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PRESSEKONFERENZ/722: Regierungspressekonferenz vom 20. Januar 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 20. Januar 2014
Regierungspressekonferenz vom 20. Januar 2014

Themen: Lage in der Ukraine, mögliche militärische Operation der EU in der Zentralafrikanischen Republik und in Mali, Manipulation der Umfrage "Lieblingsauto der Deutschen" durch den ADAC, Friedenskonferenz für Syrien, Koalitionsklausur, Gesundheitszustand der Kanzlerin, EEG-Reform, angebliche Pläne der israelischen Regierung zur Annektierung des Jordantals, NSA-Affäre/Rede des US-Präsidenten, geplante Pkw-Maut, Vorratsdatenspeicherung, geplante EU-Verordnung für einen gemeinsamen Telekommunikationsmarkt

Sprecher: StS Seibert, Fischer (AA), Dienst (BMVg), Rülke (BMJV), Strater (BMVI), Dünow (BMWi), Scharfschwerdt (BMU), Paris (BMI)



Vorsitzende Sirleschtov eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich würde Ihnen gerne mitteilen, dass die Bundesregierung die Eskalation der Gewalt bei den Demonstrationen am Wochenende in Kiew mit großer Sorge sieht. Gerade wenn man Sympathie für die Forderung vieler Demonstranten hat, wie wir es hier ja auch schon mehrfach ausgedrückt haben - die Forderung nach Rechtsstaatlichkeit, nach einer Hinwendung zu europäischen Werten -, muss man solche Bilder doch mit einer gewissen Traurigkeit sehen, denn es ist klar: Wer Gewalt ausübt, der diskreditiert solche Forderungen. Klar ist aber auch: Es war die Verabschiedung von antidemokratischen Gesetzen im Eilverfahren, die den Boden dazu bereitet hat. Diese Gesetze enthalten eben eine deutliche Abkehr von europäischen Werten, und sie haben die Lage weiter zugespitzt.

Die Bundesregierung verurteilt jegliche Gewalt - egal, von welcher Seite sie ausgeübt wird. Alle Seiten müssen von Gewalt Abstand nehmen und müssen in einen Dialog eintreten. Was ich schon am Freitag erklärt habe, bleibt aus unserer Sicht auch gültig, nämlich die Aufforderung an die ukrainische Politik, diese im Eilverfahren von der Rada betroffenen Beschlüsse zu revidieren und die Versammlungs- und Meinungsfreiheit eben zu schützen, anstatt sie, wie es in diesen Beschlüssen geschieht, einzuschränken. Unsere Solidarität gilt all jenen in der Ukraine, die friedlich für ihre demokratischen Grundrechte demonstrieren. Deren Stimme sollte Gehör finden.

Frage (zur Lage in der Ukraine): Herr Seibert, gedenkt die Bundesregierung in dieser Situation irgendwelche Maßnahmen auf den diplomatischen Kanälen zu ergreifen, vielleicht den Botschafter einzubestellen, und ihre Meinung zu den Vorgängen nach Kiew zu übermitteln?

StS Seibert: Zunächst ist es ein Thema, über das wir im europäischen Rahmen mit unseren europäischen Partnern sprechen müssen. Das wird sicherlich auch geschehen. Das ist der Weg, den wir gehen, eine einheitliche europäische Haltung dazu zu entwickeln. Dann sieht man weiter.

Zusatzfrage: Eine Nachfrage an das Auswärtige Amt: Gibt es dort Überlegungen, eine Reisewarnung auszusprechen? Wie wird die Lage dort beobachtet? Gibt es solche Ideen?

Fischer: Unsere Kolleginnen und Kollegen an der Botschaft, aber auch hier in der Zentrale in Berlin beobachten die Situation in der Ukraine sehr sorgfältig. Die Reise- und Sicherheitshinweise sind nach meiner Kenntnis schon vor einiger Zeit mit Blick auf die Demonstrationen angepasst und aktualisiert worden.

Zusatzfrage: Inwieweit, wenn ich fragen darf?

Fischer: Sie finden die Reise- und Sicherheitshinweise auf unserer Homepage, und Sie können sie dort nachschlagen.

Frage: Herr Fischer, Herr Seibert, auf den Seiten des Auswärtigen Amtes ist die Rede davon, dass die Ukraine in der Vergangenheit mit 300 Millionen Euro für scheinbar vielfältige Projekte unterstützt worden ist. Ist daran gedacht, diese Förderung auf Eis zu legen? Gibt es in der Hinsicht irgendwelche Pläne?

Fischer: Jetzt geht es erst einmal darum, zu deeskalieren, wie es Staatssekretär Seibert, aber auch Minister Steinmeier heute schon gesagt haben. Wir sind sehr besorgt über die Lage. Jetzt ist es erst einmal wichtig, dass es zu einem Gespräch von Präsident Janukowitsch und Oppositionsführer Klitschko kommt, um nach Möglichkeiten der Deeskalation zu suchen.

Frage: Meine Frage ist fast schon beantwortet. Ich kann aus Ihren Äußerungen herauslesen, dass Sie dieses Gespräch zwischen Herrn Janukowitsch und Herrn Klitschko als einen Beginn des Dialogs begrüßen, den Sie, Herr Seibert, eben zwischen den Kräften angemahnt haben. Welche Erwartungen knüpfen Sie an dieses Gespräch?

Fischer: Wir halten es für richtig, dass die verschiedenen Kräfte in der Ukraine miteinander im Dialog stehen, die Gesprächsfäden nicht abreißen lassen und gemeinsam nach einer Lösung suchen. Wie ich schon gesagt habe: Wir erhoffen uns eine Deeskalation der Lage.

