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PRESSEKONFERENZ/671: Regierungspressekonferenz vom 2. Oktober 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 2. Oktober 2013
Regierungspressekonferenz vom 2. Oktober 2013

Themen: Haushaltskrise in den USA, Schadstoffgrenzwerte für die Luftfahrtindustrie, Einreiseverbot für Ilija Trojanow in die USA, künftige Kabinettssitzungen, derzeitige Legitimation der Bundeskanzlerin für EU-Entscheidungen, Vertrauensfrage des italienischen Ministerpräsidenten Letta, mögliche Zusammenarbeit der griechischen Partei "Goldene Morgenröte" und der NPD, künftige Beteiligung des Steuerzahlers an Bankenrettungen

Sprecher: StS Seibert, Kraus (BMWi), Peschke (AA), Fichtner (BMU), Bethge (BMVBS), Zimmermann (BMJ), Albrecht, (BMG), Reifschneider (BMZ), Lörges (BMI), Kotthaus (BMF)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Herr Seibert, ich hätte gerne gewusst, ob und, wenn ja, wie die Bundesregierung die Haushaltskrise in den USA beurteilt.

Eine zweite Frage vielleicht an das Wirtschaftsministerium und an das Außenamt: Gibt es irgendwelche praktischen Auswirkungen, die Ihnen bekannt sind? Kann zum Beispiel Airbus gerade keine Flugzeuge in den USA ausliefern, weil dort auch die Flugzeugbehörde streikt? Gibt es da irgendetwas, was Ihnen bekannt ist?

StS Seibert: Die Bundesregierung verfolgt die Ereignisse und die Entwicklungen in den USA natürlich sehr aufmerksam. Wir bedauern es, dass es in der Auseinandersetzung um den US-Bundeshaushalt noch nicht zu einem Einvernehmen, noch nicht zu einer Lösung gekommen ist. Wir hoffen doch darauf, dass es baldige Fortschritte gibt, die es dann ermöglichen, diesen Konflikt auch beizulegen.

Vorsitzender Mayntz: Wie sehen das die anderen angesprochenen Ministerien?

Kraus: Ich kann dem nicht sehr viel hinzufügen. Wir stehen natürlich im Kontakt mit den Firmen, haben da aber noch keine Rückmeldungen, dass etwas bedroht wäre.

Unsere Experten sagen, dass, sofern es bei einer kurzfristigen Ausgabensperre bleibt und es in den nächsten zwei Wochen noch zu einer Einigung kommt, die wirtschaftlichen Entwicklungen in den USA, aber auch darüber hinaus hiervon nicht wesentlich belastet werden dürften, auch weil ja die wesentlichen Ausgaben von der Ausgabensperre nicht betroffen sind.

Vorsitzender Mayntz: Feststellung des Auswärtigen Amtes?

Peschke: Keine weiteren Anmerkungen zu den praktischen Auswirkungen.

Frage: Ich weiß nicht, ob es so etwas im Wirtschaftsministerium, im Finanzministerium oder im Kanzleramt gibt. Aber ist Ihnen etwas von einer Daumenpeilung bekannt, die da heißt: "Eine Verlangsamung des Wachstums in den USA um soundso viel hat diese und jene Folgen für die deutsche Wirtschaft"? Gibt es so eine Daumenpeilung bei Ihnen?

Kraus: Das ist mir nicht bekannt. Für das Wirtschaftsministerium kann ich nur antworten: Unsere Leute sagen, dass eine vorübergehende Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung tatsächlich zu einer Art globalen Verunsicherung führen könnte. Aber darüber hinausgehend gibt es keine Szenarien.

Frage: Ich glaube, diese Frage betrifft das Umwelt-, vielleicht auch das Verkehrsministerium. Es gibt im Moment Verhandlungen in Montreal über Schadstoffgrenzwerte für die Luftfahrtindustrie. Mich würde einmal interessieren, wie der Stand der Dinge im Moment ist, ob das eine Veranstaltung ist, in die man mit der Erwartung gegangen ist, dort eine Einigung festzuklopfen.

