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PRESSEKONFERENZ/1111: Regierungspressekonferenz vom 20. November 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 20. November 2015
Regierungspressekonferenz vom 20. November 2015

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Staatsakt für den verstorbenen Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt in Hamburg, Haushaltssitzung des Deutschen Bundestags, Deutscher Arbeitgebertag 2015 der BDA, Empfang des vietnamesischen Staatspräsidenten, Übergabe von Weihnachtsbäumen an das Bundeskanzleramt), Flüchtlings- und Asylpolitik, Geiselnahme in Mali, Absage des Fußball-Länderspiels Deutschland-Niederlande, Terroranschläge in Paris, Bürgerkrieg in Syrien, mögliches Gipfeltreffen Deutschlands, Griechenlands und der Türkei, Gesetzentwurf zu Leiharbeit und Werkverträgen, 10-jähriges Dienstjubiläum der Bundeskanzlerin

Sprecher: StS Seibert, Chebli (AA), Plate (BMI), Flosdorff (BMVg), Westhoff (BMAS)


Vors. Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Ich möchte Ihnen kurz die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche vortragen.

Es geht mit dem Montagvormittag los. Die Bundeskanzlerin nimmt am Staatsakt für den verstorbenen Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt in Hamburg teil. Dieser Staatsakt beginnt um 10.30 Uhr in der St.-Michaelis-Kirche in Hamburg. Gegen 11.40 Uhr wird die Bundeskanzlerin ihre Trauerrede halten.

Die kommende Sitzungswoche des Deutschen Bundestags steht ganz im Zeichen des Haushalts. Die Bundeskanzlerin wird von Dienstag bis Freitag im Plenum des Bundestags sein.

Am Dienstagnachmittag nimmt sie hier in Berlin am Deutschen Arbeitgebertag 2015 der BDA teil. Sie wird dort um 16 Uhr eine Rede halten.

Am Mittwoch ab 9 Uhr wird im Plenum des Deutschen Bundestags die Debatte zum Einzelplan 04 - das ist Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt - stattfinden. Dazu hält die Bundeskanzlerin eine Rede.

Am Mittwochnachmittag empfängt sie um 16 Uhr im Kanzleramt den vietnamesischen Staatspräsidenten Truong Tan Sang zu einem Gespräch. Bei der Begrüßung um 16 Uhr ist ein Bildtermin vorgesehen. Der vietnamesische Präsident hält sich in Deutschland anlässlich des 40. Jahrestags der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Vietnam und Deutschland auf. Das ist ein Staatsbesuch. Bevor er zur Bundeskanzlerin kommt, ist er beim Bundespräsidenten.

Am Donnerstag wird die Kanzlerin ebenfalls im Plenum des Bundestags sein.

Am Nachmittag um 16 Uhr erfolgt, wie alle Jahre, die Anlieferung der drei Weihnachtsbäume, und zwar an die Kanzlerin, an den Chef des Bundeskanzleramts, Minister Altmaier, und an Staatsministerin Aydan Özoguz. Die Bäume stammen in diesem Jahr aus Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Schleswig-Holstein. Sie werden, wie immer in der Vorweihnachtszeit, den Ehrenhof, die Südtreppe im Erdgeschoss und den Bereich vor der Kanzlergalerie schmücken.

Auch am Freitag wird die Kanzlerin im Plenum sein.

Frage: Ich habe eine Frage möglicherweise noch zu den Terminen der Kanzlerin in dieser Woche. Es heißt, es solle eine Sonderkabinettssitzung geben, bei der das Asylpaket 2 besprochen oder beschlossen werden soll. Soll das am Sonntag oder am Montag passieren?

StS Seibert: Wir sind zur Umsetzung dieser Maßnahmen miteinander im Gespräch. Dieses Gespräch ist noch nicht abgeschlossen. Insofern kann ich Ihnen keinen Zeitplan geben.

Zusatzfrage: Es heißt, zu diesem Paket gebe es eine Einigung, dass der Familiennachzug für unbegleitete Minderjährige doch nicht eingeschränkt werden solle. Ist das richtig?

StS Seibert: Wir handhaben das wie bei Ressortabstimmungen üblich: Solange die Gespräche noch im Gange sind, werden wir uns hier nicht über Einzelsachfragen auslassen. Dafür bitte ich um Ihr Verständnis.