Frage: Sie haben eben dieses Gespräch der beiden angesprochen. Es wird auch eine Kommission sowohl mit Regierungs- als auch mit Oppositionsvertretern gebildet. Es gab bereits Versuche, miteinander zu sprechen. Diese sind aber gescheitert. Sehen Sie bei dieser Kommission Anzeichen für das ernsthafte Vorhaben des Präsidenten, einen Kompromiss zu finden?

Fischer: Es ist nicht an mir, das zu beurteilen. Das ist eine Frage, die sich an die Ukraine richtet.

Worum es geht, ist, dass es gestern eine erneute Zuspitzung der Lage gegeben hat, die noch einmal allen den Ernst der Lage vor Augen geführt hat. Das liegt auch mit daran, dass in der Rada vor Kurzem ein Gesetzespaket verabschiedet worden ist. Minister Steinmeier hat dazu gesagt, dass dieser von Präsident Janukowitsch eingeschlagene Kurs in eine Sackgasse führt. Jetzt muss es darum gehen, aus dieser Sackgasse herauszukommen. Dabei können Gespräche zwischen der Opposition und der Regierung sicherlich hilfreich sein.

Frage: Eine Frage zum Thema "Afrika". Herr Dienst, die Frage, die auftaucht und die auch im Parlament gestellt wird, ist, ob es überhaupt Lufttransport- und Betankungskapazitäten im nennenswerten Umfang gibt, um in der Zentralafrikanischen Republik zu helfen.

Dienst: Ich bin immer dafür, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Das, was Sie jetzt ansprechen, ist ungefähr der dritte Schritt, der vor uns liegt. Den ersten geht im Moment das Auswärtige Amt, namens des Außenministers in Brüssel. Ich denke, der Kollege neben mir kann, wenn Bedarf besteht, weiter ausführen.

Zusatzfrage: Danke für die Bewertung meiner Frage. Ich finde aber, dass das ein erster Schritt ist. Wenn man überlegt, ob Deutschland in Zentralafrika mit Lufttransportkapazitäten helfen kann, dann kann man erst einmal schauen, ob wir überhaupt Lufttransportkapazitäten haben.

Dienst: Meines Wissens haben wir durchaus eine erkleckliche Anzahl von Flugzeugen, auch durchaus eine erkleckliche Anzahl an ausgebildetem Personal. Das ist das - ich bemühe jetzt einfach einmal mein Lieblingsbild - , was in der Werkzeugkiste der Verteidigungspolitik neben vielen anderen Sachen enthalten ist. Wie diese Werkzeugkiste dann gebraucht wird, folgt den Festlegungen der Sicherheitspolitik. Diese findet ihren Ausgang beim Auswärtigen Amt.

Zusatzfrage: Herr Seibert, die Bundeskanzlerin hat nach dem EU-Gipfel im Dezember gesagt, es werde keine deutschen Truppen und keine deutschen Soldaten in Zentralafrika geben. Kann es sein, dass diese Position nicht mehr gehalten wird, dass man sie ändert, wenn zum Beispiel Lufttransporter direkt in Bangoi landen, wenn dort vielleicht auch Soldaten am Boden im Einsatz sind, um die Transporter zu empfangen, abzufertigen oder auch zu schützen?

StS Seibert: Ich würde hier ungern Kann-das-sein-Szenarien besprechen. Wie Sie wissen, treffen sich heute die Außenminister in Brüssel, um zunächst einmal auf diesem Rat für Außenbeziehungen ein erstes Konzept für eine mögliche militärische Operation der EU in der Zentralafrikanischen Republik zu erarbeiten. Das muss dann völkerrechtlich mandatiert werden, und im Anschluss wird das dann formal beschlossen. Bevor die Außenminister die Details ausgetauscht haben, würde ich mich ungern in Details einlassen. Aber es besteht ja völlige Einigkeit in der Bundesregierung, dass es nicht um einen Einsatz kämpfender deutscher Truppen in Zentralafrika gehen kann.

Frage: Ich würde mir gerne etwas auseinanderdividieren lassen: Was für ein Feld gibt es zwischen logistischer Unterstützung und dem Einsatz kämpfender Truppen? Gibt es die Bereitschaft, in dieses Feld zwischen diesen zwei Polen einzusteigen?

Mich würde auch ganz grundsätzlich interessieren, ob aus der großen Mehrheit, die die Koalition im Bundestag hat, herauszulesen ist, dass die Bundesrepublik Deutschland künftig bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr womöglich etwas williger ist, bei so etwas mitzugehen, als das in der Vergangenheit angesichts der politischen Lage der letzten Regierung der Fall war.

StS Seibert: Aus der großen Mehrheit, die diese Große Koalition im Bundestag hat, ist zunächst einmal das Ergebnis der Bundestagswahl herauszulesen. Es wird weiterhin dabei bleiben, dass wir uns sehr genau jeden einzelnen Fall anschauen und uns sehr genau fragen: Wo sind europäische und auch deutsche Interessen davon betroffen? Wie können wir im Rahmen der Bündnisse agieren, in denen wir uns verpflichtet haben? Das wird immer im Einzelfall geprüft werden und wird nicht grundsätzlichen Überlegungen einfach so anheimgestellt.

Genau diese Prüfung erfolgt ja nun im Fall Zentralafrikanische Republik. Ich denke, wir warten jetzt ein bisschen ab, mit welchem ersten Einsatzkonzept die Außenminister in Brüssel auseinandergehen. Dann kann man darüber reden, wie ein deutscher Beitrag zu einer solchen Operation aussehen kann. Den Grundgedanken einer europäischen militärischen Operation in Zentralafrika unterstützen wir ja.

Zusatzfrage: Was ist zwischen dieser Ebene zwischen logistischer Unterstützung und Kampfeinsatz noch vorstellbar? Gibt es da schon Positionen von deutscher Seite in Richtung bereit oder nicht bereit?

