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PRESSEKONFERENZ/775: Regierungspressekonferenz vom 7. April 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 7. April 2014
Regierungspressekonferenz vom 7. April 2014

Themen: Präsidentschaftswahl in Afghanistan, Reform des EEG, Rentenreform, Parlamentswahlen in Ungarn, Situation in der Ukraine, Reise der Bundeskanzlerin nach Athen, mögliche Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt, Rücktritt des finnischen Ministerpräsidenten, Nachtflugverbot am Flughafen BER, Glückwünsche der Bundeskanzlerin zum 70. Geburtstag von Gerhard Schröder, Einstellung von "Wetten, dass..?"

Sprecher: StS Seibert, Toschev (BMWi), Küchen (BMAS), Kalwey (BMF), Ewert (BMVI)



Vors. Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich wollte im Namen der Bundesregierung etwas zur Präsidentschaftswahl in Afghanistan sagen: Die Bundesregierung gratuliert Millionen von Afghaninnen und Afghanen, die trotz aller Einschüchterungsversuche am Samstag ihre Stimme abgegeben haben. Die Wählerinnen und Wähler haben auf diese Art mit großem Mut ihr demokratisches Grundrecht wahrgenommen, und sie haben gezeigt, dass sie bereit sind, Verantwortung für die Zukunft ihres Landes zu übernehmen. Auch den afghanischen Sicherheitskräften gebührt unsere Anerkennung. Sie haben in einem erheblichen Kraftakt für ein weitgehend sicheres Umfeld dieser Präsidentschaftswahlen gesorgt.

Jetzt gilt es, die ersten offiziellen Ergebnisse mit Ruhe und Geduld abzuwarten. Es ist deswegen wichtig, dass die afghanischen Wahlinstitutionen in den kommenden Tagen ihre Aufgabe transparent, unparteiisch und ungestört wahrnehmen können.

Frage : An das Wirtschaftsministerium im Zusammenhang mit (der EEG-Reform,) den Industrierabatten und den heutigen oder morgigen Diskussionen im Kabinett: Gibt es heute eine Entscheidung in Sachen Brüssel? Stehen möglicherweise noch hochrangige Gespräche an? Können Sie etwas zu den Rückforderungen für die letzten Jahre sagen? Sind die schon vom Tisch?

Toshev: Sie haben sicherlich gesehen, dass sich der Minister heute Morgen schon zu der gesamten Thematik geäußert hat. Er hat darauf hingewiesen, und daran hat sich in den letzten paar Stunden nichts geändert, dass wir fortlaufend mit der Kommission im Gespräch stehen, auch über den heutigen Tag sowie über die letzten Tage und das Wochenende hinweg. Das erstreckt sich auf mehrere Ebenen.

Es ist klar, wie die Positionierung der Bundesregierung ist: Es geht hierbei natürlich um die Ausgestaltung einer Grundlage - das ist das Ziel der Kommission und auch unseres - für die europaweite Ausgestaltung des Zubaus der erneuerbaren Energien. Aber es muss eben auch um den Erhalt von industrieller Wettbewerbsfähigkeit und von Arbeitsplätzen gehen; das hat der Minister heute auch betont.

Die Gespräche über die Details laufen. Das ist sozusagen "ongoing". Ja, wir streben für morgen den Kabinettsbeschluss an. Daran hat sich auch nichts geändert. Weitere Details dazu kann ich Ihnen im Moment noch nicht nennen. Die Knackpunkte hatten Sie ja auch schon angesprochen. Dabei geht es um die Frage der Rückforderungen und auch um die Frage der Ausgestaltung für die Zukunft. Ich würde Sie bitten, jetzt den Kabinettsbeschluss abzuwarten.

Zusatzfrage : Herr Seibert, wird es, wenn es heute keine Einigung geben sollte, morgen trotzdem einen Kabinettsbeschluss geben, dann ohne die Industrierabatte?

Könnte es zweitens auch sein, dass sich die Kanzlerin heute noch in die Debatte eingeschaltet?