Zum Zweiten würde mich interessieren, einfach weil ich es nicht weiß: Haben die Europäer da eine gemeinsame Position, oder gibt es da unterschiedliche Positionen? Können Sie mir vielleicht sagen, wie im Moment der Status dieser Konferenz ist? Stockt sie im Moment in irgendeiner Weise, oder gibt es da Fortschritte?

Fichtner: Das Verkehrsministerium ist federführend. Ich würde dann vielleicht ergänzen.

Bethge: Ich kann zumindest dazu sagen, dass wir den Abschluss der Verhandlungen zum 4. Oktober erwarten, beziehungsweise dann läuft die Sitzungswoche aus.

Wie der aktuelle Stand der Verhandlungen ist, kann ich momentan nicht sagen, weil das Ganze jetzt laufend stattfindet. Die Mitgliedsstaaten sind aber unter der Federführung der Kommission in ganz enger Abstimmung, was ihre Positionen betrifft, und treten da auch weitestgehend geschlossen auf

Was wir aus deutscher Sicht erwarten, ist, dass die ICAO einen Zeitplan und Rahmenbedingungen für weltweit marktbasierte Maßnahmen verabschiedet, um die CO2-Emmissionen des Luftverkehrs zu begrenzen.

Zusatzfrage: Nur zur Sicherheit nachgefragt: Der Termin 4. Oktober, das ist die Terminsetzung für die Konferenz in Montreal?

Bethge: Genau.

Zusatzfrage : Bis dahin glauben Sie, aus der Zielsetzung noch eine Vereinbarung herauszuzimmern?

Bethge: Genau.

Fichtner: Ich darf vielleicht ergänzen. Tatsächlich ist bei diesem sogenannten ICAO-Rat das Ziel, bis Freitag eine Resolution zu verabschieden, die dann vorsieht, dass man bis 2016 eine globale marktwirtschaftliche Maßnahme entwickelt, also einen Arbeitsplan. Diese Maßnahme würde dann beim nächsten ICAO-Rat 2016 beschlossen werden und 2020 in Kraft treten. Das ist das Ziel. Ob es so kommt, werden wir am Freitag wissen.

Klar ist auf jeden Fall, dass sich die Bundesregierung im engen Schulterschluss mit allen EU-Staaten für ein globales Klimaschutzinstrument im internationalen Flugverkehr einsetzt.

Zusatzfrage : Noch eine Lernfrage dazu: Sie sagten "globales marktwirtschaftliches Instrument". Was ist denn das? Wenn man einen Grenzwert einsetzt, dann ist das ja nicht marktwirtschaftlich, sondern regulatorisch.

Fichtner: Das könnte zum Beispiel ein Emissionshandel sein. Das ist die Sprache, die in der ICAO gewählt wird. Vielleicht kann man sich auch noch andere Dinge darunter vorstellen. Es wird dann Gegenstand der Verhandlungen bis 2016 sein, diesen Begriff mit Leben zu füllen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Mich würde interessieren, ob denn schon etwas unternommen ist, um herauszufinden, warum der Schriftsteller Ilija Trojanow nicht in die USA einreisen durfte. Wenn ja, was? Gibt es schon einen neuen Erkenntnisstand?

Peschke: Uns ist der Fall logischerweise bekannt. Wir haben bisher keine gesicherten eigenen Erkenntnisse in dieser Sache. Wir haben jetzt auf verschiedenen Ebenen mit der amerikanischen Seite Kontakt aufgenommen, um in dieser Sache zu einer Klärung zu kommen und auch um die entsprechende Klärung zu erreichen. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Aber wir sind natürlich dran, dass die Sache aufgeklärt wird und dass wir da zu einer Lösung kommen.

Frage: Heute ist die Kabinettssitzung ausgefallen. Gibt es Termine für die nächsten Kabinettssitzungen, oder wird es jetzt erst einmal auf unbestimmte Zeit so bleiben, dass es keine Kabinettssitzungen gibt?

StS Seibert: Ich kann Ihnen, zumindest im Moment, keine weiteren Termine für Kabinettssitzungen melden.

Frage: Herr Seibert, in dem Zusammenhang wüsste ich gern, ob einer der verbliebenen FDP-Minister in diesen Tagen einen öffentlichen Ministertermin wahrnimmt. Haben Sie da einen Überblick? Könnten möglicherweise die einzelnen Ressorts sagen, ob die Minister nach außen als Bundesminister in dieser Woche schon in Erscheinung getreten sind oder es noch tun?