Fischer: Wenn ich dazu etwas sagen darf: Sie sehen ja, dass es derzeit eine europäische Debatte über die Stabilisierung der Region des südlichen Sahel gibt. Hier liegen zum Beispiel Länder wie Mali und die Zentralafrikanische Republik. Darüber beraten die Außenminister heute in Brüssel. Hieran beteiligt sich selbstverständlich auch Deutschland. Der Minister hat sich am Wochenende gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" dahingehend geäußert, dass unsere französischen Nachbar dabei sind, in der Zentralafrikanischen Republik Schlimmeres zu verhindern und dass Europa Frankreich dabei nicht allein lassen kann. Es geht eben auch dort um unsere Interessen, wenn in Schwarzafrika und in Subsahara-Afrika Instabilität, Vertreibung und Terrorismus drohen, deren Folgen in Europa ankommen.

Genau mit diesem Themenkomplex beschäftigen sich die Außenminister heute. Dazu wird es heute Vorschläge geben. Diese werden wir im Anschluss an diese Sitzung auch sehen. Ich glaube, Sie können darauf vertrauen, dass der Außenminister Ihnen heute in Brüssel am Nachmittag Rede und Antwort stehen wird.

Frage: Im Dezember hatte man nach dem EU-Gipfel noch den Eindruck, als ob der Einsatz in Zentralafrika aus deutscher Sicht im Wesentlichen eine französische Angelegenheit sei. So wurde auch die Anfrage von Präsident Hollande beschieden, sich wenigstens finanziell zu beteiligen. Hat es dort jetzt ein Umdenken gegeben, Herr Seibert? Sieht man das zentralafrikanische Engagement jetzt als eine europäische Angelegenheit?

Zweitens. Aus der Wirtschaft kam heute schon die Forderung, Deutschland möge auch den Anti-Piraten-Einsatz ATALANTA am Horn von Afrika verlängern. Gibt es dazu bereits Vorüberlegungen?

StS Seibert: Ich kann zu der Frage bezüglich der Zentralafrikanischen Republik nur noch einmal auf den Europäischen Rat im Dezember in Brüssel verweisen. Dort wurde das französische Engagement - es war ja am Anfang eindeutig ein französisches Engagement in Zentralafrika - ausdrücklich als eine wichtige französische Militärintervention auf der Grundlage der Resolution 2127 des UN-Sicherheitsrats begrüßt. Es wurde in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates auch festgehalten, dass die Europäische Union nun prüfen will, wie sie mit dem Einsatz der Mittel der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sozusagen zu diesen Bemühungen um die Stabilisierung der Zentralafrikanischen Republik beitragen kann, also, wenn Sie so wollen, diesen ursprünglich französischen Ansatz zu europäisieren. Das waren die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates. Zu denen steht selbstverständlich auch die Bundesregierung.

Zusatz: Meine Frage in Sachen ATALANTA ist noch offen.

Dienst: Die Operation ATALANTA ist ein laufender Einsatz. Fragen Sie mich im Moment nicht, wann die Mandatierung endet; irgendwann in den nächsten Wochen, wenn ich mich nicht täusche. Dann wird die Frage der Mandatsverlängerung gestellt werden. Ich habe nichts davon gehört, dass die Planungen, das Mandat fortzusetzen, einzustellen sind.

StS Seibert: Mandatsende ist der 31. Mai 2014.

Frage: Herr Seibert, Herr Fischer oder Herr Dienst, wenden wir uns, Ihrer Regel folgend, den zweiten Schritt nicht vor dem ersten zu tun, noch einmal kurz der Berichterstattung vom Wochenende zu. Können Sie bestätigen, dass diese Dinge geprüft werden? Können Sie bestätigen, dass im Zusammenhang mit einem möglichen Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik auch der Einsatz in Mali ausgeweitet werden könnte? Wird das geprüft? Wer bereitet da was vor? Vielleicht können Sie noch einmal am Anfang anfangen.

Fischer: Vielleicht einfach zum Ablauf der Gespräche, die derzeit stattfinden: Momentan wird von den Außenministern in Brüssel unter anderem über die Lage in der Zentralafrikanischen Republik beraten. Wenn ich mich nicht täusche, ist Verteidigungsministerin von der Leyen auf dem Weg nach Paris, um dort Gespräche mit ihrem Amtskollegen zu führen. Morgen wird Außenminister Steinmeier ebenfalls in Paris sein, um dort Gespräche mit dem französischen Außenminister Fabius zu führen.

In all diesen Gesprächen geht es natürlich darum, wie wir die europäischen Möglichkeiten in dem Rahmen, den wir hier genannt haben, unterstützen, wie wir Frankreich zur Seite stehen können. Noch einmal: Zu einer Beteiligung an kämpfenden Einheiten sind wir in Deutschland nicht gefragt und nicht gebeten worden. Wir müssen aber über die Möglichkeit stärkerer Unterstützung etwa in Mali nachdenken. Das ist Teil unserer Verantwortung. Aber ich bitte Sie wirklich, das Ende der Beratungen in Brüssel und die Gespräche abzuwarten, die die Frau Verteidigungsministerin und der Herr Außenminister heute und morgen in Paris führen werden.

Zusatzfrage: Wenn es um eine stärkere Unterstützung in Mali geht, geht es dort um Sicherungskräfte oder geht es auch um die Ausweitung der bereits laufenden Ausbildungsmission?

Fischer: Die Musik spielt, wie gesagt, derzeit in Brüssel. Ich würde doch bitten, dass Sie einfach die Beratungen in Brüssel abwarten und am Ende der Beratungen erfragen, wie das europäische Gesamtkonzept für die Region aussieht und wie unser Anteil daran in dem Rahmen, den wir hier genannt haben, sein wird.