Zusatzfrage: Wie erfahren wir im Vorfeld von der Kabinettssitzung, wenn sie denn stattfindet?

StS Seibert: Wenn es etwas gäbe, würden Sie es von uns immer rechtzeitig erfahren. Aber ich kann Ihnen hier keinen Zeitplan nennen. Wir sind in Gesprächen. Wir wollen gute Lösungen. Über die wird innerhalb der Bundesregierung miteinander beraten.

Vors. Detjen: Die Ankündigung von Kabinettssitzungen erfolgt natürlich in der Regel auch an die Mitglieder der Pressekonferenz.

StS Seibert: Genau. Nun habe ich aber für die kommende Woche keine angekündigt - das haben Sie bemerkt -, was in einer Haushaltswoche auch nicht ungewöhnlich ist. So war es auch im vergangenen und vorvergangenen Jahr.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert und vielleicht auch an die Ressorts Justiz und Innen: Wie weit ist man denn mit den Gesprächen über die Asylbeschleunigung? Sind Informationen richtig, dass es da im Moment ziemlich hakt?

StS Seibert: Ich kann mich wirklich leider nur wiederholen: Ressortabstimmungen sind dann abgeschlossen, wenn sie abgeschlossen sind. Diesen Punkt haben wir noch nicht erreicht. Die Gespräche dauern an. Ich werde hier nicht in Einzelheiten gehen. Ich glaube, die Kollegen auch nicht.

Zusatzfrage: Haben Sie vielleicht einen Zeithorizont?

StS Seibert: Wie ich der Kollegin gerade schon gesagt habe, kann ich eben keinen Zeitplan geben.

Frage : Nur noch einmal eine Frage, worüber Sie eigentlich reden. Als die großen drei - so nenne ich das jetzt einmal - an dem Donnerstagabend ihr Papier herausgegeben haben, war darin die verschärfte Residenzpflicht mit Sanktionen unter dem Punkt "Schnellverfahren", also beschleunigte Verfahren, für bestimmte Flüchtlinge aufgenommen. Bleibt es dabei, oder soll eine verschärfte Residenzpflicht inklusive Sanktionen für alle Flüchtlinge gelten, damit man auch den Königsteiner Schlüssel besser einhalten kann?

StS Seibert: Wir reden über all das, was nach unserer Überzeugung in ein solches zweites Asylpaket hineinsoll.

Zusatzfrage: Das, was "die großen drei" beschlossen haben, ist nur eine Art Anhaltspunkt und kann in allen Punkten auch anders aussehen?

StS Seibert: Ich werde jetzt hier keine weiteren Details erzählen. Natürlich ist das, was die Koalitionsspitzen miteinander beraten und beschlossen haben, die Grundlage dessen, was jetzt umgesetzt werden soll. Nun laufen die Gespräche.

Frage: Um den Zeitplan sozusagen von hinten aufzurollen: Wann soll die Sache denn durch Bundestag und Bundesrat beschlossen werden? Wann müssten Sie spätestens eine Kabinettsentscheidung - Fristverkürzung usw. vorausgesetzt - vollzogen haben?

StS Seibert: Von hinten wie von vorne: Ich kann hier keinen Zeitplan nennen und werde es auch nicht tun.

Zusatzfrage: Wann ist denn angestrebt, dieses Gesetzespaket durch den Bundestag zu bekommen?

StS Seibert: Ich werde mich zu weiteren Zeitfragen nicht äußern. Sie können sich vorstellen, dass es angesichts der Situation, die wir derzeit mit den Flüchtlingen in Deutschland vorfinden und die wir gut bewältigen wollen, uns allen in der Bundesregierung wichtig ist, dass wir zügig vorankommen.

Frage: Erinnere ich mich falsch, dass die Kanzlerin entweder an dem Abend oder an den Tagen danach "bis Ende des Jahres" gesagt hat?

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob Sie sich richtig erinnern, weil ich jetzt nicht alle Äußerungen vorliegen habe. Aber zum Zeitplan, den ich nicht nennen kann, habe ich nun wirklich alles gesagt, was ich sagen kann.

Frage: Bevor wir sicherlich auf das Thema Terrorismus kommen, noch eine Frage, die vielleicht schnell zu beantworten ist, nämlich zur Geiselnahme in Mali. Gibt es Erkenntnisse über deutsche Betroffene? Sind Deutsche unter den Geiseln?

