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PRESSEKONFERENZ/1125: Regierungspressekonferenz vom 16. Dezember 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 16. Dezember 2015
Regierungspressekonferenz vom 16. Dezember 2015


Themen: Kabinettssitzung (Änderung des Düngegesetzes, Tabakerzeugnisgesetz, Bericht zur Evaluation des Kinderschutzgesetzes, Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel, Lage der unbegleiteten ausländischen minderjährigen Flüchtlinge, Reise des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nach Eritrea), Personalaufwuchs bei der Bundesagentur für Arbeit, Einsatz der Bundeswehr in Syrien, von Saudi-Arabien angekündigte islamische Anti-Terror-Allianz, Abgasaffäre bei Volkswagen, Reform der Kontrolle der Geheimdienste, Parlamentarische Anfrage zum Attentat auf Henriette Reker, Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen

Sprecher: StS Seibert, Urban (BMEL), Dimroth (BMI), Stelten (BMAS), Nannt (BMVg), Schäfer (AA), Susteck (BMVI)

Vors. Szent-Ivanyi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren, das Kabinett hat sich zuerst mit der Änderung des Düngegesetzes befasst. Das Problem im Hintergrund ist Ihnen bekannt: Die Überdüngung von landwirtschaftlichen Flächen führt zu einem Ungleichgewicht im Nährstoffhaushalt des Bodens. Das führt vor allem zur Auswaschung von Phosphaten und Nitraten. Diese können eben auch bis in das Grundwasser und darüber dann in das Trinkwasser geraten. Im Trinkwasser können sie für die menschliche Gesundheit schädlich sein. Außerdem gelangen sie in das Meer, wo sie das biologische Gleichgewicht erheblich stören. Deswegen also nun eine Änderung des Düngegesetzes. Das ist der Rechtsrahmen dafür, dass wir die einschlägigen Vorgaben des europäischen Rechts zeitnah umsetzen, also die Nitratrichtlinie und die Richtlinie zu Emissionshöchstmengen.

Dieses geänderte Gesetz erweitert die Voraussetzungen dafür, dass man Betrieben in der Düngeverordnung vorschreibt, vor allem weniger Düngestoffe, die Gewässer beeinträchtigen können, aufzubringen. Das ist ein praktischer Nutzen für den Umweltschutz, aber auch für einen praktikablen Umgang der Landwirtschaft mit Nährstoffen.

Das Düngesetz schafft auch die Rechtsgrundlagen dafür, dass der einzelne Betrieb die Zu- und Abfuhr von Nährstoffen bilanziert und die zuständigen Landesbehörden zur Überwachung Daten bei anderen Behörden abfragen können.

Der nächste Punkt war der Gesetzentwurf zur Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie. Die Bundesregierung hat heute diesen Entwurf beschlossen. Sie setzt damit die EU-Tabakproduktrichtlinie eins zu eins um.

Was wollen wir damit? Wir wollen vermeidbare gesundheitliche Risiken reduzieren. Wir wollen vor allem Jugendliche vom Einstieg in den Konsum von Tabakerzeugnissen und von elektronischen Zigaretten abhalten. Im Wesentlichen werden folgende Punkte geregelt:

In Zukunft sind Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen verboten, wenn sie ein charakteristisches Aroma haben, Aromastoffe oder technische Merkmale aufweisen, die den Geruch, Geschmack oder die Rauchintensität verändern, oder wenn der Filter, das Papier oder Kapseln Tabak oder Nikotin enthalten.

Einheitliche Vorschriften für alle Tabakprodukte sichern ihre Überwachung und schützen gegen Täuschung. Individuelle und fälschungssichere Merkmale sollen eine Rückverfolgbarkeit und eine Echtheit gewährleisten.

Neuartige Tabakprodukte, die auf den Markt drängen wollen, bedürfen einer Zulassung.

Zum ersten Mal wird auch das Inumlaufbringen von nikotinhaltigen elektronischen Zigaretten geregelt. Es werden Anforderungen an deren Sicherheit gestellt, die im Übrigen dann anderen Tabakerzeugnissen, was Werbeeinschränkungen betrifft, weitgehend gleichgestellt sind.

Alle Tabakprodukte müssen gesundheitsbezogene Warnhinweise tragen.

Der Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des Kinderschutzgesetzes war der nächste Punkt im Kabinett. Die Familien- und Jugendministerin hat dazu vorgetragen.

Viele von Ihnen wissen es wahrscheinlich: Seit dem Jahr 2012 gibt es das Bundeskinderschutzgesetz. Es ist damals nach einer Reihe von entsetzlichen Fällen von Vernachlässigungen und Misshandlungen von Kindern bis zu deren Tod beschlossen worden. Dieses Bundeskinderschutzgesetz ist also nun fast drei Jahre alt. Ziel waren eben umfassende Verbesserungen sowohl in der Prävention als auch in der Intervention. Wir wollten alle Akteure damit stärken, die sich für das Wohlergehen von Kindern engagieren.