Frage: Wenn ich höre, dass die Verteidigungsministerin nach Paris fährt und dass Herr Steinmeier nach Paris fährt, muss man das dann so werten, dass es im Moment wieder eine Phase einer größeren Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich gibt, auf der einen Seite in der Sicherheitspolitik? Bewegt sich Deutschland mehr auf die Unterstützung Frankreichs zu? Auf der anderen Seite betrifft es die Wirtschaftspolitik: Tut Frankreich etwas, was die Deutschen in den letzten Jahren in Bezug auf Reformen angemahnt haben? Ist da also eine neue Phase eingetreten?

Dienst: Wenn ich vielleicht für die Verteidigungsministerin beginnen darf: Ziemlich bald nach Amtsantritt hatte die Verteidigungsministerin festgelegt, dass sie zuerst den britischen und den französischen Kollegen treffen wird. Diese Termine sind lange vor der Diskussion, über die wir hier jetzt reden, beschlossen oder ins Auge gefasst worden. Insofern ist das eine Koinzidenz, die für die Diskussion, die wir im Moment führen, hilfreich sein mag, aber in dem Sinne, in dem Sie das eben angelegt haben, wäre es überinterpretiert.

Fischer: Um das für den Außenminister zu ergänzen: Es ist ja auch so, dass ihn seine erste Auslandsreise nach Amtsantritt gemeinsam mit der Frau Bundeskanzlerin nach Paris geführt hat. Das zeigt eben die ganz zentrale Stellung, die die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich und die Partnerschaft und enge Freundschaft zwischen unseren Ländern für den Außenminister haben. Da ist es nur natürlich, dass er in der Folge gemeinsam mit seinem französischen Kollegen überlegt, wie wir unsere gemeinsamen Ideen und Kräfte zum Wohlergehen unserer Länder, aber eben auch Europas bündeln können.

Zusatzfrage: Darf ich noch einmal Sie, Herr Seibert, ganz persönlich etwas fragen? Teilen Sie die Meinung, die Herr Dienst eben genannt hat? Ist "größere Annäherung" also überinterpretiert?

Dienst: Darf ich kurz eingreifen um korrekt zu bleiben? Ich habe gesagt: Wenn Sie die Bewegung der Verteidigungsministerin in diesem Sinne interpretieren, dann überinterpretieren Sie die Bewegung der Verteidigungsministerin. Nichts anderes habe ich gesagt.

StS Seibert: Ich stimme beiden Kollegen zu und sage für die Bundesregierung, dass die Zusammenarbeit Deutschlands mit Frankreich gerade auch auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik eng war, eng ist und auch in Zukunft wird eng sein müssen.

Frage: Mich würde Folgendes interessieren: Wenn Herr Steinmeier in einem Interview ankündigt "Wir dürfen Frankreich nicht allein lassen", ist diese Position denn auch mit der Kanzlerin und der Verteidigungsministerin abgestimmt? Gab es im Vorfeld Gespräche zwischen diesen dreien?

Fischer: Sie können davon ausgehen, dass der Außenminister und die Verteidigungsministerin natürlich auch mit der Frau Bundeskanzlerin über all diese außen- und sicherheitspolitischen Fragen in einem engen Dialog stehen. Das ist so, und das wird auch in dieser Frage so gewesen sein.

Frage: Herr Seibert, ist das Thema, eine Einigung in Brüssel vorausgesetzt, denn eilbedürftig? Würde das Kabinett in Meseberg schon darüber entscheiden, oder würde dann erst einmal eine längere Planungs- und Abstimmungsphase beginnen? Wie ist der Zeitplan?

StS Seibert: Ich hatte ja vorhin gesagt, dass ein erstes Einsatzkonzept für die Zentralafrikanische Republik nach einem heute durch die Außenminister in Brüssel möglichen Beschluss völkerrechtlich mandatiert werden müsste. Soviel ich weiß, ist die Planung, dass das Mitte der Woche in Form einer Resolution von den Vereinten Nationen beschlossen werden würde. Im Anschluss daran würde der Rat der EU das dann formal beschließen. Dabei gibt es also bestimmte Abläufe zu beachten. Nichtsdestotrotz ist es natürlich gut möglich, dass auch dieses Thema in der breiten Aussprache, die die Mitglieder des Kabinetts hinsichtlich der verschiedenen Themen miteinander führen, in Meseberg zur Sprache kommen wird.

Frage: Es ist die Rede von einem möglichen Einsatz der Deutsch-Französischen Brigade in Mali. Das wäre der erste Einsatz dieser Einheit vor Ort, obwohl die Brigade in den letzten Wochen wegen des Standortes in Baden-Württemberg eher für negative Schlagzeilen gesorgt hat. Hätte dass einerseits eine symbolische Bedeutung, und würde das auch konkret eine Verstärkung der deutsch-französischen Zusammenarbeit bedeuten, was die Verteidigung angeht?

StS Seibert: Die Deutsch-Französische Brigade ist natürlich die Verkörperung unseres Willens zu einer ganz engen sicherheitspolitischen und verteidigungspolitischen Zusammenarbeit Deutschlands mit Frankreich. Das ist die grundsätzliche Bemerkung.

Was einen konkreten möglichen Einsatz betrifft, möchte ich den Überlegungen hier überhaupt nicht vorgreifen und auch nicht darüber spekulieren.

Frage: Warum ist ein neues UN-Mandat erforderlich? Die Franzosen haben doch eines für ihren dortigen Einsatz. Das verstehe ich einfach nicht.

