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PRESSEKONFERENZ/1040: Regierungspressekonferenz vom 17. August 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 17. August 2015
Regierungspressekonferenz vom 17. August 2015

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Besuch der Weltausstellung Expo 2015, deutsch-brasilianische Regierungskonsultationen), Griechenland, mutmaßliche Entführung einer GIZ-Mitarbeiterin in Kabul, Sicherheitslage in Afghanistan, Beendigung der Mission "Acitve Fence Turkey", Sicherheitslage in Syrien, Sicherheitslage in der Ukraine, Informationskampagne für potentielle Asylbewerber aus den Westbalkanstaaten, Presseberichte über Forderung des türkischen Staatspräsidenten bezüglich Auslieferung von ehemaligen Staatsanwälten, Berichterstattung über legalen Abschuss von Drohnen über Privatgrundstück, Flughafen Berlin Brandenburg, deutsch-brasilianische Regierungskonsultationen

Sprecher: StS Seibert, Alemany (BMWi), Semmelmann (BMF), Schäfer (AA), Mänz (BMZ), Gerhartz (BMVg), Dimroth (BMI), Zimmermann (BMJV), Moosmayer (BMVI)


Vorsitzender Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Ich habe zwei Terminänderungen bekannt zu geben. Wir hatten sie Ihnen schon zur Kenntnis gegeben. Aber weil das etwas kurzfristig war, möchte ich es jetzt hier der guten Form halber noch einmal machen.

Sie wissen bereits, dass die ursprünglich für morgen geplante Reise der Bundeskanzlerin und von Professor Sauer nach Mailand zur Weltausstellung Expo 2015 schon heute stattfinden wird. Italiens Ministerpräsident Renzi hat sie dorthin eingeladen. Auch seine Ehefrau wird anwesend sein.

Auch verändert hat sich der Termin unseres Briefings für Sie zur Brasilien-Reise, zu den deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen. Dies findet nicht mehr heute, sondern hier an dieser Stelle morgen um 14.30 Uhr mit den Abteilungsleitern Heusgen und Röller sowie mit mir statt. - Das waren die beiden kleinen Veränderungen.

Frage: Nur zur Sicherheit gefragt: Gibt es bezüglich der Reise nach Mailand vielleicht doch noch einen Statement-Termin der Kanzlerin und von Herrn Renzi, oder ist das Ganze komplett nur auf Bilder ausgerichtet?

StS Seibert: Das ist auf den Besuch bei der Weltausstellung ausgerichtet, deren Thema "Feeding the Planet, Energy for Life" natürlich ein global wichtiges Thema ist. Die Bundeskanzlerin und der italienische Ministerpräsident werden sowohl den deutschen als auch den italienischen Pavillon besuchen. Dabei geht es um Antworten auf die große Herausforderung der Welternährung. Aber es gibt keine geplanten Pressetermine.

Frage (zu Griechenland): Nachdem ich schon gehört habe, dass die Kanzlerin und der Finanzminister es ganz toll fanden, was da erzielt worden ist, würde ich zur Sicherheit gerne fragen, wie der Vizekanzler das Ergebnis vom Freitagabend bewertet.

Ich würde zum Zweiten gerne vom Finanzministerium wissen: Wie ist denn jetzt die zeitliche Vorgabe, um das Thema Schuldenerleichterung anzugehen? Wenn der IWF im Oktober entscheidet, müsste man der Logik halber sagen, man müsste sich aufseiten der Europäer klar sein: in angemessenem Abstand vor diesem Entscheidungstermin des IWF über das Thema Schuldenerleichterung. Wann beginnen die Gespräche, um die Schuldentragfähigkeit für den IWF sicherzustellen?

Alemany: Vielleicht beginne ich ganz kurz. Der Vizekanzler - sprich: der Wirtschaftsminister - sieht das ebenso wie Frau Merkel positiv.

Semmelmann: Dann zu meinem Teil der Frage. Eine Beteiligung des IWF ist nach wie vor unabdingbar; im Eurogruppen-Statement heißt es "indispensable". Frau Lagarde war der Sitzung die ganze Zeit zugeschaltet. Wenn die Maßnahmen bis Oktober umgesetzt werden, die Griechenland bis dahin umsetzen muss, und somit der erste Review erfolgreich ist, kann sie den Gremien des IWF eine weitere finanzielle Beteiligung vorschlagen. Um das in andere Worte zu fassen: Frau Lagarde hat sich committet. Es ist nach wie vor eine Entscheidung des Boards des IWF. Das ist das weitere Prozedere.

Einen genauen Zeitplan über die Art der Schuldenerleichterung beziehungsweise das weitere Vorgehen kann ich noch nicht nennen. Man muss jetzt erst einmal sehen, was Griechenland liefert.

Zusatzfrage: Nichtsdestotrotz muss das Thema, damit der IWF entscheiden kann, bis dahin von den Europäern abgeklärt sein. Von daher würde mich auch interessieren: Was ist denn für Sie die entscheidende Orientierungsgröße, an der man sich beim Thema Schuldenerleichterung ausrichtet? Ist das eine Schuldenbelastungsquote, die man über einen längeren Zeitraum erfüllt sehen will, oder sind das andere Kenngrößen? Woran orientiert man sich, um den Begriff "Schuldentragfähigkeit", das Kriterium letztendlich zu erfüllen?

Semmelmann: Ich werde das jetzt im Einzelnen nicht detailliert darstellen.

Zusatzfrage : Warum nicht?

Semmelmann: Es ist bekannt, dass die Debatte noch einige Wochen dauern wird. Es ist auch bekannt, dass es im Grunde genommen zwei Möglichkeiten gibt, nämlich einen längeren Tilgungsaufschub und längere Rückzahlungsfristen. Aber ich werde dazu jetzt noch keine Zahlen und Terminabläufe nennen. Denn man muss feststellen: Erst einmal muss der Bundestag allem, was wir am Freitag und in den letzten Tagen vereinbart haben, zustimmen. Das gilt es jetzt abzuwarten.

Frage: Herr Seibert, es gibt Berichte, wonach die Bundesregierung die Beteiligung der gesamten EU in der Griechenland-Krise beabsichtigt. Können Sie das bestätigen oder dementieren?

StS Seibert: Das, was jetzt zur Entscheidung anliegt, ist das, was die Institutionen mit der griechischen Regierung erfolgreich ausgehandelt haben, was sich die Eurogruppe angeschaut und ebenfalls gebilligt hat und was jetzt im Deutschen Bundestag vorliegt. Es gibt da keine Veränderung.

Zusatzfrage: Die Frage war, ob man die EU als solche ins Boot holen möchte, um den IWF an Bord zu halten.

StS Seibert: Dazu ist hier schon in der letzten Woche vom Bundesfinanzminister etwas gesagt worden. Das kann der Sprecher sicherlich wiederholen. Meine Antwort bleibt die, die Sie jetzt hatten.

Semmelmann: Das ist im Wesentlichen auch das, dem Kollegen gerade gesagt habe, wie die Beteiligung des IWF im Weiteren abläuft. Man wartet jetzt den ersten Review ab. Wenn der erfolgreich ist, kann Frau Lagarde eine weitere finanzielle Beteiligung des IWF vorschlagen. Das ist das weitere Prozedere, was den IWF angeht.

Frage : Herr Semmelmann, ich habe noch eine Lernfrage: Die Kanzlerin hat gestern in dem Sommerinterview davon gesprochen, dass es noch Änderungen - ich glaube, sie hat von Nachjustierungen gesprochen; ich habe das Wort nicht mehr in Erinnerung - am MoU geben müsste beziehungsweise könnte. Wo können diese Änderungen noch eingepflegt werden? Das MoU ist ja - so, wie ich es verstanden habe - jetzt unterschrieben; es ist erst einmal fest. Gibt es das dann in dem Review-Verfahren? Wann kann das passieren?

Semmelmann: Noch einmal grundsätzlich zum Verfahren: Das MoU wurde zwischen den Institutionen und Griechenland festgelegt. In Ergänzung dazu gibt es das Statement der Eurogruppe. Das ist jetzt quasi - nennen wir es einmal so - das erste Paket, das abgeschlossen wurde und über das der Bundestag abstimmen wird. Dass es im Laufe des dreijährigen Programms natürlich immer wieder zu Ergänzungen, zu Präzisierungen kommen wird, ist auch klar. Schauen wir uns zum Beispiel die Tranchenauszahlung an: Wir haben eine erste Tranche, wir haben eine zweite Tranche, und es wird Subtranchen geben. Auch das ist bereits so festgelegt. Es wird immer wieder Maßnahmen geben, über die das griechische Parlament abstimmen muss. Ergänzungen wird es immer geben, wie dies auch bei den anderen Programmen der Fall war. Das ist nichts Ungewöhnliches.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert zu dem Sommerinterview der Kanzlerin. Herr Seibert, wenn man der Kanzlerin gestern zuhörte, bekam man ein bisschen den Eindruck, dass sie der Ansicht ist, dass im Grunde genommen schon dadurch, dass am Ende möglicherweise die Laufzeiten verlängert oder die Zinsraten leicht gesenkt werden, die IWF-Forderungen erfüllt seien. Tatsache ist aber, dass der IWF sehr viel drastischere Schuldenerleichterungen verlangt. Ist die Kanzlerin wirklich der Ansicht, dass die Positionen des IWF und der Bundesregierung schon jetzt deckungsgleich sind, oder ist sie auch der Ansicht, dass es da noch eine gewisse Differenz gibt?

