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PRESSEKONFERENZ/949: Regierungspressekonferenz vom 4. März 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 4. März 2015
Regierungspressekonferenz vom 4. März 2015

Themen: Kabinettssitzung (Ausbildungsmission in Somalia, Jahresabrüstungs-bericht 2014, Bericht zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes), Höhe des Kindergeldes, Personalien der Deutschen Bahn, Treffen von Staatssekretär Asmussen mit dem griechischen Finanzminister, Griechenland, Mord an Boris Nemzow, Ukraine, Transporthubschrauber NH90, Grippewelle, Medienbericht über mögliche Übernahme des Amtes des Bundespräsidenten durch Bundesaußenminister Steinmeier, Mindestlohn für ausländische Autofahrer, gestrige Rede des israelischen Ministerpräsidenten im US-Kongress, Verbot von Markenlogos auf Zigarettenschachteln in Irland

Sprecher: SRS'in Wirtz, Jäger (BMF), Herb (BMFSFJ), Strater (BMVI), Dünow (BMWi), Küchen (BMAS), Schäfer (AA), Roth (BMVg), Angeli (BMG)


Vors. Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Wirtz sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Wirtz: Ich habe Ihnen drei Themen mitgebracht, die heute im Kabinett besprochen und beschlossen wurden.

Zum einen geht es um die Ausbildungsmission in Somalia: Heute wurde eine weitere Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dieser Mission beschlossen. Die Lage in Somalia ist nach wie vor schwierig, sie ist weiterhin fragil - vor allem auch an der strategisch wichtigen Position am Horn von Afrika. Die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse der Bevölkerung sind weiterhin schwierig. Außerdem ist auch die Bedrohung durch die Terrororganisation Al-Shabaab weiterhin ein Problem für die lokale Sicherheit.

Es fehlen staatliche Strukturen, die sich nur ganz langsam entwickeln. Deshalb ist es nach wie vor notwendig, dass die internationale Gemeinschaft die somalische Regierung unterstützt, insbesondere im Vorfeld der Parlamentswahlen, die für 2016 vorgesehen sind. Dabei war es immer klar, dass die Bundesregierung einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, das heißt, es geht darum, sowohl außen- wie sicherheits- und entwicklungspolitische Aspekte zu berücksichtigen, wenn es um die Unterstützung von Somalia geht.

Heute hat das Kabinett nun die Weiterführung der Ausbildungsmission beschlossen. Sie leistet einen weiteren Beitrag dazu, somalische Streitkräfte auszubilden und Sicherheitsstrukturen vor Ort aufzubauen. Das Mandat sieht konkret vor, dass 20 deutsche Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden, und zwar längstens bis zum 31. März 2016. Dieser Beschluss des Kabinetts steht wie immer unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Deutschen Bundestages.

Darüber hinaus hat das Bundeskabinett heute den Jahresabrüstungsbericht 2014 beschlossen. Es ist so, dass wir im vergangenen Jahr hier an dieser Stelle oft über die außenpolitischen Krisen gesprochen haben; vor diesem Hintergrund enthält der Bericht auch einige erfreuliche positive Entwicklungen. Ich möchte drei Punkte herausgreifen.

Erstens: das Inkrafttreten des internationalen Vertrages über den Waffenhandel am 24. Dezember 2014. In diesem Vertrag werden weltweit einheitliche Standards für Waffenexporte definiert. Deutschland hat diesen Vertrag bereits Mitte 2013 unterzeichnet. Seit Anfang 2014 wird er angewendet.

Zweitens führt der Jahresabrüstungsbericht 2014 die Vernichtung der deklarierten syrischen Chemiewaffen an. Syrien hat, wie Sie wissen, seine Chemiewaffenbestände von 1.300 Tonnen der internationalen Gemeinschaft zur Vernichtung übergeben. Deutschland leistet einen substanziellen Beitrag, damit diese Waffen vernichtet werden können.

Drittens sind im Jahresabrüstungsbericht die Verhandlungen über die Lösung des Streites um das iranische Nuklearprogramm aufgeführt. Auch diese verlaufen grundsätzlich konstruktiv. In diesem Zusammenhang steht die Bundesregierung in einem intensiven Kontakt mit ihren Partnern und ist um eine umfassende Lösung bemüht.

Der vollständige Bericht wird im Internetangebot des Auswärtigen Amts abzurufen sein und wird demnächst auch als Broschüre vorliegen.

Damit komme ich zu einem dritten Thema, das heute im Kabinett eine Rolle gespielt hat, und zwar dem Bericht zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes. Ein wichtiges Thema: die Kinderbetreuung in Deutschland. Seit August 2013 gibt es einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr. Um den Stand dieses Betreuungsangebotes evaluieren und prüfen zu können, hat das Kabinett heute ebendiesen Bericht beschlossen - es ist bereits der fünfte Bericht zur Evaluation. Er bilanziert die Auswirkungen des Ausbaus durch das Kinderförderungsgesetz.

Ein Punkt, den der Bericht ganz ausdrücklich hervorhebt, ist, dass der massive Ausbau der vergangenen Jahre nicht dazu führt, dass die Qualität der Kinderbetreuung schlechter würde, was ein wichtiges Zeichen für die Bundesregierung ist.

Ich will Ihnen noch einige Zahlen dazu mitteilen: Am 1. März 2014 waren 660.750 Kinder unter drei in einer Kita oder in einer Tagespflege. Das sind 300.000 Kinder mehr als noch 2008. Die Betreuungsquote ist damit von 2008 bis 2014 von 17,6 auf 32,3 Prozent gestiegen. Nichtsdestotrotz gibt es einen Bedarf für den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung, einfach weil mehr Eltern diese Betreuungsmöglichkeiten nutzen wollen: 2014 gaben 41,5 Prozent der Eltern mit Kindern unter drei Jahren an, einen Betreuungsplatz zu benötigen. Die tatsächliche Betreuungsquote lag am 1. März noch bei 32,3 Prozent. Insofern sehen Sie, dass da noch einiges zu tun ist.

Damit etwas getan werden kann, hat der Bund bereits für die Jahre 2008 bis 2014 insgesamt 5,4 Milliarden Euro als Investitions- und Betriebskosten zur Verfügung gestellt, und in 2014 dauerhaft jährlich 845 Millionen Euro als Finanzierung bereitgestellt. Um dem zusätzlichen Bedarf gerecht zu werden, wird es nunmehr ein drittes Investitionsprogramm geben. Konkret bedeutet das, dass das bestehende Sondervermögen in dieser Legislaturperiode um 550 Millionen Euro auf insgesamt 1 Milliarde Euro für Investitionen in den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahre aufgestockt wird. Außerdem erhöht der Bund für die Jahre 2017 und 2018 seine Beteiligung an den Betriebskosten um nochmals jeweils weitere 100 Millionen Euro. Insofern sehen Sie, dass da einiges getan wird, um auch die Betreuungsquoten zu erfüllen und dem Betreuungsbedarf gerecht zu werden.

So viel aus dem Kabinett von meiner Seite.

Frage: Frau Wirtz, hat denn heute Morgen im Kabinett auch schon die Entscheidung über die Kindergelderhöhung eine Rolle gespielt? Das würde sich ja anbieten. Die Familienministerin Schwesig hat heute Morgen schon öffentlich gesagt: Familien sind nicht das Sparschwein der Nation. Ist dieses Thema auch im Kabinett angesprochen worden?

SRS'in Wirtz: Nein, das war kein Thema im Kabinett. Ich kann zu diesem Thema nur sagen, dass die Gespräche weiter andauern und insofern sicherlich eine gute Lösung gefunden wird.

Frage: Herr Jäger, was ist beim Kindergeld der Stand der Dinge im Hinblick auf einen Gesetzentwurf? In der Presse wurde eine Größenordnung von 6 Euro in zwei Schritten genannt. Stimmt diese Größenordnung?

Zweitens hätte ich auch gern eine Positionierung des Familienministeriums dazu, und vor allem interessiert mich: Ist das jetzt zwischen den beiden Ministerien abgesprochen oder ist es das nicht? Ich höre da beides.

Jäger: Sie vermuten ganz richtig, dass wir, wie immer, ordentlich unsere Arbeit erledigen. Das heißt, es läuft im Augenblick die Abstimmung zwischen den beiden Häusern und in der Bundesregierung, was das Kindergeld angeht. Sie alle kennen den Hintergrund: Es gibt eine gesetzliche Verpflichtung, die Freibeträge anzuheben. Das werden wir 2015 und 2016 tun. In diesem Zusammenhang - das ist eine sehr alte Tradition - wird auch über eine Erhöhung des Kindergeldes gesprochen. Ich kann im Augenblick zu konkreten Ansätzen keine Stellung nehmen; denn wir sind ja gerade im Gespräch miteinander. Was dazu öffentlich zu hören war, scheint mir ein ganz vernünftiger Ansatz zu sein. Es ist aber noch zu früh, um sich hier jetzt in irgendeiner Weise auf eine Zahl festzulegen.

Herb: Wenn ich das noch ergänzen darf: Ich möchte Herrn Jäger beipflichten, dass die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind und es noch keine Einigung zu den familienpolitischen Leistungen gibt. Es gibt eine Verständigung darüber - das ist bekannt; das haben wir hier an dieser Stelle auch schon bekanntgegeben -, dass das BMF und das BMFSFJ bis Ende März einen gemeinsamen Vorschlag zu den familienpolitischen Leistungen unterbreiten wollen. Für den gemeinsamen Vorschlag stehen vier familienpolitische Leistungen in Rede: Das sind neben dem Kindergeld und dem Kinderfreibetrag auch der Kinderzuschlag und vor allen Dingen auch der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Aber wie gesagt, die Verhandlungen dazu laufen noch.

Zusatzfrage: Nur um es noch einmal ganz klar zu fragen: Die Beträge, die wir heute Morgen in der Zeitung gelesen haben, sind keine Beträge, denen schon erste Abstimmungen zwischen beiden Häusern vorangegangen sind und die somit als gemeinsam zu betrachten sind?

Herb: Ich werde die Zahlen, die in den Medien genannt wurden, nicht kommentieren; ich habe diese Zahlen heute Morgen auch zum ersten Mal gelesen.