Fischer: Hierbei geht es ja um eine neue europäische Mission, die sozusagen auch nicht vom bisherigen UN-Mandat abgedeckt wird. Das müsste dann in diesem Zusammenhang geschehen. Es geht um diese Überbrückungsmission, die ja bislang in dem UN-Mandat so nicht erwähnt wird.

Frage: Ich möchte gerne zum Thema ADAC kommen. Mich würde zum einen interessieren, ob dabei irgendwelche juristischen Belange berührt sind, die das Justizministerium interessieren könnten.

Ich möchte von den jeweiligen Häusern, dem Verkehrs- und dem Verbraucherschutzministerium, gerne wissen, ob der ADAC nach diesen Vorwürfen der Manipulation von Zahlen und den Eingeständnissen noch ein vertrauensvoller Kooperationspartner sein kann.

Rülke: Zunächst einmal ist es wie bei jeder Institution, die auf das Kaufverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern angewiesen ist, nämlich so, dass sie natürlich auch eine besondere Verantwortung für diese Verbraucherinnen- und Verbraucherinformationen hat. Beim ADAC ist es so, dass er ganz besonders von dem Vertrauen seiner Mitglieder lebt und deswegen höchstselbst ein eigenes Interesse daran haben wird, alles, was dort passiert sein sollte, aufzuklären und aufzuarbeiten. Das findet aber eben im Moment auch originär beim ADAC statt. Deswegen kann ich Ihnen zu juristischen Konsequenzen derzeit leider noch nichts sagen. Am Ende wird es so sein, dass vor allem die Mitglieder des ADAC einen Anspruch darauf haben, dass alles, was dort passiert ist, genauestens aufgearbeitet wird und dass es dort transparente Strukturen gibt.

Strater: Ich kann das ergänzen. Der Minister hat sich ja gestern auch schon zu dem Thema geäußert. Es ist jetzt Aufgabe des ADAC, alle Karten auf den Tisch zu legen und die Vorgänge möglichst transparent aufzuarbeiten, auch rückblickend und für die Jahre zuvor. Das Vertrauen, das nicht nur die Mitglieder, sondern auch die Öffentlichkeit dem ADAC entgegenbringen, muss zurückgewonnen und ein weiterer Vertrauensverlust und ein Verlust an Glaubwürdigkeit vermieden werden.

Der Minister hat auch gesagt: "Ein Verein dieser Größe täte gut daran, ein bisschen Bescheidenheit walten zu lassen." Gestern ist eine Umfrage veröffentlicht worden, nach der eine große Mehrheit auch der ADAC-Mitglieder die Pläne für einen Pkw-Maut in Deutschland unterstützt, nämlich 63 Prozent. Die ADAC-Spitze hat diese Pläne aber immer abgelehnt. Dann muss man sich die Frage stellen, ob hier eine Diskrepanz besteht zwischen dem, was die Spitze des ADAC tut, und dem, was die Mitglieder eigentlich wollen. In diesem Tenor hat sich der Minister gestern schon geäußert, und so ist es zu verstehen.

Zusatzfrage: Gibt es also keinerlei Grund für irgendein staatliches Handeln? Ist das eine Sache, die der ADAC als Verein und gemeinnützige Institution zu klären hat?

Strater: Ja, so ist es.

Rülke: Aus juristischer Sicht ist das natürlich Sache der zuständigen Staatsanwaltschaft.

Frage: Herr Fischer, zur Syrien-Friedenskonferenz: Die Vereinten Nationen haben den Iran jetzt zu der Konferenz eingeladen. Gibt es schon eine Stellungnahme dazu?

Fischer: Ja. Der Außenminister hat ja mehrfach deutlich gemacht, dass im Interesse einer langfristigen und erfolgreichen Lösung alle internationalen und regionalen Kräfte in den Prozess eingebunden werden müssen.

Darüber hinaus kann ich Ihnen dazu sagen, dass die Einladung des UN-Generalsekretärs ja die Anerkennung der Zielsetzung der Konferenz erfordert, nämlich die einvernehmliche Bildung einer Übergangsregierung in Syrien mit voller Exekutivgewalt. Der UN-Generalsekretär hat ja selbst gesagt, dass er nach einem Telefonat mit dem iranischen Außenminister zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Iran das Konferenzziel anerkennt, und dass er seine Einladung auf dieser Grundlage ausgesprochen hat.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert zum Gesundheitszustand der Kanzlerin. Wird es jetzt eigentlich so sein, dass die Kanzlerin nächste Woche wieder ganz normal ihre Termine wahrnehmen wird? Ich glaube, die drei Wochen wären dann um.

StS Seibert: Ich hatte hier ja gleich am Anfang gesagt, dass ich jetzt keine regelmäßigen Bulletins herausgeben möchte. Wir werden die Termine der Bundeskanzlerin für die kommende Woche weiterhin jeweils am Freitag bekannt geben, und Sie werden sehen, wie sich die Zahl der Termine wieder mehren wird.

Zusatzfrage: Werden eigentlich alle Minister auf dieser Koalitionsklausur in dem Schloss übernachten? Haben Sie irgendeinen Überblick darüber, wie das ablaufen wird?

StS Seibert: Es ist Platz für jeden, der in der Bundesregierung ist. Ich habe aber keine Abfrage durchgeführt, ob jeder den nun auch wahrnehmen möchte. Ich vermute aber, dass es so sein wird.

Frage: Ich hätte eine Frage an Herrn Dünow. Es geht um die Reformpläne des Ministers Gabriel zum EEG. Jetzt gibt es Kritik aus Norddeutschland. Herr Albig hat sich ja heute kritisch in der "Süddeutschen Zeitung" geäußert. Sie wollten die Reform bis Ostern verabschieden. Helfen Sie mir: Wackelt der Zeitplan jetzt, oder bleibt es immer noch bei Ostern?