StS Seibert: Ich möchte hier keine Wenn-dann-Fragen beantworten. Ich glaube, der Sprecher des Wirtschaftsministeriums hat dazu alles gesagt. Die Bundeskanzlerin und auch das Kanzleramt stehen hinsichtlich dieses Themas in engstem Kontakt und in engster täglicher Abstimmung mit dem Bundeswirtschafts- und Bundesenergieminister. Das ist das, was ich dazu sagen kann.

Zusatzfrage : Aber trotzdem noch einmal gefragt: Das ist ja eigentlich keine - - -

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat sich doch auch bereits mehrfach zu dieser Frage des Streits, den wir mit der Europäischen Kommission haben, eingelassen, zuletzt gestern bei der Eröffnung der Hannover Messe. Da hat sie noch einmal sehr klar darauf hingewiesen, wie wichtig stabile und berechenbare Strompreise gerade für unsere Industrie sind und dass es dabei nicht um "die Industrie", sondern um Hunderttausende von Arbeitsplätzen geht.

Zusatzfrage : Ich würde Sie trotzdem um eine Antwort auf die Wenn-dann-Frage bitten: Wenn es heute zu keiner Einigung über die Industrierabatte kommen sollte, wird es denn morgen keine Abstimmung über die EEG-Reform geben?

StS Seibert: Wir stehen in engster Abstimmung miteinander und im ständigen Gespräch mit der Europäischen Kommission, und wir hoffen, dass wir da eine Einigung hinbekommen werden.

Frage : Ich wollte noch einmal nachfragen, nachdem Herr Gabriel - ich glaube, letzte Woche - erklärt hat, notfalls würde er auch noch einmal nach Brüssel fahren. Gibt es irgendwelche Pläne dazu, dass er noch einmal selbst ins Flugzeug steigt, um die Kuh vom Eis zu bringen?

Auch diese Frage nach den Rückforderungen interessiert mich schon. Es wird nämlich berichtet, dass diese Rückforderungen inzwischen vom Tisch seien. Sind die inzwischen vom Tisch, oder sind die noch ein Verhandlungsthema?

Toschev: Ich bitte um Verständnis. Die Gespräche laufen, und man befindet sich, wie ich auch sagte, auf mehreren Ebenen miteinander im Gespräch. Ich kann und möchte jetzt auch nicht über die einzelnen Gesprächspartner usw. Auskunft geben.

Unser Ziel ist es - dabei geht es um die Frage, wie wir mit Fragen, die die Vergangenheit betreffen, umgehen -, ein Gesamtpaket zu haben; das muss ja auch so sein. Die Rechtsauffassung der Bundesregierung - das möchte ich an dieser Stelle noch einmal sagen - ist natürlich klar. Die Rechtsauffassung war und ist unverändert, dass das EEG keine Beihilfe ist und entsprechend auch die Gesamtsystematik für die Entlastung keine Beihilfe ist. Nichtsdestotrotz geht es darum, für die Zukunft und auch, was den Beihilfebeschluss im Hauptprüfverfahren angeht, eine Lösung zu finden.

Es ist jetzt nicht an mir, Verhandlungspositionen aufzuschnüren oder zu sagen, was Verhandlungsmasse ist, sondern es geht, wie gesagt, darum, eine Gesamteinigung zu finden. Wir streben dieser Einigung mit Hochdruck an. Daran arbeiten wir. Daran arbeiten die Kollegen. Daran arbeiten wir mit dem Kanzleramt und den anderen Beteiligten. Das Ziel ist, und das ist eben heute Morgen auch gesagt worden, das Gesamtpaket zum Erhalt der industriellen Wettbewerbsfähigkeit und der dahinter stehenden Arbeitsplätze. Denn das ist es, worauf es hierbei ankommt. Es geht beim EEG um die Kostendynamik, um den Preisanstieg, den wir zu dämpfen haben, und gleichzeitig darum, dass wir die Arbeitsplätze im industriellen Kern, die uns durch die Krise gebracht haben, auch erhalten.