Frage: Die Koalition hatte ja auch vereinbart, die finanziellen Leistungen für die Alleinerziehenden zu erhöhen. Werden Sie das auch in einem Schritt zusammen mit dem Kindergeld und dem Kinderfreibetrag erledigen, oder sind das aus der Sicht des Finanzministeriums zwei unterschiedliche Pakete?

Jäger: Wir haben, wenn Sie so wollen, vier Elemente. Die Erhöhung der Grundfreibeträge ist gesetzlich zwingend geboten. Über das Kindergeld habe ich eben gesprochen. Der KiZ und die Freibeträge für die Alleinerziehenden sind ebenso in der Diskussion, das ist richtig. In diesem Zusammenhang darf ich aber noch einmal darauf hinweisen, dass mögliche Erhöhungen natürlich gegenfinanziert sein müssen. Das gilt hier wie auch in anderen Fällen, und das ist die Basis, auf der wir die Gespräche führen.

Zusatzfrage: Wollen Sie es nun zusammen regeln oder sind das zwei getrennte Themen?

Jäger: Wir haben angekündigt, dass wir im März einen Vorschlag machen wollen. Im Idealfall würde das bedeuten, dass wir am 25. März mit einem Entwurf ins Kabinett gehen können. Das setzt aber selbstverständlich voraus, dass es bis dahin eine Einigung gibt. Welche Elemente diese Einigung umfasst, wird sich dann zeigen.

Zusatzfrage: Was heißt hier eigentlich gegenfinanziert - muss das Familienministerium das quasi finanzieren?

Jäger: Es ist üblicherweise so, dass ein Ressort, das zusätzliche Ausgaben tätigen möchte, das aus seinem eigenen Haushaltstitel gegenfinanziert.

Frage: Noch einmal eine Frage an das Familienministerium: Was will Frau Schwesig denn jetzt? Ich kann mich daran erinnern, dass wir das Thema "Kindergelderhöhung - ja oder nein?" vor einem Jahr schon einmal hatten. Da war es meines Erachtens so, dass das Familienministerium und, ich glaube, auch die Koalition sich mit einer Kindergelderhöhung von zwei/drei Euro etwas schwer taten und man gesagt hat: Bevor man sich mit so einem Almosen vor das Volk wagt, lässt man es lieber gleich und erhöht stattdessen den Kinderzuschlag für die, die es wirklich brauchen - sprich, die sozial Schwächeren.

Herb: Wenn wir eine Verständigung zu den familienpolitischen Leistungen finden, dann gehören dazu - ich habe das eben schon einmal angekündigt - die vier Leistungen, die ich genannt habe: Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag und Entlastungsbetrag für die Alleinerziehenden. Ich glaube, ich brauche nicht mehr darauf hinzuweisen, dass der Entlastungsbetrag für die Alleinerziehenden auch schon im Koalitionsvertrag verankert ist. Das ist auch das, worüber gerade die Verhandlungen geführt werden.

Frage: Frau Herb, sehen Sie es auch so, dass diese Leistungen von Ihnen gegenfinanziert werden müssen? Sie verwiesen ja gerade auf den Koalitionsvertrag. Gibt es da irgendeine Kompensation innerhalb Ihres Haushaltes oder ist das Sache der gesamten Bundesregierung?

Herb: Ich möchte darauf jetzt gar nicht weiter eingehen, einfach weil die Verhandlungen noch laufen; dem Ergebnis dieser Verhandlungen möchte ich jetzt auch nicht vorgreifen. Ich bin davon überzeugt, dass wir zu einer guten Lösung kommen werden. Wie diese Lösung letzten Endes aussehen wird, kann ich an dieser Stelle noch nicht sagen.

Zusatzfrage: Dann würde ich die Frage noch an Herrn Jäger weiterleiten: Was genau müsste gegenfinanziert werden?

Jäger: Wenn Sie zusätzliche Elemente in so ein Paket hineintun wollen - Ausgangspunkt war die Bemerkung zu den Freibeträgen und dem Kindergeld -, dann muss das natürlich auf einer soliden finanziellen Grundlage stehen. Das ist in diesem Fall aber nichts Besonderes; das ist vielmehr das Prinzip, das den Koalitionsvertrag und auch das Regierungshandeln in dieser Koalition seit Anbeginn durchzieht. Im Übrigen kann ich mich nur dem anschließen, was die Kollegin eben sagte: Wir sind im Gespräch, wie suchen eine gute Lösung, und wir sind zuversichtlich, dass wir eine solche Lösung finden werden.

Zusatzfrage: Wenn es jetzt um einen bestimmten Betrag geht, der sozusagen mit Ihrem Haus im Einklang steht: Müsste der dann gegenfinanziert werden? Wenn jetzt beispielsweise eine Rentenerhöhung vorgenommen wird, dann wird ja eine Rentenerhöhung vorgenommen, ohne dass Frau Nahles das irgendwie gegenfinanzieren müsste. Ist das beim Kindergeld anders? Sagt man: Bis vier Euro wird das aus dem Gesamthaushalt erbracht, aber wenn wir um sechs Euro erhöhen wollen, dann müssen die zwei Euro mehr vom Ministerium selber erbracht werden, oder wie muss man sich das vorstellen?

Jäger: Grundsätzlich ist es so, dass wir gesetzlich zwingend die Freibeträge erhöhen werden - das heißt, das wird dann selbstverständlich auch umgesetzt - und dass man sich dann, weil es diese politische Verknüpfung gibt - die von uns selbstverständlich anerkannt und ja auch seit vielen Jahren praktiziert wird -, auch das Kindergeld anschaut. Das muss aber natürlich abbilden, was sich aufseiten der Freibeträge entwickelt.

Frage: Eine ganz dumme Frage: Wenn man das gestrige Investitionspaket der Bundesregierung nimmt und den Teil der 3 Milliarden Euro gestrichener globaler Minderausgaben betrachtet, dann sieht man ja, dass jedes Ministerium frei verfügbare Mittel hat. Sind das Mittel, die beim Familienministerium zur Verfügung ständen, um im Rahmen dieses Paketes irgendetwas gegenzufinanzieren?

Herb: Herr Heller, das kann ich Ihnen jetzt hier an dieser Stelle nicht sagen.

Frage: Frau Wirtz, haben heute auch Personalien der Bahn im Kabinett eine Rolle gespielt? Die "WirtschaftsWoche" berichtete zum Beispiel, dass heute der Aufsichtsratsvorsitzende Felcht um weitere fünf Jahre bestätigt werden solle. Ist das heute passiert?

SRS'in Wirtz: Über Personalien ist konkret nicht gesprochen worden. Wenn das unter den Personalien verabschiedet worden sein sollte, würde ich das noch nachreichen.

Zusatzfrage: Vielleicht kann das Verkehrsministerium helfen?

Strater: Es ist im Aufsichtsrat über Personalien gesprochen worden, es wurden bestimmte Umsetzungen beschlossen - die Namen lasse ich hier jetzt einmal beiseite. Weil Sie den Herrn Felcht als Aufsichtsratsvorsitzenden angesprochen haben: Ich kann Ihnen sagen, dass Professor Felcht die volle Unterstützung des Ministers und des Ministeriums hat und dass wir ihn im Aufsichtsrat für die Position des Vorsitzenden wieder vorschlagen möchten.

Frage: An das Finanzministerium: Was hat Herrn Schäuble bewegt, sich von seinem eigenen Vorschlag, den Solidaritätszuschlag in die Einkommenssteuer zu integrieren, wegzubewegen und sich nun auf einen langfristigen Abbau einzulassen?

Zweitens: Wird Herr Schäuble in den künftigen Bund-Länder-Finanzgesprächen dieses neue Modell schon vertreten, das ja bislang, wenn ich das richtig sehe, erst einmal nur eine Absprache der Unionsspitzen ist?

Jäger: Herr Heller, ich muss mit einer Gegenfrage antworten: Was bringt Sie dazu, diese Vermutung zu äußern? Sie wissen - um damit zu beginnen -, dass wir im Augenblick Gespräche mit den Ländern führen. Es geht um die künftige Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen für die Zeit nach 2019, wenn der Solidarpakt II ausläuft - darüber haben wir uns im vergangenen Herbst schon gelegentlich unterhalten. Der Sachstand ist nun so, dass es eine Einigung oder ein Verständnis darüber gibt, dass diese Gespräche bis zum Juni dieses Jahres abgeschlossen sein sollen. Im Kontext dieser Gespräche - die ja nun offenkundig noch andauern - arbeiten wir mit verschiedenen Elementen beziehungsweise Optionen. Es ist im Augenblick noch viel zu früh, da in irgendeine Richtung eine Festlegung zu treffen.

Zusatzfrage: Es gibt ja die Berichte über eine Verständigung von Frau Merkel und Herrn Seehofer mit Herrn Schäuble über das Modell eines langfristiges Abschmelzens. Was ist das denn von der Qualität her: Ist das eine Absprache, die künftig als Koalitionsleitlinie dienen soll, ist das eine unverbindliche Vereinbarung über eine weitere Option, die man gegebenenfalls in Gesprächen mit Ländern auch wieder fallen lassen kann? Was ist das?

SRS'in Wirtz: Herr Heller, dazu kann ich Ihnen kurz etwas sagen - auch wenn der Kollege das im Grunde schon so intoniert hat, wie das sicherlich auch in der Bundesregierung insgesamt gesehen wird -: Es ist in der Tat so, dass es hierbei um erste Überlegungen geht, die nicht diese und auch nicht die nächste Legislaturperiode betreffen, sondern in weiter Zukunft sind. Diese Überlegungen fließen ein in die Bund-Länder-Verhandlungen. Ich kann sagen, dass die Bundeskanzlerin solchen Überlegungen sicherlich positiv gegenübersteht. Aber wie gesagt, das ist zunächst einmal Zukunftsmusik. Dann muss natürlich auch geklärt werden, wo welche Aufgaben dann erledigt werden und wie sie dann weiter finanziert werden. Aber wie gesagt, das sind erste Überlegungen.

Frage: Eine Frage an Frau Wirtz und Herrn Jäger zu demselben Thema: Ist das jetzt eigentlich ein Dementi der Geschichte heute, oder wie kann man das bewerten?

SRS'in Wirtz: Ob es ein Dementi ist oder nicht, müssen Sie beurteilen. Ich kann nur sagen, dass es eben Überlegungen sind, die die zukünftigen Finanzbeziehungen betreffen, und dass die Bundeskanzlerin dem durchaus positiv gegenübersteht, dass aber eben noch einiges geklärt und besprochen werden muss.