Chebli: Wir haben noch keine Erkenntnisse, ob sich Deutsche unter den Geiseln befinden. Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass der Krisenstab der Bundesregierung mit dem Anschlag befasst ist. Die deutsche Botschaft in Bamako steht in ständigem Kontakt mit den Sicherheitsbehörden vor Ort und bemüht sich, wie immer, unter Hochdruck um Aufklärung. Sobald wir dazu Informationen haben, werden wir sie Ihnen natürlich zukommen lassen.

Frage : Herr Plate, nachdem die "BILD"-Zeitung heute unter Berufung auf einen Sanitäter, mit dem sie gesprochen hat, berichtet, dass in Hannover sehr wohl Sprengstoff in einem Rettungswagen gefunden worden sei, frage ich, was Sie dazu sagen. Können Sie das bestätigen?

Plate: Danke für die Frage. - Das möchte ich weder bestätigen noch dementieren. Die weiteren Ermittlungsarbeiten der Sicherheitsbehörden im Nachgang zu den Ereignissen rund um das nicht stattgefundene Spiel in Hannover sind noch nicht abgeschlossen.

Frage: Noch einmal zum Thema Bamako: Wird das betroffene Hotel möglicherweise von Angehörigen der Bundeswehr oder beispielsweise auch von Diplomaten usw. regelmäßig genutzt? Weiß man das?

Chebli: Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir uns jetzt zu den Details nicht äußern können. Wie gesagt: Der Krisenstab ist damit befasst. Wenn es Informationen gibt, die wir Ihnen weiterleiten können und wollen, werden wir das natürlich rasch tun.

Frage (zu den Terroranschlägen in Paris): Gibt es über die Festnahme und über die Ermittlungen, die im Moment in Arnsberg gegen einen algerischen Staatsbürger laufen, beim Innenministerium Erkenntnisse?

Plate: Nein, ich kann Ihnen von hier aus keine näheren Erkenntnisse mitteilen. Sie wissen, das ist in der Zuständigkeit der nordrhein-westfälischen Landesbehörden. Sie müssten sich für den allerletzten Sachstand vielleicht dorthin wenden.

Zusatzfrage: Sie haben auch keine Informationen, dass es tatsächlich einen Zusammenhang zu den Attentaten in Paris geben könnte? Das wäre ja etwas, was vielleicht auch das Innenministerium interessieren würde, nicht nur Nordrhein-Westfalen.

Plate: Einen solchen feststehenden Zusammenhang kann ich jetzt von hier aus zu diesem Zeitpunkt nicht bestätigen.

Frage : Herr Plate, gibt es im Zusammenhang mit den Pariser Attentaten weitere Erkenntnisse über Reisebewegungen dort getöteter Attentäter hier in Deutschland, nachdem gestern bekannt geworden ist, dass sich Herr Abaaoud mehrfach in Deutschland befand? Gibt es weitere Erkenntnisse in diesem Zusammenhang?

Plate: Ich bin mir nicht ganz sicher, wonach Sie fragen, ob Sie nach weiteren Erkenntnissen bezüglich dieser Person fragen oder nach weiteren Erkenntnissen bezüglich möglicher weiterer Personen.

Zusatzfrage: Ganz einfach: Waren von diesen Attentätern in den vergangenen Jahren schon welche den deutschen Behörden bei der Durchreise durch Deutschland, beim Aufenthalt aufgefallen? Gibt es außer dem einen Herrn weitere Hinweise darauf?

Plate: Solche Hinweise kann ich Ihnen hier im Moment nicht nennen. Hinsichtlich des einen von Ihnen genannten Herrn ist mir nur wichtig, zu sagen: Es trifft in der Tat zu, dass er am 20. Januar 2014 über den Flughafen Köln/Bonn ausgereist ist. Er war aber als belgischer Staatsangehöriger freizügigkeitsberechtigt, und es bestand keine Möglichkeit der Reiseuntersagung. Auch war er zu diesem Zeitpunkt nicht etwa zur Festnahme ausgeschrieben.

Zusatzfrage: Können Sie weitere Details nicht nennen, weil das die Ermittlungen beeinträchtigen würde, oder gibt es keine Details? Das ist ja ein großer Unterschied.

Plate: Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich keine weiteren Details nennen.

