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PRESSEKONFERENZ/788: Regierungspressekonferenz vom 7. Mai 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 7. Mai 2014
Regierungspressekonferenz vom 7. Mai 2014

Themen: Kabinettssitzung (Gesetzentwurf für die Besondere Ausgleichsregelung im EEG, Abkommen zwischen Deutschland und Polen über die Zusammenarbeit der Polizei-, Grenz- und Zollbehörden), Ernennung von Annette Schavan zur neuen deutschen Botschafterin im Vatikan, Lage in der Ukraine, möglicher Zusammenschluss von Siemens und Alstom, Rüstungsexporte, Treffen der Bundeskanzlerin mit Petro Poroschenko

Sprecher: StS Seibert, Rouenhoff (BMWi), Dimroth (BMI), Schäfer (AA)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRSin Wirtz sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRSin Wirtz: Das Kabinett hat heute den Gesetzentwurf für die Besondere Ausgleichsregelung im EEG beschlossen. Die Besondere Ausgleichsregelung bezweckt, dass stromkostenintensive und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen nicht übermäßig mit der EEG-Umlage belastet werden. Sie führt die bisherige Ausnahmeregelung des EEG 2012 fort und trägt so dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern.

Der Gesetzentwurf, der heute verabschiedet wurde, vervollständigt den Entwurf zur EEG-Reform, den das Kabinett schon am 8. April beschlossen hat. Die Neufassung der Besonderen Ausgleichsregelung berücksichtigt wichtige Entscheidungen der EU-Kommission, die erst nach dem 8. April getroffen wurden, insbesondere die neuen Umwelt- und Energiebeihilferichtlinien. Deshalb konnte die Besondere Ausgleichsregelung noch nicht im ersten Entwurf des EEG 2014 verankert werden und ist heute ergänzend beschlossen worden.

Darüber hinaus hat die Bundesregierung heute die Unterzeichnung des Abkommens zwischen Deutschland und Polen über die Zusammenarbeit der Polizei-, Grenz- und Zollbehörden beschlossen. Das Abkommen zwischen Deutschland und Polen verbessert die rechtlichen Grundlagen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Polizei-, Grenz- und Zollbehörden.

Das neue Abkommen stellt einen echten Mehrwert gegenüber dem geltenden deutsch-polnischen Polizeivertrag dar, der noch aus der Zeit vor dem EU-Beitritt Polens stammt. Es ist wichtig für eine bessere Bekämpfung der Grenzkriminalität. Der Vertrag soll am 15. Mai in Polen unterzeichnet werden. - So viel aus dem Kabinett.

Frage: Mich würde interessieren, ob Sie etwas dazu sagen können, wie sich das nach Ihren bisherigen Schätzungen auf die Zahl der Unternehmen, die in Zukunft befreit sein werden, auf die befreite Strommenge und auf die befreite Summe beziehungsweise die gezahlte EEG-Summe auswirken wird.

SRSin Wirtz: Zu den Einzelheiten darf ich an meine Kollegen aus dem Wirtschaftsministerium verweisen.

Rouenhoff: Zu den Unternehmen, die im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung privilegiert sind: Bisher war es so, dass es etwa 2.100 Unternehmen gab, die unter die Besondere Ausgleichsregelung fallen. Zukünftig wird sich diese Zahl der Unternehmen reduzieren.

Aber was an dieser Stelle gesagt werden muss, ist zum einen, dass die Summe der Entlastung der energieintensiven Unternehmen in Höhe von 5,1 Milliarden Euro weiterhin fortbestehen wird. Was wir haben werden, ist zudem eine Begrenzung auf 20 Prozent für Unternehmen, die jetzt aus der Besonderen Ausgleichsregelung herausfallen. Was heißt das im Einzelnen? Das heißt, dass die Unternehmen, die jetzt nicht mehr in den Genuss der Besonderen Ausgleichsregelung kommen, die also nicht die Reduktion der EEG-Umlage erhalten, die 15 Prozent der EEG-Umlage für mehr als 1 Gigawatt ausmachen, zukünftig einen Betrag von 20 Prozent der EEG-Umlage zahlen müssen. Es ist also nicht so, dass die Unternehmen von den 2.100 Unternehmen, die bisher unter die Besondere Ausgleichsregelung gefallen sind und jetzt nicht mehr darunter fallen, jetzt die volle EEG-Umlage zahlen müssen, sondern es ist so, dass diese Unternehmen dann einen Betrag in Höhe von 20 Prozent der EEG-Umlage zahlen müssen. Die Einzelheiten können Sie sicherlich noch einmal im Gesetzentwurf nachlesen, der a uch online zur Verfügung steht.

Um das vielleicht noch einmal ein bisschen einzuordnen: Ziel ist es ja, im Rahmen der EEG-Reform die Kostendynamik zu durchbrechen. Dieses Ziel zu erreichen, wird uns zum einen gelingen, weil dieser eine Aspekt ja jetzt schon durch das Kabinett gebracht worden ist, und mit dem anderen Aspekt, dieser Besonderen Ausgleichsregelung, versuchen wir natürlich, die Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, wettbewerbsfähig am Standort Deutschland zu erhalten. Das gelingt uns mit der Reform des EEG und mit dieser Besonderen Ausgleichsregelung.

Zusatzfrage: Die Zahl der Branchen ist jetzt aber noch einmal ausgeweitet worden. Das heißt doch, es müssten jetzt auch neue Unternehmen darunter fallen, die bisher nicht davon profitiert haben. Können Sie die beziffern?

Rouenhoff: Ich kann jetzt nichts dazu sagen, wie hoch die Zahl der Unternehmen sein wird, die nach der neuen Besonderen Ausgleichsregelung einen Antrag bewilligt bekommen. Antragsberechtigt sind Unternehmen in Branchen nach der Liste 1. Dafür gelten bestimmte Voraussetzungen. Die Voraussetzungen sind, dass sie strom- und handelsintensiv sind und eine Stromkostenintensität von künftig 16 beziehungsweise 17 Prozent für das Jahr 2016 aufweisen. Unternehmen der Liste 2, die eine etwas geringere Handelsintensität aufweisen, müssen halt eine Stromkostenintensität von 20 Prozent und mehr aufweisen, um in den Genuss der Besonderen Ausgleichsregelung zu kommen.

Was man nichtsdestotrotz wirklich noch einmal betonen muss: Es geht hier nicht darum, willkürlich irgendwelche Branchen zu unterstützen, sondern das alles entscheidende Ziel ist es, Arbeitsplätze am Standort Deutschland langfristig zu sichern und zu erhalten und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie auch im Rahmen einer Energiewende in Deutschland zu gewährleisten.

Frage: Wird dieser Gesetzesteil auch schon morgen im Bundestag behandelt werden, oder wird er erst in der nächsten Sitzungswoche dazu kommen?

Rouenhoff: Dieser Gesetzesteil wird nicht morgen im Bundestag in erster Lesung behandelt werden. Das wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Das Ziel ist es, die beiden Gesetzentwürfe, also den Teil des EEG, der schon beschlossen wurde, und den heute beschlossenen Teil zur Besonderen Ausgleichsregelung, dann am 23. Mai im Bundesrat zusammenzuführen.

Frage: An das Innenministerium: Ich wollte fragen, inwiefern es bei diesem Abkommen (über die Zusammenarbeit der Polizei-, Grenz- und Zollbehörden) Verbesserungen im Vergleich zu den Abkommen von 2002 gibt.