StS Seibert: Die zahlreichen Termine des Bundesaußenministers in der vergangenen Woche in New York haben Sie ja zur Kenntnis genommen.

Zusatz: Diese Woche meinte ich.

StS Seibert: Ich weiß. Deswegen wollte ich jetzt weiter ausführen, dass sich vielleicht die Ressorts dazu äußern.

Peschke: Der Außenminister hat diese Woche noch öffentliche Termine. Ich kann Ihnen aber aus bestimmten Gründen noch nicht genau sagen, welche. Aber er wird am Wochenende öffentliche Termine wahrnehmen, und er wird auch in der nächsten Woche öffentliche Termine wahrnehmen. Wir werden diverse Außenminister in Berlin zu Besuch haben. Es stehen auch Reiseverpflichtungen des Ministers ins Haus, die ich Ihnen aber aufgrund noch zu detaillierender Einzelplanungen hier nicht ausführen kann.

Zimmermann: Ich kann Ihnen aktuell keine Termine benennen.

Zusatzfrage: Für die ganze Woche?

Zimmermann: Ja.

Albrecht: Herr Bahr wird sich heute auf den Weg zum European Health Forum in Bad Hofgastein machen. Dort wird er sowohl am Anfang als auch beim Abschlussplenum teilnehmen. Es wird dort eine Key Note Speech halten. Dann wird er zusammen mit EU-Kommissar Borg ein Podium bestreiten. Dabei geht es um die Qualität der europäischen Gesundheitsversorgung in der Zukunft.

Kraus: Minister Rösler wird morgen am Tag der Deutschen Einheit in Stuttgart auftreten.

Reifschneider: Der Bundesentwicklungsminister hat diese Woche keine Termine als Minister. Nächste Woche reist er als deutscher Gouverneur zur Jahrestagung der Weltbank nach Washington.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert. In der "Süddeutschen Zeitung" kann man heute lesen, dass die SPD der Kanzlerin die Legitimation abspricht, was wichtige EU-Entscheidungen angeht, weil bis zum Abschluss einer Koalition vor allen Dingen die SPD-Position dort mit eingebracht werden müsste. Wie handhabt das die Kanzlerin? Ich glaube, sie fährt am 24. Oktober nach Brüssel. Wird sie dort auch weiterhin Verhandlungen führen und Entscheidungen möglicherweise auch alleine treffen?

StS Seibert: Ganz grundsätzlich und juristisch ist es so, dass eine geschäftsführende Regierung - mit der haben wir es ja dann ab dem 22. Oktober, ab dem Tag der Konstituierung des neuen Deutschen Bundestages, zu tun - nach herrschender Meinung grundsätzlich dieselben Befugnisse hat wie eine "regulär" im Amt befindliche Regierung.

Konkret: Der Europäische Rat in Brüssel Ende Oktober - das sind alles Gespräche, die natürlich in der Kontinuität europäischer Politik stattfinden. Da wird es beispielsweise um die digitale Agenda und um den digitalen Binnenmarkt gehen. Es wird um die Frage gehen: Welche Bereiche sind für die engere wirtschaftspolitische Koordinierung, die wir ja alle in Europa wollen, tatsächlich die relevanten? Das sind Diskussionen, die in der Kontinuität der letzten Monate geführt werden, auch mit Blick auf den Europäischen Rat, der dann im Dezember stattfindet.

Im Oktober-Rat stehen keine wegweisenden neuen Entscheidungen an. Die Bundeskanzlerin wird an diesen Gesprächen teilnehmen, beispielsweise auch auf der Basis des deutsch-französischen Papiers, das Ende Mai zusammen mit Staatspräsident Hollande öffentlich gemacht worden ist.

Frage: Herr Seibert, da Sie selbst gesagt haben, es stünden keine wegweisenden neuen Entscheidungen an, schlussfolgere ich daraus: Sollten wegweisende neue Entscheidungen in der Amtszeit der geschäftsführenden Regierung anstehen, würde dann die Kanzlerin ein erweitertes Abstimmungsverfahren mit potenziellen Koalitionspartnern suchen und finden?

