eintreffen. Es gibt ungefähr 230 Menschen, die schon selbstständig eingetroffen sind. Ein Kriterium dafür war unter anderem auch, familiäre Beziehungen in Deutschland zu haben.

Frage: Herr Teschke, der Innenminister hat im März, als er hier vorgestellt hat, dass die 5.000 Flüchtlinge hier aufgenommen werden sollen, gesagt, dass es darunter auch eine hohe Zahl von Christen geben werde, weil ein besonderer Verfolgungsdruck herrsche. Zeichnet sich das jetzt schon ab?

Teschke: Wie gesagt: Die endgültige Zahl steht noch nicht fest. Beim heute eintreffenden Flug von 110 Personen wird eine große Zahl von Muslimen dabei sein. Die Minderheit sind Christen. Meines Wissens sind es 12 oder 15 Christen; der Rest sind Muslime und ein Nicht-Gläubiger.

Frage: Weil wir schon ein paar Male bei den familiären Beziehungen angekommen waren: Herr Teschke, der Spitzenkandidat der Grünen, Jürgen Trittin, hat heute im Zusammenhang mit den Kontingentflüchtlingen gefordert, einen Familiennachzug zuzulassen, und dabei von einer Zahl von etwa 50.000 Menschen gesprochen, die zusätzlich aufgenommen werden könnten. Ist das für die Bundesregierung ein gangbarer Weg? Stimmt die Zahl ungefähr?

Teschke: Zu der Zahl kann ich nichts Näheres sagen. Wir haben gesagt: Über die Zahl von ungefähr tausend Asyl suchenden Syrern, die jeden Monat kommen, nehmen wir noch 5.000 zusätzlich auf. Das sind die, die jetzt beginnen zu kommen.

Darüber hinaus ist es den Bundesländern freigestellt, noch zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen, die dem Kriterium entsprechen, familiäre Beziehungen in die Bundesländer zu haben. Aber ob das 50.000 werden, kann ich absolut nicht abschätzen oder einschätzen.

Zusatzfrage: Ich habe den Grünen, Herrn Trittin, so verstanden, dass er meinte, dass sicher noch ganz viele Verwandte der 5.000 in Syrien oder in den Flüchtlingslagern sitzen und dass man ihnen erlauben sollte nachzukommen. An so etwas ist nicht gedacht, oder?

Teschke: An so etwas ist nicht gedacht, nein.

Frage: Herr Teschke, Sie haben gesagt, dass die Bundesregierung jetzt vor allem mit ihren europäischen Partnern sprechen will. Gibt es denn schon irgendwelche konkreten Vorstellungen, wie viele Flüchtlinge Europa oder die EU als Ganzes aufnehmen könnte?

An Herrn Peschke habe ich die Frage: Deutschland will ja den Internationalen Strafgerichtshof bemühen. Das Problem ist: Syrien ist kein Mitglied des Rom-Statuts. Nachdem Syrien jetzt die C-Waffen-Konvention unterschrieben hat, möchten Sie ihnen vielleicht vorschlagen, dass sie auch dem Rom-Statut beitreten könnten?

Teschke: Zum ersten Teil: Wir können den anderen europäischen Ländern natürlich nicht vorschreiben, wie viel Flüchtlinge sie aufzunehmen haben oder sollten. Wir können nur mit gutem Beispiel vorangehen. Das, glaube ich, haben wir mit 5.000 getan. Alle anderen Länder sollten dem guten Beispiel folgen.

Zusatzfrage: Ist eine ähnliche Anzahl pro rata in ganz Europa denkbar?

Teschke: Jedes Land muss für sich selbst entscheiden. Aber zum Beispiel die 500 Syrer, die Österreich jetzt aufnimmt, stellen proportional zur Bevölkerungsgröße ungefähr den gleichen Beitrag dar.

Peschke: Der realistischere Weg ist, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen entsprechende Schritte ergreift.

Zusatzfrage: Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat ja in der C-Waffen-Diskussion auch nicht viel bewegt; das kam eher jetzt von russischer und syrischer Seite.