Bezüglich dieses Themas wurde auch besprochen, wie man den Informationsaustausch verbessern kann. Die Innenminister haben sich 2011 entschieden, dass die Polizeien europaweit Informationen austauschen sollen, um Verkehrsdelikte zu verfolgen. Soweit ich weiß, sollte dieses System praktisch seit Oktober funktionieren. Aber zwischen Polen und Deutschland funktioniert es nach wie vor nicht.

Dr. Dimroth: Zu der ersten Frage, welchen Mehrwert dieser deutsch-polnische Polizeivertrag mit sich bringt, der ja nicht neu geschaffen wurde, sondern im Vergleich zu der Fassung aus 2002 überarbeitet wurde: Darin ist eine Reihe von Punkten enthalten, die aus Sicht beider Seiten eine Verbesserung in der polizeilichen Zusammenarbeit in den Grenzregionen ermöglichen werden.

Da ist zum einen zu nennen, dass der sachliche Anwendungsbereich des Polizeivertrags im Vergleich zu der alten Fassung erweitert wird, nämlich auf eine Reihe von Delikten, die in Polen als Ordnungswidrigkeiten bewertet werden, während es in Deutschland Straftaten sind. Als Beispiele kann ich Ihnen Folgendes nennen: Fahrerflucht, Tankbetrug, Nötigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis. Für diese Delikte wird dieser Vertrag zukünftig anwendbar sein, obwohl in Polen und in Deutschland eben unterschiedliche Bewertungen - in Polen als Ordnungswidrigkeit, in Deutschland als Straftat - bestehen.

Dann wird auch der räumliche Anwendungsbereich insoweit erweitert, als in Deutschland das Grenzgebiet auf alle betroffenen Bundesländer ausgeweitet wird, also auf Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Sachsen. Diese räumliche Erweiterung des Anwendungsbereichs ist aus unserer Sicht auch eine wichtige Neuerung.

Materiell enthält der Vertrag auch Verbesserungen im Vergleich mit dem alten Stand. Insbesondere werden gemeinsame Streifen im Format eins zu eins, wie man das nennt, ermöglicht. Das heißt, dass jeweils immer ein Polizeibeamter des jeweils anderen Landes gemeinsam mit dem Polizeibeamten des betroffenen Landes Streife gehen kann und dann auch Hoheitsrechte nach dem Recht des betroffenen Landes ausüben kann. Das ist eine Neuerung im Vergleich zur Ursprungsfassung des Vertrags und aus unserer sowie aus polnischer Sicht auch eine wichtige Neuerung und Weitung. Insgesamt ist das also ein Vertragswerk, das aus Sicht der beiden Länder einen wirksamen Beitrag zur Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung im Grenzbereich wird leisten können.

Ergänzen will ich vielleicht noch, dass der Vertrag in seinem aktuellen Stand letztlich weitestgehend den Verträgen entspricht, die Deutschland mit seinen anderen Nachbarstaaten geschlossen hat, nämlich mit allen, und dass das Ganze insofern letztlich auch die deutsch-polnische Polizeizusammenarbeit auf den Stand von 2014 hebt.

Ihre zweite Frage, muss ich zugeben, habe ich nicht hinreichend verstanden, um eine Antwort geben zu können.

Zusatzfrage: Es geht um den Informationsaustausch bei Verkehrsdelikten. Das heißt, wenn ein deutscher Staatsbürger in Polen zu schnell fahren sollte, sollte die polnische Polizei dessen Informationen von den deutschen Kollegen erhalten. Das war eine Absprache der EU-Innenminister im Jahr 2011 in Brüssel. Das sollte, glaube ich, ab Oktober des letzten Jahres funktionieren, sodass es ein einheitliches Informationssystem geben sollte.

Dr. Dimroth: Dazu kann ich Ihnen hier jetzt keinen aktuellen Stand nennen; da muss ich passen. Das kann ich gegebenenfalls nachreichen, wenn ich entsprechende Informationen generieren kann.

Frage: Sie sprachen von einer Ausübung von Hoheitsrechten. Bedeutet das praktisch auch, dass ein deutscher Polizist in Polen und umgekehrt ein polnischer Polizist in Deutschland etwa im Fall einer Fahrerflucht, wenn es denn geboten sein sollte, von der Schusswaffe Gebrauch machen könnte?

Dr. Dimroth: Dieses Format eins zu eins meint, dass eben auf dem Staatsgebiet des jeweils anderen Staates Hoheitsgewalt ausgeübt werden kann, allerdings unter Leitung des Beamten des betroffenen Staates oder des Gaststaates und auch nach dem Recht des Gaststaates oder des betroffenen Staates. Sollte das unter bestimmten Konstellationen nach diesen Kautelen möglich sein, dann wäre das so. Das Ausmaß an Befugnis und auch die Begrenzung dessen, was getan werden darf, richten sich sozusagen nach dem Recht des jeweiligen Landes, in dem sich die beiden Beamten aufhalten, und dementsprechend nach den dort einschlägigen Vorgaben und Regelungen.

Zusatzfrage: Würde das praktisch bedeuten, das diese Hoheitsrechte daran gekoppelt sind, dass immer ein Polizist des jeweiligen Gastlandes dabei ist?

Dr. Dimroth: So ist es.

Frage : Ich habe eine Frage an die Bundesregierung oder das Auswärtige Amt zur Ernennung von Frau Schavan zur Botschafterin für den Vatikan: Hat dabei die Tatsache überhaupt eine Rolle gespielt, dass sie ihren Doktortitel entzogen bekommen hat, weil sie ihre Doktorarbeit angeblich zum Teil abgeschrieben hat, oder spielte das bei der Geschichte keine Rolle?

Schäfer: Soweit ich weiß, hat das keine Rolle gespielt.

Frage : Frau Wirtz, Herr Schäfer, zur Ukraine: Inwiefern gibt denn der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Herr Erler, die Auffassung der Bundesregierung wieder, wenn er die Übergangsregierung in Kiew auffordert, die Offensive gegen die Separatisten im Osten des Landes einzustellen?

Schäfer: Wir haben in der Ukraine eine in jeder Hinsicht schwierige Lage. Dort gibt es im Osten der Ukraine Regionen, über die die ukrainische Regierung in Kiew keine Hoheitsgewalt mehr ausgeübt; ich glaube, das kann man sagen. Ich glaube, darüber besteht zum Beispiel in Slawjansk auch kein Dissens. Daraus ergibt sich das Recht eines souveränen Staates wie der Ukraine, alle von seiner Verfassung und vom Völkerrechts vorgegebenen Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Status zu verändern und wieder Hoheitsgewalt auszuüben. Allerdings ist die entscheidende Frage und im Übrigen auch die entscheidende Frage für die derzeit von Außenminister Steinmeier weiterhin verfolgten Bemühungen um eine von außen durch diplomatische Aktivitäten in Gang gebrachte Deeskalation der Lage, in welcher Weise und zu welchem Zeitpunkt so etwas geschehen mag.

Die diplomatischen Bemühungen des Außenministers und der Bundesregierung richten sich zurzeit mit allergrößtem Nachdruck auf eine ganz entscheidende Wegmarke in den nächsten Wochen und darüber hinaus für die Zukunft der Ukraine. Das sind die Präsidentschaftswahlen, die für den 25. Mai angesetzt worden sind. Alles, was die Durchführung und Abhaltung von möglichst freien und fairen Wahlen in der Ukraine am 25. Mai erschwert oder gar unmöglich macht, wäre ein weiterer Beitrag zur Eskalation und würde die Chancen auf eine friedliche, politische, diplomatisch vermittelte Lösung weiter reduzieren. So interpretiere ich auch die Aussagen von Herrn Erler. Es geht um die Frage: Was macht es wahrscheinlicher, dass es uns gelingen kann, auch von außen darauf hinzuwirken, dass die Wahlen am 25. Mai wirklich eine Grundlage für neue, frische und demokratische Legitimität einer politischen Führung in Kiew sind?