StS Seibert: Ich habe jetzt über den Europäischen Rat Ende Oktober gesprochen, weil das ja auch in der Frage von Herrn Delfs erschienen war, um klarzumachen: Die Bundesregierung wird sich selbstverständlich auch nach dem 22. Oktober europapolitisch einbringen, wie es einem Mitgliedsland wie Deutschland gebührt und wie es auch unsere Verpflichtung ist. Alles andere ist dann im Einzelfall zu entscheiden.

Zusatz: Das war jetzt kein Dementi, dass sich Frau Merkel mit Herrn Gabriel und Herrn Özdemir dann abstimmen wird, ob sie das machen darf oder soll.

StS Seibert: Wir sind noch nicht einmal in der Phase der geschäftsführenden Bundesregierung. Deswegen werde ich mich dazu heute nicht äußern.

Frage: Herr Seibert, könnten Sie uns sagen, ob es nach dem letzten Telefonat zwischen der Bundeskanzlerin und dem italienischen Premierminister weitere Kontakte, Telefonate gegeben hat? Wie Sie wissen, findet heute die Sitzung im Senat und in der Kammer bezüglich der Vertrauensfrage des Ministerpräsidenten Letta statt. In etwa einer Stunde müsste das Votum erfolgen. Mit welchem Aufmerksamkeitsgrad verfolgt die Bundesregierung diese Abstimmung?

StS Seibert: Ich habe dem, was ich am Montag gesagt habe, wirklich nichts hinzuzufügen. Unser Wunsch ist - ich glaube, das ist auch der Wunsch aller europäischen Partner Italiens - eine stabile Regierung in diesem Land. Neues habe ich dazu nicht beizutragen. Wenn es ein weiteres Gespräch mit Herrn Letta gegeben hätte, hätte ich Sie darüber informiert.

Frage: Ich habe eine Frage an das Innenministerium: Gibt es Erkenntnisse über die Zusammenarbeit der griechischen Partei "Goldene Morgenröte" und der deutschen NPD?

Lörges: Da bin ich jetzt überfragt. Das muss ich klären und Ihnen dann zukommen lassen.

Zusatzfrage: Das ist gut. - Noch eine weitere Frage, und zwar an Herrn Peschke: Gibt es eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes zu den jüngsten Ereignissen in Athen, also zu der Verhaftung der Führung der "Goldenen Morgenröte"?

Peschke: Ich kann keine Stellungnahme dazu abgeben. Wir beobachten das Ganze natürlich sehr genau. Aber es ist jetzt nicht an mir, hier Stellungnahmen zu dem Vorgehen der griechischen Innenbehörden abzugeben. Das ist eine Sache der griechischen Innenpolitik. Dazu werden wir uns jetzt hier nicht offiziell äußern.

Zusatzfrage: Es gab gestern eine Stellungnahme des State Department zu dieser Frage. Finden Sie, dass das unüblich und überzogen ist?

Peschke: Nein. Wenn Sie Stellungnahmen des State Department haben wollen, müssen Sie Ihre Kollegen in Washington bitten, dort nachzufragen. Wenn Sie Stellungnahmen von uns haben wollen, können Sie bei uns nachzufragen. Es gibt bei uns eigentlich den guten Brauch, dass wir uns zu innenpolitischen Entwicklungen in anderen EU-Mitgliedstaaten in der Regel nicht äußern.

Frage : Herr Kotthaus, nachdem ich heute in einer großen deutschen Zeitung etwas von geheimen Nebenabsprachen der Finanzminister zum Punkt Bankenabwicklung gelesen habe, wollte ich Sie fragen: Was ist Faktum hinsichtlich der künftigen Beteiligung des Steuerzahlers an Bankenrettungen? Es ist ja auch von dieser Bundesregierung immer wieder die Haftungskaskade, die man nun anordnen will, dargestellt worden. Gibt es da Ausnahmen, die letztendlich den Steuerzahler doch eher in die Pflicht nehmen?

Kotthaus: Vielen Dank für die Frage, Herr Heller. - Ich muss gestehen, dass mich der Artikel zum Teil schon ein bisschen verblüfft hat.