Peschke: Das sind, glaube ich, unterschiedlich gelagerte Fragen. Bei dem einen ist es so, dass der Strafgerichtshof auf Veranlassung des Sicherheitsrates tätig werden kann. Das ist, glaube ich, ein geeigneter Weg, der in diesem Falle zu beschreiten wäre.

Frage: Ich möchte noch einmal nach den Christen fragen, zumal Sie, Herr Teschke, eben die Zugehörigkeit zu religiösen Minderheiten als ein Kriterium genannt haben. Sollen Christen bevorzugt aufgenommen werden? Diese werden ja nach allem, was man weiß, eigentlich eher von den Rebellen bedroht als vom System. Gilt das beispielsweise auch für Alaviten und andere Minderheiten? Wie ist da die Linie?

Teschke: Wir haben immer als Kriterium die Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit oder zu einer bedrohten religiösen Gruppe genannt. Das hat aber nie bedeutet, dass es einen Appell gab, vor allem Christen aufzunehmen. Aber, wie Sie sagen, natürlich werden auch Christen in Syrien bedroht, zum einen von den Rebellen, aber in Teilen sind sie natürlich einfach in den Kämpfen bedroht. Das ist das Thema.

Zusatzfrage: Darf ich da noch einmal nachfragen: Ich kann es mir jetzt schwer vorstellen. Wenn man eine große Anlage hat, sagt man dann, man nimmt eher den Christen als den Muslim? Man muss es ja irgendwie auswählen. Welchen Stellenwert hat dieses Kriterium?

Teschke: Das, würde ich in der Tat sagen, müssten Sie den UNHCR fragen, der letztlich diese Kriterien von uns übermittelt bekommen hat und der aufgrund dieser Kriterienliste sagt: Diese Menschen erfüllen dieses Kriterium oder diese Menschen jenes Kriterium. Aber wir haben keinen Appell gestartet, überwiegend Christen aufzunehmen.

Frage: Herr Peschke, ich erinnere mich daran, dass die Frage, wie viele Papiere eigentlich schon ausgestellt worden sind, hier vor einigen Wochen schon einmal gestellt worden ist und Sie damals schon sagten, dass man das nur schwer beantworten könnte. Ich möchte Sie jetzt bitten, diese Frage, so schnell es geht, vielleicht doch einmal zu beantworten, vielleicht doch einmal in Ihrer ausgebauten Botschaft in Beirut nachzufragen, wie viele von diesen Papieren sie jetzt eigentlich schon ausgestellt haben, weil ich es unbefriedigend finde, wenn diese Frage immer wieder gestellt wird, aber nie von Ihnen beantwortet werden kann. Das ist eine Bitte.

Die Frage, die ich jetzt an Herrn Teschke richten will, ist: Wenn geplant ist, 5.000 der Flüchtlinge aufzunehmen, dann handelt es sich ja, wenn man den heutigen Flug hochrechnet, um 50 Flüge oder 30 Flüge, wenn es größere Maschinen sind. Sind diese Flüge schon irgendwie gebucht? Gibt es die schon? Gibt es einen Zeitplan, wann die letzte dieser Maschinen hier sein soll? Gibt es irgendeinen halbwegs konkreten Plan, wann man diese Zusage, 5.000 Flüchtlinge aufzunehmen, auch tatsächlich irgendwie erfüllen möchte?

Teschke: So, wie Sie es skizzieren, ist es in der Tat. Es ist ein längerer Prozess, bis alle 5.000 hier sein werden. Wie Herr Peschke vorhin ausführte: Meines Wissens ist es genau so, dass die Auswahl immer noch läuft. Ich habe mir aber auch als Frage hier notiert, ob schon alle 5.000 feststehen. Ich glaube, nicht. Dementsprechend glaube ich auch nicht, dass alle Flüge schon gebucht sind - zumal immer noch hinzukommt: Die Auswahl muss getroffen werden. Dann werden die Papiere überprüft usw. Ein gewisser bürokratischer Aufwand geht damit natürlich auch immer einher.