Zusatzfrage: Zur Deeskalation: Es soll ja am Sonntag auch ein Referendum in Donezk stattfinden. Heute finden auch Gespräche mit Herrn Poroschenko statt, der sagt, man solle Russland doch mit der dritten Stufe der Sanktionen belegen, wenn er seinen Einfluss nicht geltend mache, um dieses Referendum zu verhindern. Ist dieses Referendum auch für die Bundesregierung eine rote Linie, die nicht überschritten werden sollte?

Schäfer: Wir sind hier ja nicht in einem Malwettbewerb, sondern es geht hier um ganz ernste Fragen für die Zukunft des Landes und für die europäische Friedensordnung. Ich glaube, es gibt keinen Zweifel daran, dass die Bundesregierung mit Herrn Poroschenko einer Meinung ist, wie sie hinsichtlich dieses sogenannten Referendums im Oblast Donezk und im Oblast Lugansk im Übrigen auch einer Meinung mit den allermeisten Stimmen ist - eigentlich mit allen Stimmen, die ich vernehme -, dass das in keiner Weise im Einklang mit der ukrainischen Verfassung steht, dass das deshalb rechtswidrig ist, dass es deshalb völlig ausgeschlossen ist, dass das von irgendjemanden auch als ein Ausdruck des tatsächlichen Willens der Menschen, die dort angeblich befragt werden sollen, wahrgenommen werden wird und dass deshalb das Ergebnis für uns keine praktische oder politische Relevanz hat. Es ist schlichtweg rechtswidrig. Es ist für den weiteren Verlauf der Dinge womöglich politisch irgendwie von Bedeutung, aber für uns keine Grundlage für unsere Politik. Wenn es gelingen kann, diejenigen, die diese sogenannten Referenda verfolgen, von ihrem Ziel abzubringen, dann ist das absolut in unserem Sinne.

Die ukrainische Regierung plant, wie Sie vielleicht wissen, zumindest einmal für den ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen am 25. Mai ein nationales Referendum zu Fragen über die zukünftige Gestaltung der ukrainischen Verfassung und die nationale territoriale Einheit des Landes. Gestern hat es - ich sage aus Sicht der Bundesregierung ausdrücklich: bedauerlicherweise - im Parlament kein Ergebnis gegeben, das diesen Wunsch der ukrainischen Regierung bereits indossiert hätte. Aber darüber gehen die Beratungen weiter. Das ist eigentlich das, worauf es ankommt, nämlich dass es eine nach den Regeln der ukrainischen Verfassung vorgesehene und rechtmäßige Befragung der Menschen in der Ukraine gibt, die auf diese Art und Weise genau wie bei den Präsidentschaftswahlen die Möglichkeit erhalten, sich selbst als Inhaber der Souveränität für das Land in Bezug darauf entscheiden zu können, wie sie und wo sie die Zukunft ihres Landes sehen.

Zusatzfrage: Kann denn diese Abstimmung am Sonntag im Hinblick auf Russland und die Sanktionen zu einer Neubewertung oder einer anderen Bewertung der Rolle Russlands im Osten des Landes führen und dann vielleicht auch einen Prozess in Richtung weiterer Sanktionen auslösen?

Schäfer: Ich glaube, es hat keinen Sinn, dass wir jetzt hier miteinander Spekulationen austauschen. Der Außenminister hat gestern in Wien unter anderem lange unter vier Augen mit dem russischen Außenminister gesprochen. All das tut er als Versuch, das, was Ihnen bekannt ist - etwa durch einen Namensartikel in einer großen deutschen Tageszeitung und auch durch andere öffentliche Einlassungen des Ministers in den letzten Tagen -, zu verwirklichen, nämlich den Versuch zu starten, von dem er weiß, dass er vielleicht nicht gelingen wird, eine neue internationale Initiative, ein neues internationales Momentum zu erzeugen, und zwar mit dem Ziel, mit dem Blick auf die Wahlen am 25. Mai ein Umfeld zu schaffen, in dem es Möglichkeiten für eine Deeskalation gibt.

Frage: Sie raten ja dringend davon ab, in die Ukraine zu reisen, zumindest in den Osten und in den Süden. Jetzt sind aus Deutschland immer wieder Hilfstransporte in die Ukraine unterwegs und bringen zum Beispiel etwas für Krankenhäuser oder Altenheime. Was sagen Sie denn solchen Organisationen? Sollten die dahin fahren oder nicht? Können Sie Ihre Antwort bitte nach Süden, Westen und Osten der Ukraine differenzieren?

Schäfer: Ja, das hätte ich auch ohne diese Aufforderung getan, weil sich die Ausreiseempfehlung des Auswärtigen Amtes ja gar nicht auf das ganze Territorium der Ukraine bezieht. Die Ausreiseempfehlung des Auswärtigen Amtes, die gestern angesichts der eskalierenden Lage im Süden und Osten des Landes erneut angepasst worden ist, sieht vor, dass das Auswärtige Amt von Reisen in östliche und südliche Landesteile der Ukraine dringend abrät. Das beinhaltet die Aufforderung an die in diesen Gebieten verbliebenen deutschen Staatsangehörigen, sich um eine Ausreise zu bemühen.

Der Hintergrund liegt auf der Hand. Der Hintergrund ist, dass die Sicherheitslage in diesen Regionen mit Blick auf die anstehenden Ereignisse - dazu gehören unter anderem der 9. Mai, die Feierlichkeiten aus Anlass des Sieges im großen vaterländischen Krieg, das sogenannte Referendum, über das wir gerade schon gesprochen haben, aber auch die allgemeine Lage und die in zweieinhalb Wochen anstehenden Wahlen - aus Sicht des Auswärtigen Amtes so unsicher ist, dass wir uns gezwungen sahen, diese dringende Ausreiseempfehlung auszusprechen.

Das gilt natürlich auch für Hilfslieferungen. Man muss eben genau hinschauen, wie die Lage ist. Wer sich an unsere Empfehlung - mehr als empfehlen können wir nicht - halten möchte, der findet auf der Webseite des Auswärtigen Amtes auch genaue Angaben zu den Gebieten, für die wir diese dringende Reiseempfehlung ausgesprochen haben. Selbstverständlich können wir die Dilemmata, die damit verbunden sind, nachvollziehen. Natürlich ist es in unserem Interesse, dass Hilfslieferungen auch in die Gebiete gebracht werden, für die wir jetzt eine Ausreiseempfehlung oder eine dringende Reiseempfehlung ausgesprochen haben. Aber andererseits geht die Sicherheit der Menschen, die bereit sind, diese Hilfsleistungen zu tätigen, aus unserer Sicht natürlich vor. Es hat keinen Sinn, sich auf diese Art und Weise selbst zu gefährden, wenn man anderen Menschen helfen will. Das ist sehr ehrenhaft, aber eben gefährlich.

Zusatzfrage: Sehen Sie für den Westen des Landes in dieser Hinsicht aber kein Problem?

Schäfer: Zurzeit ist das so.

Frage: Herr Schäfer, ich habe zwei Fragen. Zum einen war vor zwei Tagen zu lesen, dass es eine Prüfkommission in Russland gebe, die herausgefunden habe, dass die Abstimmung auf der Krim rechtswidrig und manipuliert gewesen sei. Haben Sie davon gehört? Nehmen Sie das ernst, oder ist das eine Information im Zusammenhang mit einem Propagandakrieg?