Frage: Ich habe eine Frage an Herr Plate bezüglich der Terrorattacken in Paris. Teilen Sie die Meinung der französischen Regierung, dass die EU bei der Sicherheit versagt hat?

Plate: Mir liegt eine solche Äußerung nicht vor. Generell würde ich mit dem Begriff des Versagens immer ein wenig zurückhaltend umgehen. Natürlich ist die Bekämpfung des internationalen Terrorismus eine große Herausforderung. Der Minister hat schon häufig gesagt: Auch bei allen Anstrengungen, die alle beteiligten Mitgliedstaaten und alle Sicherheitsbehörden in diesen Mitgliedstaaten an den Tag legen, lässt sich eine absolute Sicherheit nicht gewährleisten.

Aber zu dieser Bewertung, die offenbar französische Kollegen vorgenommen haben und die mir nicht vorliegt, möchte ich vonseiten des Bundesinnenministeriums nicht Stellung nehmen.

Frage: Herr Plate, Frankreichs Premierminister Valls hat gestern gesagt, man könne auch Giftgasanschläge oder Anschläge mit bakteriologischen Waffen von IS-Terroristen nicht ausschließen. Jetzt würden Krankenhäuser, Notfallsanitäter und Sicherheitskräfte mit Atropin ausgestattet. Ist so etwas auch in Deutschland geplant? Gibt es entsprechende Erkenntnisse, oder können Sie sagen, dass das völlig überzogen ist?

Plate: Ich kann Ihnen dazu keine Detailplanungen von deutscher Seite berichten, die in diese Richtung gehen würden. Es ist aber generell festzuhalten - der Minister hat das im Zusammenhang mit der Absage des Länderspiels in Hannover schon gesagt -, dass es aus unserer Sicht auch aus operativen Gründen wichtig ist, dass wir jetzt nicht alle Sicherheitsmaßnahmen, die wir planen, die wir vorhaben oder die in Umsetzung sind, im Detail in der Öffentlichkeit ausbreiten, weil das unter Umständen die Gefahr sogar eher erhöhen als senken kann. Ich habe deswegen keine weiteren Detailplanungen dazu mitzuteilen.

Frage (zu der Geiselnahme in Mali): Es gab von deutscher Seite relativ deutlich das Angebot, dass die Bundeswehr in Mali vielleicht ein bisschen mehr tun könnte, als es darum ging, welche Unterstützung die Franzosen erwarten können. Welchen Einfluss hat das, was dort gerade passiert, auf diese Überlegungen?

Flosdorff: In dieser Stunde, in der die Geiselnahme andauert, hat das keinen Einfluss. Ich bitte um Verständnis: Das sind lang anhaltende Planungen, die auch noch die nächsten Wochen andauern werden. Bei der VN-Mission MINUSMA, um die es dabei geht, handelt es sich um eine groß angelegte Mission, die sicherlich nicht unbedingt vom Einzelfall abhängig ist. Man wird im Nachgang sicherlich gut analysieren müssen, was die Geschehnisse in Bamako angeht. Vielleicht gibt es auch Schlüsse, die danach die UN-Mission betreffen. Aber dazu kann ich Ihnen heute nichts sagen.

Frage: Herr Flosdorff, die Verteidigungsministerin hat gesagt, man könne Frankreich in Nordmali entlasten. Ist Frankreich dort überhaupt im Einsatz? Ich weiß das schlicht nicht. Ich glaube, dort sind die Niederlande im Einsatz.

Flosdorff: Die VN-Mission hilft, den Norden Malis zu stabilisieren. Im Norden Malis sind auch französische Truppen unterwegs. Frankreich hat ein sehr hohes Interesse an einer steigenden Stabilität in dieser Region und auch an einer zunehmenden Lastenteilung in dieser Region. In diesem Sinne gab es auch ein hohes Anerkenntnis der französischen Seite bei den Gesprächen, die am Dienstag stattgefunden haben, für das geplante Engagement der Bundeswehr zukünftig auch im Norden Malis. Im Süden Malis sind wir schon mit der Ausbildungsmission vertreten.

Frage: Herr Flosdorff, die Ministerin hat gestern Abend bei Frau Illner gesagt - ich glaube, es war bei Frau Illner; ich komme bei diesen vielen Veranstaltungen ganz durcheinander -, dass sich Deutschland, falls es zu einer VN-Resolution kommen sollte - danach sieht es ja aus -, im Vorgehen gegen den IS angemessen beteiligen wird. Was heißt denn das, was über die Ausbildung der Peschmerga hinausgeht?