Nun also die Evaluierung, um zu sehen, was das Gesetz für den Schutz von Kindern erreicht hat. Das Urteil dieser Evaluation ist, dass seit Inkrafttreten viel für den Schutz von Kindern erreicht wurde. Zum Beispiel erhalten Eltern und werdende Eltern mehr Informationen über Hilfs- und Beratungsangebote; zum Beispiel werden, seit für die Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe das Vorlegen eines Führungszeugnisses Pflicht ist, jährlich etwa 100 Personen von solcher Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe ausgeschlossen, weil sie eben einschlägige Einträge in ihrem Führungszeugnis aufweisen.

Es gibt einen verstärkten und verbesserten Informationsaustausch unter den Jugendämtern. Was man immer wieder beklagte, nämlich das sogenannte "Jugendämter-Hopping", wird so erschwert.

Wichtig ist auch die neu geregelte Berechtigung für Ärzte und andere Träger eines Berufsgeheimnisses, Daten an die Jugendämter zu übermitteln, wenn sie vermuten, dass es einen Fall von Kindeswohlgefährdung gibt. Das ist von hoher Bedeutung. Die Ärzte nutzen diese Möglichkeit zur Weitergabe solcher Daten an die Jugendämter.

Das ist das Wesentliche dazu.

Ein weiterer Punkt war der Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel - ein hochaktuelles Thema. Die Bundeskanzlerin hat die Aussprache darüber mit einem herzlichen Dank an Bundesministerin Hendricks und alle ihre Mitstreiter eröffnet. Dies war ein Dank für den großen Einsatz der deutschen Delegation bei den Pariser Klimaverhandlungen, der zum Erfolg von Paris beitragen habe.

Zu einer umfassenden Klimapolitik gehört ja beides: die Treibhausgasemissionen nachhaltig zu reduzieren und den Staaten eine Anpassung an die ökologischen, die ökonomischen und auch die sozialen Folgen des Klimawandels zu ermöglichen, der ja jetzt schon stattfindet. Die Bundesregierung hat im Jahr 2008 eine Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel verabschiedet und hat damit einen Rahmen geschaffen, in dem eben schrittweise die Folgen und die Risiken des Klimawandels auch für unser Land identifiziert werden. Wir haben das im Jahr 2011 noch einmal mit eine "Aktionsplan Anpassung" konkretisiert. Nun also dieser Fortschrittsbericht, der eine Zwischenbilanz zu den seit 2011 eingeleiteten Maßnahmen zieht.

Ein letzter Punkt, den ich Ihnen noch vortragen möchte: Sie wissen, dass das Kabinett sich wie immer mit der Entwicklung der Flüchtlingslage befasst hat. Heute stand im Zentrum die Lage der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen. Das ist eine Gruppe von immerhin derzeit 57.000 Jugendlichen, die allermeisten von ihnen männlich. Die meisten von ihnen sind zwischen 16 und 17 Jahre alt, es gibt aber auch sehr viel jüngere. In der Tendenz werden diejenigen, die wir zu dieser Gruppe zählen, auch jünger.

Ausländische Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Familie aus ihren Herkunftsländern zu uns nach Deutschland kommen, gehören - das wird jeder verstehen - zu den schutzbedürftigsten Personengruppen überhaupt. Sie haben nach der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht darauf, dem Kindeswohl entsprechend untergebracht, versorgt und betreut zu werden. Um das sicherzustellen, hat die Bundesregierung seit dem 1. November dieses Jahres ein Gesetz in Kraft gesetzt, nämlich das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendliche. Wir wollen damit besonders die Bedürfnisse dieser Gruppe unbegleiteter Minderjähriger durch eine landes- und bundeweite Aufnahmepflicht sicherstellen. Das schafft die Möglichkeit, Kapazitäten zur geeigneten Versorgung und Unterbringung dieser Jugendlichen in ganz Deutschland zu nutzen. Der Bund unterstützt die Kommunen bei ihrer wichtigen Arbeit, indem er sich an den Kosten mit 350 Millionen Euro beteiligt.

Außerdem gibt es ein Programm des Bundesfamilien- und Jugendministeriums mit dem Titel "Willkommen bei Freunden - Bündnisse für junge Flüchtlinge", das sechs regionale Servicebüros beinhaltet, die Beratung und Qualifizierung für kommunale Mitarbeiter bieten. Dieses Programm läuft vier Jahre und ist ebenfalls mit 12 Millionen Euro ausgestattet.

Außerdem plant das Jugendministerium für das nächste Jahr ein bundesweites Gastfamilienprojekt. Das sind Konzepte, um Gastfamilien und ebenso ehrenamtliche Vormünder erst einmal zu gewinnen und dann auch zu qualifizieren, diese Jugendlichen aufzunehmen und zu begleiten. Hierfür soll es natürlich auch eine Schulung geben.