Dünow: Nein, der Zeitplan wackelt natürlich nicht. Das Bundeswirtschaftsministerium hat am vergangenen Freitag, wie Sie wissen, ein Eckpunktepapier zur Reform des EEG in die Ressortabstimmung gegeben. Dieses Papier soll in Meseberg beraten werden. Wie Sie wissen, ist das EEG ein wichtiger, wenn auch keineswegs der einzige Baustein für eine erfolgreiche Energiewende. Dieses Papier, über das jetzt viel berichtet worden ist, wird bei der kommenden Klausur in Meseberg ausführlich diskutiert werden. Vorher werde ich inhaltlich nicht im Detail Stellung dazu nehmen.

Ich kann Ihnen aber so viel verraten, dass Minister Gabriel und Ministerpräsident Albig am Wochenende schon Kontakt hinsichtlich des Themas hatten. Beide sind sich einig, dass dem Ausbau der Windkraft an Land auch in Zukunft eine entscheidende Rolle zukommen wird, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Gleichzeitig sind sich beide darüber einig, dass Überförderungen, wo sie denn bestehen, abgebaut werden müssen. Insofern gibt es dabei keinen unüberwindbaren Dissens.

Frage: Heißt das, Herr Gabriel war nicht überrascht, dass sich Herr Albig heute so schroff über die Reformpläne geäußert hat?

Dünow: Ich weiß nicht, wer wie überrascht war. Ich kann Ihnen aber versichern, dass alle Beteiligten in engem Kontakt stehen.

Frage: Mich würde - ich glaube, dazu sind heute auch Gespräche geplant - Folgendes interessieren: In welchem Rahmen finden denn Gespräche über dieses Konzept statt? Ich habe im Kopf, dass Wirtschaftsvertreter beteiligt werden sollen. Ist heute auch noch irgendetwas auf Ebene der Ministerpräsidenten im Gespräch? Wird die Diskussion in Meseberg eine erst einmal unverbindliche sein, oder wird es danach so etwas wie eine Meinungsbildung zu diesem Eckpunktepapier geben?

Dünow: Zum Thema des Status hinsichtlich Meseberg müsste vielleicht der Regierungssprecher antworten. Ich kann Ihnen sagen, dass Minister Gabriel natürlich auf allen Ebenen mit allen Beteiligten in, wie Sie sich denken werden, intensivem Kontakt steht.

Zusatzfrage: Heute?

Dünow: Täglich.

Frage: Herr Dünow, ich bin ein bisschen überrascht, dass es mit dem Reformpapier auf einmal so schnell geht. Können Sie mir sagen, wie viel Gabriel in diesem Papier steckt? Dieses Papier ist in den letzten vier Wochen seit der Regierungsbildung entwickelt worden. Aus der Branche gibt es Gerüchte, wie ich es jetzt einmal nennen will, Herr Baake habe das Papier mitgebracht, und es sei schon bei dem Think-Tank Agora, den Herr Baake vorher geleitet hat, entwickelt worden. Stimmt das, was ja nicht unredlich wäre?

Dünow: Ich kann Ihnen versichern: Das Papier ist zu 100 Prozent Gabriel. Sie haben recht: Der Zeitplan ist außerordentlich ambitioniert. Wenn ich es richtig im Kopf habe, ist der Versand in die Ressortabstimmung genau vier Wochen nach der Ernennung von Sigmar Gabriel zum Minister erfolgt.

Dass wir einen engen Zeitplan haben werden, war allen Beteiligten klar. Dass es Vorbereitungen auf allen Ebenen und in allen beteiligten Häusern gab - in dem Teil des BMWi, der früher zum BMU gehört hat, und in dem Teil des BMWi, der auch in der Vergangenheit zum BMWi gehört hat -, steht völlig außer Frage. Dass Rainer Baake ein ausgezeichneter Experte auf diesem Gebiet ist, der auch in der Vergangenheit viel auf diesem Gebiet gearbeitet hat, ist auch allgemein bekannt. Die Kunst bestand darin, all die Expertise, die es ja hinsichtlich dieses Bereichs gibt, zusammenzuführen, und ich habe den Eindruck, das ist ganz gut gelungen.

Zusatzfrage: Frau Scharfschwerdt, darf ich noch nach der Beteiligung des Umweltministeriums fragen? Inwieweit ist das Umweltministerium an den derzeitigen Planungen beteiligt?

Scharfschwerdt: Zur konkreten Beteiligung kann ich Ihnen hier nichts sagen. Ich habe den Worten von Herrn Dünow nichts hinzuzufügen.

Grundsätzlich kann ich Ihnen sagen, dass wir das, was bekannt ist, außerordentlich begrüßen. Wir teilen das Ziel einer umfassenden Reform des EEG. Die geplanten Ausbauziele, von denen man ja auch bereits lesen konnte, passen eindeutig zu den Klimaschutzzielen. Auch aus Naturschutzsicht begrüßen wir die Eckpunkte.

Frage: Herr Dünow, noch einmal eine ganz generelle Frage: Mal höre ich, dass die EEG-Reform im Bundesrat zustimmungspflichtig wäre, mal höre ich, dass sie das nicht wäre - können Sie mir einmal sagen, was stimmt? Muss die EEG-Reform durch den Bundesrat und muss dem da zugestimmt werden, oder ist das Ganze sozusagen außerhalb des Bundesrats zu regeln?

Dünow: Das ist eine der zahlreichen Fragen, die im Prozess des Gesetzgebungsverfahrens geklärt werden müssen. Die Eckpunkte befinden sich gegenwärtig in der Ressortabstimmung. Alles Weitere wird dann zu klären sein. Völlig klar ist aber, dass für dieses große Vorhaben der Energiewende natürlich eine ganz enge Zusammenarbeit mit den Ländern über alle Parteigrenzen hinweg angestrebt wird. Minister Gabriel hat nicht den geringsten Zweifel daran, dass das auch gelingen wird.