Zusatzfrage: Die Frage, die sich damit verbindet, ist: Wenn man ein Vierteljahr braucht, um 5.000 auszuwählen, würde man, wenn man 50.000 auswählen würde, möglicherweise drei Jahre brauchen, weil das Verfahren offensichtlich kompliziert ist und viele Kräfte und Zeit in Anspruch nimmt. Ist das so? Ist aus verwaltungstechnischer Sicht der Vorschlag, man könnte diese Quote beliebig erhöhen, gegenstandlos, weil es technisch gar nicht möglich ist?

Teschke: Wie gesagt, ich werde mich erkundigen, ob alle 5.000 schon feststehen und wie lange es durchschnittlich dauert. Wir haben es jetzt gesehen: Bei den ersten hundert hat es ungefähr zweieinhalb Monate gedauert.

Peschke: Ich nehme das gern mit. Allerdings will ich auch gerne einmal die Gelegenheit nutzen, darauf hinzuweisen, dass es ein komplexes Verfahren ist. Wir haben mindestens drei große Komplexe in dem Verfahren, die ich Ihnen hier nennen kann.

Das Erste ist die Auswahl durch den UNHCR. Schon das dauert aufgrund der Kriterien eine gewisse Zeit. Das Zweite ist, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Aufnahmebescheide ausstellt. Das Dritte ist, dass die libanesischen Behörden, in diesem Fall die Sûreté Générale, Ausreisegenehmigungen ausstellt. Das sind die drei zentralen Genehmigungspapiere, die es braucht. Für jede dieser Genehmigungen usw. gibt es jeden Tag neue Zahlen. Insofern ist es, glaube ich, unrealistisch, Ihnen da eine Zahl zu geben, die auch nur länger als einen Tag Bestand hat, zumal es eben nicht eine Zahl ist, sondern einfach schon mehrere Zahlen sind. Aber sobald sich da vielleicht eine markante Größe abzeichnet, wollen wir diese gern mit Ihnen teilen.

Aber ich glaube, am Ende ist doch das Ergebnis wichtig: Heute kommen 107. Das ist der erste Schritt. Und es sind schon - - Wie viele hatten Sie genannt, Herr Teschke?

Teschke: 230 sind schon eingereist.

Peschke: 230 sind schon individuell eingereist, plus 107, macht nach Adam Ries 337. Das ist auch schon mal eine Zahl, die zu verwenden ist. Wenn die Nächsten kommen, dann können wir Ihnen diese Zahl als Ergebnis unserer Bemühungen auch gern wieder übermitteln.

Zusatzfrage: Ich würde vorschlagen, Sie nennen uns die Zahl der Bescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, die bis zum heutigen Tag ausgefertigt worden sind.

Peschke: Das können Sie, ehrlich gesagt, auch das Bundesamt direkt fragen. Die haben die Zahl wahrscheinlich am besten.

Zusatzfrage: Offensichtlich ist das eine Zahl, die die Bundesregierung selbst nicht erhebt oder die sie nicht interessiert.

Peschke: Doch, die interessiert uns sehr, aber ich glaube, bei so etwas ist es besser, an die Quelle zu gehen.

Vorsitzender Hebestreit: Vielleicht kann der Fragesteller danach ja auch die Regierung informieren.

Frage: Herr Teschke, der Parteifreund Ihres Ministers, Herr Herrmann aus Bayern, beklagt, dass ein Asylprüfverfahren für einen syrischen Antragsteller immer noch viereinhalb Monate dauert. Er mahnt dringend, dass eine Beschleunigung der Verfahren, wofür der Bund verantwortlich ist, durchgeführt wird. Was gedenken Sie zu unternehmen, um dem Wunsch des CSU-Politikers Herrmann nachzukommen, der bestimmt auch für alle anderen Innenminister spricht?

Die zweite Frage: Wer trägt eigentlich all die Kosten der syrischen Flüchtlinge, die jetzt aufgenommen werden? Ist der Bund zu einer großzügigen Unterstützung der Gemeinden bereit, oder handelt der Bund zu finanziellen Lasten der Gemeinden?