Lassen Sie mich kurz sagen, wo wir gerade stehen. Wir haben im Rat eine allgemeine Ausrichtung, die eine ganz klare Abfolge der Haftungen vorschreibt. Da gibt es die Haftungskaskade, die Sie gerade erwähnt haben. Es ist in der allgemeinen Ausrichtung im Rat klar festgelegt worden, dass Eigentümer und auch Gläubiger der Banken, die abgewickelt werden müssen, als Erste in der Bütt sind. Das ist völlig klar. Deswegen habe ich auch Schwierigkeiten, irgendwelche Nebenabreden bei den Ministern nachzuvollziehen.

Die deutsche Position dazu ist so, wie sie immer war: Eigentümer und Gläubiger müssen zuerst dran sein. Es gibt eine ganz klare Kaskade, wie das ablaufen wird. Wir wollen in Zukunft den Steuerzahler bei solchen Aktionen aus dem Fokus nehmen.

Gemäß Art. 27 der allgemeinen Ausrichtung im Rat, der in dem Beitrag auch zitiert wird, gibt es die Möglichkeit, dass der Staat gesunde und lebensfähige Institute unterstützt. Das ergibt sich daraus, dass bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen, bevor der Staat da investieren kann. Wenn Sie mir erlauben, möchte ich kurz vorlesen, was die Bedingungen sein müssen:

Erstens. Das Institut verstößt nicht gegen die an eine dauerhafte Zulassung geknüpften Anforderungen. Es liegen keine objektiven Anhaltspunkte dafür vor, dass das in naher Zukunft der Fall ist.

Zweitens. Die Vermögenswerte des Instituts unterschreiten nicht seine Verbindlichkeiten. Es gibt keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird.

Drittens. Das Institut ist in der Lage, seine Schulden bei Fälligkeit zu begleichen. Es liegen keine objektiven Anhaltspunkte vor, dass dies zumindest in naher Zukunft nicht der Fall sein wird.

Last but not least ist das Institut nach Ansicht der Aufsichts- oder Abwicklungsbehörde nach Art. 51 lebensfähig.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die Behauptung, dass man kurz vor einer Abwicklung noch Geld hineinschießen kann, ist realitätsfern und hat mit Ziel und Sinn dieses Artikels wenig zu tun.

Der Rat war da völlig klar: Eigentümer und Gläubiger müssen herangezogen werden, wenn eine Bank in Schwierigkeiten gerät. Diese Bail-in-Regeln haben wir hart umkämpft; das gebe ich gerne zu. Es war keine leichte Lösung im Rat. Es waren harte und lange Diskussionen. Wir hatten dazu in Luxemburg eine meiner beliebten Nachtrunden. Wir sind jetzt im Verfahren des Trilogs. Es ist ja nicht so, dass der Rat alleine entscheidet. Es ist ein Zustimmungsverfahren, bei dem das Europäische Parlament auch mit zustimmen muss. Es ist in der Vergangenheit immer so gewesen, dass Rat und Europäisches Parlament nicht immer deckungsgleich waren.

Für uns ist ganz klar: Wir müssen diese eindeutigen Bail-in-Regelungen in dem Trilog verteidigen. Wir müssen sicherstellen, dass sie nicht aufgeweicht und nicht verwässert werden. Der Beschluss, der im Rat getroffen worden ist, also diese allgemeine Ausrichtung, ist bei dem Punkt, wer heranzuziehen ist, wenn eine Bank ins Straucheln gerät, eindeutig und klar. Es hat sich nichts geändert - weder an der Haltung der Bundesregierung noch an der Entscheidung, die im Juni in Luxemburg im Rat gefällt worden ist. Jetzt müssen wir in dem Trilog sicherstellen, dass diese eindeutigen Bail-in-Regeln auch so den Trilog passieren.

Eine Sache noch zu dem Punkt "geheim": Was ist daran geheim? Das ist eine allgemeine Ausrichtung. Das ist öffentlich. Ich rätsele über den Begriff "Geheimpapiere". Das ist im Rat beschlossen. "With all due respect": Das ist in Brüssel so geheim, als wenn Sie eine Zeitung lesen würden.