Zum Schluss hat der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Herr Müller, dem Kabinett über seine gerade beendete Reise nach Eritrea berichtet.

Soweit der Bericht aus dem Kabinett.

Frage (zur Tabakproduktrichtlinie): Herr Seibert, könnten Sie ausführen, wo zukünftig in Deutschland noch für Tabak geworben werden kann?

StS Seibert: Ich glaube, wenn es so ins Detail geht, muss ich den Kollegen aus dem Ressort bitten, Ihnen die Antwort zu geben.

Urban: Vielen Dank für die Frage. Zu der nationalen Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie hat Herr Seibert vorhin ausgeführt. Die nationale Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie regelt in erster Linie nicht das darüber hinausgehende Werbeverbot, das der Bundesminister im Rahmen seiner Zuständigkeit für den gesundheitlichen Verbraucherschutz angestoßen hat. Auch hierfür ist die Ressortabstimmung inzwischen beendet.

Ziel ist und bleibt die Vermeidung des größten vermeidbaren Gesundheitsrisikos. Vor allem steht für Bundesminister Schmidt im Fokus, die Kinder und Jugendlichen fern von Tabakprodukten zu halten. Deswegen sieht dieses weitergehende Werbeverbot, das über die nationale Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie hinausgeht - und heute auch nicht Beratungsgegenstand im Kabinett gewesen ist, vor, dass wir die Werbung nicht mehr auf Außenflächen zulassen und dass die Werbung in großen Teilen im Bereich des Kinos eingeschränkt wird, wo es jetzt noch erlaubt ist.

Zusatzfrage: Aber wo wird Werbung dann noch zu sehen sein? Im Kino ja trotzdem noch. Wo überall noch?

Urban: Bei Filmen, die entsprechend als "FSK ab 18" eingestuft sind. Das trifft zu.

Zusatzfrage : Warum?

Urban: Weil wir das für Kinder und Jugendliche geregelt haben. Der gesundheitliche Verbraucherschutz steht, gerade was Kinder und Jugendliche angeht, im Fokus des Bundesministers.

StS Seibert: Ganz kurz für den Hintergrund für uns alle: Der letzte Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragte der Bundesregierung aus diesem Jahr hat 110.000 Todesfälle in Deutschland pro Jahr unmittelbar auf das Rauchen zurückgeführt. Direkte und indirekte Kosten des Rauchens schätzt das Deutsche Krebsforschungsinstitut auf etwa 79 Millionen Euro pro Jahr.

Frage: Auch eine Frage an den Kollegen des Gesundheitsministeriums: Was erwarten Sie denn von den sogenannten Schockfotos auf den Zigarettenschachteln?

Urban: Die Kollegin des Gesundheitsministeriums ist Frau Angeli, die hinter mir sitzt. Wir sprechen für den gesundheitlichen Verbraucherschutz.

Wir setzen damit die EU-Tabakproduktrichtlinie in nationales Recht um. Es gibt Erfahrungswerte, was diese sogenannten Schockbilder auf den Packungen angeht, deren Größe und Dimension auch vorgeschrieben sind. 65 Prozent der Verpackung muss dann durch Warnhinweise und abschreckende Bilder entsprechend abgedeckt sein. Damit versucht man ebenfalls, die Menschen vom größten vermeidbaren Gesundheitsrisiko - das hatte Herr Seibert gerade noch einmal verdeutlicht - fernzuhalten.

Frage: Herr Urban, wenn Herr Seibert gerade gesagt, dass das Rauchen pro Jahr 110.000 Tote verursacht, warum ist Ihr Minister dagegen, die Werbung auch für Erwachsene zu verbieten?

Urban: Ich habe gerade gesagt, dass wir die Lücke des Werbeverbots geschlossen haben, die jetzt noch existiert. Wir haben die Werbebeschränkungen für Tabak deutlich ausgeweitet. Noch einmal: Im Fokus steht der gesundheitliche Verbraucherschutz gerade für Kinder und Jugendliche. Wir haben die Werbelücken im Bereich des Kinos und im Bereich der Außenwerbung geschlossen. Ziel ist es, vor allem Kinder und Jugendliche vom Rauchen abzuhalten.

Zusatzfrage: Anders gefragt: Warum ist man dann gegen ein generelles Werbeverbot für Tabakprodukte?

Urban: Wir sind für ein Werbeverbot für Tabakprodukte, dass im Fokus Kinder und Jugendliche und deren gesundheitlichen Verbraucherschutz hat. Deswegen haben wir die Lücke geschlossen und haben über die Eins-zu-eins-Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie der Europäischen Union das Werbeverbot auf Außenflächen und für Kinowerbung auf den Weg gebracht, das sich in den nächsten Tagen auf dem Weg nach Brüssel bezüglich der Notifizierung befindet.