StS Seibert: Um es noch einmal zu sagen: Diese Frage wird mit dem IWF nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Überprüfung zu besprechen sein, also im Oktober dieses Jahres. Die Bundeskanzlerin hat gestern im Sommerinterview des ZDF viele gute Gründe genannt, warum sowohl sie als auch der Finanzminister wie sicherlich auch der Wirtschaftsminister für ein Ja zu diesen Vereinbarungen vor ihrer Fraktion werben werden. Sie hat in dem Interview auch klargemacht, wo sie, wo die Bundesregierung beim Thema Schuldenerleichterung überhaupt Spielraum sieht.

Zusatzfrage: Das ist keine Antwort auf die Frage. Sieht sie, wenn dieser Spielraum ausgenutzt wird, die Forderungen des IWF bereits erfüllt oder nicht? Denn gestern klang es so, dass der IWF dann, wenn das so wäre, schon zufrieden wäre. Aber dazu gibt es ja durchaus andere Ansagen aus dem IWF.

StS Seibert: Aus deutscher Sicht ist es ein Erfolg, dass von einem Haircut, also von einem nominalen Schuldenschnitt, jetzt nicht mehr die Rede ist. Das war lang genug eine Sache, die im Raum stand, nie aus unserer Sicht, aber doch aus Sicht der Griechen und anderer. Nun ist auch in dem Text der Vereinbarung ganz klar, dass das aus rechtlichen Gründen nicht infrage kommt. Über die anderen Dinge müssen und werden wir uns Gedanken machen, wenn es so weit ist.

Die Bundeskanzlerin hat gestern zu erkennen gegeben - aber auch nicht zum ersten Mal, sondern zum wiederholen Male -, wo wir noch Spielraum sehen. Das wird dann im Oktober unter den Bedingungen eines hoffentlich erfolgreichen ersten Überprüfungs-Reviews besprochen werden müssen.

Frage: Herr Semmelmann, ich vermisse eine Antwort auf die Frage der Beteiligung der EU an sich, wie ihr Haus dazu steht.

Herr Seibert, Frau Merkel war ja gestern im ZDF. Herr Gysi war parallel dazu in der ARD und hat dort eine europäische Schuldenkonferenz gefordert. Was hält die Bundesregierung von dieser Idee?

Semmelmann: Wenn ich auf die erste Frage eingehen kann, auf die Beteiligung der EU. Es ist klar, dass wir uns am Freitag in Brüssel getroffen haben. Die Finanzminister der Eurogruppe haben sich getroffen. Die Kommission war beteiligt. Insofern verstehe ich Ihre Frage nicht, worauf die hinauslaufen soll.

Zusatz: Die EU als solche garantiert dem IWF einen Schuldenausfall.

Semmelmann: Wie bitte? Noch einmal!

Zusatz: Die EU als solche tritt als Garant ein, nicht nur die Eurozone an sich, sondern die gesamte EU, also auch die Nicht-Euro-Staaten.

Semmelmann: Ich kann für das Finanzministerium nur festhalten, dass die üblichen Verfahren eingehalten wurden und eingehalten werden, dass die EU entsprechend beteiligt ist. Insofern verstehe ich die Frage nicht.

StS Seibert: Ich bin nicht in der Lage, zu beurteilen, was sich Herr Gysi genau von einer solchen Konferenz verspricht. Ich kann für die Bundesregierung sagen, dass das kein Teil unserer Absichten oder unseres politischen Handelns sein wird.

Die Eurozone hat versucht, die Probleme in den stark betroffenen Ländern nach einem erfolgreichen Rezept anzugehen, und in vielen Ländern auch echte Verbesserungen erreicht. Dieses Rezept heißt Solidarität gegen Eigenanstrengung. Dies hat eine Reihe von Ländern, die einst Programmländer waren und es jetzt nicht mehr sind, auf einen guten Pfad zurückgebracht. Wir hoffen, dass diese Entwicklungen anhalten.

Wir hoffen, dass jetzt mit dem dritten Hilfspaket für Griechenland auch dort eine Wende zum Besseren geschafft werden kann. Das wird ganz entscheidend davon abhängen, ob die griechische Regierung, ob der griechische Staat die Punkte umsetzt, die in den Vereinbarungen stehen. Das ist unsere Politik. Das ist die Politik der Eurozone, und die ist auf einem guten Weg.

Frage: Herr Seibert, noch einmal zu dem Interview gestern. Die Kanzlerin sagte gestern an einer anderen Stelle sinngemäß, dass die Griechenland-Krise, das Thema Griechenland, und auch die Eurokrise im Grunde genommen schon bald gar nicht mehr die vorrangigen Themen sein würden, weil die Flüchtlingsfrage so dringend sei. Die Flüchtlingsfrage werde diese beiden anderen Themen völlig in den Hintergrund drängen. Heißt das, dass sie die ganze Griechenland- und Eurokrise mit diesem Hilfspaket für beendet beziehungsweise für unter Kontrolle hält, oder heißt das, dass sie denkt, die Flüchtlingskrise wird so dramatisch, dass sie selbst so wichtige Themen wie die Eurokrise in den Hintergrund drängt?

StS Seibert: Ich finde jetzt nicht den genauen O-Ton. Aber ganz sicherlich hat die Bundeskanzlerin nicht gesagt, dass irgendetwas komplett in den Hintergrund gedrängt werde. Sie hat nach meiner Erinnerung gesagt, dass die Herausforderungen durch den Flüchtlingszustrom Europa in der Tat noch sehr lange, sehr intensiv und vielleicht auch noch intensiver beschäftigen würden als die Lösung der Eurokrise.

Sie müssen aber auch bedenken, dass wir in den letzten fünf Jahren bei dem Versuch, den betroffenen Ländern zu helfen, wirklich große Fortschritte gemacht haben. Wir haben individuell in diesen Ländern Fortschritte erlebt. Wir haben auf Eurozonenebene erhebliche Sicherungen eingebaut und Institutionen aufgebaut, die uns heute robuster dastehen lassen. Das ist das, was die Bundeskanzlerin gemeint hat. Beide Themen sind von großer Wichtigkeit. Wie gesagt: Bei dem Flüchtlingsthema geht sie davon aus, dass uns das gesamteuropäisch noch eine längere Zeit sehr intensiv beschäftigen wird.

Frage: Herr Seibert, ich habe noch eine Frage zu den rechtlichen Grundlagen der Anwendung des ESM. Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es immer darum, die Stabilität des Euroraums insgesamt zu wahren. Jetzt gibt es Leute, auch in der Unionsfraktion, die sagen: Dadurch, dass es die Möglichkeit eines Grexit auf Zeit gibt, die auch von Bundesfinanzminister Schäuble in den Verhandlungen eingebracht worden ist, gibt es die Gefährdung des gesamten Euroraums nicht, weil es eine andere Möglichkeit gäbe, dieses Problem zu lösen, als den ESM. Ich würde mit Blick auf die Diskussion innerhalb der Unionsfraktion gerne wissen, wie die Haltung der Bundesregierung zu dieser rechtlichen Frage ist.

StS Seibert: Ich schlage vor, dass der Kollege aus dem BMF zu den rechtlichen Fragen des ESM etwas sagt.

Semmelmann: Wenn wir nicht der Meinung wären, dass die Fragen des ESM hinreichend daliegen würden, würden wir den ESM-Antrag nicht stellen. Insofern erübrigt sich für uns diese Frage.

Zusatzfrage: Die grundsätzliche Frage, dass es eine Alternative, die von Ihnen ja beschrieben worden ist, zur Anwendung des ESM gäbe, ist rechtlich gesehen kein Grund, von politischen Fragen abgesehen, den ESM anzuwenden?

Semmelmann: Die Frage ist im Wesentlich nicht neu, sage ich einmal. Es geht jetzt darum, dass wir die Gipfelerklärung vom 12. Juli umsetzen wollen, umsetzen werden, alles vorbehaltlich der Zustimmung des Bundestages. Etwaige anderslautende Fragen stellen sich nicht.

Frage: Herr Schäfer, die afghanischen Behörden haben offensichtlich bestätigt, dass eine Deutsche, und zwar vermutlich eine GIZ-Mitarbeiterin, in Kabul entführt wurde. Was können Sie uns dazu sagen?

Schäfer: Ich kenne eine solche Bestätigung nicht; vielleicht gibt es sie, vielleicht gibt es sie nicht. Ich jedenfalls kann das, was ich in einigen deutschen und internationalen Medien gelesen habe, zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen. Aber Sie können sich denken, dass wir dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht nur nachgehen, sondern dass wir - mindestens so schnell wie die Öffentlichkeit - über das, was in dieser Hinsicht in Afghanistan passieren mag, ganz gut unterrichtet sind.

Zusatzfrage : Haben Sie denn mehr als Medienberichte?

Schäfer: Sie kennen unsere Haltung zu Entführungsfällen. Ganz grundsätzlich wollen wir in diesem Forum dazu keine Stellung nehmen.

Frage: Herr Schäfer, eine Lernfrage: Können Sie sagen, wie viele Entwicklungshelfer und -helferinnen aus Deutschland in Afghanistan sind?

Schäfer: Ich habe die Zahl nicht präsent. Aber die kann ich Ihnen sicherlich nachreichen.

Vorsitzender Wefers: Das BMZ kann helfen.

Mänz: In aller Kürze: Ich habe die tagesaktuelle Zahl nicht vorliegen; die schwankt immer ein bisschen. Aber ganz grob kann man sagen, dass ungefähr 200 deutsche Mitarbeiter dort in der Entwicklungszusammenarbeit tätig sind und ungefähr 1.800 afghanische, also lokale, Mitarbeiter.