Frage: Herr Seibert, nur weil schon alles gesagt ist, möchte ich noch einmal fragen: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Kabinettsbeschluss und einer Einigung in Brüssel? Ist die Einigung in Brüssel Voraussetzung für einen Kabinettsbeschluss oder nicht?

StS Seibert: Ich kann es nur noch einmal sagen: Es laufen gegenwärtig die intensiven Verhandlungen mit der Europäischen Kommission über diese notwendigen Ausnahmeregelungen für die energieintensiven Betriebe und Bereiche. Es geht darum, dass unsere Industrie wettbewerbsfähig bleibt. Wir verhandeln mit aller Vehemenz und mit der großen Überzeugung, dass wir da einen richtigen Rechtsstandpunkt haben. Das geht weiter. Sie werden sehen, was morgen im Kabinett sein wird.

Zusatzfrage: Ist es möglich, dass das morgen nicht im Kabinett sein wird? Steht die Tagesordnung schon fest?

StS Seibert: Die steht am Montagmorgen noch nie fest.

Frage: Herr Seibert, sieht die Bundeskanzlerin Nachbesserungsbedarf bei der beabsichtigten Rentenreform beziehungsweise der Rückkehr zur alten Rente mit 63? Sieht die Kanzlerin als Kanzlerin Nachbesserungsbedarf? Ist sie mit dem etwas robusteren Diskussionsstand innerhalb der Koalition zu dieser Frage zufrieden?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat der Sitzung des Kabinetts vorgesessen, das den Gesetzentwurf beschlossen hat, der jetzt im Parlament ist. Es war immer zu erwarten, dass dort unter den Abgeordneten noch einmal eine lebhafte Diskussion stattfinden würde. Das habe ich hier nicht zu kommentieren.

Zusatzfrage: Heißt das, von der Bundeskanzlerin gibt es keine Aufforderung, keinen Wunsch und kein Drängen in Bezug auf eine Nachbesserung, obwohl es das ja seitens der Unionsfraktion und sogar des Vorsitzenden gibt?

Frau Küchen, die damit verbundene Frage lautet: Wann und wie wird denn Frau Nahles ihren Gesetzentwurf noch einmal so umarbeiten, dass er einvernehmlich erscheinen könnte?

StS Seibert: Ich habe hier über die Ebene der Bundesregierung zu sprechen und nicht über die Ebene der parlamentarischen Befassung. Der Bundeskanzlerin und der gesamten Bundesregierung ist es wichtig, dass durch die Ausgestaltung dieser Rentenregelung keine Anreize für eine neue Frühverrentungswelle gegeben werden. Das Parlament befasst sich nun damit. Aber für mich als Regierungssprecher ist jetzt zunächst einmal der Gesetzentwurf entscheidend, den die Bundesregierung im Kabinett beschlossen hat.

Küchen: Von meiner Seite ist dem jetzt nichts hinzuzufügen, Herr Wonka. Das befindet sich im parlamentarischen Verfahren, und das ist ein ganz übliches Prozedere. Zu genauen Zeitpunkten und dazu, wann und wo wie gearbeitet wird, kann ich mich in diesem Zusammenhang jetzt nicht einlassen. Ich bitte dafür um Verständnis.

Frage : Frau Küchen, empfindet die Ministerin es denn als unfreundlichen Akt des Koalitionspartners, dass bis hinauf zur stellvertretenden Parteivorsitzenden damit gedroht wird, ihren Gesetzentwurf im Bundestag abzulehnen?

Küchen: Wie Sie wissen, gibt es in Deutschland das Recht der freien Meinungsäußerung.

Ich kann hier nur noch einmal wiederholen: Es ist im parlamentarischen Verfahren. Wir werden jetzt nicht mit weiteren Äußerungen zur Befeuerung der Debatte beitragen. Die Ministerin hat am vergangenen Donnerstag im Bundestag eindrücklich erläutert, wie sie mit einzelnen Kritikpunkten umgeht, wie sie das sieht. Dem habe ich an dieser Stelle nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Seibert, ich hätte eine Frage zur Klarstellung. Sie sagten gerade, der Bundeskanzlerin sei es wichtig, dass keine Anreize für eine Frühverrentung geschaffen werden. Richtig?