Teschke: Ich komme zuerst zum letzten Teil Ihrer Frage. Da gilt die übliche Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern: Der Bund trägt die Kosten für die Organisation der Einreise, für den Transport und die vierzehntägige Erstunterbringung in den Aufnahmelagern Friedland und Bramsche. Dann wird der anschließende Aufenthalt von den Ländern getragen.

Zusatzfrage: Wissen das die Länder?

Teschke: Das wissen die Länder.

Zusatzfrage: Wollen die das, und machen die das? Oder erfahren die das jetzt?

Teschke: Nein, das wissen die Länder. Das ist altbekannter Usus, das ist eingeübt. Das ist ähnlich wie beim Resettlement-Verfahren. Da haben wir den gleichen Verteilungsschlüssel.

Wir haben letztes Jahr zum Beispiel auch 300 irakische Flüchtlinge im Resettlement-Verfahren aufgenommen. Da ist es das Gleiche. Die werden hierhertransportiert; die Kosten hierfür trägt der Bund, genauso wie für die Erstunterbringung in den ersten 14 Tagen. Dann werden sie in Aufnahmelager oder Aufnahmeeinrichtungen in den Ländern gebracht, und dann beginnt der Kostenanteil der Länder zu fassen.

Wir haben uns aber auch beim Thema Syrien bei der EU-Kommission noch einmal dafür eingesetzt, EU-Mittel für die Aufnahme zu bekommen. Da steht aber noch eine Antwort der EU-Kommission aus.

Zusatzfrage: Und die viereinhalb Monate, die Herr Herrmann beklagt?

Teschke: Ich kann diese Zahl jetzt, ehrlich gesagt, nicht bestätigen. Ich kann nicht sagen, ob das so lange ist.

Zusatzfrage: Er wird es ja wissen.

Teschke: Wir werden noch einmal überprüfen, ob diese Zahl so stimmt. Fest steht, dass gerade Bundesinnenminister Friedrich in den letzten Monaten auch aufgrund anderer ansteigender Zahlen, Asylbewerberzahlen das BAMF personell verstärkt hat, unter anderen mit 80 Bundespolizisten. Sie erinnern sich an die hohe Zahl der serbischen und mazedonischen Asylbewerber. Auch dafür haben wir mehr Personal nach Nürnberg geschickt. Es ist in den letzten Monaten insgesamt eine Aufstockung von über 200 Personen erfolgt, sodass die Anträge schneller bearbeitet werden können.

Zusatzfrage: Aber, Entschuldigung, Herr Herrmann hat in Kenntnis Ihrer weitreichenden fürsorglichen Beschlüsse mit zusätzlich 80 Bediensteten im Amt heute erklärt: Viereinhalb Monate sind viel zu lang; das muss beschleunigt werden.

Deswegen noch einmal meine Frage: Was gedenkt der Bundesinnenminister zu tun, um den Landesinnenminister in Bayern zufriedenzustellen, was die Beschleunigung des Asylprüfverfahrens für syrische Flüchtlinge angeht?

Teschke: Ich denke, der Bundesinnenminister wird auch noch einmal mit seinem bayerischen Innenministerkollegen sprechen, ihm das Ganze darlegen, und insgesamt schauen wir uns die Zahlen noch einmal an, welche Asylanträge besonders lange brauchen. Ob wir da noch einmal personell nacharbeiten müssen, ist noch offen.

Jetzt haben wir eine personelle Verstärkung vorgenommen, und man muss natürlich einen gewissen Berg erst einmal abbauen, bevor man dann zu einer schnelleren Bearbeitung kommt.

Frage: Nur noch eine kurze Nachfrage: Können Sie schon überschlagen, was diese Aktion der 5.000 Flüchtlinge den Bund kostet?

Teschke: Dazu liegen mir noch keine Zahlen vor.

Frage: Herr Seibert, ich wüsste gern, ob Sie als Regierungssprecher der Bericht überrascht hat, dass im Bildungsministerium 465 Millionen Euro für externe Dienstleistungen und Beratungen angefallen sind.

Vom Bildungsministerium wüsste ich gern, ob es eine auffallende Häufung von Auftragsnehmern gibt oder ob es sich in der Regel um Einzelaufträge handelt.