Zur zweiten Frage: Der Konflikt in der Ukraine spitzt sich trotz aller diplomatischen Bemühungen immer weiter zu. Gleichzeitig gibt es auch durchaus ernst zu nehmende Stimmen, die sagen: Ihr müsst auf ein anderes Feld gehen. Das, was Russland veranstaltet, ist eine Art Preiskrieg. Die Frage wird sein: Muss man den Russen möglicherweise in anderen Bereichen entgegenkommen, um eine weitere Eskalation und womöglich einen Krieg in der Ostukraine zu verhindern? - Wird darüber innerhalb des Kabinetts gesprochen? Gibt es dafür mögliche Anhaltspunkte?

Schäfer: Ihre erste Frage, ist, glaube ich, relativ einfach zu beantworten. Ich kenne nicht wie Sie einen solchen Bericht, aber ich kenne wie Sie Berichte und Gerüchte über einen solchen Bericht. Die Haltung der Bundesregierung zu dem - auch da sage ich es wieder ganz ausdrücklich - sogenannten Referendum auf der Krim haben wir damals schon deutlich gemacht, und die gilt auch heute.

Im Übrigen ist das einer der vielen Widersprüche in der russischen Argumentation. Da wird unter anderem gesagt, in der aktuellen Lage hätte die ukrainische Regierung überhaupt nicht die Gelegenheit oder gar die notwendige Zeit gehabt, Präsidentschaftswahlen in der gebotenen Weise vorzubereiten. Gleichzeitig hat die russische Führung kein Problem damit gehabt, damals mit - ich weiß nicht genau, wie viel - vielleicht 9 Tagen Vorlaufzeit ein von den tatsächlichen Separatisten auf der Krim vorgeschlagenes und dann auf die Schnelle umgesetztes Referendum auf der Krim - ich nehme an, wegen des Ergebnisses - für gut zu befinden. Wenn es jetzt sogar innerhalb Russlands Zweifel an den tatsächlichen Ergebnissen gibt, dann würde uns das eher in unserer Haltung zu dem sogenannten Referendum vor sechs Wochen auf der Krim bestärken.

Zu Ihrer zweiten Frage: Das ist jetzt natürlich sozusagen die ganz große Linie. Sie wissen, dass es innerhalb der Europäischen Union, aber auch mit unseren Partnern jenseits des Atlantiks intensive Beratungen zu der Frage gibt, wie wir auf das Verhalten Russlands in der Ukraine-Krise reagieren.

Während wir hier miteinander sprechen, treffen sich ständig auf den verschiedensten Ebenen die Experten in Brüssel - Vertreter der Mitgliedstaaten mit der Kommission und dem Europäischen Auswärtigen Dienst - , um das, was in der G7-Erklärung vorletzte Woche beschlossen worden ist, nämlich sich weitere Sanktionsschritte der Stufe zwei vorzubehalten und auch vorzubereiten, umzusetzen. Das geschieht, während wir miteinander sprechen. Es bleibt natürlich so, dass die politischen Optionen, die wir zu handhaben haben, auf dem Tisch bleiben.

Für den Außenminister steht hier und heute und auch jetzt, während ich mit Ihnen spreche, im Zentrum - deshalb hat er auch die gestrigen, auf die Schnelle organisieren Gespräche in Wien geführt -, gemeinsam mit den drei anderen Parteien des Genfer Übereinkommens vom 17. April - Europa, die USA, Russland und die Ukraine, mit denen sowie mit der OSZE der Außenminister in den vergangenen 36 Stunden gleich mehrfach persönlich oder telefonisch Kontakt gehabt hat - eine internationale Anstrengung mit dem Ziel auf den Weg zu bringen, eine Eskalation zu verhindern und sicherzustellen, dass diese ganz entscheidende Wegmarke erreicht werden kann, nämlich dass diese Wahlen am 25. Mai irgendwie auf eine vernünftige Art und Weise abgewickelt und durchgeführt werden können.

SRSin Wirtz: Vielleicht kann ich für das Kabinett ergänzen: Auch im Kabinett hat der Bundesaußenminister noch einmal die Lage in der Ukraine dargestellt und noch einmal seiner Sorge Ausdruck verliehen, was die Lage in der Ostukraine anbelangt. Die Bundeskanzlerin hat auch noch einmal ganz deutlich gemacht, dass die Linie der Bundesregierung sehr eng abgestimmt wird und man in einem sehr engen Dialog mit dem Außenminister ist. Die eben von Herrn Schäfer angesprochenen Punkte, dass es in der Tat darum geht, inwieweit man eventuell noch einmal an dieses Treffen in Genf anknüpft, waren Thema. Darüber wurde sich, wie oft in Kabinettssitzungen, auch heute ausgetauscht.

Zusatzfrage: Mir ist eines noch nicht ganz klar. Was bedeutet "angeknüpft an Genf"? Was konkret bedeutet das? Was meinen Sie damit, wenn Sie sagen, dass an Genf angeknüpft wird? Meine Frage war ja: Muss man nicht eventuell auch noch einmal über andere Optionen nachdenken, um das Schlimmste zu verhindern, also einen Krieg in der Ostukraine? Ich meine Nachdenken in dem Fall, dass man sagt: Man beschränkt sich nicht allein darauf, das Tätigkeitsfeld auf die Ukraine einzugrenzen, sondern womöglich andere Optionen gegenüber Russland ins Auge zu fassen, um zu verhindern, dass es diesen Krieg gibt. Deshalb noch einmal die Nachfrage zu Genf und welche Optionen es vielleicht gegeben hat.

SRSin Wirtz: Sie wissen, am 17. April haben sich in Genf die Außenminister der Ukraine, der USA, Russland mit Lady Ashton getroffen und haben dort nach Lösungen gesucht, um die Lösung für den Konflikt in der Ukraine voranzutreiben. "Anknüpfen an Genf" heißt, dass man möglicherweise ein Follow-up dieses Vierertreffens organisiert. Wo welche Gespräche und in welchem Format in dieser Richtung weiter durchgeführt werden können, ist im Moment Gegenstand von intensiven Beratungen und sehr sensiblen Verhandlungen. Das meint "anknüpfen an Genf", dass man noch einmal ins Gespräch kommt und in einem solchen Rahmen über Lösungen der aktuellen Situation nachdenkt.

Schäfer: Um das ganz klarzumachen, weil Sie den ganzen Strauß von möglichen staatlichen Optionen nachgefragt hatten: Für die Bundesregierung, aber auch für andere, jedenfalls mir bekannte Partner stellt sich die Frage einer militärischen Option nicht. Ich weiß nicht, ob Sie das gemeint haben. Das ist ein ganz klarer, mit einem Ausrufezeichen versehener Satz. Solche Überlegungen gibt es nicht. Es gibt keine militärische Lösung der Krise in der Ukraine.

Der Außenminister konzentriert sich in seinen Gesprächen auf die Lage in der Ukraine. Es geht darum, irgendwie eine politische und wirtschaftliche Stabilisierung des Landes hinzubekommen. Sein Konzept dafür finden Sie, wie gesagt, vorgestern in einer großen deutschen Tageszeitung. Das ist ein Fünf-Punkte-Plan genannt worden. Ob das fünf, sieben oder neun Punkte sind, ist nicht entscheidend. Sondern es geht darum, vor Ort durch konkrete Maßnahmen, bei denen wir die OSZE ganz vorne sehen, auf Deeskalation mit dem Ziel hinzuwirken - das ist in dem Artikel des Ministers am Montag der Punkt zwei -, eine Verständigung auf die Durchführung der Präsidentschaftswahlen am 25. Mai zu erreichen.