StS Seibert: Das sagte ich, und das bezog ich auch auf die Bundesregierung insgesamt.

Zusatzfrage: Dann hätte ich die Anschlussfrage an Sie, ob die Bundeskanzlerin der Meinung ist, dass mit dem Gesetzentwurf, der im Kabinett beschlossen wurde - Sie haben ja gerade ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kanzlerin dieser Sitzung vorgesessen hat -, keine Anreize zur Frühverrentung gesetzt werden.

StS Seibert: Ich wiederhole es noch einmal: Das Gesetz ist im Kabinett verabschiedet. Es war allen Beteiligten klar, dass es eine lebhafte parlamentarische Befassung geben würde, die ich hier nicht zu kommentiere habe. Die Bundesregierung steht zu dem Entwurf, den sie eingebracht hat.

Frage: Herr Seibert, beinhaltet der Gesetzentwurf denn Anreize zur Frühverrentung?

StS Seibert: Die Bundesregierung steht zu dem Entwurf, den sie im Kabinett beschlossen hat und in die parlamentarische Behandlung eingebracht hat.

Zusatzfrage: Entschuldigung, das war aber nun wirklich nicht die Frage. Die Frage ist, ob der Gesetzentwurf, dem die Kanzlerin vorgesessen hat, Anreize zur Frühverrentung beinhaltet.

StS Seibert: Vielleicht möchte die Sprecherin des Ressorts noch einmal in die Einzelheiten des Gesetzentwurfs gehen.

Zusatz: Aber Frau Küchen kann doch nicht für Frau Merkel sprechen oder haben Sie in der Regierung eine Änderung der Geschäftsordnung vorgenommen? Meine Frage bezieht sich auf die Meinung von Frau Merkel als Kanzlerin.

StS Seibert: Genau. Deswegen sage ich ja, dass die Bundesregierung, auch natürlich die Kanzlerin, zu dem Entwurf steht, der im Bundeskabinett beschlossen wurde.

Zusatzfrage: Inklusive der Anreize zur Frühverrentung?

StS Seibert: Die Sie jetzt behaupten!

Zusatz: Das macht Herr Kauder, das macht Herr Spahn, das macht Frau Klöckner, das machen mittlerweile knapp 70 CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete.

StS Seibert: Ich werde hier nicht kommentieren, was frei gewählte Abgeordnete in der parlamentarischen Befassung mit einem Gesetz äußern.

Frage : Es doch ganz einfach: Sie sagen, es soll keine Anreize zur Frühverrentung geben, und Sie sagen, die Bundesregierung, die Bundeskanzlerin stehen zu dem verabschiedeten Gesetzentwurf. Wenn ich das beides zusammennehme, sagen Sie, dass der Gesetzentwurf keine Anreize zur Frühverrentung beinhaltet, denn sonst könnten Sie ja nicht dazu stehen.

StS Seibert: Es ist die Intention der Bundesregierung, mit diesem Gesetzentwurf keine Anreize zur Frühverrentung zu setzen.

Zusatzfrage : Aus Sicht der Bundesregierung beinhaltet dieser Gesetzentwurf auch diese Anreize nicht, wenn ich Sie richtig verstehe.

StS Seibert: Ich habe jetzt, glaube ich, sehr deutlich gesagt, dass die Bundeskanzlerin, die Bundesregierung zu dem Gesetzentwurf stehen, der im Kabinett beschlossen wurde, und dass es die allgemeine Überzeugung in der Bundesregierung ist, dass es mit der Ausgestaltung dieser Rentenregelung keine Anreize zu einer neuen Frühverrentungswelle geben soll.

Zusatz : Das hatten Sie vorher nicht so deutlich gesagt.