Zusatzfrage: Herr Dimroth, Ihr Minister hat immer wieder behauptet, dass 30 Prozent der syrischen Flüchtlinge gar nicht aus einem Kriegsgebiet kommen und auch keine Syrer sind, weil sie zum Beispiel gefälschte Pässe haben. In einer Antwort Ihres Hauses auf eine parlamentarische Anfrage heißt es, dass bei einer stichprobenartigen Untersuchung nur acht Prozent der syrischen Personaldokumente beanstandet wurden. Hat sich der Minister geirrt? Auf welcher Basis hat er diese Dinge verbreitet?

Dimroth: Dazu, auf welcher Basis diese Zahl zustande gekommen ist, haben wir hier und auch in anderen Zusammenhang schon sehr weitreichend ausgeführt. Hintergrund waren Erfahrungsberichte von Kolleginnen und Kollegen vor Ort, also der europäischen Grenzschutzinstitutionen, die eben entsprechende Berichte weitergegeben haben.

Zu Ihrer Frage zu einem möglichen Widerspruch zu der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage: Ein Stichwort haben Sie gerade selbst genannt, und das ist das Stichwort "Stichprobe". Das bedeutet also, das ist mitnichten sozusagen eine grundlegende empirische Aufarbeitung dieses Themas. Das Zweite, mindestens genauso Wesentliche ist, dass sich diese Stichprobe auf die Frage bezieht, ob vorgelegte Reisedokumente gefälscht waren. Bei dieser Prüfung ist im Rahmen dieser Stichprobe der Wert von 8 Prozent herausgekommen. Der Bundesinnenminister hat ganz grundlegend von einer Gruppe von Menschen gesprochen, die sich als Syrer ausgeben, sich dann aber im weiteren Verfahren nicht als Syrer herausstellen. Das müssen mitnichten nur solche sein, die gefälschte Dokumente vorlegen; vielmehr sind das selbstverständlich auch solche, die gar keine Dokumente vorlegen, weil sie auf der Flucht verlorengegangen sind. Dementsprechend sehe ich auch mitnichten den von Ihnen erfragten Widerspruch.

Zusatzfrage: Seine Vermutung war ja Anlass dafür, das BAMF aufzufordern, den Schutzstatus von syrischen Flüchtlingen wieder genauer zu prüfen. Ist diese Stichprobe kein Anlass dafür, das jetzt wieder zu lockern und zu sagen - wie noch vor ein paar Monaten -: Allen Syrern wird Asyl gewährt?

Dimroth: Wenn ich Sie da korrigieren darf: Zu keinem Zeitpunkt wurde allen Syrern Asyl gewährt, vielmehr wurde ihnen der Flüchtlingsstatus gewährt - das ist ein Unterschied.

Das Zweite ist: Wie Sie wissen, hat sich die Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern zu diesem Thema verhalten und gemeinsam einen Entschluss gefasst, wonach künftig - auch aus Sicherheitsgründen - auch bei syrischen Flüchtlingen zu der im Gesetz ohnehin als Regel vorgesehenen Einzelfallprüfung zurückgekehrt werden soll.

Zu der Frage, ob sich möglicherweise aus der Stichprobe, die der Antwort auf die parlamentarische Anfrage zugrunde liegt, etwas verändert, habe ich ja gerade ausgeführt, dass das allenfalls einen Teilaspekt beleuchtet, nämlich den Teilaspekt gefälschte Dokumente, und dass das nicht den Aspekt reisende Flüchtlinge ohne entsprechende Dokumente in den Blick nimmt. Insofern gibt es den Widerspruch nicht, und da es einen entsprechenden Widerspruch nicht gibt, ist es sozusagen logisch, dass sich auch nicht die Erforderlichkeit einer neuen Bewertung ergibt.

Frage: Im Kabinett wurde heute ja der Haushaltsplan der Bundesagentur für Arbeit besprochen. Dazu eine Frage an das Arbeitsministerium: Können Sie noch einmal den Personalaufwuchs bei den Jobcentern und bei der BA wegen der Flüchtlingszahlen erläutern? Von welchen Zahlen geht man dort aus, wie viele Flüchtlinge werden im nächsten Jahr kommen und Bedarf an Beratung durch die BA haben oder in den Jobcentern betreut werden müssen?

Stelten: Vielen Dank für die Frage. In der Tat, das Kabinett hat heute auch den Haushalt der BA genehmigt. Für beide Rechtskreise - also SGB II und SGB III - werden 3.600 Kräfte zur Verfügung gestellt. Im Rechtskreis SGB II sind das 2.800 - 2.000 Stellen und 800 Ermächtigungen -; die sind insofern nicht neu, als unsere Ministerin sie auch schon im Rahmen des BMAS-Haushalts genannt hat. Zusätzlich werden die Agenturen für Arbeit - das ist dann allerdings der Rechtskreis SGB III - mit 800 zusätzlichen Stellen verstärkt. Dem liegen die gleichen Annahmen zugrunde wie dem Haushalt des BMAS beziehungsweise der Regierung.