Zusatzfrage: Mit anderen Worten: Es gibt noch keine Einigung zwischen den dreien über die Zukunft des Solidaritätszuschlags?

SRS'in Wirtz: Es gibt Gespräche darüber, dass das ein möglicher Ansatz ist, den man verfolgen kann, und dass es ein positiver Ansatz ist. Es gibt aber noch keine abschließende Einigung darüber, wie man damit weiter verfahren will.

Jäger: Ich kann das nur unterstreichen. Wir müssen von den zugrundeliegenden Fakten ausgehen. Das eine Faktum ist die Tatsache, dass der Solidarpakt II auslaufen wird und dass wir deswegen die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu und dauerhaft ordnen müssen. Das andere ist die Tatsache, dass der Solidaritätsbeitrag zeitlich nicht begrenzt ist, aber - und das ist eine Auffassung, die mein Minister immer vertreten hat - natürlich auf Dauer große verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen wird; denn er ist zu einem bestimmten Zweck eingeführt worden, und deswegen ist es schon inhärent, dass man sich dann logischerweise die Frage zu stellen hat, wie lange eine solche Abgabe Bestand haben kann. Daraus ergibt sich, dass man dafür Lösungen finden muss.

Es sind verschiedene Optionen im Gespräch. Im vergangenen Herbst ist viel über die Integration des Solis in die Einkommenssteuer diskutiert worden. Was im Augenblick in den Zeitungen zu lesen ist, ist eine andere denkbare Variante. Ich kann nur noch einmal wiederholen, was ich ganz zu Beginn zu diesem Thema gesagt habe: Wir führen jetzt Gespräche, und am Ende muss es natürlich eine Lösung geben, die nicht nur von der Bundesregierung erwogen und vorgetragen wird, sondern die selbstverständlich auch die Zustimmung der Länder finden muss.

Frage: Erstens. Herr Jäger, sind damit die Überlegungen, etwas bei der kalten Progression zu tun, hinfällig, oder wie geht es da weiter?

Zweitens. Herr Dünow, der Wirtschaftsminister spricht bei dem Ganzen ja auch ein wenig mit. Was hat er denn da für eine Meinung?

Jäger: Was die Frage nach der kalten Progression angeht, so ist das eine nicht zwingend mit dem anderen verbunden. Man kann einen Zusammenhang herstellen; das ist aber, wie gesagt, aus unserer Sicht nicht zwingend erforderlich. Im Übrigen werden wir jetzt einfach ganz geduldig, aber sehr zielstrebig - denn der Juni ist nicht mehr so weit entfernt - Lösungsmöglichkeiten ausloten. Die Zahl der denkbaren Varianten ist begrenzt, und am Ende wird es darum gehen, einen politisch gangbaren und akzeptablen Weg zu finden.

Dünow: Zu Ihrer Frage, was Herr Gabriel darüber denkt: Der Bundeswirtschaftsminister verweist auf die laufenden Gespräche zwischen Bund und Ländern, und der SPD-Parteivorsitzende hat sich dazu ja schon geäußert.

Frage: Da möchte ich direkt noch einmal einhaken, Herr Dünow: Zum Beispiel in der "Bild"-Zeitung äußert sich der Vizekanzler doch in Personalunion mit dem SPD-Chef und sagt: "Nun werden wir den Soli auf Wunsch Angela Merkels und Horst Seehofers noch lange behalten, und die kalte Progression leider auch". Das klingt ja so, als wisse er eigentlich gar nicht Bescheid darüber, dass es noch gar keine Einigung gibt. Ist er da nicht eingebunden? Er stellt das in seiner Reaktion ja so dar, als gäbe es schon eine Einigung. Da müsste doch der Vizekanzler und der Bundeswirtschaftsminister als wichtiges Kabinettsmitglied über den Lauf der Dinge Bescheid wissen. Ist er da falsch informiert gewesen?

Dünow: Über die Frage von Verständigungen zwischen Herrn Seehofer, Frau Merkel und Herrn Schäuble kann ich keine Auskunft geben, wie Sie wahrscheinlich auch vermutet hatten. In der Sache hat sich der Parteivorsitzende geäußert. Es kommt ganz häufig vor, dass der Parteivorsitzende in Personalunion auch ein Regierungsamt hat, aber ich spreche hier für den Wirtschaftsminister.

Zusatzfrage: Und der Wirtschaftsminister würde sich der Äußerung des Parteivorsitzenden nach dem heutigen Tag quasi nicht mehr anschließen?

Dünow: Der Wirtschaftsminister schließt sich permanent den Äußerungen des Parteivorsitzenden an, aber der Sprecher des Wirtschaftsministers kann eben nur für den Wirtschaftsminister sprechen.

Frage: Herr Jäger, heißt das jetzt, dass die Integration des Soli in die Einkommenssteuer immer noch als eine Option, wie man mit dem Solidarzuschlag weiter umgehen könnte, auf dem Tisch liegt - trotz dieser offenkundigen Einigung auf Unionsseite zwischen Schäuble, Seehofer und Merkel? Die andere Option wäre ja das, worauf sich die anderen drei möglicherweise verständigt haben, nämlich die schrittweise Abschaffung des Soli ab 2020. Sind das sozusagen zwei konkurrierende Modelle?

Jäger: Das sind zwei denkbare Lösungsansätze. Was das erstgenannte Modell angeht: Wir führen eine laufende Diskussion, und Sie wissen, dass dieses Modell unter anderem bei einigen Ländern sehr starke Unterstützung gefunden hat. Insofern kann ich jetzt keine Aussage darüber treffen, ob es noch auf dem Tisch liegt oder nicht. Ich kann nur noch einmal wiederholen, was ich jetzt schon mehrfach gesagt habe: Es gibt verschiedene Optionen, aber wir werden natürlich - auch vor dem Hintergrund des bisherigen Gesprächsverlaufs; denn wir reden jetzt ja doch schon einige Zeit mit den Ländern und müssen eben bis Juni eine Einigung finden - auch andere Optionen ausloten müssen.

Zusatzfrage: Trotzdem noch einmal zur Sicherheit nachgefragt: Es gab den Vorschlag von Herrn Schäuble und Herrn Scholz, den Solidarzuschlag in die Einkommenssteuer zu integrieren; das war sozusagen ein gemeinsames Papier. Jetzt sagt Herr Schäuble sozusagen als Teil eines Dreierbündnisses, er könne sich auch ein Abschmelzen des Soli ab 2020 vorstellen. Mir ist das jetzt nicht ganz klar: Hat Herr Schäuble jetzt sowohl das eine wie auch das andere in petto? Welche Präferenz hat er denn?

Jäger: Nein, Sie müssen einfach sehen, dass wir jetzt ja schon seit geraumer Zeit Gespräche führen und dass es offenkundig bis dato keine Lösung gibt, wir uns aber gemeinsam vorgenommen haben, bis zum Juni eine Lösung zu finden. Das heißt, es ist unsere Pflicht, verschiedene Optionen/Szenarien auszuloten und auf dieser Basis jetzt zu versuchen, Eckpunkte einer Lösung und am Ende natürlich ein Gesamtpaket gemeinsam mit den Ländern zustande zu bringen.

Frage: Herr Jäger, bleibt es denn bei dem Grundsatz, dass, wenn der Soli abgeschafft würde, das Aufkommen trotzdem anderswo herkommen soll, sodass sich also unter dem Strich für den Steuerzahler - für alle zusammen jedenfalls - keine Entlastung ergäbe, wenn der Soli wegfiele?

Jäger: Nein, damit würden Sie jetzt das Pferd falsch herum aufzäumen. Die Ursprungsthese, die im Herbst im Raum stand, war: Sollte man darüber nachdenken, den Soli in die Einkommenssteuer zu integrieren, so wird dies nicht zu einer Mehrbelastung führen. Das war die These und die Hypothese, auf deren Grundlage da gearbeitet wurde.

Zusatzfrage: Dürften wir also aus heutiger Sicht, falls der Soli abgeschafft wird, als Steuerzahler auf eine Entlastung hoffen?

Jäger. Noch einmal: Wir sprechen hier über Modelle, über Optionsszenarien. Aber wenn man eine Abgabe abschafft, wenn auch stufenweise, dann wird das natürlich in der Konsequenz dazu führen müssen, dass am Ende dieses Prozesses die Gesamtbelastung des Steuerzahlers - zumindest auf diese Abgabe bezogen - niedriger ist. Das ist rein mathematisch so.

Zusatzfrage: Verknüpfen Sie das nicht mit der Vorstellung, das zu kompensieren, also das gegenzufinanzieren?

Jäger: Da dürfen wir jetzt bitte nicht die falschen Debatten führen. Wir sitzen in der Regierungspressekonferenz und reden über eine Zeit - Frau Wirtz hat es sehr zu Recht gesagt -, die weit über diese Legislaturperiode hinausreicht. Wie die Steuerpolitik in diesem Land um das Jahr 2020 herum ausschauen wird, kann Ihnen heute seriöserweise im Detail natürlich noch niemand sagen; denn dazwischen liegt, wenn ich es richtig sehe, mindestens eine Bundestagswahl. Insofern können wir nur über das reden, was im Augenblick auf der Tagesordnung steht, und das ist - ich wiederhole mich an dieser Stelle ganz geduldig - die Aufgabe, die uns gestellt worden ist, nämlich eine neue Lösung für die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern für die Zeit nach 2019 zu finden.

Frage : Frau Wirtz, wenn Sie sagen, die Kanzlerin stehe solchen Überlegungen positiv gegenüber, wenn ich Sie da richtig verstanden habe, wie verträgt sich das dann mit der Aussage der Kanzlerin vom Dezember, dass der Solidaritätszuschlag auch in Zukunft erhalten bleiben solle?

SRS'in Wirtz: Wir haben ja jetzt hinlänglich ausgeführt, dass diese Gespräche im Fluss sind und dass nach verschiedenen Möglichkeiten gesucht wird, zu schauen, wie man nach 2019 mit dem Soli umgeht. Diese Überlegungen, die ja gerade ausgeführt worden sind und die Herr Jäger auch ausgeführt hat, werden im Rahmen dieser Bund-Länder-Gespräche angestellt. Die Kanzlerin hat da eine gewisse Offenheit signalisiert. Das heißt ja noch nicht, dass Entscheidungen gefallen sind, aber es gibt eine gewisse Offenheit, die sie signalisiert hat.