Zusatzfrage: Haben Sie Erkenntnisse, ob das der erste Fall ist? Wurde zum ersten Mal ein deutscher Entwicklungshelfer in Afghanistan entführt?

Mänz: Wie gesagt: Momentan kommentieren wir das überhaupt gar nicht. Insofern - -

Zusatz: Es geht um vergangene Fälle.

Mänz: Das müsste ich nachreichen; das ist mir jetzt nicht klar.

Schäfer: Es gab vor einigen Monaten Medienberichte über Ereignisse im Norden des Landes.

Vielleicht sollte ich noch ergänzen, dass es eine ganze Menge deutsche Staatsangehörige in Afghanistan gibt, um deren Sicherheit und Wohlbefinden wir uns intensiv mit jeder Art von möglichen und denkbaren Sicherheitsmaßnahmen bemühen. Es gibt die Kolleginnen und Kollegen an unserer deutschen Botschaft in Kabul, am Generalkonsulat in Masar. Es gibt die von der Kollegin genannten Zahlen über Entwicklungshelfer. Es gibt deutsche Polizisten. Es gibt auch deutsche Staatsangehörige, die innerhalb der Nato, innerhalb der Vereinten Nationen und anderswo im Einsatz sind.

Sie können gewiss sein, dass im Krisenreaktionszentrum und auch so in der Politik der Bundesregierung und im Auswärtigen Amt alles Menschenmögliche getan wird, um die Sicherheit und das Wohlbefinden - ich wiederhole das gerne - der deutschen Staatsangehörigen vor Ort, so gut das nur irgend geht, sicherzustellen.

Dass die Sicherheitslage in Afghanistan nicht einfach ist, liegt angesichts der Berichte der letzten Wochen über verschiedene Anschläge, zumeist Selbstmordanschläge, bei denen, wie immer, im Wesentlichen zivile afghanische Opfer zu beklagen sind, auf der Hand. Aber darüber hinaus sehe ich mich jetzt hier nicht in der Lage, angesichts unserer grundsätzlichen Haltung zum Thema Entführung und Geiselnahmen, Ihnen irgendetwas Weiteres zu sagen.

Frage: Herr Schäfer, daran anknüpfend: Wie bewerten Sie denn die Sicherheitslage in Afghanistan? Sie haben die Entführungen angesprochen. Die Zahl der Toten steigt. Die Taliban sind auf dem Vormarsch. Ist die Strategie, die man eingeschlagen hat, richtig gewesen, nämlich sich jetzt an "Resolute Support" zu beteiligen, den Kampfeinsatz zu beenden und die Sicherheitsverantwortung in die Hände der Afghanen zu legen, oder ist es vielleicht an der Zeit, da noch einmal nachzujustieren und neu darüber nachzudenken?

Schäfer: Das, was ich Ihnen jetzt sagen werde, steht ausdrücklich in keinem denkbaren zeitlichen oder kausalen Zusammenhang zu den Medienberichten, die vielleicht Anlass zu dem Thema Afghanistan hier in der Regierungspressekonferenz gegeben haben.

Es ist richtig, dass die Sicherheitslage in Afghanistan an vielen Orten sehr angespannt ist. Das ist allerdings keine neue Entwicklung. Es ist immer so gewesen, dass es in den Frühlings- und Sommermonaten zu Offensiven vonseiten der Insurgenten einschließlich der Taliban gekommen ist, die immer wieder ganz überwiegend zivile afghanische Opfer gefordert haben.

Der Eindruck, den wir gemeinsam mit unseren Partnern haben - denjenigen, mit denen wir im Rahmen von "Resolute Support" weiter in Afghanistan engagiert sind -, ist, dass die Sicherheitslage schwierig ist und dass die afghanischen Sicherheitskräfte, allerdings unter einem hohen und steigenden Blutzoll, ganz überwiegend in der Lage sind, den Sicherheitsbedrohungen Herr zu werden.

Es kommt immer wieder vor - wie im Norden des Landes oder auch anderswo -, dass es zu Offensiven vonseiten der Insurgenten auch auf regionale Zentren in Distrikten kommt. Aber es ist den afghanischen Sicherheitskräften in den allermeisten Fällen gelungen, diese Angriffe und Attacken vonseiten der Insurgenz dann auch wieder zurückzuweisen. Ich möchte die Lage aber überhaupt nicht schönreden.

Dass es in den letzten beiden Wochen auch in der Hauptstadt - eine Hauptstadt, die in Teilbereichen einer Festung gleicht - zu Selbstmordanschlägen gekommen ist, denen Afghanen, aber auch Ausländer zum Opfer gefallen sind, ist für uns Anlass zur Sorge und auch immer wieder Anlass dafür, die Sicherheitsmaßnahmen, die wir zum Schutz unserer eigenen deutschen Staatsangehörigen haben, die in deutschem Auftrag dort im Einsatz sind, kritisch zu hinterfragen und dort, wo erforderlich, auch nachzulegen.

Ganz grundsätzlich ist die Bundesregierung gemeinsam mit ihren Partnern der Auffassung, dass der Weg zu einer Rückkehr zur vollen Souveränität Afghanistans einschließlich der Übernahme der vollen Sicherheitsverantwortung der einzige und auch der richtige ist. "Resolute Support" dient ebenso wie unsere intensiven entwicklungspolitischen, polizeilichen und sonstigen Anstrengungen dem Ziel, die staatliche Souveränität Afghanistans zu unterstützen, damit die legitime Regierung des Landes unter der Führung des neuen Präsidenten und seines CEO in der Lage ist, auf dem Weg zu einem friedlichen Afghanistan Schritt um Schritt voranzukommen. Wir fühlen uns im Kreise unserer Partner in dieser Haltung bestärkt. Wir werden in den nächsten Monaten sehen, in welcher Weise "Post 2015", das internationale Engagement Deutschlands und der internationalen Gemeinschaft fortgesetzt werden wird.

Ich kann Ihnen in diesem Zusammenhang noch davon berichten, dass die neue Leiterin unserer zweiten politischen Abteilung, Frau Sabine Sparwasser, in Kabul zu Besuch gewesen ist. Sie hat von ihrem Vorgänger, von Botschafter Koch, die Aufgabe übernommen, im Rahmen der sogenannten internationalen Kontaktgruppe für Deutschland weiter den Vorsitz zu führen und damit gewissermaßen gegenüber Afghanistan die internationale Gemeinschaft zu repräsentieren. Die Gespräche, die sie mit dem Präsidenten, mit dem Geschäftsführer der Regierung und vielen anderen Gesprächspartnern in Kabul in den letzten Tagen geführt hat, bestätigen uns in der Haltung, dass Afghanistan es verdient hat, es nach Kräften auf dem Weg zu Frieden, einem Ansatz von Wohlstand und versöhnlichem Miteinander tatkräftig weiter zu unterstützen.

Frage: Herr Schäfer, bereits am vergangenen Wochenende kursierten in der Entwicklungshelferszene in Kabul Informationen, dass irgendein Anschlag oder irgendeine Aktion gezielt gegen Deutsche in der Planung sei. War Ihnen das bekannt?

Schäfer: Ich kann nur das wiederholen, was ich gerade gesagt habe. Sie können doch jetzt nicht im Ernst von mir erwarten, dass ich diese Art von Gerüchten, die Sie mir hier als Frage stellen, verantworte. Das betrifft unmittelbar die Sicherheit der Deutschen, die im deutschen Auftrag für die internationale Staatengemeinschaft in Kabul und anderswo am Start sind. Ich glaube nicht, dass Sie jetzt ernsthaft von mir erwarten, dass ich zu dieser Art von Vorhalten Stellung nehme.

Frage: Herr Schäfer, Herr Gerhartz, vielleicht auch Frau Mänz, mich würde Folgendes interessieren: Ist das Leben eines Deutschen in Afghanistan - bei Herrn Gerhartz: das Leben eines deutschen Soldaten, bei Frau Mänz: das Leben eines deutschen Entwicklungshelfers - seit der Machtübergabe an die afghanischen Sicherheitsbehörden und Sicherheitskräfte gefährlicher geworden?

Schäfer: Das ist eine Frage, die nicht einfach zu beantworten ist, weil die Beantwortung letztlich voraussetzt, dass man in die Zukunft blickt und dass man einen optimalen, geradezu perfekten Überblick über die tatsächliche Sicherheitslage hat. Aber den hat niemand.

Ich möchte wiederholen und bekräftigen, was ich gerade gesagt habe: Wir tun alles, was in unserer Macht steht, alles Menschenmögliche, um diejenigen zu unterstützen, die unser politisches Interesse vor Ort umsetzen, nämlich Afghanistan dabei zu helfen, ein friedliches Land zu werden, in dem die Menschen nach mehr als zwei Generationen friedlich miteinander zusammenleben können. Die Sicherheitsmaßnahmen sind schon intensiv. Sie werden regelmäßig überprüft und, wo nötig, auch intensiviert.

Dass es Risiken gibt, denen sich jeder zu stellen hat, der es auf sich nimmt, im deutschen Auftrag nach Afghanistan zu gehen, liegt auf der Hand. Ich kann aber - um konkret auf Ihre Frage zu antworten - nicht feststellen, dass die Sicherheitslage nach Ende 2014, nach einer Veränderung der militärischen Präsenz der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan, für die dort ansässigen Ausländer einschließlich der Deutschen substanziell anders geworden wäre.