Zusatzfrage : Nur um das zu klären: Es gibt diese Möglichkeit, einem Institut staatliche Hilfen zu leisten, das überlebensfähig ist und das sich nicht in existenziellen Problemen befindet, wenn ich das aus diesen vier Bedingungen, die Sie vorgelesen haben, richtig rekapituliere. Stellt nicht das doch eine Inanspruchnahme des Steuerzahlers bei Instituten dar, die zumindest auf staatliche Unterstützung angewiesen sein könnten?

Kotthaus: Nein, eben nicht. Ich habe gerade versucht, zu erklären, dass die Banken gesund sein müssen. Sie haben nach Art. 345 des EU-Vertrags die Möglichkeit der - wie sagt man so schön - Neutralität der Eigentumsordnung. Auch der Staat darf Eigentum haben. Wenn ein Staat in einer Bank Eigentum haben will und diese gesamten Bedingungen, die ich vorhin geschildert habe, gegeben sind, ist ihm das nach den EU-Verträgen nicht zu verwehren. Auch der Staat darf Eigentum haben.

Noch einmal: Bei diesen Ausnahmen geht es um Banken, die gesund sind. Da kann es zum Beispiel auch vonseiten des Staates ein Interesse geben, Eigentum zu haben. Es gibt ja auch andere Leute, die erstaunlicherweise in Banken investieren. - Ich nehme die Formulierung "erstaunlicherweise" zurück. Das war ironisch gemeint.

Zusatzfrage : Es hat nichts mit der Bankenrettung selbst zu tun, sondern es hat in diesem Falle etwas mit Engagement aus anderen Gründen zu tun?

Kotthaus: Staaten können in Banken investieren.

Wie gesagt: Um diese Problematik, die sich daraus ergeben könnte, klarzuziehen, muss man Art. 26 der allgemeinen Ausrichtung - der Artikel stipuliert ganz klar, dass das Ziel der BRRD ist, öffentliche Mittel zu schützen - in Verbindung mit Art. 27 und Art. 51 hinzuziehen. Dann muss man noch berücksichtigen, dass man sagen kann: Auch Staaten können in Banken investieren, wenn sie mögen. Dann müssen sie Art. 345 des EU-Vertrags heranziehen, der auch Staaten Eigentumsrechte zugesteht.

Frage : Herr Kotthaus, eine kurze Lernfrage, weil Sie die Formulierung "Wir müssen das Bail-in im Trilog verteidigen" benutzen: Können Sie kurz sagen, wie die Gemengelage ist? Wer will möglicherweise an diesem Bail-in - - -

Kotthaus: Der Artikel in einer großen deutschen Zeitung verweist auf verschiedene Stimmen aus dem Europäischen Parlament und auch aus dem zuständigen Ausschuss, die man zumindest so interpretieren kann, dass "man gerne einmal" und "jene Ausnahme" usw. Diese ganzen Diskussionen haben wir intensiv im Rat geführt.

Es war ganz klar: Nein, die Bail-in-Regeln sind so, wie sie sind. Erst müssen die Gläubiger herangezogen werden, dann kann man gucken usw. Die Kaskade ist da völlig klar stipuliert. Die Einigung zu dieser Regelung war im Rat echt nicht einfach herbeizuführen; das gebe ich sofort zu. Wenn ich behaupten würde, dass alle spontan Ja gesagt haben, auch zu dem Weg, den Deutschland und andere Staaten als den richtigen im Sinne von "Gläubiger und Schuldner müssen herangezogen werden, wir müssen die Steuerzahler schützen" beschrieben haben, dann war das im Rat zu Anfang nicht nur populär unterstützt. Wir haben im Rat hart dafür kämpfen müssen. Ähnliche Diskussionen - das ist zu vermuten - könnten auch im Triolog im EP geführt werden. Normalerweise ist es in Brüssel nicht unüblich, dass Diskussionen, die man im Rat geführt hat, dann im EP erstaunlicherweise noch einmal auftauchen.

Wie gesagt: Deswegen wird es so sein müssen, dass wir uns darum kümmern, dass diese ganz klaren Bail-in-Regeln, auf die wir uns geeinigt haben, im EP im Trilog nicht verwässert werden. Das ist die ganz klare Haltung dieser Bundesregierung.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 2. Oktober 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/10/2013-10-02-regpk.html;jsessionid=1E38F0F14E012759E41EB5A8204ED36F.s3t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Oktober 2013