StS Seibert: Doch! Aber gut.

Zusatz : Deswegen bedanke ich mich sehr herzlich für diese Klarstellung!

Frage : Herr Seibert, nachdem Sie die Wahl in Afghanistan schon kommentiert haben, würde mich jetzt interessieren, wie Sie denn die Wahl im EU-Mitgliedsland Ungarn kommentieren, insbesondere auch im Hinblick auf das relativ starke Ergebnis, das die rechtsnationalen Kräfte erzielt haben.

StS Seibert: Wenn ich es richtig sehe, gibt es zunächst einmal vorläufige Auszählungsergebnisse und noch kein amtliches Endergebnis. Daraus wird aber schon klar, dass es für die Fidesz-Partei und Ministerpräsident Orbán wieder eine mögliche Mehrheit gibt. Daraus erwächst aus unserer Sicht - das haben wir ja auch in der Vergangenheit schon geäußert - eine besondere Verantwortung, diese Mehrheit nun auch mit Augenmaß, Zurückhaltung und auch mit Sensibilität für verfassungsmäßige Grundsätze einzusetzen.

Sie sprechen das absehbar wohl sehr starke Abschneiden der rechtsextremen Jobbik-Partei an. Ich möchte jetzt nicht einzelne Parteiergebnisse kommentieren. Aber grundsätzlich ist unsere Überzeugung - und bleibt es -, dass Europa die Werte von Toleranz, Vielfalt und Respekt des jeweils Andersdenkenden verbindet und dass deswegen Extremismus in Europa keinen Platz hat, schon gar nicht Antisemitismus oder beispielsweise Roma-Feindlichkeit.

Frage: Herr Seibert, eine Frage zur Ukraine, genauer gesagt zur Ostukraine. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, dass die russische Armee sich von der Ostgrenze der Ukraine in einer Weise zurückzieht, die der Kategorisierung "Teilrückzug" entspricht, wie ihn Präsident Putin im Telefonat mit Frau Merkel vergangenes Wochenende angekündigt hat?

StS Seibert: Es ist richtig, dass der Präsident das in einem Telefonat mit der Bundeskanzlerin angekündigt hatte. Außenminister Lawrow hatte diese Ankündigung dann noch einmal bestätigt und auch vom Abzug eines Bataillons und weiteren Schritten gesprochen. Wir müssen heute feststellen, dass es immer noch darum geht, dass dieser Rückzug auch nachweisbar umgesetzt wird und dass dadurch die Spannungen an der Grenze spürbar verringert werden.

Zusatzfrage: Herr Seibert, in einem der ersten Telefonate der Ukraine-Krise hatte der russische Präsident der Kanzlerin zugestimmt, eine Kontaktgruppe zu bilden, an der der Außenminister bis heute noch vergeblich bastelt. Auch dieser Teilrückzug hat bisher nicht stattgefunden. Inwiefern steht eigentlich die Bundeskanzlerin, die nach diesen Telefonaten zweimal gegenüber der deutschen Öffentlichkeit den Eindruck erweckt hat, sie hätte Herrn Putin Zugeständnisse abgerungen, gelackmeiert da?

StS Seibert: Diese Wertung kann ich nun überhaupt nicht teilen. Wir haben beispielsweise nach dem letzten Telefonat mit Präsident Putin wahrheitsgemäß der Öffentlichkeit berichtet, dass er ihr gegenüber diesen Teilabzug angekündigt hatte. Wir müssen in der letzten Woche und auch heute feststellen, dass das noch nicht nachweisbar umgesetzt ist. Das kann einen enttäuschen, das muss einen auch enttäuschen, weil wir - nicht nur wir alleine, sondern ganz Europa - natürlich darauf warten, dass eine solche dringend notwendige vertrauensbildende Maßnahme tatsächlich auch sichtbar wird, dass ein solcher Schritt zur Deeskalation sichtbar wird.