Zusatzfrage: Könnten Sie diese Annahmen, von denen man für das nächste Jahr ausgeht, vielleicht noch einmal erläutern? Mit welcher Zahl von hereinkommenden Flüchtlingen - und solchen, die dann im SGB II landen werden - rechnet man?

Stelten: Ich weiß, dass damals die Zahl 800.000 zugrunde gelegt wurde, müsste mich da aber noch einmal versichern und könnte das dann nachreichen.

Frage: An das Verteidigungsministerium: Herr Nannt, was können Sie uns zu dem ersten Einsatz in Syrien - ich glaube, in der Nacht war es - in Sachen Luftbetankung sagen?

Passend dazu: Wir wissen ja inzwischen, dass die Tornados, die in der vergangenen Woche Richtung Incirlik geflogen sind, nicht die Maschinen sind, die dann auch zum Einsatz kommen werden. Können Sie uns noch einmal den Sinn dieser Entscheidung erklären?

Nannt: Ich fange vielleicht einmal mit dem Fahrplan insgesamt an: Bereits seit dem 6. Dezember ist ja die "Augsburg" zur Unterstützung der "Charles de Gaulle" im Einsatz. Der erste Einsatz der Tankflugzeuge, also des A 310, ist heute in der Nacht erfolgt. Der Flieger war dort insgesamt fünf Stunden lang in der Luft und hat auch zweimal Kampfjets der internationalen Koalition betankt und unterstützt. Der Tanker wird auch weiterhin einsatzbereit sein.

Zum Einsatz der Tornados: Das ist ein ganz normaler Vorgang, so wie wir jetzt die Verlegung geplant haben, also nichts Ungewöhnliches. Es ist aber vielleicht ganz gut, dass ich das hier noch einmal klarstellen kann. Wir sind jetzt dabei, mit einem Vorkommando die routinemäßige und sehr wichtige Einsatzvorbereitung vor Ort durchzuführen. Was machen die Flieger, die jetzt dort sind? Wir hatten ja am 10. Oktober die zwei Tornados verlegt. Jetzt ist es so, dass dort vor Ort Orientierungsflüge laufen. Es geht darum, den türkischen Luftraum und die Luftraumstruktur, aber auch Verfahren und Regeln der Gastnation einzufahren, einzulaufen, und dabei auch Abstimmungen mit den örtlichen, regionalen Flugverkehrskontrollstellen sowie auch Feuerwehrrettungskräften vorzunehmen; denn bei jedem Flugfahrzeug sind natürlich andere Maßnahmen zu ergreifen, deshalb ist das unheimlich wichtig.

Das sind jetzt also insgesamt Maßnahmen, die auch zum Schutz unserer Besatzungen notwendig sind, wenn sie in den realen Einsatzflug hereingehen werden - wir sind da jetzt also in der Vorbereitung. Das macht eigentlich auch jede Luftwaffe vor Ort. Genau so, wie wir es schon immer kommuniziert haben, wird dort ab Mitte Januar beziehungsweise im Januar der Einsatz laufen. Auch zukünftig wird es der Fall sein, dass wir die Flugzeuge in regelmäßigen Abständen austauchen. Es geht dabei zum einen darum, dass wir gewisse Instandhaltungsmaßnahmen, Wartungsmaßnahmen durchführen und dort natürlich immer das bestmögliche Gerät haben werden. Insofern ist es völlig normal, dass wir unsere derzeitigen Flugzeuge dort haben, um diese Orientierungsflüge leisten zu können, dass wir dort aber erst im Januar einsatzbereit sind. Wie gesagt, so haben wir es auch immer kommuniziert.

Ich möchte noch einen Punkt "unter drei" sagen.

Vors. Szent-Ivanyi: Wir sind jetzt "unter drei".

(Es folgt ein Teil "unter drei")

Vors. Szent-Ivanyi: Wir gehen wieder "unter eins".

Frage: Herr Nannt, was ich noch nicht verstanden habe: Man nutzt ja die türkische Basis in Incirlik, aber man will mit den Türken nicht die komplette Aufklärung teilen, also die Dinge, die man da beobachtet. Man will ja zum Beispiel die kurdischen Stellungen davon ausnehmen. Wie passt es zusammen, dass man vom Nato-Freund Türkei quasi die Basis genehmigt bekommt und gleichzeitig nicht all das teilt, was die Türken vielleicht haben wollen? Haben die Türken also keine Forderungen danach gestellt?