Gerhartz: Auch ich lasse mich hier nicht dazu hinreißen, zu sagen: Es ist jetzt für die deutschen Bundeswehrsoldaten gefährlicher oder weniger gefährlich geworden, oder die Lage ist gleichgeblieben. Ich denke, es ist genau so, wie es Herr Schäfer gesagt hat: Die Lage ist schwierig.

Ich kann Ihnen sagen: Unsere Leute arbeiten täglich mit den afghanischen Sicherheitskräften, insbesondere mit der Armee, zusammen. Die Afghanen wollen diese Verantwortung übernehmen. Das sagen sie uns täglich. Sie selbst wissen, wie schwierig die Situation ist. Wir sind durchaus willens, die Afghanen genau darin zu unterstützen.

Mänz: Ich habe dem nicht viel hinzuzufügen. Die Sicherheit für die Entwicklungszusammenarbeit hat natürlich auch für unsere Mitarbeiter höchste Priorität. Es gibt - das hat Herr Schäfer schon berichtet - ein bewährtes sogenanntes Risk Management für Afghanistan. Nach meiner Einschätzung gibt es keine nennenswerten Einschränkungen wegen irgendeiner veränderten Sicherheitslage. Unsere Entwicklungszusammenarbeit geht weiter. Wir stehen auch weiterhin fest an der Seite der Afghanen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, plant die Kanzlerin, wieder einmal nach Afghanistan zu fliegen?

StS Seibert: Termine gebe ich dann bekannt, wenn sie reif zur Bekanntgabe sind.

Frage: Stichwort Türkei: Herr Gerhartz, wie lange werden nach der Ankündigung der Bundesregierung am Wochenende, das Mandat für "Acitve Fence Turkey" auslaufen zu lassen, und der US-Ankündigung, bereits im Oktober die Patriot-Systeme abzuziehen, die Deutschen ihre Systeme weiter betreiben? Wie lange geht das operative Geschäft in diesem Einsatz also noch weiter, und wann wird abgebaut, eingepackt und zurückverlegt?

In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage an Herrn Seibert beziehungsweise an Herrn Schäfer. Der CDU-Abgeordnete Kiesewetter, der ja auch gewisse sicherheitspolitische Berührungspunkte hat, hat in diesem Zusammenhang - ich weiß nicht, ob erneut - ins Gespräch gebracht, dass sich Deutschland am Kampf gegen ISIS in der Region mit Tornado-Kampfjets beteiligen könnte. Gilt weiterhin die kategorische deutsche Absage hinsichtlich eines Einsatzes solcher Waffensysteme in diesem Zusammenhang?

Gerhartz: Dann fange ich mit dem ersten Teil an. Sie haben es mitbekommen: Die Bundesregierung hat entschieden, diesen Einsatz zum Mandatsende, das heißt zum Januar 2016, zu beenden. Das ist natürlich in Abstimmung mit der Türkei, aber auch mit den USA passiert. Die Amerikaner haben gesagt, dass sie schon jetzt, zum Oktober hin, abziehen wollen. Wir sind jetzt dabei, nachdem wir das jetzt erst einmal abgestimmt und die Entscheidung auch dementsprechend bekannt gegeben haben. Sie haben ja mitbekommen, dass der SACEUR immer diese Reviews der Bedrohung erstellt hat, und der letzte Review-Report im Juni war jetzt schon der Review-Report, in dem die Bedrohung durch ballistische Raketen als sehr, sehr gering eingeschätzt worden ist, sodass bei uns im Ministerium und in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt schon die Gedankenprozesse in Bezug darauf liefen, wie wir jetzt weiter mit diesem Einsatz umgehen. Jetzt gab es eben die Bekanntgabe der Entscheidung.

Wie das jetzt im Speziellen operativ aussehen mag, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Für uns wird jetzt erst einmal eine Fact-Finding-Mission unterwegs sein, die sich das vor Ort ganz genau anschauen wird. Ich kann hier nur sagen: So, wie wir hineingekommen sind, vermute ich einmal, werden wir wahrscheinlich auch herausgehen. Nur damit man einmal eine Größenordnung hat: Das sind ca. 200 Fahrzeuge. Es sind mehr als 150 Container. Das ist also eine Menge Material. Das wird auch wieder über irgendeinen Hafen herausgehen müssen, und von Kahramanmaras nach Iskenderun sind es ca. 250 Kilometer. Zumindest sind wir über diesen Hafen hereingekommen. Ich denke einmal, dass wir das wahrscheinlich auch so wieder herausverlegen werden. Jetzt müssen wir natürlich mit der "host nation", weil die ja letztlich auch für die Sicherheit zuständig ist, eben mit der Türkei, genau abstimmen, wie das passt und wann wir dann dementsprechend zurückverlegen werden. Wir haben dazu also noch keine genaue Planung, und ich kann Ihnen jetzt auch noch keinen Termin nennen, an dem ich sagen kann: In diesem Moment stellen wir das Radar aus und werden die Fähigkeit operativ nicht mehr vor Ort haben.

Zusatzfrage: Eine technische Frage: Ergibt es überhaupt Sinn, dass die Deutschen ihr System weiterbetreiben, wenn die USA ihres schon abziehen? Ist das nicht ohnehin ein Verbund, der nur so sinnvoll ist?

Gerhartz: Klar war es ein Verbund; das ist logisch, weil sich die unterschiedlichen Systeme natürlich abstützen. Aber wenn man jetzt einmal den speziellen Schutzraum sieht, dann sind wir für diese Stadt Kahramanmaras schon alleine zuständig, und unser Radargerät wird durchaus so lange dort bleiben, bis wir eben mit der Rückverlegung beginnen werden. Da haben wir immer noch die Möglichkeit, agieren zu können.

Schäfer: Vielleicht nur vorweg zur Klarstellung: Deutschland hat sich von Anfang an am gemeinsamen Kampf der internationalen Gemeinschaft gegen ISIS beteiligt und wird das auch weiterhin tun. Letztes Jahr um diese Zeit ist die Entscheidung der Bundesregierung gefallen, die kurdischen Sicherheitskräfte, die Peschmerga, mit deutschen Waffen zu versorgen, damit die Peschmerga und die kurdische Region im Irak in die Lage versetzt werden, sich gegen den Ansturm von ISIS zur Wehr setzen zu können. Das haben wir getan. Das haben wir über die vergangenen zwölf Monate hinweg getan, und das werden wir, sofern und sobald das weiter erforderlich ist, natürlich auch fortsetzen.

Es gibt eine Reihe von anderen Dingen, die ich hier im Detail nicht aufführen will, in Bezug darauf, in welcher Weise wir uns an der internationalen Koalition gegen ISIS beteiligen. Ich kann allerdings zu Ihrem konkreten Vorhalt nur sagen: Mir sind keinerlei Pläne der Bundesregierung bekannt, sich in eine ganze Phalanx von Staaten einzureihen, die mithilfe ihrer Luftwaffe den Kampf gegen ISIS unterstützen. Ich glaube, da gibt es deutlich mehr als ein Dutzend Staaten - mindestens eineinhalb Dutzend -, die das tun, und ich glaube nicht, dass es an Gerätschaften der Luftwaffe mangelt, um diesen Kampf gegen ISIS erfolgreich zu führen. Wie gesagt: Konkrete Pläne oder auch abstrakte Pläne innerhalb der Bundesregierung mit diesem Ziel wären mir völlig unbekannt.

Frage: Herr Gerhartz, können Sie uns vielleicht die Gründe für den Raketenabzug aus der Türkei nennen?

Gerhartz: Ich dachte, das wäre gerade mit unser beider Äußerung deutlich geworden; vielleicht hole ich da noch einmal aus, damit es besser verständlich wird. Es gab, als wir damals mit dem Einsatz begonnen haben, bei der Nato, beim SACEUR, also der höchsten militärischen Stelle, ständig ein sogenanntes Review. Die verschiedenen Nachrichtenkräfte haben sich also auch im Zusammenwirken mit der Türkei angeschaut, inwieweit es noch eine Bedrohung durch ballistische Raketen aus Syrien gibt, dies vor dem Hintergrund, dass die eben chemisch bestückt werden konnten. Hierzu hat Deutschland auch viel beigetragen. Deutschland hat sich ja auch an diesem Einsatz der "Cape Ray" zur Vernichtung der chemischen Arsenale beteiligt. Aber durch unsere Nachrichtenwesenzellen - wie gesagt, auch alle Regionalen wie die Türkei sind da ein Mitbestandteil - konnte man sehen, dass diese Bedrohung - das konnte man auch in diesem Review-Reports sehen, die quasi jedes Vierteljahr bei dieser Stelle in Brüssel, beim SACEUR, gemacht worden sind - mehr und mehr abgenommen hat. Das letzte Review - das war jetzt im Juni dieses Jahres - hat ganz klar ausgesagt, dass die Bedrohung äußerst gering ist.