Flosdorff: Das ist ein netter Versuch. Aber das werden wir dann entscheiden, wenn es eine VN-Mission gibt, auch in enger Abstimmung mit den französischen Partnern, aber auch mit den anderen Verbündeten, die sich dann beteiligen.

Chebli: Ich darf vielleicht ergänzen, weil ich glaube, dass Sie etwas verwechseln. Wir reden jetzt über die von Frankreich eingebrachte Resolution. Das ist das, was Sie meinen. Der Entwurf liegt noch im Sicherheitsrat. Deswegen kann ich jetzt nicht im Detail auf die einzelnen Aspekte eingehen.

Wir gehen davon aus, dass es den Franzosen ganz klar darum gehen wird, die internationale Staatengemeinschaft dazu aufzurufen, sich weiter im Kampf gegen den Terrorismus zu engagieren. Das ist etwas anderes als das, worüber Sie gesprochen haben und was im "SPIEGEL" stand.

Wenn es zu einer UN-Resolution käme, die einen Waffenstillstand vorsieht, wer bewachte denn diesen Waffenstillstand? Das sind zwei verschiedene Diskussionen, die wir führen.

Zu der zweiten Sache hat der Minister gesagt: Wir wären froh, wenn wir so weit wären, dass wir eine UN-Resolution hätten, bei der wir uns auf einen Waffenstillstand einigen, bei dem alle Parteien der Meinung sind, dass das der richtige Weg ist. - Aber da sind wir noch lange nicht.

Zusatzfrage: Ich beziehe mich gar nicht darauf, dass sich die Bundeswehr oder Deutschland insgesamt an einem möglichen Waffenstillstand beteiligen könnten. Ich frage konkret - so habe jedenfalls ich Frau von der Leyen gestern verstanden -, was Deutschland im Kampf gegen den Terror - ich meine, dass sich Deutschland stärker engagiert, aber nicht erst dann, wenn eine Waffenruhe vorhanden ist, sondern aktuell im gemeinsamen Vorgehen gegen den IS, was ja womöglich auch militärisches Vorgehen beinhaltet - bereit ist, mehr zu tun, als es bisher tut, nämlich die Peschmerga auszubilden. Das ist die Frage.

Frau Chebli, da Sie das gerade angesprochen haben, noch eine Frage zum Zeitplan: Haben Sie irgendeine Vorstellung davon, wann eine solche UN-Resolution kommen könnte?

Chebli: Eine UN-Resolution, nicht bezogen auf einen Waffenstillstand in Syrien, sondern - - -

Zusatz : Sondern auf ein konkretes Vorgehen der Staatengemeinschaft gegen den IS in Syrien und im Irak.

Chebli: Ich meine, der Entwurf liegt derzeit im Sicherheitsrat vor. Ich gehe davon aus, dass er heute veröffentlicht wird und dass auch klar sein wird, was ich gerade gesagt habe. Wir gehen davon aus, dass es den Franzosen in dieser Sicherheitsratsresolution vor allem darum geht, gemeinsame Anstrengungen gegen den internationalen Terrorismus zu forcieren und die internationale Staatengemeinschaft dazu aufzurufen, mehr zu tun. Was daraus konkret für jeden einzelnen Mitgliedstaat erfolgt, wird nicht drinstehen; davon gehe ich nicht aus. Darin wird nicht stehen: Wir fordern ganz konkrete Maßnahmen. Deutschland macht das, und andere machen das.

Aber Ihre Frage bleibt ja richtig: Was tut Deutschland, um auf die schrecklichen Anschläge in Paris zu reagieren? Dazu haben der Außenminister, die Verteidigungsministerin und viele andere gesagt: Wir stehen solidarisch an der Seite Frankreichs.

Wir sind der Meinung, dass die Luftschläge der Franzosen ein Instrument sind und dass sie richtig sind. Wir sind der Meinung, dass man, um ISIS zu bekämpfen, militärisch alles unternehmen muss. Wir leisten unseren Beitrag dazu, indem wir die Peschmerga mit Ausbildung und auch mit Waffen unterstützen.