Nannt: Für uns ist der Hauptaspekt, dass die Daten, die wir insgesamt gewinnen, mandatskonform genutzt werden. Um noch einmal deutlich zu machen, wie der Prozess läuft: Wir werden diese Daten zuerst national auf der Airbase in der Türkei auswerten. Die Aufklärungsergebnisse, also Daten und nationale Bewertungen, werden dann anschließend der Koalition zur Verfügung gestellt. Zugang zu diesen Aufklärungsergebnissen hat insgesamt eine kleine Gruppe von Ländern. Wir sind jetzt gerade dabei, Dinge auch vor dem Hintergrund des Eintritts in diese Koalition zu besprechen. Einzelheiten dazu, wie dieses Verfahren jetzt laufen wird, befinden sich derzeit in der Ausplanung.

Wir hatten auch schon in der vorletzten Woche dargestellt, dass wir bei der Annahme dieser Aufträge ein, sage ich einmal, Sicherungselement eingebaut haben, eine Art Schiedsrichter, der genau prüft, ob die Aufträge eben auch genau den mandatierten Zielen entsprechen. Dieser deutsche Offizier ist dazu da, das abzusichern. Wichtig ist also insofern: Es läuft dieses Verfahren, und wir stellen die Daten eben so zur Verfügung, dass sie auch für den Kampf gegen den IS genutzt werden können.

Zusatzfrage: Können Sie einmal sagen, wer zu dieser kleinen Gruppe gehören wird, die die ganze Aufklärung sehen wird?

Noch eine andere Frage: Wie stellen Sie sicher, dass das Kerosin, das da getankt wird, zum Beispiel nicht aus ISIS-Öl stammt?

Nannt: Zur zweiten Frage kann ich Ihnen nichts sagen. Wir beziehen unser Kerosin ganz normal über unser Verfahren. Ich habe jetzt keine Kenntnis darüber, wie das in den Nato-Verfahren und sonstigen Host-Nation-Support-Verfahren abläuft.

Zur ersten Frage: Es ist so, dass, wie gesagt, diese kleine Gruppe zurzeit in der Ausplanung ist. Dazu, wie wir derzeit mit dieser kleinen Gruppe zusammenarbeiten: Ich habe die einzelnen Länder jetzt, wie gesagt, nicht parat. Aber noch einmal, und das ist mir echt wichtig: Das wird mandatskonform eingesetzt.

Zusatzfrage: Könnten Sie vielleicht nachreichen, aus wem diese kleine Gruppe besteht und woher das Öl beziehungsweise das Kerosin stammt? "Host nation" würde für mich nämlich "Türkei" bedeuten, und die Türkei hat ja Verbindungen zu ISIS.

Nannt: Ich werde das prüfen.

Vors. Szent-Ivanyi: Könnten Sie das nachreichen, Herr Kollege?

Nannt: Ich prüfe das.

Vors. Szent-Ivanyi: Okay, das wird nachgereicht. - Wir kommen zu einem neuen Thema. Herr Kollege!

Frage: Herr Schäfer, wie bewertet die Bundesregierung die neue militärische Allianz gegen den Terror unter Leitung der Saudis?

Schäfer: Es ist erst einmal grundsätzlich zu begrüßen, dass die arabischen Staaten, die sich gestern unter saudischer Führung zusammengefunden haben, das tun, was wir uns als internationale Gemeinschaft vorgenommen haben, nämlich den Kampf gegen ISIS und den islamistischen Terrorismus aktiv zu führen. Das ist schon einmal ein gutes Zeichen. Wir gehen davon aus, dass das genau so passiert, wie es der stellvertretende Kronprinz und Verteidigungsminister Saudi-Arabiens angekündigt hat, nämlich dass das eine Allianz ist, die nicht nur militärisch agiert, sondern die insbesondere auch politisch und sozusagen medial mit der Frage der Weltanschauung und des Umgangs von Moslems mit der Bedrohung durch den "Islamischen Staat" umgeht.

Ehrlich gesagt sind die Informationen, die uns über die gestrige Ankündigung des saudischen Kronprinzen und Verteidigungsministers hinaus vorliegen, noch nicht so angereichert, dass ich Ihnen jetzt im Detail schildern könnte, um was es dabei geht. Ich denke, da gibt es ganz viel, das "in the making" ist. Das werden wir aktiv begleiten, und dass wird selbstverständlich auch mit unseren Partnern in der islamischen Welt - darunter Saudi-Arabien - besprochen werden. Die nächste Gelegenheit, bei der so etwas passieren könnte, wäre die für heute Nacht oder morgen geplante Reise des Außenministers nach New York, um dort an der nächsten Runde des Wiener Prozesses teilzunehmen und sozusagen beim dritten Außenministertreffen im Wiener Format zusammenzukommen. Da werden auch die Kollegen aus Saudi-Arabien, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, aus Katar sowie einige andere aus der arabischen und islamischen Welt dabei sein, und das wäre für den Außenminister auch einmal ein Anlass und Gelegenheit, mit seinen Kollegen genau über diese gestern bekannt gewordene Entscheidung zu sprechen.