Zusatzfrage: Diese Äußerung fiel nach dem Gespräch mit den Länder-Ministerpräsidenten am 11. Dezember. Das klang damals wie ein Versprechen. Man war sich einig; die Ministerpräsidenten haben es damals laut Protokoll auch so gesagt. Rudert die Kanzlerin da jetzt wieder zurück?

SRS'in Wirtz: Nein. Ich kann hier nur noch einmal sagen: Das Ganze muss doch in einem Gesamtkontext betrachtet werden. Der Gesamtkontext heißt "Bund-Länder-Gespräche über die künftigen Finanzen", also über die Verteilung der künftigen Finanzen und die Frage, wer welche Aufgaben wahrnimmt. In diesem Zusammenhang gibt es diese Überlegungen dazu, wie weiter mit dem Solidaritätszuschlag umgegangen werden wird. Das wird natürlich auch alles mit den Ländern im Rahmen dieser Gespräche abgestimmt werden müssen. Insofern ist das ein Prozess, der noch andauert. Es muss in den Gesprächen natürlich, wie gesagt - aber das haben wir hier ja eben auch schon ausgeführt -, auch eine Bereitschaft der Länder vorhanden sein.

Frage: Frau Wirtz, ich würde gerne direkt an das anschließen, wonach der Kollege gerade gefragt hat, und zwar würde ich mich gerne auf den 6. Dezember kaprizieren, auf das wichtigste Verlautbarungsorgan der Bundeskanzlerin, nämlich ihren Video-Podcast, in dem sie gesagt hat, dass man auch nach Auslaufen des Solis im Jahr 2019 auf die Einnahmen angewiesen sein werde. "Man kann darauf nicht verzichten", war, glaube ich, die wörtliche Formulierung. Gilt dieser Satz noch oder nicht?

SRS'in Wirtz: Also noch einmal: Das Ganze ist ja ein Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Diese Überlegungen, die angestellt werden, haben sozusagen einen Kern, dem die Bundeskanzlerin positiv gegenübersteht. Aber natürlich muss das ganze Konzept insgesamt stimmen, und das wird ja derzeit diskutiert.

Zusatzfrage: Aber die Äußerung der Bundeskanzlerin bezog sich damals doch schlicht und einfach auf den Soli und ihre Äußerung, dass der nach 2019 immer noch gebraucht werde. Gilt das noch, oder gilt das nicht mehr?

SRS'in Wirtz: Den Überlegungen, die es jetzt im Gesamtkontext der Bund-Länder-Finanzen für das Jahr 2019 ff. gibt - 2020, 2021; darüber sprechen wir ja - und nach denen der Soli wegfallen könnte, steht sie positiv gegenüber. Aber das muss sozusagen in einen Gesamtrahmen eingepasst sein, der die Bund-Länder-Beziehungen zu diesem Zeitpunkt beschreibt.

Zusatzfrage: Die Äußerung der Bundeskanzlerin fiel damals unabhängig von jedweden Überlegungen zur künftigen Bund-Länder-Finanzierung und bezog sich nur darauf, dass die Einnahmen aus dem Soli auch 2019 weiterhin gebraucht werden würden. Da würde mich interessieren: Gilt das noch oder nicht?

SRS'in Wirtz: Man muss sich ja, denke ich, auch die Gesamtsituation anschauen. Es ist ja so, dass die Wirtschaft derzeit in einer positiven Verfassung ist. Die Beschäftigungszahlen sind positiv. Damit sind die Steuereinnahmen auch positiv. Das heißt, es gibt ja durchaus auch finanzielle Spielräume, die sich eröffnet haben oder eröffnen. Diese Spielräume nutzt die Bundesregierung, beispielsweise durch das Investitionsprogramm, das am Montag beschlossen und auch vorgestellt worden ist, also diese 10 Milliarden Euro, die in verschiedenen Bereichen für zusätzliche Investitionen und für finanzschwache Kommunen aufgebracht werden. Es gibt also Spielräume, die genutzt werden. In diesem Zusammenhang muss man sicherlich auch sehen, dass die Bund-Länder-Finanzbeziehungen vor diesem Hintergrund geklärt werden, dass dabei eben auch über die zukünftigen Fragen diskutiert wird, dass das aber immer im Rahmen eines Gesamtkonzepts betrachtet werden muss.

Frage: Herr Jäger, ein Charme dieser Überlegung, den Soli möglicherweise in die Einkommensteuer zu integrieren, wäre ja gewesen, dass die Länder automatisch daran teilhaben würden, weil das ja dann diesem Verteilungsschlüssel unterliegen würde. Was wäre denn, wenn diese Überlegung jetzt nicht mehr so hochstehend erscheint wie noch im März? Was wäre denn für die Länder, deren Zustimmung Sie im Bundesrat ja brauchen, die aktuelle Ersatzmohrrübe, damit die zustimmen?

Jäger: Wir verhandeln nicht über Mohrrüben, sondern über die Zukunft der Bund-Länder-Finanzbeziehungen für die Zeit nach 2019. Ich kann mich hier letztlich immer nur wiederholen. Sie haben den Zusammenhang, was den Anteil der Länder an der Einkommensteuer angeht, ja richtig beschrieben, und offenkundig hat diese Tatsache nicht dazu geführt, dass wir bis Dezember zu einer Einigung gekommen sind. Das heißt, es ist jetzt doch selbstverständlich die Pflicht des Bundesfinanzministers, der diese Verhandlungen führt, andere Szenarien, die dann möglicherweise erfolgversprechend sind, zu durchdenken und auch in Gesprächen mögliche Optionen für eine Gesamtlösung zu erörtern. Das gehört dazu; das muss er tun.

Ich komme noch einmal zum Ausgangspunkt unserer Debatte zurück: Der Soli ist in der Tat nicht befristet, aber er hat einen inhärenten Zweck, dem er dienen soll, und dieser Zweck ist aus unserer Sicht zumindest in einer rechtlichen Betrachtung endlich. Das heißt, wenn wir für die Zeit nach 2019 darüber reden, eine dauerhafte und solide Anschlusslösung zu finden, dann müssen wir dieser Tatsache Rechnung tragen. Dafür gibt es eben verschiedene Denkmöglichkeiten: Eine ist in der Tat die Integration in die Einkommensteuer, und die andere ist die beschriebene. In diesem Fall war in der Zeitung zu lesen, es handele sich um eine stufenweise Absenkung. Das wäre, hypothetisch gesprochen, sicherlich eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen. Ob das auch in der Realität ein solcher Ansatz ist, wird sich möglicherweise in den Gesprächen zeigen.

Frage : Ich habe eine ganz einfache Lernfrage, weil es immer heißt, Sie bräuchten die Zustimmung des Bundesrats: Ist es unstreitig, dass, wenn Sie eine Änderung vornehmen, das nur gemeinsam mit den Ländern geht, oder kann der Bund, da das ja bislang eine Einnahme ist, die allein an den Bund fließt, das - jetzt einmal abseits der politischen Unwägbarkeiten - auch alleine entscheiden?

Jäger: Ich bin dankbar für den Hinweis. Wir brauchen die Zustimmung der Länder, wenn wir eine Lösung für die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen finden wollen. Alles, was wir hier diskutieren, wird ausschließlich in diesem Kontext diskutiert.

Zusatzfrage : (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

Jäger: Nein. Die Diskussion war ja nicht, ob wir den Soli abschaffen oder nicht, sondern die Diskussion ist: Wie finden wir eine gute, von allen Beteiligten gemeinsam getragene Lösung für die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen für die Zeit nach 2019?

Zusatzfrage: Wir sprechen hier viel über Optionen. Eine Option wäre es aber auch, den Soli separat ohne Zustimmung der Länder zu verändern. Das kann ja in Verhandlungen durchaus ein Argument sein, sage ich einmal.

Jäger: Wir reden hier über die Neugestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2019, und zwar die dauerhafte Neugestaltung. Das ist die Aufgabe, die dem Bundesfinanzminister aufgetragen worden ist und für die wir - so lautet auch die Verabredung zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten - bis Juni dieses Jahres eine Lösung suchen wollen.

Frage: Die Frage des Kollegen jetzt noch einmal an Sie, Herr Jäger: Sind das Finanzministerium beziehungsweise der Finanzminister der Auffassung, dass auf die Einnahmen aus dem Solidarpakt aufgrund der gesamtkontextual günstigen Bedingungen langfristig verzichtet werden kann?

Jäger: Sie dürfen fest davon ausgehen, dass der Bundesfinanzminister nur mit Vorschlägen und Optionen in solche Gespräche geht, die am Ende auch auf der Finanzseite abbildbar sein werden.

Zusatzfrage: Wäre es abbildbar, auf die Einnahmen aus dem Solidarzuschlag zu verzichten?

Jäger: Ich habe vorhin in einem Nebensatz darauf hingewiesen, dass das Modell, von dem heute in einer Tageszeitung zu lesen war, von einem stufenweisen Abschmelzen spricht.

Zusatzfrage: Stufenweise wäre ein Verzicht auf die Einnahmen aus dem Solidarzuschlag also denkbar?

Jäger: Nein, "stufenweise" - so habe ich zumindest den Zeitungsartikel verstanden - würde ja bedeuten, dass man diesen Betrag, der im Augenblick bei 5 Prozent liegt, Jahr für Jahr um eine gewisse Stufe, um einen Schritt absenkt, bis dann eines Tages nichts mehr übrig ist.

Zusatz: Das ist nicht ganz die Antwort auf meine Frage.

Vors. Szent-Iványi: Noch ein Versuch!

Zusatz : Ein Versuch für Herrn Jäger, vielleicht!

Jäger: Jetzt bin ich etwas erschüttert, weil ich eigentlich der Auffassung war, dass ich Ihre Frage sehr passgenau beantwortet habe. Wie lautete die Frage gleich noch einmal?

Zusatzfrage: Die Frage war, ob Sie auf die Einnahmen aus dem Solidarzuschlag verzichten können. Ob das jetzt stufenweise oder in einem Schritt passiert, überlasse ich Ihnen. Aber wenn Sie meinen, wir könnten darauf stufenweise verzichten, dann bitte!