Wir haben auch gesagt, dass wir durchaus sehen - schauen Sie sich die Entwicklung an -, dass unsere Unterstützung auch Früchte trägt, weil es in den letzten Wochen gelungen ist, dass die Peschmerga einige Geländegewinne gegen ISIS erzielen konnten, zuletzt zum Beispiel in Sindschar. Wir haben zudem gesagt, dass wir die Peschmerga auch weiterhin unterstützen werden. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, das dann auch de facto umzusetzen.

Aber - das hat der Minister auch gesagt, und ich glaube, das würde keiner leugnen - die militärische Antwort kann nur eine Antwort sein. Das ist etwas, das, finde ich, in der medialen Debatte etwas untergeht. Ich glaube, wenn man weiß, wie ISIS operiert, dann weiß man, dass ISIS die Menschen vor allen Dingen damit gewinnt, dass es zum Beispiel in Syrien kein Ende dieses Bürgerkriegs gibt. ISIS benutzt diese Argumente, um zu sagen: Schaut euch die internationale, westliche Staatengemeinschaft an. Die tut nichts dafür, dass dieses Elend in Syrien aufhört. - Das heißt, wir müssen weiterhin an einer politischen Lösung arbeiten.

Es gab die beiden Wiener Konferenzen, bei denen es beide Male gelungen ist, alle regionalen Akteure und alle, die in dem Konflikt etwas zu sagen haben, an einen Tisch zu bringen und sich gemeinsam auf einen Fahrplan zu einigen. Wir haben über einen Übergangsprozess gesprochen. Wir haben über einen Waffenstillstand gesprochen, der erzielt werden soll. Wir haben dann natürlich perspektivisch auch über Wahlen gesprochen. Das klingt jetzt alles wie Zukunftsmusik, aber das ist das, worauf wir hinarbeiten müssen. Das ist das, worauf der Außenminister und die anderen, die am Tisch sitzen, hinarbeiten, dass wir es endlich schaffen, diesen Bürgerkrieg in Syrien zu beenden. Das ist auch die richtige Antwort auf den Kampf gegen ISIS: einerseits unsere militärischen Anstrengungen zu erweitern und zu verstärken - das tun die Franzosen mit den Luftschlägen, das tun die Amerikaner, das tun wir mit der Unterstützung der Peschmerga, und das tun die Briten und viele andere auch -, aber andererseits auch gemeinsam an einer politischen Lösung des Bürgerkriegs in Syrien zu arbeiten.

Frage: Ich habe eine Frage an das gesamte Kabinett; vielleicht kann Herr Seibert sie beantworten. Nachdem am Dienstag ja das Länderspiel abgesagt worden ist, wird am Wochenende irgendein Kabinettsmitglied zum Fußball gehen, vielleicht auch, um weitere Solidarität zu zeigen? Vielleicht kann irgendein Kollege etwas dazu sagen. - Kopfschütteln? - Danke.

Chebli: Der Minister ist in Afrika.

Zusatzfrage : Dann eine zweite Frage: In Nachbarländern und auch in den USA ist nach den Vorkommnissen in Paris schon die Debatte darüber ausgebrochen, ob die Nachrichtendienste der einzelnen Länder ausreichend ausgestattet sind. Gibt es entsprechende Überlegungen, da mehr zu tun, auch innerhalb der Bundesregierung - die Frage geht zunächst einmal an Herrn Seibert -, nachdem ja auch in der deutschen Politik diese Forderung laut wird, Gefährder quasi 24 Stunden am Tag zu überwachen? Das geht ja mit der bisherigen Personalausstattung nicht. Gibt es die Überlegung, da mehr zu tun, sodass man mehr Geld lockermacht?

StS Seibert: Binnen einer Woche nach einem so entsetzlichen Terroranschlag wie dem vom Freitag in Paris ist es, glaube ich, nicht sinnvoll, jetzt schon genau zu benennen, wie man finanziell, stellenmäßig usw. reagieren kann. Wir werden das sehr genau auswerten, und zwar auf Basis der Überzeugung, die wir hier alle haben, dass diese Ereignisse von Paris erneut bewiesen haben, wie wichtig die Nachrichtendienste sind und wie wichtig eine optimierte internationale Zusammenarbeit der Nachrichtendienste ist. Wir werden uns natürlich bemühen, den Diensten das, was sie dafür brauchen, auch zu geben. Weiteres möchte ich hier jetzt nicht konkret benennen. Aber natürlich muss man sich nach solchen entsetzlichen Anschlägen wie denen am Freitag immer wieder fragen: Hat sich das bewährt, was wir haben? Haben sich Abläufe und Strukturen bewährt? Kann man daraus lernen? Muss man etwas verbessern?