Zusatzfrage: Ich würde gerne noch einmal nachhaken; da habe ich mich vielleicht falsch ausgedrückt. Ich meine eigentlich die Überlegung in der jetzigen Situation, ob man, wo wir vor einem Bürgerkrieg in der Ukraine stehen, von wem auch immer von außen befeuert, nicht auch andere Optionen hätten, gerade wenn man das Vierer-Format anspricht, zu sagen: Wir müssen vielleicht gerade, was die Russen angeht - man sagt ja jeden Tag, dass sie sich nicht gut verhalten, dass sie gegen die Abmachungen von Genf verstoßen -, auch noch andere Optionen gegenüber Russland bei so einem Vierer-Treffen verhandeln, und zwar Optionen auf anderen Politikfeldern, um einfach die russische Seite ein Stückchen weiter aus diesem Konflikt herauszuziehen. Das war der Hintergrund meiner Frage.

SRSin Wirtz: Wie Sie wissen, gibt es verschiedene Wege, sich diesem Konflikt in der Ukraine zu nähern beziehungsweise zu versuchen, eine Lösung zu finden. Es ist einmal so, dass es diesen Beschluss der Staats- und Regierungschefs vom 6. März gibt, wo die Möglichkeit eines Drei-Stufen-Plans angerissen wird beziehungsweise wir sind bereits auf der zweiten Stufe. Es gibt natürlich weiterhin Bestrebungen auf allen verschiedenen Ebenen, auch mit den Russen ins Gespräch zu kommen. Sie wissen, dass auch die Kanzlerin regelmäßig mit Präsident Putin telefoniert, spricht und über diese Schiene versucht, diesen Konflikt zu deeskalieren. Gleichzeitig geht es auch darum, in der Ukraine selbst für eine gewisse Stabilität zu sorgen, damit diese Wahlen am 25. Mai durchgeführt werden können.

Das sind im Moment die Vorgehensweisen der deutschen Bundesregierung, die sie in Abstimmung mit den europäischen Partnern weiterentwickelt. Das sind im Moment die Wege, um diese Krise möglichst schnell zu beenden.

Frage : Herr Schäfer, muss die Präsidentenwahl am 25. Mai im gesamten Land stattfinden, damit sie als legitim und gültig vom Westen und auch von Deutschland anerkannt wird, oder reicht es, wenn sie sozusagen nur in einigen Teilen der Ukraine stattfindet?

Schäfer: Es sind bereits von ODIHR, der zuständigen Institution unter dem Dach der OSZE, 100 Langzeitbeobachter im Land, darunter zahlreiche Deutsche. Der Plan ist, dass zu den Wahlen am 25. Mai weitere 900 von der OSZE entsandte und ausgewählte Beobachter ins Land kommen werden. Ich lese von Ideen vieler Staaten - was unter anderem Kanada angeht, habe ich die Zahl 500 gelesen, bei den USA hieß es 2.000 -, dass die Absicht besteht, aus Anlass der Präsidentschaftswahlen und zur Beobachtung der Präsidentschaftswahlen am 25. Mai Beobachter in die Ukraine zu entsenden. Diese - man kann es fast so sagen - Heerscharen von Wahlbeobachtern wollen, sollen und werden hoffentlich auch sicherstellen, dass die Durchführung der Wahlen wirklich intensiv und aus der Nähe gewissermaßen in jedem Wahlbüro des Landes beobachtet werden kann. Ob dann diese Wahlen den Grundsätzen der OSZE, unseren demokratischen Prinzipien entsprechen, werden wir dann in den Tagen nach der Wahl sehen, wenn die Informationen der ganzen Wahlbeobachter zusammengetragen und zu einem Urteil der OSZE zusammengeschmolzen werden, das unter dem Strich lauten wird: Diese Wahlen haben demokratische Grundsätzen genügt oder eben nicht.

Das wird bei unserer Bewertung der Wahlen in der Ukraine ein ganz wichtiger Faktor sein. Es macht überhaupt keinen Sinn, wie das zum Teil bereits in Moskau geschehen ist, zu sagen: Was auch immer da passiert, ist für uns illegitim. Sondern Wahlen beurteilt man dann, wenn sie stattgefunden haben und erlaubt sich dann ein sachkundiges, auf konkreten, objektivierbaren, von Neutralen durchgeführten Beobachtern. Genauso werden wir es hier auch handhaben.

Die Frage, in welchen Regionen, Bezirken, Oblasten, Städten, Gemeinden des Landes diese Wahl stattgefunden hat - das war Ihre Frage, Herr Riecker -, kann man ja im Vorfeld überhaupt nicht beantworten. Wenn es uns gelingen sollte, alle Parteien der Genfer Vereinbarung einschließlich Russlands dazu zu bringen, sich positiv zu der Durchführung dieser Wahlen einzulassen, dann wäre das schon einmal ein wichtiger Schritt vorwärts. Dann müssen wir abwarten, wie das in der ganzen Länge und Breite des Landes tatsächlich am 25. Mai durchgeführt wird. Ich weiß nicht, ob Sie diese Frage schon am 26. Mai stellen können, weil dann die OSZE wirklich die Beine in die Hand nehmen müsste. Spätestens am 28. Mai würde dann, glaube ich, hier jemand aus der Bundesregierung bereit sein, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zu geben.

Frage: Der russische Präsident lässt bekanntermaßen am 9. Mai eine Militärparade auf der Krim abhalten. Das hat die Kanzlerin gestern etwas lapidar als "schade" bezeichnet. Könnten Sie etwas ausführlicher sagen, wie Sie eigentlich diese Militärparade bewerten, welche Bedeutung sie für diesen ganzen Ukraine-Konflikt hat?

Zweitens. Gab es seitens der Bundesregierung eigentlich einmal einen ernsthaften Versuch, Herrn Putin von diesen Plänen abzubringen, eine solche Parade abzuhalten? Das ist ja im Grunde genommen ein unglaublicher Affront gegenüber der Ukraine, gerade vor dem Hintergrund der Bemühungen um eine Wahl.

SRSin Wirtz: Die Militärparade für den 9. Mai, die Sie ansprechen, ist bislang noch nicht vom Kreml bestätigt worden. Es gibt Gerüchte, dass es eine solche Militärparade geben soll, an der auch Putin teilnimmt. Aber bislang kann ich solche Pläne nicht bestätigen, weil es bislang nur Gerüchte sind.

Ansonsten kann ich dem, was die Bundeskanzlerin dazu gestern selbst in der Pressekonferenz auch schon gesagt hat, im Grunde nichts hinzufügen. Sie bedauert, dass dieser Tag möglicherweise entsprechend genutzt wird und (weist daraufhin), dass man gerade natürlich in einer solch aufgeheizten Situation, wie sie derzeit in der Ostukraine besteht, besonders sensibel mit solchen Gedenktagen umgehen muss. Wie gesagt, bislang ist dieser Termin vom Kreml noch nicht bestätigt.

Zusatzfrage: Gab es Versuche, zumindest die Planung für diese Militärparade im Vorfeld zu stoppen, oder war das jetzt in den Gesprächen kein Thema?

SRSin Wirtz: Die Bundeskanzlerin ist im stetigen Kontakt mit Herrn Putin, hat immer wieder Telefonate geführt, zuletzt am vergangenen Sonntag. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ins Gespräch zu gehen. Allerdings kann ich nicht darauf Bezug nehmen, was genau dabei besprochen wird. Sie wissen, sie sind im Gespräch.