Frage : Entschuldigung, Herr Dünow, aber da muss ich doch noch einmal nach Details fragen. In diesem Papier ist ja dezidiert von einer Befassung des Bundesrates die Rede. Oder kommt dieser Zeitplan gar nicht vom Ministerium, sondern ist der irgendwie von anderen ausgedacht worden?

Dünow: Ich will jetzt nicht darüber spekulieren, was in einem Papier steht, über das ich nicht reden will. Nichtsdestotrotz sieht das Grundgesetz ganz unterschiedliche Formen der Befassung des Bundesrates vor. Dass der Bundesrat in irgendeiner Weise etwas damit zu tun haben wird, steht außer Frage; das ist bei jedem Gesetzentwurf der Bundesregierung so.

Frage: Ich habe eine Frage zu einem anderen Thema. Die israelische Regierung hat gesagt, sie wolle das Jordantal annektieren. Ist das nicht ein Verstoß gegen das Völkerrecht? Zweitens: Ist das kein Hindernis für die Friedensverhandlungen, die begonnen haben?

Fischer: Mir sind solche Forderungen nicht bekannt. Aber gerade in der jetzigen Phase der Friedensverhandlungen ist es wichtig, Vertrauen zu schaffen und alle einseitigen Schritte zu unterlassen, die den Friedensprozess gefährden. Das gilt für beide Seiten.

Frage: Ich möchte noch einmal kurz nach dem Thema NSA beziehungsweise den Einlassungen des US-Präsidenten fragen. Wenn ich den US-Präsidenten richtig verstanden habe, dann hat er ja gesagt: Solange er Präsident ist, kann sich die Kanzlerin darauf verlassen, dass ihre Gespräche nicht abgehört werden. Ist es denn für Sie vorstellbar, dass so etwas wie ein Kommunikationsmuster der Kanzlerin über Abhöraktionen gegen ihre Mitarbeiter oder Ähnliches hergestellt wird? Oder verstehen Sie die Einlassungen des US-Präsidenten so, dass sich das auch darauf bezieht, also darauf, das gesamte Kommunikationsumfeld der Kanzlerin letztendlich unabgehört und sicher zu belassen, und zwar für alle Telefonapparate - feste wie mobile - und alle technologischen Möglichkeiten, die es da gibt?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat sich ja am Freitag nach der Rede des US-Präsidenten auf Anfrage auch dazu geäußert, und der Stellungnahme vom Freitag habe ich im Grunde nichts hinzuzufügen. Die Rede des US-Präsidenten war ja im Wesentlichen auch nach innen in die US-Öffentlichkeit hinein gerichtet, wo ja in den letzten Monaten ebenfalls eine sehr lebhafte Diskussion entbrannt ist und wo sicherlich auch ein gesteigertes Problembewusstsein entstanden ist. Wir werden sehr genau beobachten, zu welchen praktischen Folgen die Ankündigungen in der Rede des Präsidenten und vor allem auch die Umsetzung dieses Präsidenten-Erlasses führen werden.

Auf Fragen, die uns als Bundesregierung im Interesse der deutschen Bürger oder der Menschen hier in Deutschland wichtig sind, hat diese Rede noch keine Antworten gegeben. An unseren Überzeugungen und Forderungen, die wir gegenüber den amerikanischen Partnern vertreten, hat sich deswegen auch nichts geändert. Auch an unserem Vorgehen hat sich nichts geändert: Wir werden weiter mit den US-Partnern reden und werden eine klare, neue Grundlage unserer Zusammenarbeit suchen. Diese Gespräche dauern an. Ich kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen, ob diese Gespräche erfolgreich sein werden.

Frage: In dem Zusammenhang eine Frage an Herrn Seibert und das Innenministerium. Herr de Maizière sagte gestern Abend auf die Frage, ob er glaubt, dass ein No-Spy-Abkommen jetzt wirklich zustande kommt: "Ich bin mir nicht ganz sicher. Es macht auch nur Sinn, wenn es wirklich Substanz hat." Können Sie etwas genauer erläutern, was da "Substanz" heißt? Hat die Obama-Rede den Grad der Sicherheit auf irgendeine Weise verändert?

StS Seibert: Ich habe gerade das, was ich im Namen der Bundeskanzlerin zu dieser Rede zu sagen habe, gesagt. Im Übrigen ist das auch nachzulesen in der Stellungnahme der Kanzlerin vom Freitagabend. Mehr kann ich dazu jetzt auch nicht beitragen.

Über die Gespräche, deren Notwendigkeit ich ja gerade noch einmal wiederholt habe, kann ich hier auch keine Auskunft geben; das sind vertrauliche Gespräche. Ich habe gerade eben aber auch gesagt, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht mit Sicherheit sagen kann, ob sie mit Erfolg ausgehen werden. Aber wir werden unsere Überzeugungen, das, was wir seit Monaten auf diesem Gebiet fordern und an Überzeugungen vertreten, weiterhin im Gespräch mit den amerikanischen Partnern vorbringen.

Vorsitzende Sirleschtov: Möchte sie noch etwas dazu sagen, Herr Paris?

Paris: Ich habe dem, was Herr Seibert hier ausgeführt hat, überhaupt nichts hinzuzufügen. Ich glaube, der Satz, den Sie zitiert haben und den Minister de Maizière gestern gesagt hat, spricht für sich.

Frage: Herr Seibert, wie hat die Bundeskanzlerin das Interview mit Herrn Obama im ZDF aufgenommen, in dem er versprochen hat, dass sie sich keine Sorge machen müsse?