Frage: Herr Plate, gerade kam aus Ihrem Ministerium die Pressemitteilung, dass die Bundespolizei an der deutsch-österreichischen Grenze zeitnah um 10 Prozent aufgestockt werden wird. Ist das eine Reaktion auf Paris? Ist das vor dem CSU-Parteitag sozusagen ein kleines Gastgeschenk in der Flüchtlingsdebatte?

Plate: Nein - vielen Dank für die Frage -, weder noch; das ist das Ergebnis der Prüfung dessen, was dort in der Gegend erforderlich ist. Deswegen ist entschieden worden, dort die Präsenz noch etwas weiter aufzustocken.

Zusatzfrage: Was bedeutet "zeitnah"? Können Sie das ein bisschen genauer sagen?

Plate: Das kann ich leider nicht weiter präzisieren.

Frage: Noch einmal dieselbe Frage: Warum ist das erforderlich? Bietet das Möglichkeiten zur besseren Registrierung von Flüchtlingen, oder hat das etwas mit Paris zu tun?

Plate: Wer sich in den letzten Wochen vielleicht schon einmal dort unten im Grenzgebiet aufgehalten hat, der wird festgestellt haben, dass die Kolleginnen und Kollegen dort vor einer großen Herausforderung stehen. Sie sind täglich mit einer Fülle von Aufgaben konfrontiert, und diese Aufstockung ist das Ergebnis genau dieser Beobachtung.

Frage: Ich habe zuerst eine Nachfrage an Herrn Plate und dann zwei Fragen an Herrn Flosdorff.

Die bayerische Landesregierung hatte auch Landespolizeikräfte für die Grenzkontrollen angeboten. Gibt es darauf von Ihrer Seite eine Antwort?

Plate: Vielen Dank für die Frage. Herr Dimroth hatte dazu auf fast die gleiche Frage hin ja neulich schon im Prinzip Stellung genommen. Die Bundespolizei bekommt das mit ihren eigenen Kräften gut hin. Wie Sie ja gerade erfahren konnten, wurde die Präsenz der Bundespolizei in dieser Gegend ja sogar noch einmal ein bisschen aufgestockt.

Zusatzfrage: Würde das dann die Antwort sein?

Plate: Es gibt im Moment keinen konkreten Bedarf an zusätzlichen Kräften aus dem Freistaat Bayern oder aus anderen Ländern, die von uns angefordert, erbeten oder angenommen werden würden.

Zusatzfrage: Dann komme ich, wenn ich darf, zu diesen zwei Fragen an Herrn Flosdorff. Es gibt in Frankreich seit letzter Woche ein größeres Interesse von jungen Menschen daran, sich bei der Armee zu engagieren. Das ist jetzt natürlich vielleicht verständlich, wenn man die Lage beobachtet. Gibt es so etwas auch in Deutschland? Bemerken Sie ein größeres Interesse an der Bundeswehr?

Eine Lernfrage, zwar theoretisch, aber Ihre Antwort interessiert mich trotzdem: Könnten sich Flüchtlinge freiwillig bei der Bundeswehr engagieren?

Flosdorff: Zu Ihrer ersten Frage: Es gibt aktuell Messungen - dazu kann ich Ihnen hier aber nichts berichten -, ob es wie in Frankreich auch in Deutschland erhöhte Nachfragen von Bewerbern gibt. Das wird bei uns aber nicht tagesaktuell erhoben, sondern da gibt es immer quartalsweise Erhebungen. Insofern würde ich das für das nächste Quartal im Auge behalten.

Zu Ihrer zweiten Frage: In Deutschland haben wir die Situation, dass sich bei der Bundeswehr grundsätzlich nur Menschen mit deutschem Pass bewerben können - zumindest, wenn sie Soldatin oder Soldat werden möchten; bei Zivilangestellten haben wir andere Voraussetzungen. Für das freiwillige Engagement gibt es in Deutschland ja viele andere Organisationen, bei denen man sich beteiligen kann - ob das jetzt das THW oder das Rote Kreuz ist. Ich weiß nicht, ob Sie jetzt auf Flüchtlingshilfe oder auf anderes Engagement anspielen, aber bei der Bundeswehr sind die Möglichkeiten da begrenzt.