StS Seibert: Es geht da nicht um Gefühle wie Überraschung oder Nichtüberraschung, sondern um sachliche Erklärungen, und die kann zum Beispiel das Bildungsministerium sicherlich geben.

Zusatzfrage: Sie haben nicht aufgeschreckt reagiert, als Sie die Zahl gelesen haben? Jeder muss doch mit seinem Geld haushalten und keiner hat zu viel - und dann heißt es, 465 Millionen Euro wurden für externe Beratung ausgegeben.

StS Seibert: Ich hatte diese Zahl persönlich vorher nicht erhoben, deswegen habe ich sie jetzt gelernt. Das Ministerium kann die sachliche Erklärung geben.

Mishra: Ich kann gerne etwas dazu sagen. Es geht hier um einen ziemlich durchsichtigen Versuch, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Gefragt war in der Kleinen Anfrage nach externen Aufträgen. Das, was das Bildungsministerium hier zu einem ganz großen Teil macht, sind inhaltliche Projekte. Wir haben eine besondere Situation in unserem Ministerium: Wir haben keine eigenen Ämter oder Behörden, an die wir quasi Projekte weitergeben können; wir machen das mit sogenannten Projektträgern.

Sie haben nach einer Häufung gefragt: Zu diesen Projektträgern gehören Organisationen wie das Forschungszentrum Jülich und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Das sind Projekte in den Bereichen Gesundheitsforschung, Energieforschung, Nachhaltigkeit, kulturelle Bildung etc. Das heißt, wir wickeln diese Projekte inhaltlich über sogenannte Projektträger ab, während andere Ministerien dafür zum Teil Behörden haben.

Der eigentliche Anteil von dem, was man unter Beratung versteht - also anwaltliche Beratung etc. -, liegt bei nur 4,6 Millionen Euro, also nur einem Prozent der gesamten Ausgaben für externe Aufträge. Wir haben auf die Frage nach externen Aufträgen also auch den ganzen inhaltlichen Bereich mit genannt. Wie gesagt, diejenigen, die diese Zahlen jetzt bewusst falsch interpretieren, wissen das auch, und das ist eigentlich ziemlich durchsichtig.

Frage: Können Sie dann erklären, warum es im vergangenen Jahr nur Ausgaben in der Höhe 260 Millionen gegeben hat? Das verteilt sich ja ganz offenbar nicht gleichmäßig auf die Legislaturperiode, sondern es gibt in diesem Jahr eine besondere Häufung. Woran liegt das?

Mishra: Auch das kann ich erklären. Wir haben im Grunde diese ganzen ausgeschriebenen Projektträgerleistungen zwischen 2010 und Ende 2011 neu ausgeschrieben. Das hat mit Europarecht und mit neuen wettbewerblichen Verfahren zu tun. Die werden jetzt quasi finanzwirksam. Das ist der Grund. Vorher liefen die alten Verfahren und wir haben das, wie gesagt, komplett umgestellt. Deshalb gibt es jetzt eben eine Häufung, das heißt, jetzt wird quasi das Geld ausgezahlt. Das ist im Grunde die Geschichte, die dahintersteckt, also eine komplette Neuausschreibung. In der Anfrage sollten eben nur neue Aufträge angegeben werden, also das, was in dieser Legislaturperiode ausgegeben worden ist.

Wie gesagt, es geht dabei um inhaltliche Projekte - um die Erforschung seltener Erkrankungen, um die Energiewende etc. -, das kann man alles auch aus den Zahlen herauslesen, und das wissen auch diejenigen, die jetzt versuchen, diese Zahl hochzuziehen.

Zusatzfrage: Nun haben ja auch andere Ministerien recht stolze Posten im Zusammenhang mit externen Aufträgen, zum Beispiel das Umweltministerium 82 Millionen Euro und das Innenministerium 66 Millionen Euro. Wenn ich richtig im Bilde bin, haben diese Ministerien aber nachgelagerte Behörden. Insofern würde mich auch die Erklärung aus diesen Häusern interessieren.