Frage: Ich würde gerne noch einmal einen Schritt zurückgehen, und zwar zur Neuausrichtung des Verhältnisses zu Russland. Der Nato-Oberkommandeur Breedlove hält es für erwägenswert, in osteuropäischen Nato-Ländern dauerhafte Nato-Truppenpräsenzen aufzubauen. Welche Haltung nimmt die Bundesregierung in dieser Debatte ein?

Schäfer: Ich glaube, die Haltung ist Ihnen bekannt. Die Bundesregierung hat sich bei den Beratungen in der Nato, die von Anfang bis Mitte April geführt worden sind - unter anderem auf einem Außenministertreffen der Nato in Brüssel -, im Geleitzug mit allen anderen 27 Partnern in der Nato darauf verständigt, dass wir als Reaktion auf die aktuelle Lage Routinemaßnahmen an der Ostgrenze der Nato und in den Staaten, die an dieser Ostgrenze liegen, verstärken würden. Ihnen dürfte bekannt sein, in welcher Weise die Bundesregierung sich daran beteiligt. Das geschieht etwa durch die Beteiligung deutscher Soldaten an zusätzlichen AWACS-Aufklärungsflügen auf Nato-Territorium, aber an der östlichen Grenze. Das betrifft auch die Bereitschaft der Bundesregierung, zusätzliche Flugzeuge der Luftwaffe für Flüge in den baltischen Staaten bereitzustellen. Es gibt darüber hinaus die Bereitschaft der Bundesregierung, sich im Nato-Verband schon in Kürze mit einem Schiff und mit Personal in der Ostsee an gewissen Manövern und Operationen zu beteiligen. Das steht bis heute.

Alles Weitere ist nicht Gegenstand öffentlicher Debatten, sondern soll und müsste im Kreis der Nato-Partner, und zwar der politisch Verantwortlichen, besprochen werden. Daran beteiligt sich die Bundesregierung selbstverständlich, aber nicht coram publico auf Zuruf auf einen O-Ton, den Sie in einer Agentur wiederfinden.

Frage: Es soll vom 22. bis 24. Mai in St. Petersburg ein Wirtschaftsforum stattfinden, zu dem auch Wirtschaftsführer aus Deutschland eingeladen sind. Ich wollte fragen, ob die Bundesregierung eine Empfehlung an die Wirtschaft hat, ob man unter den derzeitigen Umständen daran teilnehmen sollte.

Zweitens. Es gibt Behauptungen, wonach Operationen im Osten und im Süden der Ukraine unmittelbar von hochrangigen russischen Politikern gesteuert werden. Das hat Herr Schockenhoff gerade eben behauptet. Wie sieht das die Bundesregierung?

SRSin Wirtz: Vielleicht zunächst zu den Empfehlungen: Von einer solchen Empfehlung ist mir jedenfalls nichts bekannt.

Schäfer: An dieser Stelle ist schon mehrfach gesagt worden, dass es Anzeichen dafür gibt, dass aus Russland in bestimmter Weise Einfluss auf manche Entwicklungen in der Ukraine genommen wird. Das, was ich heute Morgen in Agenturen an konkreten Angaben gelesen habe, kann ich nicht bestätigen. Wenn es darum ginge, es bestätigt zu bekommen, zumal von Geheimdienstquellen die Rede ist, fürchte ich, dass ich Sie auf die übliche Sprache verweisen muss, nämlich dass solche Sachen sicher nicht in der Öffentlichkeit, sondern in dafür vorgesehenen Gremien zu besprechen wären.

Frage: Herr Schäfer, ein Fünftel der Bevölkerung auf der Krim gehört zu der tatarischen Minderheit. Sind die Tataren für die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine? Welche Kontakte hat die Bundesregierung zu dieser Minderheit?

Schäfer: Die Meinung der Krimtataren sollten Sie nicht hier bei uns, sondern bei den Krimtataren abfragen. Deshalb verstehe ich nicht ganz, weshalb Sie mir diese Frage stellen.

Wir haben - dazu hat sich das Auswärtige Amt bereits eingelassen - mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass einem jahrzehntelangen Anführer der Krimtataren - jemand, der jahrzehntelang in Zentralasien zugebracht hat, weil er gemeinsam mit allen anderen Krimtataren, im Übrigen auch mit den Deutschen, die während des Zweiten Weltkriegs auf der Krim gelebt haben, von Stalins Sowjetunion vertrieben wurde - die Rückkehr verwehrt wurde. Herr Dschemilew hat - genau wie viele andere Krimtataren - erst Mitte der 80er-Jahre die Möglichkeit erhalten, in das angestammte Heimatland seiner Vorfahren zurückzukehren. Das hat er - wie viele Zehntausend andere Krimtataren - in den 80er-Jahren und Anfang der 90er-Jahre getan. Diese Menschen betrachten die Krim als ihre Heimat. Dass man jemandem wie Herrn Dschemilew die Rückkehr in die von ihm wahrgenommene Heimat verwehrt, indem man ihm für fünf Jahre die Rückreise auf die Krim verwehrt, haben wir schon kommentiert und mit großer Sorge vernommen. Ansonsten, glaube ich, ist die Haltung vieler Krimtataren klar. Es ist jetzt aber nicht an uns oder an mir, Ihnen die Haltung der Krimtataren zu den Ereignissen der letzten Monate klar zu machen.

Natürlich gehört es zu den Aufgaben einer deutschen Auslandsvertretung, dass mit allen gesellschaftlichen Gruppen in einem Land Kontakte gepflegt und Austausch unterhalten wird. Deshalb hab es von unserer Botschaft in Kiew auch regelmäßige und ständige Kontakte zu Vertretern dieser wichtigen Gruppe der Ukraine, nämlich der Krimtataren, gegeben, und es gibt sie auch weiter.

Vorsitzender Mayntz: Gibt es noch Fragen zur Ukraine? - Dann steigen wir noch einmal in das Thema deutsch-polnisches Polizeiabkommen ein.

Dr. Dimroth: Vielen Dank. - Auch wenn der fragende Kollege den Saal schon verlassen hat, noch eine Ergänzung zu dem deutsch-polnischen Polizeiabkommen: Dieses Abkommen - das nach derzeitigem Planungsstand im Übrigen schon am 15. Mai im Beisein der beiden Innenminister, also auch des Bundesinnenministers, paraphiert werden soll - enthält keine Vereinbarung für ein neues technisches System zum Informationsaustausch. Derselbe findet auf Grundlage der bestehenden EU-Regelungen statt und findet eben keine Neuregelung in diesem deutsch-polnischen Polizeiabkommen.

Frage: Eine Frage zu Siemens und Alstom an die Bundesregierung und das Bundeswirtschaftsministerium: Es gibt ja am Freitag ein Treffen von Merkel und Hollande, und Herr Gabriel trifft seinen französischen Amtskollegen. Wird da der mögliche Zusammenschluss von Siemens und Alstom beziehungsweise die Gespräche, die es darüber gibt, auch Thema sein? Falls ja: Mit welchen Zielen gehen die Kanzlerin beziehungsweise der Wirtschaftsminister in diese Gespräche?

SRSin Wirtz: Ich kann für die Bundeskanzlerin sagen, dass richtig ist, dass sie Herrn Hollande am Wochenende trifft. Was die beiden da besprechen werden, werden wir allerdings abwarten müssen; wir können allenfalls hinterher etwas dazu sagen, nicht vorher.

Rouenhoff: Das kann ich nicht ergänzen.