Es wird nichts daran ändern, dass wir natürlich auch weiterhin das Gespräch suchen werden und wir im Wege der Verständigung und der Diplomatie Deeskalation herbeizuführen. Dass es dabei nicht so schnell vorangeht, nicht an allen Punkten vorangeht, ändert nichts an unserer Entschlossenheit.

Frage : Herr Seibert, zum aktuellen Stand der deutsch-russischen Regierungskonsultationen. Es hieß, dass sie auf höchster Ebene nicht stattfinden sollen. Es war auch einmal die Rede davon, dass die Innenminister sich treffen würden. Wie ist der aktuelle Stand, was Leipzig angeht?

StS Seibert: Da gibt es eigentlich keinen neuen Stand. Die nächste Runde der deutsch-russischen Regierungskonsultationen, die für Leipzig ins Auge gefasst war, ist abgesagt. Das entspricht auch der Einigung auf europäischer Ebene und im Rahmen der G7-Partner. Dieses große Format, das einer ganz bestimmten Atmosphäre und Umgebung bedarf, ist abgesagt.

Zusatzfrage : Es wird auch keine Ersatztreffen geben? Es war einmal die Rede davon, dass sich die Innenminister stattdessen treffen würden.

StS Seibert: Diese Nachricht hatte mich nie erreicht. Es gibt keine Ersatztreffen, die ich Ihnen jetzt hier ankündigen könnte. Die nächste Runde der deutsch-russischen Regierungskonsultationen ist abgesagt.

Frage : Noch einmal zur Gesamteinschätzung in Sachen Ukraine. Wie schätzt die Bundesregierung, nachdem die russischen Schritte zur Deeskalation derzeit noch nicht nachweisbar sind, wie Sie sagen, insgesamt die Lage ein, wenn man in den letzten Tagen von verstärkten Besetzungen von Kräften in ostukrainischen Städten hört? Spitzt sich da möglicherweise etwas zu? Ist da vielleicht sogar wieder eine Eskalation auf dem Wege, nachdem man eigentlich gehofft hatte, dass der Weg in eine günstigere Richtung läuft?

StS Seibert: Ich will hier keine Vermutungen anstellen, wozu das führt, aber ich kann sagen, dass die Vorkommnisse vom Wochenende, die jüngsten Ereignisse in Donezk und in Charkiw, natürlich etwas sind, was wir alle in der Bundesregierung mit großer Sorge sehen, und dass wir dringend unseren Appell an alle Verantwortlichen erneuern müssen, zur Stabilisierung der Region beizutragen und solche Eskalationen zu vermeiden.

Was dann vielleicht doch einmal positiv hervorgehoben werden kann, ist, dass die OSZE-Beobachtermission in der Ukraine ihre Arbeit aufgenommen hat. Das ist immerhin ein Schritt in die richtige Richtung, aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Meldungen vom Wochenende aus diesen beiden ostukrainischen Städten besorgniserregend sind.

Frage : Die Bundeskanzlerin hatte am Samstag noch einmal die Tonlage gegenüber Russland verschärft und auch noch einmal Wirtschaftssanktionen angedroht. War diese Verschärfung des Tons der Enttäuschung über die Tatsache geschuldet, dass der versprochene Truppenrückzug noch nicht stattgefunden hat, oder was war der Grund für diese Verschärfung des Tons? Verliert die Bundeskanzlerin so ein bisschen die Geduld mit Herrn Putin?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat am Wochenende daran erinnert, dass wir wie auch unsere europäischen Partner wie auch unsere transatlantischen Partner durchaus in der Lage sein werden, in einer dritten Stufe von Sanktionen auch Wirtschaftssanktionen zu beschließen, falls der politische Anlass dafür gegeben sein sollte. Wir wünschen uns das nicht, aber es soll sich niemand täuschen: Die Bereitschaft dazu besteht. Die Europäische Kommission war ja beim letzten Ratstreffen aufgefordert worden, zumindest einmal vorbereitende konzeptionelle Arbeiten für solche Sanktionen anzugehen. Das heißt, wenn der Tag käme - den wir uns wirklich nicht wünschen und den wir gerne vermeiden würden -, dann wäre es auch eine Möglichkeit, dass Europa und auch die transatlantischen Partner so handeln. Daran hat die Bundeskanzlerin am Wochenende erinnert. Es gibt Grund daran zu erinnern, weil wir - wie wir ja gerade auch gesehen haben - an mehreren Punkten leider nicht den Fortschritt, die Stabilisierung sehen, die wir uns wünschen.