Teschke: Für das Innenministerium kann ich vor allen Dingen sagen, dass das Kosten sind, die durch IT-Maßnahmen entstanden sind. IT-Beratung ist naturgemäß teuer und führt deswegen zu solchen Kosten.

Stamer: Für das Umweltministerium kann ich darauf hinweisen, dass es bei der Vergabe von externen Aufträgen ein sehr breites Spektrum gibt. Dazu gehören auch IT-Leistungen, Forschungsvorhaben, ÖA-Kampagnen und die Ausrichtung internationaler Konferenzen. Es geht auch hier bei uns nicht nur darum, externe Beratungen einzuholen.

Im Übrigen ist in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage darauf hingewiesen worden, was die Grundlage für die Vergabe von externen Aufträgen ist: Und zwar sind die Bedingungen bei uns in der Geschäftsordnung niedergelegt.

Zusatzfrage: Wie ist denn der Trend? Lagen diese Ausgaben - es sind ja immerhin knapp eine Milliarde Euro - in dieser Legislaturperiode im Rahmen des Üblichen oder gab es da summa summarum Steigerungen oder vielleicht gar eine Abnahme?

Teschke: Ich meine mich daran zu erinnern, dass wir im vergangenen Jahr, in 2012, besonders hohe IT-Kosten hatten, weil es da eine Umstellung gab. Dadurch sind im vergangenen Jahr Kosten in Höhe von 11 Millionen Euro zustande gekommen. Ich kann Ihnen im Moment nicht sagen, wie sich das entwickelt hat; mir ist aber so, dass es in der Erwähnung immer so war, dass das ein besonders hoher Posten in 2012 war.

Frage: An das Finanzministerium: Wie geht es denn bei der Finanztransaktionssteuer weiter, nachdem der Juristische Dienst des Rates in Brüssel Bedenken geäußert hat? Verzögert sich dieser Prozess jetzt noch weiter? Vielleicht können Sie auch das eine oder andere Eckdatum im gegenwärtigen Zeitplan für die Finanztransaktionssteuer nennen?

Kotthaus: Da verzögert sich eigentlich nichts. Sie wissen, dass es in Brüssel immer drei Arbeitsebenen gibt: Erst kommt die Rats-Arbeitsgruppe, danach kommt der Ausschuss der Ständigen Vertreter und danach kommt der Ministerrat. Auf der Ebene der Rats-Arbeitsgruppe haben wir den gesamten, technisch sehr komplexen Vorschlag der Kommission jetzt einmal durchdiskutiert. Jetzt würde also die Detailarbeit zu den verschiedenen Artikeln, Paragraphen und Fragen beginnen.

Sie sagen, es gebe da jetzt Zweifel. Es gibt genauso klar auch eine Aussage des Juristischen Dienstes der Kommission, dass das alles unproblematisch und mit den Verträgen vereinbar ist. Ich will jetzt nicht den alten Spruch "Zwei Juristen, drei Meinungen" bringen, aber es gibt eine glasklare Aussage der Kommission - auch gestern von Herrn Semeta -, dass sie das dezidiert anders sehe, dass sie die Auffassung, es gebe rechtliche Probleme, nicht teile und dass sie die Beratungen zu dem Vorschlag auch fortführen werde. Sie können davon ausgehen, dass, bevor die Kommission einen solchen Vorschlag macht, dieser Vorschlag natürlich auch innerhalb der Kommission auf alle Aspekte - auch auf alle rechtlichen Aspekte - abgeklopft wird.

Von daher: Aus meiner Perspektive werden wir jetzt mit den Beratungen so weitermachen, wie es vorher geplant war. Wenn der Zeitpunkt kommt, dass das die entsprechende Reife erreicht hat, werden sich auch wieder die Minister damit befassen. Wann dieser Zeitpunkt ist, kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Das ist, wie gesagt, ein sehr komplexes Dossier - das haben wir immer gesagt. Sie wissen, dass wir deswegen für 2014 auch keine Einnahmen aus der FTT in die Haushaltsplanungen hineingenommen haben. Wir haben vielmehr immer gesagt: Das ist komplex, das macht man nicht von heute auf morgen. Von daher gibt es da für mich momentan keine neue Sachlage.