Schäfer: Ich würde gerne vielleicht nur einen Satz ergänzen, wenn ich darf, und möchte Ihnen sagen, wie es der Außenminister gestern auch einer großen deutschen Sonntagszeitung gesagt hat: Es gibt überhaupt keinen Zweifel an der Solidarität Deutschlands im Nato-Verbund mit der Türkei. Die Türkei ist ein Frontstaat im Kampf gegen ISIS. Die Türkei hat eine völlig andere Situation, als wir sie hier in Deutschland haben, wo wir einige 1000 Kilometer weit weg vom unmittelbaren Kampfgebiet sind. Die Türkei hat seit mindestens fünf Jahren mit den dramatischen Folgen des Bürgerkriegs in Syrien zu kämpfen. Das fängt bei einer hohen einstelligen Millionenzahl von Flüchtlingen an, die die Türkei aus den Krisengebieten aufgenommen hat. Das geht weiter mit den Übergriffen von syrischem Territorium auf türkisches Territorium, die der eigentliche Anlass dafür gewesen sind, dass die Bundesregierung im Spätherbst 2012 die Entscheidung getroffen hat, auf diese Art und Weise, nämlich mit den Patriot-Raketenabwehrsystemen, der Türkei zur Seite zu stehen. Selbstverständlich werden wir weiterhin im bilateralen Verhältnis mit der Türkei und mit Ankara wie auch im Nato-Rahmen diese von mir gerade geäußerte Solidarität mit der Türkei weiter leben und mit Leben erfüllen, wann und wo auch immer das erforderlich ist.

Zusatzfrage: Ich stelle die Nachfrage einmal so: Was für eine Rolle für den Raketenabzug aus der Türkei spielt die Tatsache, dass der Friedensprozess mit der PKK unterbrochen ist?

Schäfer: Das spielt keine Rolle.

Frage: Herr Gerhartz, warum ist die Bedrohungslage aus Syrien aktuell und in den letzten Monaten geringer als noch im Januar? Ich meine, die Türkei kämpft jetzt aktiv gegen ISIS. Da würde man ja nach normalem Menschenverstand denken "Wenn, dann ist die Bedrohung größer geworden".

Zweite Frage: Haben die amerikanischen Freunde vor der Bundesregierung entschieden, die Patriot-Raketen abzuziehen, oder war das jetzt eine Reaktion auf den deutschen Abzug?

Gerhartz: Für die erste Frage bin ich Ihnen noch einmal dankbar, denn "Bedrohung" muss man natürlich etwas differenziert betrachten; da haben Sie natürlich völlig recht. Speziell die Patriot-Raketen werden gegen ballistische Raketen eingesetzt. Das heißt, das war die Bedrohung, nach der man ursprünglich gesagt hat: Der Einsatz ist erforderlich. Ich kann die Quellen, die wir da haben, jetzt nicht offenlegen. Aber ich glaube, wenn international und insbesondere bei der Nato das Bild erwächst und es sich auch über Monate hinweg verdichtet, dass diese Bedrohung so gering ist, dann - gehen Sie davon aus - ist das auch so.

Zu der Perzeption der Bedrohung und dazu, dass es doch den Kampf gegen IS gibt: Ja, das ist richtig. Aber hier muss man ganz klar unterscheiden. Es ist eine ganz andere Bedrohung, wenn es insbesondere um diesen Bereich der Raketen geht. Hierbei geht es nicht um ballistische Raketen, sondern IS kämpft mit sogenannten Mörsergranaten. Was das betrifft, können Patriot-Raketen überhaupt gar nichts dagegen ausrichten. Das sind Mörsergranaten, die eine Reichweite von wenigen Kilometern haben. Das betrifft eher den Grenzbereich. Das heißt, für so eine Stadt wie Kahramanmaras käme es überhaupt gar nicht zu irgendeiner Bedrohung. Aber, wie gesagt, gegen diese Bedrohung können Patriot-Raketen ohnehin nicht eingesetzt werden.

Zusatzfrage: Die zweite Frage war, ob der Abzug der Patriot-Raketen eine Reaktion darauf war, dass die Amerikaner die Patriot-Raketen abziehen.

Gerhartz: Völlig im Einklang mit den Amerikanern, mit der Nato und auch mit der Türkei.

Zusatzfrage: Hat man das also zusammen entschieden?

Gerhartz: Richtig.

Frage : In mehreren türkischen Medien wird heute Morgen behauptet, es seien von der PKK Waffen genutzt worden, die offensichtlich von Deutschland an Kurden in Irak geliefert wurden. Ist Ihnen davon im AA oder BMVg etwas bekannt, und wie bewerten Sie das?

Schäfer: Ich kann das nicht bestätigen. Ich kann das aber auch nicht völlig ausschließen. Die Waffen, die wir den Peschmerga, den kurdischen Sicherheitskräften, zur Verfügung gestellt haben, haben wir denen mit der Zusicherung gegeben, dass sie dem Kampf gegen ISIS und keinen anderen politischen, militärischen oder sonstigen Zielen dienen. Die Art und Weise, in der die Waffenlieferungen von der Bundesregierung angelegt worden sind - nämlich in verschiedenen Tranchen, die immer wieder dann abrufbar waren, wenn bestimmte Teile der Munition oder von MILAN aufgebraucht waren oder aufgebraucht zu werden drohten -, trägt dem Umstand Rechnung, dass wir vorsichtig, behutsam und sorgsam vorgehen wollten. Das heißt aber nicht, dass wir mit völliger Sicherheit ausschließen könnten, dass hier und da vielleicht tatsächlich die eine oder andere Waffe in einer Weise zur Anwendung kommen könnte oder weitergegeben wurde, die nicht dieser Zusicherung entspricht. Wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass so etwas geschehen ist, dann können Sie sich darauf verlassen, dass die Bundesregierung mit denjenigen, mit denen sie dazu seit dem letzten Jahr in engstem Kontakt steht, nämlich den Vertretern der Regionalregierung in Erbil, darüber das Gespräch aufnehmen wird und darauf drängen wird, dass, wenn so etwas geschehen sein mag, das aufgeklärt und abgestellt wird.

Zusatzfrage: Ist ein solcher Vorwurf von der türkischen Seite schon in irgendeiner Form vorgebracht worden?

Schäfer: Das wäre mir nicht bekannt.

Frage: Herr Gerhartz, gab es in all der Zeit, in der die Patriot-Raketen in der Türkei waren, irgendwann einmal einen Zeitpunkt, an dem die Anwendung der Patriot-Raketen in Betracht kam?

Gerhartz: Seit dem Beginn des Einsatzes hatten wir über die Patriot-Radargeräte ständig das Lagebild. Die Radargeräte haben also den Luftraum beobachtet. Es fand in diesem Zeitraum kein Beschuss durch ballistische Raketen statt.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, dass es bald eine Flugverbotszone an der Grenze Syriens und in Syrien geben wird?

Schäfer: Der politische Wunsch beziehungsweise die politische Zielvorstellung - ja, die politische Forderung - der türkischen Regierung nach der Einrichtung einer Flugverbotszone entlang der syrisch-türkischen Grenze auf syrischem Staatsgebiet ist nicht neu. Diese Forderung wird von türkischer Seite seit Langem erhoben. Einmal ganz abgesehen von einer Reihe praktischer Probleme - wer setzt das durch, wie wird das durchgesetzt, welche Nationen beteiligen sich daran? -, ist seit Jahren das Problem, das weit über den Punkt der Flugverbotszone hinausgeht - bei allem, was die internationale Gemeinschaft in Syrien versucht -, die Blockade des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Maßnahmen, die unmittelbar die Hoheitsrechte, die Souveränität des Staates Syrien betreffen, bedürfen nach der Charta der Vereinten Nationen einer Ermächtigungsgrundlage. Das kann eine Kapitel-7-Maßnahme der Vereinten Nationen sein. Sie wissen, dass es in den vergangenen Jahren mehrfach den Versuch insbesondere der westlichen Mitgliedstaaten des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gegeben hat, hier Pflöcke einzuschlagen, die dann immer wieder am Veto einiger ständiger Mitglieder des Sicherheitsrats gescheitert sind.

Aber Sie sprechen immerhin einen Punkt an, der der Bundesregierung sehr am Herzen liegt. Wir haben das Gefühl - das hat der Außenminister gestern auch noch einmal in seinem Interview in der "Bild am SONNTAG" zum Ausdruck gebracht -, dass es seit einigen Monaten Bewegung in Bezug auf all die Fragen hinsichtlich des Versuchs einer Annäherung an eine politische Lösung dieser schrecklichen Syrien-Krise gibt, und zwar unter zwei Gesichtspunkten:

Der erste Gesichtspunkt ist die Einigung über das iranische Atomprogramm, die ja noch nicht in trockenen Tüchern ist, die noch im Iran durch das Parlament muss und die im amerikanischen Kongress durch das Parlament muss. Das eröffnet neue Perspektiven für einen Dialog mit dem Iran, der ja in Syrien unzweifelhaft ein ganz wichtiger Spieler ist und Interessen verfolgt, die in vielerlei Hinsicht den unseren diametral entgegenstehen.