Frage: Herr Seibert, gibt es heute mehr Details über den Besuch von Frau Merkel in Athen? Welche Botschaft bringt Frau Merkel nach Griechenland?

Zweitens. Griechenland startet nach den Osterferien wahrscheinlich einen Versuch, Geld an den Kapitalmärkten zu suchen. Wie kommentieren Sie das?

StS Seibert: Ich kann Ihnen ein wenig mehr über das Programm sagen - noch keine genauen Zeiten und Abläufe, aber zumindest das, was ich am Freitag noch nicht sagen konnte -: Außer einer Begegnung mit Ministerpräsident Samaras, einer Pressekonferenz und einem Abendessen mit ihm wird es auch Begegnungen mit Vertretern der griechischen Wirtschaft geben. In zwei verschiedenen Runden wird es mit Vertretern der Mittelstandsorganisationen und der Wirtschaftsverbände eine Begegnung geben, und dann wird es eine separate Begegnung mit - man könnte sagen: der Zukunft der griechischen Wirtschaft - jungen Unternehmern, mit Startup-Unternehmern, mit innovativen Wirtschaftszweigen geben. Das sind die beiden Vorhaben am Nachmittag, und dann finden außerdem natürlich das Gespräch mit dem Ministerpräsidenten, die Pressekonferenz und das Abendessen statt. Genaue Zeiten - da muss ich Sie trotzdem noch einmal um Verständnis bitten - können wir nachreichen, sobald sie feststehen. Das wird alles gerade noch festgezurrt.

Ich hatte am Freitag bereits darüber gesprochen, wie eng unsere Partnerschaft mit Griechenland ist. Ich möchte hier jetzt keine Botschaften vorwegnehmen. Die Bundeskanzlerin wird genügend Gelegenheiten haben, diese Botschaften in Griechenland selber öffentlich zu äußern.

Zusatzfrage: Und wie kommentieren Sie den Versuch Griechenlands, nach den Osterferien an den Kapitalmärkten Geld zu suchen?

Kalwey: Diese Pläne des griechischen Finanzministers sind ja nicht neu; er hat auch vorher schon gesagt, dass er beabsichtigt, 2014 schrittweise wieder an den Kapitalmarkt zurückzukehren. Zum Zeitplan können wir hier jetzt keine Stellung nehmen. Im Grundsatz ist es natürlich so, dass wir die Absicht Griechenlands begrüßen. Das ist letztendlich ein Beleg dafür, dass das Programm erfolgreich verläuft und dass das Vertrauen der Finanzmärkte zurückkehrt.

Frage : Noch eine Frage an Sie, Herr Seibert: Der finnische Ministerpräsident hat wohl angekündigt, dass er sich aus der Politik seines Landes zurückzieht und ein Spitzenamt in der EU - Ratspräsident, Kommissionspräsident, etwas in der Richtung - anstrebt. Hat die Bundesregierung Sympathie für solche Zukunftspläne des finnischen Ministerpräsidenten?

StS Seibert: Erstens kenne ich die Erklärung, die Herr Katainen abgegeben hat, nicht genau, und zweitens verweise ich noch einmal auf das grundsätzliche Verfahren, das nach der Europawahl greifen wird, nämlich dass der Europäische Rat dem Europäischen Parlament unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Wahlen zum Europäischen Parlament einen Kandidaten, eine Kandidatin vorschlagen wird.