Jäger: Ich habe Ihnen geantwortet, und jetzt sage ich es in noch schlichteren Worten, dass der Bundesfinanzminister grundsätzlich nur mit Vorschlägen und Optionen in Diskussionen geht, die er für umsetzbar hält. Ich habe zweitens auf den heutigen Artikel verwiesen, der ein stufenweises Abschmelzen dieses Solis vorsieht.

Frage: Herr Jäger, Frau Wirtz hatte ja von neuen Spielräumen und davon gesprochen, dass es Spielräume gebe. Sehen Sie beim Finanzminister Spielraum dafür, dass er einen Konsens mit den Ländern erzielt, ohne an den Solidarzuschlag heranzugehen? Brauchen Sie also den Solidarzuschlag als Spielmasse, als Verteilungsmasse, um mit den Ländern eine Übereinkunft zu finden?

Jäger: Es wird jetzt hier der Eindruck erweckt, als ob hier gewaltige Massen zu Verfügung und auch zur Verteilung anstünden. Wir haben es immer nur mit sehr endlichen Finanzmitteln zu tun; das muss man immer wissen. Die Ressourcen sind begrenzt. Das gilt für jedes Politikfeld, und insofern gibt es auch für diese Gespräche kein Übermaß an Mitteln. Ich sage aber dennoch noch einmal: Wir können natürlich, weil wir seriös vorgehen, nur mit Vorschlägen in solche Gespräche gehen, die sich am Ende auch rechnen.

Frage: Herr Jäger, da Sie ja jetzt nicht mehr über die Gegenfinanzierung einer möglichen Abschaffung des Solis reden wollen, sondern eher auf die Darstellbarkeit abstellen, frage ich: Sind die angesprochenen Spielräume so groß, dass sich daraus möglicherweise die Darstellbarkeit ergibt? Sie haben nämlich vorhin so gestrahlt, als der Begriff fiel. Vielleicht können Sie einfach einmal die Spielräume beziffern, die Sie sehen, und dann können wir das ja neben das bisherige Soli-Aufkommen legen.

Jäger: Wir werden uns hier alle am 18. März wieder treffen - ich vermute sogar, wie in jedem Jahr wird der Minister selbst kommen -, um Sie über die Eckwerte für 2016 und die Finanzplanung zu unterrichten. Ich fürchte nur leider, dass selbst die wirklich weit vorausschauende Finanzplanung nicht über das Jahr 2020 hinausreichen kann. Die erstreckt sich, wenn ich es richtig sehe, bis 2018. Also werden wir Ihnen auf Grundlage einer seriösen Erhebung diese Antwort natürlich schuldig bleiben müssen. Man kann nur mit Annahmen arbeiten.

Zusatzfrage: Was nehmen Sie denn an?

Jäger: Nein, das wäre doch jetzt - - -

Zusatz: Wenn wir jetzt nicht mehr über eine Gegenfinanzierung reden und der Punkt in all diesen Gesprächen bisher immer war, dass das ein Nullsummenspiel ist - jedenfalls, was das Aufkommen angeht -, was Sie jetzt nicht mehr bestätigen, dann muss es ja irgendwo anders einen Topf geben, aus dem man das dann nehmen kann, oder man verzichtet auf die Einnahmen. Dann kann man es aber doch auch sagen!

Jäger: Jetzt wird es vielleicht einfach ein bisschen redundant. Wir haben Annahmen, was die Haushaltsentwicklung angeht. Ich knüpfe noch einmal an das an, was ich vorhin sagte: Unterstellen Sie, dass, wenn der Bundesfinanzminister einen solchen Vorschlag, so eine Option oder ein solches Szenario in ein Gespräch einbringt, er am Ende dann auch dafür Sorge tragen kann und wird, dass, falls das Zustimmung finden sollte, das dann auch umsetzbar sein wird.

Frage: Frau Wirtz oder Herr Jäger, in diesem Podcast, den Kollege Fried gerade erwähnte, hat die Kanzlerin gesagt, die Kosten der Einheit bestünden halt auch über 2019 hinaus. Sie hat unter anderem auf die Rentenzuschüsse abgehoben. Jetzt sagen Sie, Herr Jäger, Sie können nur bis 2018 vorausdenken. Die Kanzlerin kann offenbar weiter vorausdenken. Ich bekomme das also noch nicht so ganz zusammen.

Die eigentliche Frage ist: Gibt es eigentlich schon seriöse Vorausberechnungen dazu, wann solche Dinge wie zum Beispiel die Rentenzuschüsse, die sich dann vermutlich irgendwann erledigt haben werden, auslaufen, also wann die Belastungen durch die Einheit signifikant sinken werden?

SRS'in Wirtz: Diesbezüglich kann ich vielleicht einfach noch einmal das zusammenfassen, was Herr Jäger und ich - - -

Zuruf : Nein!

SRS'in Wirtz: - - - hier schon in der letzten halben Stunde immer wieder gesagt haben. Es geht doch jetzt praktisch darum, Finanzbeziehungen zu regeln, die in der Tat nach 2019 bestehen. Natürlich geht es darum, zu schauen, wo es Verpflichtungen und Aufgaben gibt und von dem sie finanziert werden. Das ist ja ein umfassendes Konzept. Das heißt, das ist ein umfassendes Konzept dazu, wie Aufgabenfinanzierungen verteilt werden. In diesem Rahmen werden gerade Gespräche geführt; Herr Jäger hat es gesagt. Wir werden im Juni den Bericht erhalten. In diesem Gesamtkontext geht es darum, dass man möglicherweise auf den Soli verzichtet. Aber das steht doch alles im Rahmen eines Gesamtkonzeptes. Man kann doch jetzt nicht sagen, dass man das eine macht, und dann wird auf das andere verzichtet, sondern es geht um ein Gesamtkonzept. Das wird gerade erarbeitet, und dazu können wir Ihnen jetzt nicht mehr als das sagen, was wir Ihnen schon gesagt haben.

Jäger: Ich möchte noch etwas ergänzen, damit das hier jetzt nicht in einen falschen Zusammenhang gestellt wird: Die Frage bezog sich auf konkrete Beträge. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir über konkrete Zahlen, die dann ja auch belastbar sein sollen, nur im Rahmen der Eckwerte des Haushalts und der mittelfristigen Finanzplanung reden können. Diese Zahlen werden Ihnen hier demnächst - vermutlich am 18. - auch vorgestellt werden. Für alles, was darüber hinausgeht, treffen wir selbstverständlich Annahmen. Wir denken sehr langfristig; das müssen wir auch. Aber es wäre im Augenblick einfach Unfug, sich hier jetzt auf konkrete Zahlen oder Volumina festzulegen.

Ich will abschließend noch einmal auf zwei Dinge hinweisen: Es ist zum einen die Rede davon, hinsichtlich dieser Option - ich sage immer wieder: Option - der Abschaffung des Solis stufenweise vorzugehen. Zum anderen weise ich noch einmal darauf hin, und das müsste eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass der Bundesfinanzminister nur politische Vorschläge macht und in eine Diskussion einbringt, die letztendlich auch umsetzbar sind.

Frage: Meine Frage richtet sich an Herrn Dünow und Frau Küchen, und Herr Jäger ist vielleicht mittelbar betroffen. Ich wollte mich noch einmal nach dem Treffen von Staatssekretär Asmussen mit dem griechischen Finanzminister erkundigen. Das war hier am Freitag ein Thema, und ich hatte am Montag leider keine Gelegenheit, danach zu fragen. Deswegen stelle ich jetzt noch einmal die Frage, weil in einer Zeitung noch einmal sehr ausführlich über dieses Treffen berichtet wurde und zu lesen war, dass mehrere wichtige Beamte des Wirtschaftsministeriums an diesem Treffen teilgenommen haben und dass das Finanzministerium darüber informiert gewesen sei. Können Sie uns noch einmal etwas über den Charakter dieses Treffens sagen? Was hatte das für eine Funktion? Vielleicht fangen Sie damit an, die Angaben, die die "Süddeutsche Zeitung" dazu gemacht hat, zu bestätigen oder zu dementieren.

Dünow: Ich kann gerne anfangen. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann hat die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass es am Vorabend eines Termins zwischen Herrn Varoufakis und Herrn Schäuble ein Abendessen privater Natur gegeben habe, an dem auch Bedienstete des BMWi teilgenommen hätten. Das ist richtig. Es war, wie gesagt, ein Abendessen privater Natur. Auf Arbeitsebene war das BMF vorab über dieses Treffen unterrichtet. Ich habe gehört, dass es im Anschluss an dieses Treffen beziehungsweise vor dem Treffen zwischen Herrn Schäuble und Herrn Varoufakis Informationen aus dem BMWi darüber gegeben habe, was bei diesem Abendessen thematisch erörtert worden ist. Insofern kann ich die Berichterstattung der "Süddeutschen Zeitung" von vergangener Woche im Großen und Ganzen bestätigen.

Zusatzfrage: Dann wäre meine Nachfrage: Warum konnten Sie das hier nicht am Freitag sagen, als das sehr ausführlich besprochen wurde beziehungsweise sehr ausführlich danach gefragt wurde? Ich hatte auch schon am Donnerstag eine Frage an das Arbeitsministerium dazu gerichtet, und es gab keine Informationen darüber. Warum war das dann offensichtlich einseitig der "Süddeutschen Zeitung" gegenüber möglich?

Die darüber hinausgehende Frage lautet: Inwieweit kann man ein solches Treffen als ein Treffen privater Natur betrachten, wenn dort offensichtlich Details über europäische Finanzbeziehungen zwischen engen Mitarbeitern der Regierung und griechischen Regierungsvertretern besprochen werden?

Dünow: Ich kann zum ersten Teil der Frage, nämlich der Frage, warum ich am vergangenen Freitag nicht darüber informiert habe, sagen: Weil ich es schlicht und ergreifend nicht wusste, da ich über die privaten Abendtermine von Beschäftigten des BMWi in aller Regel nicht in aller Ausführlichkeit vorab unterrichtet werde.

Zum zweiten Punkt, der Frage, inwiefern das privat war: Es war insofern privat, als es keinerlei Aufträge, Weisungen oder sonstige Verabredungen gegeben hat. Aber ich glaube, es ist naheliegend, dass es zum guten Stil des Umgangs innerhalb der Bundesregierung gehört, dass, wenn Mitarbeiter verschiedener Ministerien auch im Rahmen von privaten Veranstaltungen Informationen erlangen, die möglicherweise relevant sein könnten, diese natürlich kollegial weitergegeben werden.