Der zweite Punkt ist: Vieles spricht dafür, dass das syrische Militär, das Militär des Assad-Regimes, zunehmend zermürbt ist, Versorgungsprobleme hat und Personalrekrutierungsprobleme hat. Wenn die internationale Gemeinschaft den Versuch unternimmt, das zu retten, was vom syrischen Staats- und Gemeinwesen noch übrig ist, dann ist aus unserer Sicht der Moment gekommen, dies jetzt und in dieser Zeit erneut anzupacken. Dazu gibt es Bemühungen des Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen, Herrn de Mistura. Dazu hat es unter Beteiligung des deutschen Außenministers in den letzten Wochen und Monaten zahlreiche Gespräche gegeben. Herr Steinmeier hat am Rande der Iran-Verhandlungen in Wien mehrfach mit dem amerikanischen Außenminister, mit dem russischen Außenminister und mit anderen Gespräche über das Syrien-Dossier geführt. Der saudische Außenminister ist genau vor einer Woche hier bei uns in Berlin gewesen. Die Außenminister Russlands und der Vereinigten Staaten von Amerika sind am Golf unterwegs gewesen und haben mit wichtigen Spielern - insbesondere mit Saudi-Arabien - das Gespräch gesucht. Im Grunde ist, wenn Sie so wollen, der diplomatische Boden bereitet, um jetzt Fortschritte zu erzielen. Dafür gibt es keine Garantie, sondern es gibt nur die feste Absicht der Bundesregierung und anderer Partner, auf diesem Weg sozusagen konsequent weiterzugehen und wirklich auszuloten, was machbar ist. Das setzt voraus, dass es in der internationalen Gemeinschaft ein Mehr an Miteinander gibt. Das setzt letztlich aber auch voraus, dass die verschiedenen politischen Kräfte in Syrien erkennen, dass dieser schreckliche Bürgerkrieg im Grunde nur noch mehr Tod, Unheil, Flucht und Vertreibung anrichtet, aber die politischen Ziele der einzelnen Fraktionen sicherlich auf diese Art und Weise nicht erreicht werden können.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, was ich jetzt nicht ganz herausgehört habe: Wie ist denn die Haltung der Bundesregierung bezüglich des Wunsches der türkischen Freunde, eine Flugverbotszone zu errichten? Die Türkei kämpft ja gegen ISIS. ISIS hat ja keine Flugzeuge. Würde die Einrichtung einer Flugverbotszone bedeuten, dass man dann gegen Assad kämpft? Ist Assad denn der offizielle Gegner der Türkei?

Schäfer: Es ist ja nicht an mir, jetzt die türkischen Vorschläge ob ihrer Zweckmäßigkeit, Sinnhaftigkeit oder vermeintlichen oder tatsächlichen völkerrechtlichen Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Diese Frage sollten Sie dann schon an die Kollegen in Ankara richten.

Der Bundesregierung geht es darum, dass es eine gemeinsame, entschlossene und umsetzbare Haltung der internationalen Gemeinschaft im Kampf gegen ISIS gibt. Dabei sind wir im letzten Jahr eine ganze Menge Schritte vorangekommen. Jeder weiß, und daraus haben wir nie einen Hehl gemacht, dass das ein dickes Brett ist, das wir da bohren müssen, und dass der Kampf gegen ISIS, die ja auf dem Trümmerfeld mangelnder staatlicher Souveränität im Irak und in Syrien entstanden sind, ein Kampf ist, der langen Atem voraussetzt, aber ein Kampf ist, den Deutschland und die Bundesregierung auf der Grundlage des Völkerrechts und der internationalen Rechtmäßigkeit zu kämpfen gedenkt. Wir sind, was diese und andere Fragen angeht, mit unseren Partnern im Gespräch. Ich hatte Ihnen von einigen Gesprächskontakten bereits berichtet. Das gilt ausdrücklich auch für das bilaterale Verhältnis zur Türkei. Auch über diese und andere Fragen hat der Außenminister in der letzten Zeit mehrfach mit seinem türkischen Amtskollegen gesprochen.

Frage: Herr Schäfer, Sie haben gerade Irans Rolle im Syrien-Konflikt angesprochen. Der iranische Außenminister hat jetzt einen Vier-Punkte-Plan vorgelegt, der unter anderem die Bildung einer nationalen Einheitsregierung in Syrien sowie auch Parlamentswahlen und Präsidentschaftswahlen beinhaltet. Wie steht die Bundesregierung zu diesem Plan?

Ich hätte gerne auch eine Reaktion zu Äußerungen des russischen Außenministers gehört, der gesagt hat, dass für Moskau ein Rücktritt des Präsidenten Assad als Voraussetzung für Gespräche mit Syrien nicht akzeptabel sei.

Schäfer: Ich glaube, Sie haben mit dem zweiten Teil Ihrer Frage im Grunde den Knackpunkt bereits angesprochen. Ganz viel von dem, was aus Teheran und vonseiten des iranischen Außenministers, der, glaube ich, in den letzten Tagen ja auch eine Reise durch die Region zu diesem Thema durchgeführt hat, verlautete, ist vernünftig. Aber an der Frage der Zukunft von Assad scheiden sich seit Jahren die Geister. Die Vereinbarungen von Genf und die Bemühungen um Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sind wieder und wieder an der Frage der Zukunft von Assad gescheitert. Auch da gibt es bedauerlicherweise bis heute Meinungsverschiedenheiten innerhalb der internationalen Gemeinschaft, bei denen Teheran der Position Moskaus näher steht als wir; das können Sie sich denken.

Frage: Herr Seibert, wie bewertet die Bundesregierung die gestrige Attacke in Damaskus? Es wurden laut Berichten mehr als 100 Menschen getötet und mehr als 500 Leute verletzt.

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob das Auswärtige Amt die notwendigen Informationen darüber vorliegen hat.

Schäfer: Nach allem, was wir wissen - da wir dort keine Botschaft vor Ort haben, ist das Fact Finding für uns so schwierig wie für viele andere, aber es gibt für uns keinen triftigen Grund, an den Medienberichten zu zweifeln, die davon berichten -, hat in der Tat die syrische Luftwaffe, die Luftwaffe des Assad-Regimes, einen Markt in Duma mit Bomben belegt - mit furchtbaren Folgen, mit einer Zahl von Toten, die womöglich dreistellig sein wird, und mit unzähligen Verletzten. Diese Gräueltat wie alle anderen, die vom Assad-Regime und von anderen kämpfenden Gruppierungen in Syrien verübt werden, verurteilen wir auf das Allerschärfste. Es ist furchtbar, dass unschuldige Zivilisten immer wieder zum Opfer dieser furchtbaren Gewalttaten werden. Man kann nur hoffen, dass irgendwann alle Seiten ein Einsehen haben und verstehen, dass nichts anderes als eine politische Lösung, nämlich Gespräche über eine Zukunft Syriens, einen Ausweg aus der Situation bieten. Die Zahl der Flüchtlinge - 4 Millionen Menschen, die Syrien verlassen haben, und eine viel größere Zahl von Binnenvertriebenen aus Syrien - und ein großer Teil der Flüchtlingskrise, die wir zurzeit in Europa zu bewältigen haben, liegen genau an dieser Art von Aktion.

Frage: Ich habe eine Frage zur Ostukraine. Gestern haben die Vertreter der dreiseitigen Kontaktgruppe seitens Donezk und Lugansk gesagt, sie hätten eine Anfrage oder ein Schreiben an Deutschland und Frankreich als Teilnehmer am Normandie-Format gerichtet. Haben Sie diese Anfrage zur allgemeinen Situation in der Ostukraine bekommen? Es geht in diesem Schreiben um eine weitere Eskalation in der Region.

Schäfer: Herr Seibert und ich haben uns hier eben flüsternd abgestimmt. Ich kann Ihnen nicht bestätigen, dass es ein solches Schreiben gäbe, das - wo auch immer, über welche Kanäle auch immer - bei Einrichtungen der Botschaft, des Auswärtigen Amtes oder sonst wo angekommen wäre. Das heißt aber nicht, dass das noch passieren wird oder dass das geschehen ist. Ich weiß schlicht und ergreifend nichts davon.

Was die allgemeine Lage in der Ukraine angeht, vielleicht nur so viel: Der Außenminister hat gestern in der "Bild am SONNTAG" auch dazu Stellung genommen. Er sprach von einer explosiven Lage. Wir sind wieder einmal da, wo wir im Zuge dieser inzwischen eineinhalb Jahre währenden Ukraine-Krise immer wieder einmal waren, nämlich wo die Schlacht der Worte der Eskalation und der militärischen Gewalt die Hand reicht und das wiederum zu einer Verschärfung der politischen Auseinandersetzungen um die Zukunft der Ostukraine führt. Für die Bundesregierung ist sonnenklar, dass Gewalt von welcher Seite auch immer sicherlich nicht das richtige Mittel ist, um die Ostukraine zu befrieden und den Menschen eine soziale, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Perspektive zu geben. Wir können immer wieder nur dazu auffordern und appellieren, dass alle Konfliktparteien - die Regierung in Moskau, die Separatisten in Donezk und Lugansk sowie die Regierung in Kiew - alles dafür tun, die Vereinbarungen von Minsk umzusetzen. Das ist der Fahrplan, den wir haben. Der ist nicht perfekt. Den finden alle Konfliktparteien in der einen oder anderen Weise suboptimal. Aber das ist genau das, was in der Nacht vom 11. auf den 12. Februar unter Beteiligung der Bundeskanzlerin und des französischen Präsidenten vereinbart worden ist. Etwas Besseres haben wir nicht. Wir sind nicht bereit, wie das manche Ihrer Kolleginnen und Kollegen, wie ich am Wochenende gelesen habe, zu tun bereit sind, Minsk einfach als einen Teil der Geschichte zu betrachten. Das ist das, was zwischen den beiden Präsidenten der Ukraine und Russlands ausgehandelt worden ist. Das ist der Fahrplan. Wir erwarten von allen Seiten, dass der auch umgesetzt wird.