StS Seibert: Ich kann jetzt nur noch einmal auf das, was ich gerade gesagt habe, zurückgehen: Auf wichtige Fragen, die uns als Bundesregierung im Interesse der Bürger in Deutschland beschäftigen, haben wir noch keine Antworten gehört. Deswegen müssen die Gespräche weitergehen und werden von unserer Seite auch engagiert geführt werden.

Ich will vielleicht noch kurz eines ergänzen. Wir haben immer gesagt: Es geht nicht um das Handy der Bundeskanzlerin; das ist nicht das, was uns von Anfang an angetrieben hat, seit die erste Berichterstattung im Mai/Juni des vergangenen Jahres losging. Es ging immer darum, dass die berechtigten Interessen der Menschen in Deutschland an einer guten Abwägung zwischen Freiheit, Datenschutz und Sicherheit vertreten werden. Das ist weiterhin unsere Linie. Es geht nicht um ein einzelnes Handy.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesverkehrsministerium zum Thema Pkw-Maut. Im "Tagesspiegel" gab es heute von Martin Burkert, dem neuen Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Bundestags, den Vorschlag zu einer streckenabhängigen Maut. Mich würde interessieren, wie Sie zu diesem Vorschlag stehen und ob Sie Herrn Burkert vielleicht schon zu einem Gespräch eingeladen haben, da es ja aus Ihrem Ministerium auch noch kein Konzept gibt.

Strater: Wir nehmen diesen Vorschlag zur Kenntnis. Wie hier bereits mehrfach ausgeführt, wird der Minister im Laufe dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen. Wie das mit Gesetzentwürfen so üblich ist, wird sich auch der Deutsche Bundestag, somit auch der Verkehrsausschuss und damit auch Herr Burkert damit befassen. Weiteres habe ich hier zu diesem Vorschlag nicht zu kommentieren.

Frage: Ich habe eine Frage an das Innen- und das Justizministerium. Es gab am Wochenende Berichte, dass es eine Einigung zum Thema Vorratsdatenspeicherung gegeben habe. Es wurde auch sehr detailliert aus der Einigung zitiert. Staatssekretär Kelber hat aber getwittert, dass das alles nicht stimme. Können Sie dazu bitte Stellung nehmen?

Rülke: Das ist richtig, es gibt eine Einigung zwischen dem Innen- und dem Justizminister zu dem Thema. Soweit ich das gelesen habe, ist die auch richtig zitiert worden. Den Tweet unseres Staatssekretärs lasse ich hier einmal unbeantwortet.

Paris: Sollen wir die einmal vorlesen?

Rülke: Wir können die Einigung sogar gerne auch zur Verfügung stellen.

Vorsitzende Sirleschtov: Daran gibt es offensichtlich Interesse - also sehr gern eine kleine Rundmail.

Frage: Kurz zurück zur NSA-Affäre: Ist von der Bundesanwaltschaft irgendetwas an die Bundesregierung übermittelt worden bezüglich Überlegungen, ein Ermittlungsverfahren in Sachen Kanzlerinhandy zu eröffnen? Gibt es gegebenenfalls irgendeine Stellungnahme der Bundesregierung dazu?

StS Seibert: Sie wissen sicherlich, dass der Generalbundesanwalt dazu am Wochenende selber Stellung genommen hat, und zwar in dem Sinne, dass er noch keine abschließende Entscheidung getroffen hat, ob der bisherige Beobachtungsvorgang in ein Ermittlungsverfahren überführt werden soll. Dieser Stellungnahme des Generalbundesanwalts habe ich hier nichts hinzuzufügen, und ich habe sie auch nicht zu interpretieren. Die Bundesregierung achtet im Rahmen der Gesetze die Unabhängigkeit der Justiz.

Frage: Ich habe noch eine Frage zum Thema Verordnung zum Telekommunikationsmarkt: Steht schon fest, welches Ministerium dafür in den Verhandlungen federführend zuständig sein wird, das Wirtschaftsministerium oder das Verkehrsministerium? Falls ja: Wie beurteilen Sie die Kritik an dem Verordnungsentwurf, gerade im Hinblick auf den Datenschutz? Dazu gab es vergangene Woche ja noch einmal eine sehr harsche Stellungnahme vom europäischen Datenschutzbeauftragten.

Vorsitzende Sirleschtov: Herr Dünow, möchten Sie?

Dünow: Nein, ich möchte nicht, aber ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich passen muss - das muss ich nachtragen.

Frage: Der französische Innenminister hat erklärt, dass die französischen Dschihadisten, die aus Syrien zurückgekommen sind und keinen Weg zum Paradies gefunden haben, ein großes Problem für die Sicherheit Frankreichs seien. Auch nach Deutschland sind welche gekommen. Ist der deutsche Bahnhof zum Paradies videoüberwacht?

Vorsitzende Sirleschtov: Herr Seibert?

StS Seibert: Frau Sirleschtov, ich glaube nicht, dass die Frage an mich gerichtet war.

Vorsitzende Sirleschtov: An wen war sie denn gerichtet?

Paris: Ich fühle mich angesprochen.

Vorsitzende Sirleschtov: Bitte schön.

Paris: Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass es in den vergangenen Tagen auch entsprechende Äußerungen des Bundesinnenministers gegeben hat. Das können Sie einmal auf unserer eigenen Homepage lesen, aber auch in einem Interview, das der Minister der "FAZ" am vergangenen Samstag gegeben hat; da ist das Thema abgehandelt. Ich kann dem eigentlich nichts hinzufügen.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 20. Januar 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/01/2014-01-20-regpk.html;jsessionid=FC4B8CFCD4F5ABD41ED39535EE4B5B95.s2t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2014