Küchen: Für das BMAS kann ich nur sagen, dass ich den Ausführungen von Herrn Westhoff, die er hier am Freitag getätigt hat, jetzt nichts weiter hinzufügen kann und werde.

Frage: Herr Jäger, ich bin etwas irritiert: Nachdem der spanische Finanzminister vor wenigen Tagen von einem dritten Hilfspaket für Griechenland in einer Größenordnung zwischen 30 Milliarden Euro und 50 Milliarden Euro gesprochen hat, haben wir einige Dementis aus Brüssel gehört. Vor einer Stunde ist Herr Guindos wieder vor die Presse getreten und hat wieder gesagt, dass es um ein drittes Hilfspaket gehe. Man solle eine Größenordnung von 30 Milliarden Euro bis 50 Milliarden Euro dafür veranschlagen. Genaueres müsse man dann, wenn es konkret werde, noch entscheiden. Weiß der spanische Finanzminister mehr als Sie, oder sagt er nur mehr als Sie?

Jäger: Ich kann nur mit dem Hinweis auf die Sitzung der Eurogruppe am kommenden Montag beginnen. Da steht keine Diskussion über ein drittes Hilfsprogramm auf der Tagesordnung, soweit ich informiert bin. Es geht im Augenblick ausschließlich darum, dass wir das zweite, laufende Hilfsprogramm zu einem erfolgreichen Abschluss bringen; denn nur ein solcher erfolgreicher Abschluss wird den Weg für eine Auszahlung der noch ausstehenden Mittel eröffnen.

Im Übrigen beschäftigen wir uns im Augenblick überhaupt nicht mit einem dritten Hilfspaket; denn es gab aus Athen die sehr klare und völlig unmissverständliche Äußerung von Herrn Tsipras, dass ein solches drittes Hilfspaket von Griechenland nicht gewünscht sei.

Zusatzfrage: Wissen Sie aus irgendwelchen anderen Quellen als aus der Zeitung von Beträgen zwischen 30 Milliarden Euro und 50 Milliarden Euro, die im Moment im Hinblick auf Griechenland im Spiel sind?

Jäger: Ein solcher Betrag ist mir nicht bekannt.

Frage: Herr Jäger, am nächsten Montag wird es ein Treffen der Eurogruppe geben. Was erwarten Sie von Griechenland? Was soll Herr Varoufakis mitbringen? Was erwarten Sie von Herrn Varoufakis?

Jäger: Ich glaube, es wird am Montag keine große Notwendigkeit geben, über Griechenland zu sprechen. Wir haben eine Vereinbarung mit Griechenland geschlossen. Es gibt eine Erklärung, die sehr eindeutig ist und in der Bedingungen sowie nächste Schritte definiert sind. Wir erwarten jetzt, dass bis Ende April das Reformprogramm auf Basis der vorliegenden griechischen Liste konkretisiert wird und dass dieses Reformprogramm dann umgesetzt wird, damit die drei Institutionen eine abschließende Überprüfung vornehmen können. Diese abschließende Überprüfung und deren positives Ergebnis sind nämlich Voraussetzungen für die Auszahlung der noch ausstehenden Mittel. Damit ist im Augenblick aus unserer Sicht alles gesagt. Es muss jetzt gearbeitet werden. Es ist genug geredet worden. Jetzt geht es nicht mehr darum, Interviews zu geben. Jetzt geht es darum, Maßnahmen umzusetzen.

Zusatzfrage: Brauchen Sie nicht konkrete Zahlen aus Athen?

Jäger: Ich vermute, es wird über alle aktuellen Fragen in der Eurozone geredet werden. Insofern wird man sicherlich auch über Griechenland sprechen. Auch der griechische Finanzminister wird sich zur Situation in seinem Land äußern. Aber es gibt auch noch eine Reihe von anderen Themen auf der Tagesordnung.

Was ich damit einfach nur sagen will, ist: Wir erwarten für den kommenden Montag - anders als in den zurückliegenden Wochen - eine ganz normale Eurogruppensitzung, bei der die Tagesordnung abgearbeitet wird und bei der man sich über die Fragen, die auf der Tagesordnung stehen, austauschen wird.

Frage: Herr Jäger, war der Bundesfinanzminister Ende voriger Woche gut und zu Scherzen aufgelegt, als er die "Bild"-Zeitung als eine seriöse Zeitung bezeichnet hat?

Jäger: Es wird Sie jetzt vielleicht erschüttern, aber auch ich persönlich habe noch nie Anlass gehabt, die "Bild"-Zeitung, was ihre Seriosität als Medium angeht, infrage zu stellen, weil ich das grundsätzlich nicht tue. Es gibt die Freiheit der Presse und der Medien, und ich gehe selbstverständlich davon aus, dass jedes Medium und jedes Presseorgan diese Freiheit verantwortlich wahrnimmt.

Zusatz: Nun gut, sie ist also eine seriöse Zeitung. Sie haben vorige Woche - - -

Jäger: Nein. Dies ist die Regierungspressekonferenz, und Sie können mich jetzt hier doch nicht auffordern, irgendwie Medienschelte zu betreiben. Das tun wir hier nicht; das ist doch selbstverständlich. Mehr ist dazu wirklich nicht zu sagen.

Zusatzfrage: Gut, ich habe eine andere Frage: Sie haben vorige Woche - wie ich finde, ganz zu Recht - eine Karikatur in einer griechischen Zeitung, in der Parteizeitung der Syriza, als widerwärtig bezeichnet. Wie beurteilen Sie die jetzige Kampagne der "Bild"-Zeitung, eine Kampagne desselben Inhalts wie in der griechischen Zeitung?

Jäger: Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Nachdem ich Ihnen hier, und zwar nicht als Sprecher des Finanzministers, sondern auf persönlicher Basis, meine Meinung zu dieser Karikatur gesagt habe, habe ich eine Menge Kritik und Rückfragen in Bezug darauf erhalten, was ich mir denn einbilde, die Pressefreiheit infrage zu stellen. Ich habe darauf geantwortet, dass diese Pressefreiheit unbestritten ist, aber dass ich das Recht auf eine persönliche Meinung habe. Genau in diesem Sinne werde ich jetzt nicht hergehen und verschiedene Dinge seitens der Medien kritisieren. Das tue ich nicht.

Frage: Möchten Sie uns vielleicht noch einmal an Ihrer persönlichen Meinung teilhaben lassen?

Jäger: Ich sitze hier als Sprecher des Bundesfinanzministers, und ich habe in all den Sitzungen, die wir hier gemeinsam durchlebt haben und die uns alle viel Freude gemacht haben, diese Rolle nie abgelegt; das ist doch ganz klar. Wenn es in einem so besonderen Fall, wie er bei dieser Karikatur ganz offensichtlich gegeben war, eine Ausnahme gegeben hat, dann ist das so. Aber wir werden diese Ausnahmen nicht zur Regel machen.

Frage: Frau Wirtz, mich würde interessieren, wie die Bundesregierung die Tatsache bewertet, das gestern anlässlich der Beisetzung von Herrn Nemzow mehrere Politiker der EU an der Einreise nach Russland gehindert wurden.

SRS'in Wirtz: Konkret dazu kann ich jetzt keine Stellungnahme abgeben. Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen, dass die Bundeskanzlerin ihre Bestürzung über den Tod zum Ausdruck gebracht hat und Russland auch insgesamt aufgefordert hat, die Umstände dessen, was dort passiert ist, aufzuklären. Aber zur Möglichkeit der Einreise kann ich konkret nichts sagen. Vielleicht können Sie das ergänzen.

Schäfer: Ich kenne die Umstände nicht, unter denen die gestern bekannt gewordenen Informationen über die Unmöglichkeit der Einreise erfolgt sind. Deshalb ist es für uns und in diesem Fall für mich schwer, das abschließend zu beurteilen. Dass das bedauerlich ist, ist sicherlich richtig.

Zusatzfrage: Heute debattiert der Bundestag in einer Aktuellen Stunde über die Auswirkungen des Mordes an Nemzow auf die Politik Russlands. Hat die Bundesregierung dazu eine Meinung? Was bedeutet der Mord für die russische Innenpolitik und eventuell für die deutsch-russischen Beziehungen?

SRS'in Wirtz: Ich kann noch einmal das wiederholen, was die Bundeskanzlerin gestern und auch gleich am Wochenende, als dieser Mord bekannt wurde, schon gesagt hat, nämlich dass das selbstverständlich ein sehr trauriges Ereignis ist, das natürlich sicherlich auch Auswirkungen auf die politische Landschaft in Russland hat. Es muss einfach alles daran gesetzt werden, dass dieser Mord aufgeklärt wird und dass diejenigen, die für diesen Mord verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist die Erwartung der Bundeskanzlerin. Insofern ist das jetzt zunächst einmal die Erwartung.

Ich kann jetzt noch nicht über die Ergebnisse sprechen. Der Mord ist noch nicht aufgeklärt. Insofern kann ich auch nicht sagen, was das für die Auswirkungen auf die deutsch-russischen Beziehungen bedeutet. Es geht jetzt vielmehr darum, diese Tat aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Frage: Ich würde gerne etwas vom Außenministerium wissen. Es gibt amerikanische Darstellungen darüber, dass sich 12.000 russische Soldaten in der Ostukraine befinden sollen. Haben Sie irgendwelche Erkenntnisse darüber, die diese Zahl bestätigen können?

Wie ist Ihre Bewertung der Lage momentan insgesamt? Neigen Sie zu der Position, dass um Mariupol herum in absehbarer Zeit größere Auseinandersetzungen anstehen? Haben Sie dafür Anzeichen oder eher das Gefühl, dass sich die Sache im Moment in einem labilen Beruhigungszustand befindet?

Schäfer: Die konkrete Zahl vermag ich nicht zu bestätigen. Allerdings ist es grundsätzlich so, dass wir davon ausgehen und auch ausgehen müssen, dass sich auf ukrainischem Staatsgebiet, nämlich da, wo der ukrainische Staat keine volle oder auch gar keine Hoheitsgewalt ausübt, auch russische Staatsangehörige aufhalten, die sich unter anderen Umständen dort nicht aufhalten würden. Aber die Zahl 12.000 kann ich nicht bestätigen.