Frage: Herr Seibert, der ADAC sieht die Bundeskanzlerin auf dem Weg zum Wortbruch, was die Pkw-Maut angeht. Er begründet das letzten Endes auch damit, dass die Kanzlerin seit dem TV-Duell mit Herrn Steinbrück am Sonntagabend in keinem weiteren Auftritt den Satz wiederholt hat, mit ihr werde es keine Pkw-Maut geben. Steht dieser Satz denn nach wie vor so, wie die Kanzlerin ihn am Sonntagabend gesagt hat, oder hat sich da etwas verändert?

StS Seibert: Es hat sich nichts verändert. Die Position der Kanzlerin in dieser Frage ist bekannt, sie ist hier fast unzählige Male dargestellt worden. Sie verändert sich auch nicht durch tägliches Nachfragen und sie ist in der Tat identisch mit der Position, die wir hier schon oft dargestellt haben.

Zusatzfrage: Herr Seehofer hat das gestern ja auch anders verstanden, er hat nämlich gesagt: "Ich begrüße die Aussage der Kanzlerin, dass es eine Lösung geben werde, außerordentlich, und bin sehr erfreut." Für ihn hat es also offensichtlich eine neue Lage gegeben.

StS Seibert: Nein, auch das ist keine neue Lage, denn in einer ebenfalls großen Zahl von Interviews, in denen die Bundeskanzlerin dazu gefragt wurde, hat sie immer wieder darauf abgehoben, dass es die Erfahrung ist, dass CDU und CSU - ich muss jetzt über Parteien sprechen, Sie zwingen mich quasi dazu - immer eine Lösung gefunden haben, und so wird es auch diesmal sein.

Frage: Herr Kotthaus, es gab gestern eine Einigung zwischen dem EZB-Präsidenten und dem Präsidenten des Europäischen Parlaments in Sachen Informationspflichten bei der europäischen Finanzaufsicht. Was bedeutet das für das Projekt Bankenunion? Wie bewertet die Bundesregierung, dass da offenbar eine Verständigung gelungen ist?

Kotthaus: Das Wichtige, was gestern passiert ist und was sich dann hoffentlich auch in der Abstimmung des Europäischen Parlamentes - die, wenn ich richtig informiert bin, diese Woche stattfindet - materialisieren wird, ist, dass wir endlich diesen Baustein der Bankenunion, also die Frage einer europäischen Bankenaufsicht, erst einmal abschließen können, sodass die EZB anfangen kann, diese Bankenaufsicht aufzubauen.

Wie Sie wissen, hat sich der Rat Ende letzten Jahres mit hoher Geschwindigkeit in - ich möchte nicht sagen unzähligen - wirklich sehr vielen Nachtsitzungen, an denen teilzunehmen ich die Freude hatte, zu einer Einigung durchgerungen. Danach blieb das Dossier etwas hängen. Daher sind wir sehr glücklich, wenn das jetzt zu einem Abschluss kommt und die Aufsicht aufgebaut werden kann. Sie ist ein Teil der Bankenunion. Wie Sie wissen, ist das nächste Thema, an dem wir arbeiten, der Bankenabwicklungsmechanismus. Sie wissen, dass wir auch noch an einer Richtlinie und an anderen Elementen arbeiten.

Auf jeden Fall würde dieser wichtige Aspekt einer europäischen Bankenaufsicht, den die Bundesregierung immer gefordert hat, immer begrüßt hat, immer unterstützt hat, dann endlich im Gesetzgebungsverfahren einen Endpunkt finden, und die EZB könnte anfangen, die Bankenaufsicht aufzubauen.

Vorsitzender Hebestreit: Herr Teschke hat noch zwei Nachlieferungen zum Thema Aufnahme syrischer Flüchtlinge.

Teschke: Herr Siebert, Sie wollten wissen, ob wir schon eine abschließende Kostenabschätzung haben: Die haben wir noch nicht. Es steht also noch nicht fest, welche Kosten dadurch insgesamt entstehen werden.