Frage: Herr Seibert, der türkische Ministerpräsident Davutoglu hat gesagt, dass Bundeskanzlerin Merkel ein gemeinsames Gipfeltreffen zwischen Griechenland, der Türkei und Deutschland vorgeschlagen habe. Können Sie diese Aussage bestätigen?

StS Seibert: Was ich bestätigen kann, ist, dass die drei Regierungschefs, also der von Griechenland, die Bundeskanzlerin und der türkische Regierungschef, über ein solches Treffen miteinander gesprochen haben. Alle drei Länder sind ja ganz besonders von der Flüchtlingssituation betroffen. Ich kann Ihnen heute aber noch keinen Zeitpunkt und noch keinen Ort für ein solches Treffen nennen.

Zusatzfrage: Gibt es einen solchen Vorschlag?

StS Seibert: Na ja, die drei haben darüber gesprochen und sind sich auch einig, dass es sinnvoll wäre, ein solches Treffen abzuhalten. Wenn es soweit ist, dass wir Zeit und Ort wissen, melde ich mich wieder.

Frage: Eine Frage an das Arbeitsministerium zum Themenkomplex Leiharbeit und Werkverträge: Nachdem Herr Spahn schon gesagt hat, der Gesetzentwurf gehe so nicht, hat die CSU gestern gesagt, der Gesetzentwurf sei nicht zustimmungsfähig. Meine Frage ist jetzt: Wie geht Ihr Haus damit um? Sind Sie bereit, da nachzubessern, nehmen Sie diese Kritik auf?

Zweite Frage: Wie sieht eigentlich der Zeitplan bei diesem Thema aus?

Westhoff: Das Vorhaben an sich ist ja relativ detailliert und ausführlich schon im Koalitionsvertrag niedergelegt. In der Tat haben wir jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Einzelheiten ausbuchstabiert, der natürlich ins Detail geht und der das Ganze konkretisiert. Da befinden wir uns im Moment in der sogenannten Frühkoordinierung. Das ist noch nicht einmal die Ressortabstimmung; der Gesetzentwurf liegt jetzt also noch nicht allen Häusern vor, sondern den direkt damit befassten, also den thematisch zuständigen, und dem Kanzleramt.

Insofern - selbst auf die Gefahr hin, jetzt unoriginell zu wirken - gilt auch für diesen Vorgang das, was wir da immer sagen: Da sind interne Beratungen, die im Moment laufen. Ich will aber gern noch anfügen, dass wir davon überzeugt sind, das Vorhaben, so wie es im Koalitionsvertrag niedergelegt ist, relativ eins zu eins in den Gesetzentwurf übersetzt zu haben. Was jetzt aber natürlich kommt - das ist völlig klar, das ist bei jedem Gesetzentwurf so -, sind Gespräche innerhalb der Regierung und später dann natürlich auch innerhalb der Koalition im breiteren Kreis. Wir sind da für Bemerkungen jederzeit offen und wollen das ganz konstruktiv besprechen, werden da aber auch für unseren Weg werben.

Was Ihre zweite Frage betrifft, so kann ich jetzt keinen konkreten Zeitplan benennen. Es soll natürlich so schnell wie möglich vorangetrieben werden; denn aus unserer Sicht besteht da Handlungsbedarf. Wenn dieser Handlungsbedarf nicht bestünde, dann wäre das auch nicht im Koalitionsvertrag gelandet. Von daher: mit der nötigen Sorgfalt und so schnell wie möglich.

Frage: Noch eine ganz kurze Frage an Herrn Seibert: Hat die Kanzlerin zu ihrem 10-jährigen Dienstjubiläum eigentlich etwas Spezielles vor?

StS Seibert: Das ist ja am Sonntag. Die Kanzlerin hat am Sonntag keine öffentlichen Termine, insofern kann ich Ihnen auch nicht sagen, wie sie den Tag verbringen wird.

Freitag, 20. November 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 20. November 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/11/2015-11-20-regpk.html;jsessionid=06DBE6047F4F34315BEE35EEBDD5E397.s3t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2015

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