Ihre Frage zu Mariupol ist genauso wichtig, wie sie schwierig zu beantworten ist, weil sie voraussetzt, die Zukunft zu kennen. Das können wir nicht. Wir wissen auch nicht, wie diese Ukraine-Krise weitergehen wird. Was wir jetzt, hier und heute, feststellen können, Herr Heller, ist, dass die Lage ruhiger als noch vor Wochen ist, dass die Qualität und die Quantität der militärischen Scharmützel deutlich und nachhaltig nachgelassen hat und dass das im Zeitablauf der letzten Tagen auch eine Tendenz zu sein scheint, die sich bestätigt. Das zeigen auch die täglichen Berichte der OSZE aus den Bereichen, in denen es in der Vergangenheit noch Kämpfe gegeben hat.

Es gibt weiterhin Kämpfe auch in der Gegend von Mariupol. Natürlich sind wir deshalb weiterhin in großer Sorge. Deshalb erwarten wir von den Konfliktparteien, zu denen dann natürlich auch die Regierung in Moskau gehört, dass erstens alles in ihrer Macht Stehende getan wird, damit diese Kämpfe endlich entsprechend den Vereinbarungen von Minsk vom 12. Februar eingestellt werden, und zweitens, dass keine Planungen verfolgt werden, die dem Ziel dienen, irgendwann über die jetzt in Minsk vereinbarte Linie oder die faktische Linie, an der der Rückzug schwerer Waffen jetzt erfolgt, hinauszugreifen. Das würde nämlich eindeutig eine weitere und erneute Eskalation der Krise bedeuten, die niemand will und die dann sicher auch nicht ohne weitere Folgen bliebe.

Frage: Ich hätte noch eine Frage zum Thema Ukraine an Frau Wirtz. Auf wessen Initiative hin kam die gestrige Telefonkonferenz zustande?

Noch zum Freitag: Die Bundeskanzlerin hat für Freitag zum Gespräch auf Beamtenebene eingeladen. Welche Ebene ist das genau? Ist da vielleicht eine Presseerklärung zu erwarten?

SRS'in Wirtz: Ich kann Ihnen zunächst einmal zu der gestrigen Telefonkonferenz sagen, dass sie auf Initiative des amerikanischen Präsidenten hin zustande gekommen ist.

Was das Treffen am Freitag anbelangt, kann, denke ich, Herr Schäfer mehr dazu sagen, weil es im Auswärtigen Amt stattfinden wird.

Schäfer: Dass es zu einem Treffen in diesem Vierer-Kreis kommen wird, ist ja bereits in der Erklärung der Staats- und Regierungschefs von Minsk vom Vormittag des 12. Februars angelegt. Darin ist der letzte Teil der Erklärung der drei Staatspräsidenten gemeinsam mit der Bundeskanzlerin der, dass man sich gemeinsam darauf verständigt, dass der Prozess der Umsetzung der Vereinbarung von Minsk - die 12 Punkte vom Dezember und die 13 Punkte vom Februar - sozusagen politisch eingehegt werden soll und dass das eben durch die Regierungen der vier beteiligten Staaten zu erfolgen hat. In Umsetzung dieser Absprache hat es bereits letzte Woche Dienstag in Paris ein Treffen der Außenminister gegeben; das wissen Sie. Jetzt ist in dieser Woche der nächste Schritt, dass hohe Beamte der vier beteiligten Staaten in Berlin zusammenkommen, um letztlich dem gemeinsamen Ziel - nämlich dem Ziel einer Bestandsaufnahme des Standes der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen vom 12. Februar sowie dem Ziel, daraus zusammen politische Schlussfolgerungen zu ziehen - zu dienen, diese Umsetzung voranzubringen.

Was das im Detail bedeutet, können Sie sich im Grunde denken. Noch haben wir keinen umfassenden Waffenstillstand; darüber haben wir eben gesprochen. Noch ist der Rückzug schwerer Waffen weder umfassend vollzogen noch wirklich für die OSZE verifizierbar. Drittens gibt es immer noch eine Menge Petita, die die OSZE zu Recht an die Konfliktparteien richtet, damit die OSZE ihrer schwierigen Aufgabe, wie sie in den Minsker Vereinbarungen angelegt ist, auch tatsächlich nachkommen kann. Viertens gibt es sicherlich auch noch den Punkt, dass sich die OSZE mit der Bitte und Aufforderung an ihre Mitgliedstaaten gewandt hat, ihr dabei zu helfen, ihre Aufgabe wahrzunehmen. Dabei geht es sowohl um personelle Verstärkung als auch um technische und logistische Verstärkung, die die OSZE eben in die Lage versetzt, all das nicht nur zu überwachen, sondern auch wirklich zu verifizieren, was dort geschieht. Denn nur so, durch objektive, transparente und im Zweifel auch veröffentlichte Informationen, entsteht das Vertrauen in die Bestandskraft und die Haltbarkeit des Waffenstillstands und des Rückzugs schwerer Waffen, den wir brauchen, um in dem langen politischen Prozess einer Entschärfung der Krise wirklich voranzukommen.

Zusatzfrage: Steht der morgige Besuch des polnischen Außenministers auch im Zusammenhang mit der Ukraine und dem, was Sie gerade erzählt haben?

Schäfer: Wir teilen mit Polen eine ganze Menge gemeinsamer Interessen und auch gemeinsamer Themen. Ohne dem morgigen Gespräch zwischen den beiden Außenministern vorgreifen zu wollen, werde ich Sie nicht überraschen, wenn ich Ihnen sage, dass das Thema der Bewältigung der Krise in der Ukraine und der Folgen daraus sowie auch der Beziehungen der beiden Staaten zu Russland und der Beziehungen Europas zu Russland bei diesem Gespräch eine wichtige Rolle spielen wird. Aber ich denke, Sie werden Gelegenheit bekommen, die beiden Minister dann auch selbst zu befragen, weil ich davon ausgehe, dass es morgen im Anschluss an das Gespräch der beiden Minister auch eine Pressebegegnung im Auswärtigen Amt geben wird.

Frage: Ich habe eine Frage an Frau Wirtz und Herrn Schäfer. Nach Angaben von Herrn Steinbrück wird er demnächst für eine Stiftung in der Ukraine arbeiten, die sich um den maroden Haushalt des Landes kümmert. Die erste Frage wäre, ob das mit der Kanzlerin oder dem Außenminister in irgendeiner Form vorher abgesprochen war.

Zur zweiten Frage: Diese Stiftung will nach Aussage eines Mitglieds zusammen mit Deutschland insgesamt 0,5 Milliarden US-Dollar für die Ukraine beschaffen. Die Frage ist: Ist die Bundesregierung auch in diese Pläne in irgendeiner Form eingebunden?

SRS'in Wirtz: Dazu kann ich sagen, dass Herr Steinbrück diese Initiative außerhalb des Regierungshandelns ergreift. Gleiches gilt auch für das Geld, das da fließen soll. Insofern ist die Regierung dabei nicht eingebunden. Sie muss es aber auch nicht sein, weil das außerhalb des Regierungshandelns steht.

Schäfer. Ich kann eigentlich nur mit Nichtwissen antworten, und zwar auf Ihre beiden Fragen. Ob irgendjemand im Auswärtigen Amt vorab Kenntnis davon hatte, entzieht sich meiner Kenntnis. Das weiß ich schlicht und ergreifend nicht. Ich rede jetzt von der Bereitschaft von Herrn Steinbrück, an dieser Initiative für die Ukraine teilzunehmen und zu ihr beizutragen.

Von konkreten Plänen dieser Arbeitsgruppe oder ihrer Urheber, im Zusammenwirken mit der Bundesregierung Geldmittel einzusetzen, ist mir nichts bekannt. Die Summe 500 Millionen Euro ist mir allerdings schon bekannt. Das wäre eher etwas für den Kollegen Jäger, der jetzt nicht da ist, weil das in der Federführung des Finanzministeriums liegt. Aber Sie wissen ja, dass die Bundesregierung sich mittels Bürgschaften an der finanziellen und wirtschaftlichen Stabilisierung der Ukraine zu beteiligen beabsichtigt und dass auch bereits entsprechende konkrete Schritte unternommen worden sind. Das Wirtschaftsministerium ist daran auch beteiligt. Das bettet sich in das große Engagement und die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft ein, zusammen mit dem IWF, den G7-Partnern und anderen ein Rettungspaket zusammenzubringen, das sozusagen groß genug ist, um die wirklich ernsten, substanziellen wirtschaftlichen und finanziellen Probleme der Ukraine so in den Griff zu bekommen, dass das Land wieder auf die Beine kommen kann und wieder eine selbst finanzierbare, eigenständige wirtschaftliche und soziale Entwicklung nehmen kann. Dass wir von einem solchen Zustand zurzeit weit entfernt sind, ist ja ganz offensichtlich.

Wenn es andere Initiativen privater oder sonstiger Natur gibt, die dieses Ziel verfolgen und mit sinnvollen Instrumenten dazu beitragen, dann kann ich nicht erkennen, wieso wir etwas dagegen haben sollten. Aber das ist jetzt sozusagen kein "whitewash". Ich kenne diese Vorschläge nicht. Ich glaube, auch niemand sonst hier auf der Regierungsbank kennt sie. Wenn sie denn bekannt werden würden, dann könnten Sie sicherlich noch einmal danach fragen, was wir davon halten.

Frage: Herr Schäfer, es gibt im Moment sehr viele Konferenzen in Berlin, zum Beispiel eine hochkarätig besetzte bei der Böll-Stiftung mit Timothy Snyder und Bernard Kouchner. Dabei werden diverse Szenarien der Beziehungen zwischen Europa und Russland durchgespielt. Ich habe noch von keinem einzigen positiven Szenario gehört. Gibt es im Außenministerium eine Art Think-Tank oder eine Gruppe, die sich darüber Gedanken macht oder vielleicht schon einige Ansätze in Bezug darauf hat, wie diese Beziehungen nach der heißen Phase der Krise aussehen könnten?

Schäfer: Ja, es ist ja sozusagen die Aufgabe von vernünftiger, gestaltender Außenpolitik, über den Tag hinaus zu denken, und das geschieht selbstverständlich auch im Auswärtigen Amt, angefangen mit seinem Chef, nämlich dem Außenminister, aber auch im Planungsstab und in den politischen Abteilungen, die sich mit den Beziehungen zu Russland beschäftigen. Aber ich glaube, es würde jetzt zu weit führen, wenn wir hier sozusagen im Detail Konzepte ausbreiten würden oder ausbreiten wollten.