Uns liegt auch noch keine abschließende Liste der 5.000 Flüchtlinge vor, sondern da laufen unter anderem noch die Visa-Verfahren.

Frage (zu den bevorstehenden Bundestagswahlen): Nachdem in Berlin sozusagen das Gespenst der Bahamas-Koalition umgeht und AfD-Chef Lucke heute in einem Interview gesagt hat, er könne sich eine Regierungszusammenarbeit mit der Union durchaus vorstellen: Gilt denn für die Bundeskanzlerin der allgemeine Satz, dass eine Koalition mit jedem demokratischen Partner möglich sein muss?

StS Seibert: Jetzt sind wir dann wirklich tief in Wahlkampffragen. Ich sage es trotzdem, weil ich glaube, dass ich das auch als Regierungssprecher kann: Die Bundeskanzlerin hat sich mehrfach dazu geäußert, dass sie diesen Wahlkampf mit der Absicht führt, die erfolgreiche christlich-liberale Koalition fortzusetzen. Punkt.

Frage: Zur Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Linken zu Pflegekräften und der Anwerbung von Pflegekräften hätte ich Fragen an das Gesundheits- und das Arbeitsministerium.

Erstens. Von den neun Ländern, die besonders genannt werden, in denen gerade gezielt Pflegekräfte angeworben werden, sind es ja drei, mit denen es in dieser Richtung eine besondere Kooperation gibt. Ist geplant, die Zahl dieser besonderen Kooperationen zu erhöhen?

Zweite Frage: Was sagen Sie zur Kritik der Linken, man würde dadurch in Ländern wie Tunesien einen "brain drain" einleiten?

Jopp: Der Minister hat sich vorhin in einer Pressekonferenz noch einmal ganz grundsätzlich zu der Idee, ausländische Fachkräfte anzuwerben, geäußert und hat gesagt, dass das in der Frage, wie wir es schaffen, genügend Pflegekräfte in Deutschland zur Verfügung zu haben, nur ein Baustein sein kann. Wir haben ja zusammen mit dem BMAS und dem BMFSFJ eine Ausbildungskampagne gestartet beziehungsweise einen Ausbildungspakt in der Pflege geschlossen, um mehr Pflegekräfte in Deutschland zu generieren. Es wird nicht die alleinige Lösung sein, Pflegekräfte aus dem Ausland anzuwerben, aber das ist ein wichtiger Baustein. Der Minister hat sich auch noch einmal ausdrücklich dahingehend geäußert, dass er findet, dass die Zugangsbeschränkungen, die bestehen, reduziert werden müssen, um das zu erleichtern. Er hat auch die Kritik, dass wir sozusagen den Pflegenotstand exportieren würden, zurückgewiesen, weil das in den Regularien, in den Verträgen ausdrücklich geregelt ist.

Wendt: Ich kann mich dem eigentlich für das BMAS nur anschließen: Das ist ein wichtiger Baustein, um die Fachkräftesicherung im Bereich Pflege durchzuführen. Mehr gibt es dazu an dieser Stelle nicht zu sagen.

Frage: Ich habe noch eine kurze Frage an das Justizministerium: Sieht das Justizministerium vor dem Hintergrund der jüngsten NSA-Berichte Anlass, eine Aussetzung des SWIFT-Abkommens nun doch zu prüfen und darüber nachzudenken? Es gibt ja vielfältige Forderungen aus dem europäischen Raum - zum Beispiel von europäischen Parlamentsabgeordneten -, dies zu tun.

Zimmermann: Ich kann Sie da nur auf das verweisen, was die Bundesjustizministerin gestern gesagt hat. Da ging es unter anderem auch um das Safe-Harbor-Abkommen, das jetzt einer eingehenden Prüfung bedarf, und dass die Kommission hier tätig werden sollte. Neueres oder anderes kann ich Ihnen dazu hier jetzt nicht sagen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 11. September 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/09/2013-09-11-regpk.html;jsessionid=68EC69BA339EEAC849D65B1A3853D94C.s2t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2013