Zusatzfrage GARVERT: Dann versuche ich es noch mit einer Nachfrage: Gibt es denn Bedenken aufseiten der Bundesregierung und auch des Wirtschaftsministeriums, was so einen Zusammenschluss zum Beispiel in der Zugsparte angeht? Dadurch würde ja möglicherweise die Situation entstehen, dass es nur noch einen einzigen Hersteller von Hochgeschwindigkeitszügen in Europa gäbe, was ja kartellrechtlich durchaus bedenklich ist. Man könnte auch sagen: Wenn die Eisenbahnproduktion dann nach Frankreich geht, bedeutet das hier einen Arbeitsplatzverlust. Haben Sie dazu eine Haltung?

Rouenhoff: Dazu kann ich noch einmal das wiederholen, was wir hier auch schon in der vergangenen Woche in der Regierungspressekonferenz gesagt haben, nämlich dass die Fragen, die gegenwärtig diskutiert werden, in erster Linie natürlich unternehmerische Entscheidungen sind. Wie später vielleicht ein möglicher Zusammenschluss aussehen könnte, ist jetzt Spekulation. Deswegen ist jetzt natürlich auch noch schwer zu beurteilen, wie das unter kartellrechtlichen Voraussetzungen zu sehen ist.

SRSin Wirtz: Dem schließe ich mich an: unternehmerische Entscheidung.

Frage: Es gibt offenbar den Wunsch von Herrn Kaeser, sich mit der Bundeskanzlerin auch über den Siemens-Alstom-Deal zu unterhalten. Hat es da schon ein Treffen gegeben, und falls ja, mit welchem Ausgang?

SRSin Wirtz: Richtig ist, dass es diesen Wunsch von Herrn Kaeser gab, mit der Bundeskanzlerin zu sprechen. Die beiden haben auf diesen Wunsch hin auch miteinander telefoniert, dieses Telefonat ist also bereits erfolgt.

Frage: Vielleicht können Sie noch einmal ganz grundsätzlich die Haltung der Bundesregierung zu diesem Geschäft, das dann möglicherweise ansteht, knapp zusammenfassen. Finden Sie, das ist eine gute Sache, oder raten Sie davon ab? Frankreich betreibt da ja durchaus eine sehr aktive Industriepolitik, Sie sind da aber sehr zurückhaltend.

Rouenhoff: Vonseiten des Wirtschaftsministeriums kann ich sagen, dass eine mögliche Teilübernahme natürlich auch vor dem industriepolitischen Hintergrund zu sehen ist und das natürlich auch industriepolitische Möglichkeiten eröffnet. Aber wie auch schon vorhin gesagt, handelt es sich hier in erster Linie um eine unternehmerische Entscheidung. Das ist die Auffassung des Wirtschaftsministeriums.

SRSin Wirtz: Für die Bundesregierung kann ich dem nichts hinzufügen. Es ist eine unternehmerische Entscheidung, die wir nicht als Regierung kommentieren.

Frage: Ich fürchte, ich bekomme dieselbe Antwort: Gilt das auch für den heute bekanntgegebenen Umbau von Siemens, durch den ja immerhin ein entscheidendes Geschäftsfeld in die Vereinigten Staaten verlegt wird?

Rouenhoff: Ich kann mich nur wiederholen: Auch dabei handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung, die wir nicht kommentieren.

Frage : Ich möchte noch einmal zu dem Treffen der Bundeskanzlerin mit Herrn Hollande am Freitag nachfragen: Das Verhältnis zwischen den beiden war ja anfangs nicht so gut; immerhin hat die Kanzlerin ja Wahlkampf für seinen Konkurrenten gemacht. Können Sie einfach noch einmal ein bisschen allgemeiner etwas zur Bedeutung dieses Besuches sagen? Ist das jetzt der Versuch, dass die beiden irgendwie auch persönlich besser auskommen, oder ist das schon das Zeichen, dass sie besser miteinander auskommen? Wo stehen die da gerade? Das ist ja als ein persönliches Treffen markiert.

Davon, dass bei diesem Treffen auch über die Ukraine gesprochen wird, kann man ja eigentlich ausgehen. Wird möglicherweise auch über das Thema Sanktionen gesprochen?

Gibt es dazu möglicherweise auch eine Presseunterrichtung? Im Moment ist immer nur von Pressestatements die Rede; aber wenn da vielleicht doch etwas entschieden wird, wäre es ja interessant, das zu hören.

SRSin Wirtz: Zunächst einmal zur Interpretation dieses Besuches beziehungsweise zu der Frage, was das für die Beziehungen zwischen den beiden heißt: Diese Interpretation beziehungsweise was Sie aus diesem Treffen schließen, muss ich Ihnen überlassen. Richtig ist, dass die Bundeskanzlerin regelmäßig durchaus auch Spitzenpolitiker in ihren Wahlkreis einlädt. Sie hatte auch schon Besuch von Bush in Stralsund; Juncker war auch schon dort. Insofern ist es nichts Außergewöhnliches, dass sie auch Staats- und Regierungschefs oder bedeutende Persönlichkeiten vor Ort in ihrem Wahlkreis trifft.

Was die Agenda für dieses Treffen anbelangt: Die beiden werden während ihres Zusammentreffens selbstverständlich die Möglichkeit haben, über aktuelle Themen zu sprechen. Um zu erfahren, über was genau sie sprechen, müssen wir den Besuch tatsächlich abwarten.

Zu Ihrer letzten Frage: Ja, geplant sind derzeit Pressestatements; das heißt, zu Beginn und zum Abschluss dieses Besuches wird es Pressestatements geben.

Zusatzfrage: Das heißt, man hat keine Möglichkeit, irgendeine Frage zu stellen?

SRSin Wirtz: Das ist derzeit der Stand der Planungen.

Zusatzfrage: Ist das sozusagen ein Geheimtreffen, oder warum darf die Öffentlichkeit nichts über die Gespräche erfahren?

SRSin Wirtz: Wenn das ein Geheimtreffen wäre, dann hätten wir es verdammt schlecht geheim gehalten, denn ich habe es hier schon am Freitag verkündet.

Zusatz: Nein, das geht ja jetzt gar nicht.

SRSin Wirtz: Okay, das geht jetzt gar nicht mehr. - Nein, das ist kein Geheimtreffen, deshalb werden die beiden auch diese Pressestatements machen. Es ist einfach nur so, dass es nach derzeitigem Stand der Dinge einfach Pressestatements gibt. Das hat vermutlich auch mit dem engen Zeitplan zu tun. Von einem Geheimtreffen kann aber, glaube ich, wirklich nicht die Rede sein, wenn ich es hier in der Regierungspressekonferenz angekündigt habe.

Vorsitzender Mayntz: Aber wenn das der Stand der Dinge ist, dann können wir vielleicht erwarten, dass die Bundesregierung auch darüber nachdenkt, eventuell Fragen zu ermöglichen?

SRSin Wirtz: Nachdenken kann man immer über viele Dinge, ja.

Vorsitzender Mayntz: Gut.

Frage: Frau Wirtz, noch einmal ganz kurz zurück zu Siemens und Alstom: Wenn es sich bei dem möglichen Zusammenschluss um eine rein unternehmerische Angelegenheit handelt, gehe ich dann recht in der Annahme, dass das Telefongespräch zwischen der Frau Bundeskanzlerin und Herrn Kaeser sehr, sehr kurz gewesen ist? Denn dann muss es da seitens der Bundesregierung ja nichts zu besprechen gegeben haben.

SRSin Wirtz: Wie ich eben schon deutlich gemacht habe, hatte Herr Kaeser den Wunsch zu einem Gespräch mit der Kanzlerin, und die Kanzlerin ist diesem Wunsch nachgekommen. Ich kann Ihnen weder zum Inhalt noch zur Länge dieses Telefonats etwas sagen.