StS Seibert: Zu der besorgniserregenden Lage gehört auch, dass die OSZE-Mitarbeiter dort unter immer schwierigeren Umständen arbeiten. Wir haben das in der Vergangenheit mehrfach gesagt, und ich will es bei dieser Gelegenheit noch einmal tun: Die Sonderbeobachtermission der OSZE ist von enormer Bedeutung für die Umsetzung und vor allem für die Kontrolle dessen, ob es Fortschritte unter Minsk gibt oder ob es Verstöße gibt. Wenn es - wie in den letzte Wochen - zunehmend Angriffe und Gefährdungen der Sicherheit der Mitarbeiter und Angriffe auf Fahrzeuge gibt, dann ist das auch ein konkreter Angriff auf die Minsker Vereinbarungen. Das macht uns sehr besorgt. Wir fordern alle Seiten auf, Minsk umzusetzen, und wir fordern alle Seiten auf, die dafür wirklich essenziell wichtige Tätigkeit der OSZE nicht zu behindern, sondern zu unterstützen.

Frage: Eine Frage zum Thema OSZE und zu dem gestrigen Treffen in Neuchâtel. Geht es bei diesem Format von Deutschland, der Schweiz, Österreich und Liechtenstein um etwas Konkretes? Was können die deutschsprachigen Länder tun, um die Rolle der OSZE zu stärken?

Schäfer: Dazu haben die drei Außenminister und die eine Außenministerin, die sich gestern in Neuchâtel in der Schweiz auf Einladung des schweizerischen Außenministers getroffen haben, bereits eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, die Sie auf der Website des Auswärtigen Amtes seit gestern Nacht finden können.

In der Tat sind alle vier besorgt über die Ereignisse im Osten der Ukraine und haben gemeinsam ein klares, engagiertes Plädoyer dafür abgegeben, in dieser schwierigen Lage für die europäische Sicherheitsarchitektur die Rolle der OSZE zu stärken. Sie wissen, dass Deutschland von Serbien Anfang des kommenden Jahres den Vorsitz in der OSZE übernehmen wird. Wir haben uns für diese Zeit vorgenommen, bei allen Schwierigkeiten, bei allen Meinungsverschiedenheiten, bei all den Problemen, die es in Wien in der Hofburg der OSZE gibt, wirklich den ernsthaften Versuch zu unternehmen, einen Beitrag zur Verständigung zu leisten und die Rolle, die die OSZE beziehungsweise ihr Vorgänger, die KSZE-Konferenz, in den 70er- und 80er-Jahren spielen konnte, ernsthaft als ein Forum des Dialogs in allen drei Dimensionen wiederzubeleben, bei dem all das zur Sprache kommt, was eine Bedrohung für die Sicherheitslage in Europa sein kann.

Der deutsche Außenminister ist dankbar für die Unterstützung, die er ausweislich der gestrigen Erklärung von seinen drei Amtskollegen, die in diesem Fall zufälligerweise alle sehr gut Deutsch sprechen, bekommen hat.

Frage : Ich habe eine Frage an das Innenministerium und wahrscheinlich an das Auswärtige Amt zur Kampagne in den Balkanstaaten. Mich interessiert, wie viel Geld aktuell in diese Abschreckungskampagne gesteckt wird, mit der die Bundesregierung den armen Leuten klarmachen will, dass sie gar nicht erst zu kommen brauchen.

Dimroth: Eine Gesamtbilanz dessen, was sozusagen an Kosten für das aufläuft, was Sie "Abschreckungskampagne" nennen, was ich so nicht bezeichnen würde, (kann ich nicht ziehen). Sondern es geht sozusagen dem Gebot der Stunde folgend vielmehr darum, den Menschen ein möglichst realistisches Bild aufzuzeigen, bevor sie sich auf den Weg machen und ihre Heimat verlassen, bevor sie möglicherweise auch bereit sind, das wenige Ersparte, was da ist, Schleusern zu geben, um eine vermeintlich sichere Zukunft und eine dauerhafte Perspektive in Deutschland bekommen zu können. Das ist mitnichten der Fall, wenn man sich die Schutzquoten derjenigen anschaut, die aus den Westbalkanstaaten nach Deutschland kommen. Es gibt eben keine dauerhafte Bleibeperspektive für diese Menschen.

Völlig klar ist, dass jeder, der hierherkommt und Asyl begehrt, ein vernünftiges Verfahren durchläuft. Völlig klar ist, dass er hier sicher und würdig untergebracht werden muss. Völlig klar ist aber auch, dass wir auf Grundlage des geltenden Rechts zwischen Menschen differenzieren müssen, die wegen politischer Verfolgung hier Schutz nachsuchen, und Menschen, die aus anderen Gründen zu uns kommen, die im Einzelfall ebenso nachvollziehbar sein mögen, die aber eben rechtlich sehr wohl zu differenzieren sind.

Um über all das aufzuklären, gibt es auf verschiedensten Ebenen Bemühungen der Bundesregierung, den Menschen ein realistisches Bild darüber zu geben, was sie in Deutschland erwartet und welche rechtlichen und tatsächlichen Chancen sie haben, hier dauerhaft bleiben zu können.

Für den Geschäftsbereich des BMI spielen Sie möglicherweise insbesondere auf dieses entsprechende Informationsvideo der Bundespolizei an, das in den vergangenen Wochen in der Diskussion eine Rolle gespielt hat. Wenn Sie mögen, kann ich gerne nachfragen, was das gekostet hat. Aber einen Summenstrich unter all die Bemühungen zu ziehen, die unter dieser Überschrift fallen, die ich gerade versucht habe, etwas differenzierter zu beschreiben, ist schlicht nicht möglich. Darunter fallen Anrufe und bilaterale Gespräche. Es wird eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, um den Menschen vor Ort ein realistisches Bild zu geben, bevor sie sich auf den Weg machen und hier letztlich keine Chance haben, dauerhaft bleiben zu können.

Schäfer: Vielleicht ergänze ich nur in zwei Sätzen: Es ist völlig richtig, auch für das Auswärtige Amt, dass es keine Abschreckungskampagne, sondern eine Aufklärungskampagne ist; so hat es der Kollege ja gerade auch gesagt. Die Kosten können wir unmöglich quantifizieren. Unsere Auslandsvertretungen in den betroffenen Ländern, aus denen die Menschen zu uns kommen, bemühen sich seit vielen Monaten darum, mit Interviews und Gesprächen aufzuklären, zu informieren, die Vertreter der Botschaften mit öffentliche Auftritten der Botschafterinnen und Botschafter dort führen. Das alles können Sie nicht mit einem Geldbetrag unterlegen. Diese Bemühungen werden selbstverständlich weitergehen.

Im Übrigen gilt: Die Menschen aus dem westlichen Balkan sind uns wichtig. Der westliche Balkan ist eine Region, für die Europa ein Bekenntnis zu einer weiteren Annäherung an eine potenzielle Mitgliedschaft in der Europäischen Union abgegeben hat. Dass es im Rahmen einer zukünftigen europäischen Freizügigkeit einen hoffentlich ungehinderten Personenaustausch auch mit diesen Ländern eines Tages einmal geben wird, ist absolut in unserem Interesse. Aber doch bitte nicht auf diese Art und Weise, nämlich eine Einwanderung in ein offensichtlich aussichtsloses Asylverfahren. Die Allermeisten - der Kollege hat es gerade ausgeführt - sind nicht politisch verfolgt, sondern verfolgen nachvollziehbare, verständliche wirtschaftliche oder soziale Ziele, mit dem, was sie tun. Das ist aber für uns kein Anlass, ihnen auf dieser Grundlage ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu geben. Sondern das Asylrecht steht für Menschen, die politisch verfolgt werden.

Ich kann Ihnen versichern: Wir werden unsere Bemühungen um Aufklärung intensiv fortsetzen, weil wir glauben, dass das für die Menschen, die da kommen - sei es aus Albanien, Kosovo, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Mazedonien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien -, nicht der richtige Weg ist, mit uns Austausch zu pflegen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, hat sich die Kanzlerin gestern versprochen, als sie ZDF gesagt hat, dass sie in Zukunft auch einmal ein Flüchtlingsheim besuchen will? Es gibt Spitzenpolitiker in Deutschland, die wöchentlich allein mehrere Flüchtlingsheime besuchen. Möchte die Kanzlerin einmal eines besuchen oder wird sie sich mehrere angucken?

StS Seibert: Ich glaube, das Entscheidende ist der Satz, den die Bundeskanzlerin danach gesagt hat, nämlich dass es ihre politische Verantwortung in erster Linie ist, an der Spitze der Bundesregierung dafür zu sorgen, dass die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen alles politisch Notwendige tut, damit wir mit diesem großen Zustrom an Flüchtlingen als Land zurechtkommen, fertig werden, damit wir genau das, was hier gesagt wurde - die menschenwürdige Behandlung -, auch wirklich umsetzen können. Damit ist die Bundeskanzlerin täglich intensiv befasst.

Zusatz: Den Satz kannte ich auch von ihr. Die Frage, die ich Ihnen gestellt habe, haben Sie nicht beantwortet.

StS Seibert: Ich gebe Termine der Bundeskanzlerin dann bekannt, wenn es so weit ist. Sie hat gesagt, dass sie sicherlich auch einmal in ein Flüchtlingslager reisen wird, richtig. Ich sage Ihnen aber: Sie ist nichtsdestotrotz tagtäglich intensiv mit der Situation befasst. Es ist ihre herausgehobene politische Rolle als Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, genau da, an der Spitze der Bundesregierung, das Notwendige mit den Kollegen in den Ministerien und den Ländern zu veranlassen.