Richtig ist, dass das russische Verhalten in der Ukraine - angefangen mit der Annexion der Krim, aber auch darüber hinaus - Europa verändert hat und dass es durch die Dinge, die da in den letzten zwölf Monaten geschehen sind, nicht möglich ist, einfach so wieder zur Tagesordnung überzugehen. Dass da vielmehr tief greifende Veränderungen vorgefallen sind, muss man zur Kenntnis nehmen und daraus Konzepte und Überlegungen ableiten, die nicht nur über den Tag hinausweisen, sondern die im Grunde einen Weg zu einem neuen Verhältnis mit Russland aufzeigen, der über Jahr und Tag hinausgeht und bei dem man womöglich in Jahrzehnten denkt. Ich belasse es vielleicht einmal dabei.

Frage: Herr Roth, ich würde ganz gerne noch einmal auf die Hubschrauber zu sprechen kommen. Es ist ja deutlich geworden, dass das Verteidigungsministerium plant, 22 weitere NH90 anzuschaffen, Stichwort MedEvac. Wenn man die Rechnung aufmacht, werden die Kosten insgesamt um 700 Millionen Euro über dem liegen, was die Bundesregierung einmal für die 202 zu beschaffenden Helikopter ausgehandelt hatte. Können Sie noch einmal kurz zusammenfassen, wie es zu dieser Kostensteigerung kommt und ob nachverhandelt wird?

Roth: Das, was Sie ansprechen, dass das 22 Helikopter mit einem Umfang von 700 Millionen Euro sind, kann ich zurzeit nicht bestätigen. Sie wissen, dass heute die Rahmenvereinbarung im Haushaltsausschuss verhandelt wird. Ich möchte eigentlich den Gesprächen im Parlament nicht vorgreifen. Wir haben gesagt, dass die Rahmenvereinbarungen alle Kosten beinhaltet - auch den Systemzuschlag - und damit alle Kosten transparent dargestellt werden.

Zusatzfrage: Das ist mir noch nicht ganz klar. Die Kosten für die einzelnen Hubschrauber sind nach der neuen Vereinbarung trotzdem höher als das, was einmal vereinbart worden ist beziehungsweise das, was in der laufenden Vereinbarung für die einzelnen Hubschrauber bezahlt wird.

Roth: Es gab ein Memorandum of Understanding aus dem Jahr 2013. Dieses Memorandum of Understanding und die dort veröffentlichten Zahlen haben den Systemzuschlag, also quasi die Kosten für die Wartung, die Kosten für die Infrastruktur, nicht beinhaltet. Das ist jetzt über die Rahmenvereinbarung, die nachverhandelt worden ist, auf Grundlage des Memorandum of Understanding eingeflossen. Damit sind die Kosten transparent in dieser Rahmenvereinbarung veröffentlicht worden, und diese werden heute im Haushaltsausschuss verhandelt.

Zusatzfrage: Was die Triebwerksprobleme angeht, gibt es 19 Fälle, die offenbar dokumentiert sind. Wer soll in diesem Zusammenhang die Kosten übernehmen? Wird das die Industrie sein oder muss das Verteidigungsministerium in die Tasche greifen?

Roth: Um die 19 Fälle einmal einzuordnen: Das sind 19 Fälle, die sich auf die gesamte NH90-Flotte beziehen, also nicht nur auf die Bundeswehr, sondern auch auf alle allen anderen Partnernationen, die den NH90 fliegen, und zwar in einem Gesamtkontext von 70.000 Flugstunden, die der NH90 bisher abgeleistet hat. Das muss man auch einmal einordnen und relativieren. Die Industrie ist dabei, eine Nachsteuerung vorzunehmen und arbeitet an einer Lösung, weil sich herausgestellt hat, dass es ein Konstruktivfehler, also ein Designfehler ist. Wir gehen davon aus, dass es ein Designfehler ist, der entsprechend von der Industrie nachgebessert wird.

Frage: Ich habe eine Frage, zu der Grippewelle, die gerade in Deutschland grassiert. Hat das Gesundheitsministerium Zahlen zu der Anzahl von Todesfällen oder Krankschreibungen?

Eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Gestern hat das RWI in Essen eine Studie veröffentlicht, dass diese Grippewelle 2,2 Milliarden Euro kosten würde und dass das voraussichtlich das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 0,3 Prozentpunkte senken könnte. Haben Sie vor, Ihre Schätzungen zu reduzieren, was das Bruttoinlandsprodukt angeht?

Angeli: Ich beginne mit der ersten Frage. Hier muss ich Sie an die Bundesländer verweisen. Dem Gesundheitsministerium liegen keine Informationen über Todesfälle oder Krankschreibungen vor.

Dünow: Die Studie, die Sie ansprechen, kennen wir auch nur aus den Medien. Insofern kann ich dazu nichts weiter sagen.

Frage: Herr Schäfer, "Spiegel-ONLINE" meldet gerade, dass für den Fall, dass Bundespräsident Gauck nicht für eine zweite Amtszeit antreten wolle, Herr Steinmeier infrage käme. Wie schätzt Herr Steinmeier das Amt des Bundespräsidenten ein? Hätte er eventuell Interesse?

Frau Wirtz, was sagen Sie denn zu dieser Meldung? Gibt es da entsprechende Überlegungen?

Schäfer: Das ist noch so lange hin. Ich weiß gar nicht, was ich jetzt sagen soll. Ich bin ganz sicher, dass der Außenminister den allergrößten Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten und seines Amtsinhabers hat. Das kann ich, ohne mit ihm darüber gesprochen zu haben, ganz sicher bekräftigen, Herr Blank.

Zu allem anderen: Ich kenne diesen Artikel nicht. Ich habe dazu überhaupt nichts für den Außenminister oder das Auswärtige Amt beizutragen.

SRS'in Wirtz: Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Das Bild, das man sieht, zeigt den Bundespräsidenten mit dem Bundesaußenminister vor einem Werk von Graubner. Insofern ist es schön, dass dieses Bild einmal nicht im Zusammenhang mit Rücktritten, sondern neuen Personalspekulationen in einen Zusammenhang gesetzt wird. In der Sache schließe ich mich aber voll und ganz Herrn Schäfer an.

Zusatzfrage : Wobei ich sagen würde: Ein Dementi hört sich dann auch anders an.

Schäfer: Dazu muss man die Meldung erst einmal gelesen haben, Herr Blank, bevor man sie dementiert.

SRS'in Wirtz: Das sind jetzt wirklich Überlegungen, die weit in die Zukunft greifen.

Frage: Frau Wirtz, ich wollte fragen, ob die Bundeskanzlerin die Rede des israelischen Ministerpräsidenten gestern im US-Kongress zur Kenntnis genommen hat und ob sie dazu auch eine Meinung hat.

SRS'in Wirtz: Natürlich hat sie das zur Kenntnis genommen. Es ändert nichts an der Auffassung der Bundeskanzlerin, dass es jetzt darum geht, die Gespräche, die zum iranischen Atomprogramm laufen, konstruktiv weiter zu führen. Im Rahmen dieser Gespräche geht es natürlich immer auch um die Sicherheitsinteressen Israels. Sagen wir es einmal so: Die Gespräche werden ja auch deshalb geführt und mit aller Vehemenz vorangetrieben, weil es um die Sicherheit Israels geht. Insofern ist das ihre Haltung. Die Rede im Konkreten kann ich aber nicht kommentieren.

Frage: Eine Frage an das Arbeitsministerium. Heute haben in Warschau etwa 200 Menschen vor der deutschen Botschaft protestiert. Es ging um den Mindestlohn für ausländische Autofahrer. Ich wollte fragen, ob es Bewegung in diesem Komplex gibt. Ich meine nicht die Fahrten durch Deutschland - diese Sache ist beigelegt -, sondern die Fahrten nach Deutschland und zurück und die sogenannten Kabotage-Fahrten.

Küchen: Ich kann dazu Folgendes sagen: Von dieser Demonstration habe ich schlicht keine Kenntnis. Ich weiß auch nichts über die Inhalte und was man dort konkret gefordert hat. Deswegen bitte ich um Verständnis.

Ansonsten läuft, wie Sie wissen, das Pilotverfahren, an dem wir uns freiwillig beteiligen. Wir haben dazu in diesen Tagen - nageln Sie mich nicht fest - unsere Stellungnahme abgegeben. Das ist auf jeden Fall in dieser Woche akut. Ansonsten bleibt es bei unserer Auffassung, die Sie ja auch kennen.

Zusatzfrage: Es sollten Beamte der Arbeitsministerien in Polen und Deutschland zusammentreffen, um über den Mindestlohn für Lkw-Fahrer zu sprechen, die nur nach Deutschland und wieder zurück fahren. Ist es zu diesen Gesprächen tatsächlich gekommen oder nicht?

Küchen: Nach meinem Wissensstand gab es - auch da nageln Sie mich bitte nicht fest - vor ungefähr zehn Tagen ein Gespräch in Warschau, wenn mich nicht alles täuscht. Meinen Sie das? Entschuldigung, ich stelle mich nicht absichtlich unwissend. Ich weiß schlicht nicht, von welchem Vorgang und Treffen Sie jetzt sprechen. Es gibt natürlich ständig einen Austausch zwischen den Regierungen und den Häusern, die in diesem Fall betroffen sind. Was war die konkrete Frage dazu?

Zusatzfrage: Ich weiß nicht genau, welche Gespräche Sie jetzt meinen. Es gibt also keine Bewegung und nichts Neues zu berichten, was die polnischen Lkw-Fahrer zum Beispiel freuen könnte?

Küchen: Das Pilotverfahren läuft. Wir geben im Zuge des Pilotverfahrens gegenüber der EU unsere Stellungnahme ab. Das ist alles, was ich jetzt dazu sagen kann. Ich bitte um Verständnis.

Frage : Eine Frage an das Gesundheitsministerium. Das irische Parlament hat heute Markenlogos auf Zigarettenschachteln verboten. Andere europäische Länder wollen folgen. Gibt es so etwas demnächst auch in Deutschland?

Küchen: So etwas ist bei uns nicht geplant.

Mittwoch, 4. März 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 4. März 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/03/2015-03-05-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2015

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