Frage : Herr Ewert, heute Nachmittag findet eine Gesellschafterversammlung der Berliner Flughäfen statt. Nun geht Brandenburg nach eigenen Aussagen mit der Forderung eines Nachtflugverbots zwischen 22 und 6 Uhr für den Flughafen Berlin Brandenburg in die Sitzung. Geht der Bund diesen Kurs mit?

Ewert: Das überlassen wir einmal der Sitzung - warten wir ab, was dabei herauskommt. Der Minister hat sich ja schon einmal dazu geäußert, wie er es generell mit Nachtflugverboten in Deutschland sieht. Auch im Vorfeld waren sich ja Berlin und der Bund relativ einig, was diese Forderung angeht. Überlassen wir das der Sitzung; Sie werden dann Sie auch darüber informiert, was dabei herausgekommen ist.

Zusatzfrage : Wenn der letzte Stand der richtige ist, ist Ihnen der von Brandenburg geforderte Zeitraum für das Nachtflugverbot aber zu lang, und der Bund wäre doch eher der Meinung, dass das Nachtflugverbot um 5 Uhr enden sollte, richtig?

Ewert: Wir haben ja einen Planfeststellungsbeschluss, und der gilt zunächst einmal.

Frage: Herr Seibert, hat die Bundeskanzlerin ihrem Vorgänger Gerhard Schröder zum Geburtstag gratuliert, und wenn ja, in welcher Form?

StS Seibert: Sie hat ihm gratuliert, und zwar in der Form eines persönlichen Glückwunschschreibens. Ich nehme die Gelegenheit gerne noch einmal wahr, um auch von dieser Stelle aus im Namen der Kanzlerin und im Namen der ganzen Bundesregierung Altbundeskanzler Gerhard Schröder alles Gute zum 70. Geburtstag und vor allem viel Gesundheit und weiterhin viel Kraft zu wünschen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, können Sie uns - auch, wenn es als "persönlich" markiert ist - möglicherweise noch etwas über den Inhalt des Schreibens sagen?

StS Seibert: Nein, es war ein persönliches Glückwunschschreiben, das ich hier jetzt nicht veröffentliche. Ich glaube, es hat auch Glückwünsche der Art, wie ich sie gerade ausgesprochen habe, enthalten. Ich kenne aber nicht seinen gesamten Text. Die Bundeskanzlerin hat ja auch schon mehrfach auf der politischen Ebene über das große Verdienst, das sich Bundeskanzler Schröder für unser Land mit der Agenda 2010 erworben hat, geäußert.

Frage: Herr Seibert, schenkt die Bundeskanzlerin zu solchen Anlässen einem 70-Jährigen etwas? Falls ja: Müsste sie das selber bezahlen oder gibt es da einen Geschenkefundus, aus dem man ein Geschenk - einen Kugelschreiber, einen Berliner Bären oder was auch immer Teil der Regierungsgeschenke ist - auswählen kann?

StS Seibert: Mir ist in diesem Fall kein Geschenk bekannt.

Zusatzfrage: Darf man daraus Schlussfolgerungen auf die Intensität des Geburtstagswunsches ziehen? Schenkt die Kanzlerin normalerweise 70-Jährigen etwas?

StS Seibert: Die allerallermeisten Glückwünsche der Bundeskanzlerin zu 70. Geburtstagen werden nicht von einem Geschenk begleitet.

Vors. Detjen: Enttäuschung bei denjenigen im Raum, die demnächst 70 werden. - Herr Blank.

Frage : Es geht noch einmal um Enttäuschungen: Herr Seibert, nachdem immer mehr deutsche Institutionen wegbrechen, geschieht dies jetzt auch mit "Wetten, dass..?". Hat die Kanzlerin für Anfang nächsten Jahres schon ein neues Samstagabendprogramm aufgelegt, ist sie auch enttäuscht?

StS Seibert: Es bedarf nicht alles eines Kommentars der Bundesregierung - schon gar nicht Veränderungen im Fernsehprogramm.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 7. April 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/04/2014-04-07-regpk.html;jsessionid=D961467C92910186D47D8A1C99D8ABCB.s3t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2014