Frage: Der türkische Präsident Erdogan hat am Freitag von der Bundesrepublik Deutschland die Auslieferung von drei Ex-Staatsanwälten gefordert, die sich nach Deutschland abgesetzt haben. Sollte Deutschland dies ablehnen, werde die Türkei keine Straftäter mehr an die Bundesrepublik Deutschland ausliefern. Haben Sie Informationen, ob diese Staatsanwälte in Deutschland sind?

Schäfer: Mir liegen solche Informationen nicht vor. Ein Auslieferungsverfahren ist ein justizförmiges Verfahren. Ich glaube, da ist eine Stellungnahme der Bundesregierung einstweilen entbehrlich.

Zimmermann: Ich kann Ihnen dazu aktuell nichts sagen. Insbesondere nehmen wir, wie auch in sonstigen Verfahren, keine Stellung zu laufenden Verfahren.

Vorsitzender Wefers: Frau Mänz hat inzwischen Dank der Wunderwerke der modernen IT neue Informationen zu dem Thema, wie viele deutsche Mitarbeiter es in Afghanistan gibt.

Mänz: Ich habe inzwischen die aktuellen Zahlen recherchieren können. Es sind aktuell knapp 1.700 lokale Mitarbeiter und nach dem aktuellen Stand von heute etwa 80 internationale beziehungsweise entsandte Mitarbeiter, davon etwa 20 deutsche. Die Abweichungen zu den Zahlen, die ich vorhin genannt habe, was die internationalen Mitarbeiter angeht, sind momentan vor allen Dingen durch die Urlaubszeit und anstehende Wechsel in der personellen Besetzung bedingt.

Frage : An das Verkehrsministerium, eventuell auch an Innen oder Justiz. Eine größere deutsche Sonntagszeitung hat gestern berichtet, es sei in Deutschland unter Berufung auf Notwehr völlig legal, Drohnen über dem eigenen Grundstück abzuschießen. Können Sie vielleicht sagen, ob diese Berichterstattung zutreffend ist?

Moosmayer: Was den Abschuss von Drohnen angeht, fühle ich mich außerhalb meiner Zuständigkeit. Ich weiß nicht, wer dazu etwas sagen kann.

Zusatzfrage: Vielleicht können die Häuser Innen oder Justiz sagen, ob der Notwehrparagraf ein solches Vorgehen ermöglicht.

Zimmermann: Da kann ich nur sagen: Das kommt auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Mir fehlt, ehrlich gesagt, gerade ein bisschen die Fantasie, mir den Fall vorzustellen und in welcher Art und Weise Drohnen abgeschossen werden können.

Zusatzfrage: Das könnte man vielleicht mit einer Schusswaffe machen. Die Darstellung des Blattes ist: Wenn Drohnen über meinem Grundstück fliegen und ich den Drohnenbesitzer auffordere, das zu unterlasen und er tut es nicht, dann darf ich im Zuge der Notwehr diese Drohne - mit welchen Mitteln auch immer - völlig legal abschießen. Ich wüsste gerne, ob das eine zutreffende Berichterstattung ist.

Zimmermann: Dazu kann ich tatsächlich nur sagen: Es kommt immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Ob eine Straftat vorliegt oder nicht, haben die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu ermitteln. Insbesondere kommt es natürlich darauf an, ob derjenige, der die Waffe verwendet, um eine Drohne abzuschießen, überhaupt im Besitz eines Waffenscheins ist und eine solche Waffe führen darf. Wie gesagt, das kann ich hier im Allgemeinen nicht beantworten.

Frage: Es gibt ja auch andere Wege, außer zu schießen. Muss derjenige, der sich bedroht fühlt, dann wissen, ob das eine Kampf- oder eine Aufklärungsdrohne ist?

Zimmermann: Wie gesagt, ich kann zu diesem Fall tatsächlich nichts sagen. Ob eine Straftat vorliegt - ja oder nein -, haben die zuständigen Strafverfolgungsbehörden im konkreten Einzelfall zu prüfen. Das kann ich hier nicht abstrakt und generell bewerten. Das ist auch nicht meine Aufgabe.

Zusatzfrage: Kann das jemand prüfen und nachreichen?

Zimmermann: Nein, weil das nicht unsere Aufgabe ist. Ob Straftaten vorliegen oder nicht, prüfen nicht wir, prüft nicht die Bundesregierung, sondern die zuständigen Strafverfolgungsbehörden.

Zusatz: Aber Strafgesetzgebung ist doch Bundessache.

Zimmermann: Das ist richtig. Aber wenn Sie nach konkreten Einzelfällen fragen, kann ich Ihnen nur sagen: Das prüfen dann halt die zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Ich kann Ihnen mitteilen, welche Straftatbestände möglicherweise in Betracht kommen oder nicht. Aber ich kann hier nicht konkret dazu Stellung nehmen, ob eine Straftat vorliegt oder nicht.

Frage: Ich verstehe es richtig: Es ist durchaus denkbar, dass der Einsatz von Schusswaffen gegen Geräte, mit denen ich zum Beispiel fotografiert werde, im Sinne des Notwehrparagrafen zulässig sein kann, dass es also eine entsprechende Fallgestaltung geben könnte? So habe ich Sie jetzt verstanden.

Zimmermann: Nein, ich habe nur gesagt, dass das genau solche Fallgestaltungen sind, die die zuständigen Strafverfolgungsbehörden dann im Einzelfall zu prüfen haben, wie die konkreten Umstände sind. Ich denke, es gibt so viele unterschiedliche Fallgestaltungen, dass ich jetzt hier nicht sagen kann, was denkbar und was nicht denkbar ist. Das kann und werde ich hier nicht machen, weil es nicht meine Aufgabe ist.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium. Ich hätte gerne gewusst, wie Sie die Vorgänge am Großflughafen BER kommentieren. Es gibt Medienberichte, dass dort die Korruption zunimmt und dass sich die Eröffnung weiter nach hinten verschieben könnte. Haben Sie eigene Erkenntnisse dazu und forscht das Ministerium in dieser Hinsicht selber nach?

Moosmayer: Das Thema BER ist seit Jahren ein höchst problematisches; das sehen wir natürlich genauso. Der zuständige Ort für solche Fragen ist aber die Gesellschaft FBB, die für den Flughafen zuständig ist. Sie wissen ja, dass der Bund in dieser Angelegenheit neben dem Land Brandenburg und dem Land Berlin ein Minderheitseigner ist. Wir beobachten das natürlich mit dauerhafter Sorge; das ist vielleicht der (richtige) Ausdruck.

Frage: Herr Schäfer, Sie reisen wahrscheinlich auch nach Brasilien. Warum ist es für die Bundesregierung noch eine gute Idee, sich mit der brasilianischen Präsidentin zu treffen? Mittlerweile demonstrieren wegen gravierender Korruptionsvorwürfe fast Millionen Menschen in Brasilien. Ist es noch für die Bundesregierung eine gute Idee, sie zu treffen?

StS Seibert: Ich darf einmal etwas dazu sagen, obwohl Sie mich nicht gefragt haben.

Sie werden verstehen, dass wir hier innenpolitische Vorgänge in Brasilien nicht kommentieren. Aber grundsätzlich sind Regierungskonsultationen ja ein Ausdruck dessen, dass zwei Länder schon ein besonders enges Verhältnis miteinander haben oder ein engeres Verhältnis als bisher miteinander suchen, dass zwei Länder Interessen haben, die möglicherweise parallel gehen, dass zwei Länder sich von gemeinsamer intensiver Zusammenarbeit auf vielen Gebieten etwas versprechen - und nichts davon ist durch innenpolitische Ereignisse in irgendeinen Zweifel gerückt.

Zusatz: Herr Schäfer, Sie waren ja angesprochen.

Schäfer: Wir pflegen mit Brasilien - ich bin fast versucht, das so zu sagen - seit Jahrhunderten hervorragende Beziehungen. Ich glaube, Pars pro Toto spricht die Präsenz der deutschen Industrie in Brasilien, insbesondere in São Paulo, dafür, dass es Sinn macht, über den Tellerrand der tagesaktuellen Innenpolitik in Brasilien oder Berlin hinaus den Blick auf strategische Beziehungen zwischen zwei Ländern zu richten, die in ihrer jeweiligen Region eindeutig auch Führungsfunktionen wahrnehmen. Das tun wir. Wenn wir jetzt das erste Mal dorthin reisen, um die ersten Regierungskonsultationen durchzuführen, ist das symbolhafter Ausdruck unseres Gefühls, dass wir mit Brasilien einen echten Wertepartner haben, mit dem wir an der globalen Agenda weiter zusammenarbeiten wollen und an dessen Zukunft wir glauben.

StS Seibert: Im Mittelpunkt - wenn ich das noch einmal sagen darf, obwohl Sie mich nicht gefragt haben; ich erlaube es mir trotzdem, weil ja die Bundeskanzlerin die deutsche Delegation bei diesen Regierungskonsultationen anführt - dieser ersten deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen stehen ja nicht umsonst auch Themen wie Wissenschaft, Technologie, Innovation, Zusammenarbeit im Umwelt- und Klimabereich. Das sind alles Themen, die über den Tag hinaus Deutschland und Brasilien in einer großen Interessengemeinschaft zusammenführen.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, hat die Bundesregierung Hinweise oder Erkenntnisse, dass deutsche Unternehmen an der Korruption in Brasilien beteiligt sind, speziell an dem Korruptionsfall der Präsidentin?

Schäfer: Mir liegen solche Informationen nicht vor.

Montag, 17. August 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 17. August 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/08/2015-08-17-regpk.html;jsessionid=5E8FE3FA659341AB26C8B0271AEBA59C.s2t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. August 2015

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