Frage: Herr Schäfer, Teile der saudischen Anti-Terror-Koalition sind ja auch Staaten, die ISIS nachweislich unterstützt haben. Wie findet die Bundesregierung so etwas?

Gleichzeitig ist zum Beispiel der Iran nicht dabei. Könnte das also nicht auch eine Anti-Iran-Allianz sein?

Schäfer: Ich mache mir die Unterstellungen Ihrer Frage ausdrücklich nicht zu eigen. Wenn Sie Nachweise haben, dann bringen Sie sie vor!

Uns geht es hier und jetzt in der Syrien-Krise nicht darum, ausführliche Vergangenheitsbewältigung zu betreiben, sondern uns geht es darum, sozusagen all die Kräfte, die wir brauchen, um die Bedrohung durch ISIS in den Griff bekommen zu können, zu bündeln. Dazu könnte das, was gestern in Riad verkündet worden und bekannt geworden ist, ein guter und auch wichtiger Beitrag sein. Wir haben immer gesagt, dass es eine ganz besondere Aufgabe für die muslimische Welt ist, mit der Bedrohung durch ISIS umzugehen, nicht so sehr in erster Linie militärisch - das vielleicht auch - , sondern auch politisch, religiös und weltanschaulich. Wenn das das Ziel dieser Initiative ist, dann können wir das nur ausdrücklich begrüßen.

Zusatzfrage: Zu New York: Nehmen da mittlerweile Syrer teil? Es geht ja um Syrien.

Schäfer: Das Wiener Format, wie es Ende Oktober, Anfang November und dann Mitte November getagt hat, ist eine Zusammenkunft von 17 Staaten und drei internationalen Organisationen, vertreten durch ihre Außenminister oder ihre Sonderbeauftragten, im Rahmen dessen in den letzten Wochen einigermaßen erfolgreich der Versuch unternommen worden ist, die internationale Gemeinschaft zusammenzubringen und für ein gemeinsames Konzept für eine politische Beilegung der Krise und des Bürgerkriegs in Syrien zu gewinnen. Dabei sind wir am 14. November eine ganze Menge Schritte vorangekommen, indem dort eine Roadmap, ein Fahrplan, vereinbart worden ist, der eine Reihe von Schritten beinhaltet. Der wichtigste Schritt, der dort vereinbart worden ist, ist die gemeinsame Anstrengung beziehungsweise der Versuch, die syrische Regierung einerseits und die syrische Opposition andererseits dazu zu bewegen, jetzt endlich Verhandlungen und Gespräche über die Bildung einer Übergangsregierung aufzunehmen und sie dann hoffentlich auch bald abzuschließen, wie das bereits 2011 und 2012 versucht worden ist. Auch dabei sind wir - unter anderem durch die Oppositionskonferenz in Riad, die ja überhaupt erst auf Initiative von Wien hin am 14. November organis iert worden ist - um einiges vorangekommen.

Nein, es wird, soweit ich das sehe - die Planungen laufen da noch ziemlich kurzfristig -, nicht zu Begegnungen mit Vertretern der syrischen Regierung und der syrischen Opposition kommen. Ich kann nicht ausschließen, dass der eine oder andere sich dann auch zufällig - oder nicht - in New York aufhält. Aber hier geht es darum, dass die internationale Gemeinschaft, also all die wichtigen politischen Spieler und Akteure, die Einfluss auf die Geschehnisse in Syrien haben, zusammenkommen, um die gemeinsam vereinbarte Strategie weiter auszudifferenzieren und umzusetzen.

Frage: An das Verkehrsministerium eine Frage: Es gibt heute eine Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe, in der dem Verkehrsminister vorgeworfen wird, er treibe die Aufklärung bei der COfäre nicht entschieden genug voran. Wie haben Sie das wahrgenommen? Teilen Sie diesen Vorwurf, oder was gibt es dagegen zu sagen?

Susteck: Den Vorwurf halte ich für abwegig. Der Bundesverkehrsminister hat unmittelbar reagiert, als er von den Vorwürfen gegen VW erfahren hat, zum einen durch die Veranlassung, über das KBA unabhängige und strenge Nachprüfungen und Kontrollen an den betroffenen Fahrzeugen vorzunehmen und darüber hinaus auch Fahrzeuge anderer Volumenhersteller aus dem In- und Ausland mit zu prüfen. Wir werden diese Prüfungsergebnisse auch vorstellen und öffentlich vorlegen, wenn wir die Ergebnisse haben. Darüber hinaus verweise ich auf die Untersuchungskommission des BMVI gemeinsam mit Experten des Kraftfahrtbundesamtes. Auch diese hat der Minister unmittelbar eingerichtet, nachdem die Vorwürfe gegenüber VW in der Welt waren. Mehr habe ich dazu im Grunde nicht zu sagen. Unsere Aktivitäten sind bekannt.