Zusatzfrage: Können Sie denn sagen, ob dieses Thema auf der informellen Tagesordnung des Treffens mit Herrn Hollande eine Rolle spielen könnte?

SRSin Wirtz: Wie ich eben gegenüber Herrn Delfs schon gesagt habe: Die beiden verbringen einige Stunden miteinander und werden die Möglichkeit haben, über aktuelle Themen zu sprechen. Die Beurteilung, was aktuelle Themen sind, überlasse ich auch Ihnen. Alstom ist ein Thema, das in der Diskussion ist, aber ich kann Ihnen nicht definitiv sagen, ob die beiden darüber sprechen werden oder nicht; das müssen wir den beiden überlassen. Dazu werden wir erst im Anschluss - also im Zweifel in der Regierungspressekonferenz am nächsten Montag - Stellung nehmen können.

Frage: An das Wirtschaftsministerium: Sie wollen ja in Sachen Rüstungsexporten ein bisschen mehr Transparenz ermöglichen. Vielleicht können Sie das in diesem Fall schon tun: Das "Handelsblatt" berichtet heute darüber, dass zwei Rüstungsgeschäfte nach Katar und Saudi-Arabien - da geht es um Zieloptik und Aufklärungsfahrzeuge - im Bundessicherheitsrat von Minister Gabriel gestoppt worden seien oder gestoppt werden. Können Sie das bestätigen?

Aus der Wirtschaft kommt Kritik, dass das den Wirtschaftsstandort Deutschland schädigen würde. Eine Rüstungsfirma sagt, dadurch seien auch weitere Geschäfte in Gefahr. Was sagen Sie dazu?

Rouenhoff: Zunächst einmal sage ich dazu, dass Sie sicherlich wissen, dass sowohl die Zeitpunkte, wann der Bundessicherheitsrat tagt, als auch die Inhalte, die bei Tagungen des Bundessicherheitsrats besprochen werden, der Geheimhaltung unterliegen. Ich kann aber grundsätzlich noch ein bisschen zur Rüstungsexportpolitik allgemein ausführen.

Wir verfolgen ja als Bundesregierung eine zurückhaltende Rüstungsexportpolitik. Über Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Rahmen einer engen Abstimmung der beteiligten Ressorts jeweils im Einzelfall auf Grundlage der politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern und auf Grundlage des gemeinsamen Standpunkts des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern. Die Bundesregierung prüft jeden Einzelfall natürlich sehr gründlich auch vor dem Hintergrund der Lage in der Region und dem betroffenen Land. Das betrifft natürlich auch die Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region sowie auch Fragen von Menschenrechten. Das sind die Leitlinien für unsere Entscheidungen bei Ausfuhrgenehmigungen, also die Leitlinien unserer Rüstungsexportpolitik.

Hinsichtlich der Kritik seitens der Rüstungsindustrie kann ich nur soviel sagen: Der Koalitionsvertrag besagt auf Seite 178, dass Deutschland "ein elementares Interesse an einer innovativen, leistungs- und wettbewerbsfähigen nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie" hat. Exporte sind damit auch ein Instrument zum Erhalt von Schlüsseltechnologien und industrieller Fähigkeit in der Verteidigungswirtschaft. Klar ist aber auch - wie ich das gerade schon gesagt habe -, dass die Bundesregierung Entscheidungen über Ausfuhrgenehmigungen sehr gründlich vor dem Hintergrund der Lage in der jeweiligen Region prüft und dabei auch Menschenrechtsaspekte sowie die Frage von Frieden und Sicherheit in der Region mit berücksichtigen muss und wird.

Frage: Meldet sich die einschlägige Rüstungsindustrie eigentlich auch einmal direkt bei der Bundesregierung oder beim Bundeswirtschaftsminister, um nachzufragen, wie es aussieht, oder gibt es die Kritik immer nur über das "Handelsblatt"?

Der Bundeswirtschaftsminister hat, glaube ich, in der letzten Woche gesagt, der Bundessicherheitsrat habe dieses Jahr noch gar nicht getagt. Ich nehme einmal an, diese Aussage gilt auch heute noch?

Rouenhoff: Zum letzten Punkt: Wie gesagt, ich kann nichts zu Zeitpunkten von Sitzungen des Bundessicherheitsrats sagen, weil das Gremium der Geheimhaltung unterliegt.

Zu dem anderen Punkt: Mir ist nicht bekannt, dass das Unternehmen gezielt auf den Wirtschaftsminister zugekommen ist - dass Unternehmen der Branche gezielt auf den Minister zugekommen sind, ist mir hier an dieser Stelle im Moment nicht bekannt.

Zusatzfrage: Da Sie ja nicht nur für sich sprechen, sondern für das Wirtschaftsministerium - und das ist ja nicht geheim -: Vielleicht können Sie noch eruieren, ob es nur Ihnen nicht bekannt ist oder ob es auch dem Haus nicht bekannt ist, sprich, ob es einen Kontakt der Rüstungsindustrie oder von besonders im "Handelsblatt" klagenden Rüstungsunternehmen bei Ihnen im Hause gegeben hat? Das würde mich interessieren. Könnten Sie das bitte in Erfahrung bringen?

Rouenhoff: Wenn es dazu Informationen gibt, die wir der Öffentlichkeit zugänglich machen können, machen wir das gerne.

Frage: Ich möchte noch einmal zur Ukraine fragen: Wird es nach dem Treffen der Bundeskanzlerin mit Herrn Poroschenko eine Presseunterrichtung geben, oder wie erfahren wir, worüber beide gesprochen haben?

SRSin Wirtz: Nein, das wird kein öffentlicher Termin sein, es wird also keine Unterrichtung der Presse geben. Im Zweifel müssten Sie dazu am Freitag in der Regierungspressekonferenz noch einmal nachfragen, aber das ist sozusagen ein nicht öffentlicher Termin.

Frage: Frau Wirtz, gibt es eigentlich Kriterien, welche Präsidentschaftskandidaten von der Kanzlerin im Amt empfangen werden und welche nicht? Nach welchen Kriterien wird also ausgewählt? Ich erinnere mich an andere Präsidentschaftskandidaten, die keine Gelegenheit hatten, bei der Kanzlerin vorzusprechen; einer der ukrainischen Kandidaten hatte diese Gelegenheit schon. Nach welchen Kriterien wählt Frau Merkel also aus, wen sie als Kandidaten empfängt?

SRSin Wirtz: Ich kann Ihnen sagen, dass die Kanzlerin in der Vergangenheit durchaus auch andere führende Politiker der Ukraine getroffen hat - Klitschko, Timoschenko und Jazenjuk waren alle Gesprächspartner der Bundeskanzlerin.

Wenn Herr Poroschenko heute im Bundeskanzleramt diesen Termin hat, geht es natürlich auch darum, sich in dem Gespräch noch einmal ein Bild davon zu verschaffen, was die aktuelle Situation in der Ukraine ist. Wir haben eben lang und breit darüber gesprochen, dass die Situation in der Ukraine, in der Ostukraine, immer schwieriger wird. Insofern wird solch ein Gespräch sicherlich auch noch einmal dazu beitragen, die Lage klarer zu sehen.

Frage: Hat es Ihres Wissens nach der Freilassung von Frau Timoschenko, die ja auch hier in der Charité war, ein Treffen der Kanzlerin mit ihr gegeben?

SRSin Wirtz: Dazu kann ich Ihnen nichts sagen, das müsste ich nachreichen. Wenn es das gegeben hat, würden wir diese Information nachreichen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 7. Mai 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/05/2014-05-07-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2014