Zusatzfrage: Die Deutsche Umwelthilfe bezieht sich ja u. a. genau darauf, dass die Prüfungsergebnisse nicht vorgelegt werden und dass nicht einmal Beispiele wie dieses kleine Rohrstück gebracht werden, mit dem das Problem technisch behoben werden soll. Wenn Sie jetzt sagen, Sie werden die Prüfungsergebnisse vorstellen, sobald sie Ihnen vorliegen, können Sie uns da einen Zeitraum nennen? Warum liegen im Ministerium die Prüfungsergebnisse noch nicht vor, wenn die Prüfungen schon im Kraftfahrtbundesamt stattgefunden haben?

Susteck: Da haben Sie mich möglicherweise missverstanden. Die Prüfungen dauern nach wie vor an. Das Kraftfahrtbundesamt hat verschiedene unabhängige Prüfdienste in Deutschland beauftragt, diese Prüfungen durchzuführen. Der Prüfprozess ist noch nicht abgeschlossen. Die Ergebnisse werden dann ausgewertet. Wir werden, wie gesagt, ein Gesamtergebnis vorstellen, wenn diese Ergebnisse vorliegen.

Frage: Die Koalition hat sich ja auf eine Reform der Kontrolle der Geheimdienste geeinigt. Gibt es dazu schon eine Position der Bundesregierung?

StS Seibert: Das ist ja jetzt nichts ganz Neues. Die Einzelheiten kann ich Ihnen hier noch nicht vortragen. Wir haben das hier in der Grundsatzeinigung ja schon mehrfach vorgetragen. Ich kann Ihnen dazu jetzt keine Einzelheiten nennen.

Frage: In dem Zusammenhang habe ich eine Frage an Herrn Dimroth und an Herrn Seibert. Auf eine Parlamentarische Anfrage zum Thema Attentäter der jetzigen Bürgermeisterin Henriette Reker in Köln, ob dieser ein V-Mann sei oder Kontakte zum Verfassungsschutz habe, hat die Bundesregierung geantwortet:

Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass eine Beantwortung der Frage nicht erfolgen kann. Der Informationsanspruch des Parlaments findet eine Grenze bei geheimhaltungsbedürftigen Informationen, deren Bekanntwerden das Wohl des Bundes oder eines Landes gefährden kann.

Herr Dimroth, warum soll es geheim sein, dass der Attentäter nichts mit dem Verfassungsschutz zu tun hatte?

Herr Seibert, die Kanzlerin hat einmal versprochen, dass man jegliche Lektion aus dem NSU-Skandal ziehen will. Glauben Sie, dass das bisher passiert ist?

Dimroth: Wenn ich beginnen darf: Sie haben ja gerade mit schönen Worten, wie ich finde - auch wenn sozusagen der Urheber die Bundesregierung ist, darf ich das sagen -, ausgeführt, dass es einen Abwägungsprozess gibt, der zu einem Ergebnis gekommen ist. Dieses Ergebnis gilt selbstverständlich auch für Sie.

StS Seibert: Der Satz der Bundeskanzlerin und der Gedanke, der sich darin ausdrückt, gelten selbstverständlich. Die Bundesregierung, der deutsche Staat insgesamt, hat in diesen nun über vier Jahren seit Aufdeckung dieser Verbrechensserie einiges getan, um das umzusetzen. Ich sehe überhaupt keinen Zusammenhang zu dem ersten Teil Ihrer Frage. Aber wir können jetzt hier gern noch einmal durchgehen, was es an gesetzlichen systematischen und strukturellen Veränderungen gegeben hat, was genau diesen Anspruch einlöst.

Zusatzfrage: Herr Dimroth, die Antwort der Bundesregierung kann man doch nicht anders verstehen, als dass da irgendetwas im Busch ist, was man der Öffentlichkeit nicht sagen will. Warum will man der Öffentlichkeit nicht sagen, dass der Mann nichts mit dem Verfassungsschutz zu tun hat, wenn es so ist?

Dimroth: Das wäre einer der möglichen Deutungen, die Sie vornehmen. Ich würde Ihre Mutmaßung aber nicht teilen, dass das die einzige mögliche Ausdeutung ist. Es gibt auch sonst Sachverhalte, die schlichtweg nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, weil bestimmte Einstufungen von Dokumenten dahinter liegen - welcher Art und welchen Inhalts auch immer. Insofern würde ich Ihre Deutung nicht mitgehen wollen, dass die einzige mögliche Schlussfolgerung die von Ihnen gerade genannte ist, sondern die Schlussfolgerung ergibt sich aus dem von Ihnen gerade zitierten Text.

Frage: Herr Schäfer, zum Thema Atombombe hatte Ihr Kollege am Montag gesagt, dass sich Deutschland aktiv dafür einsetzt, dass die Staaten, die Atombomben bauen und nicht im Nichtverbreitungsvertrag sind, diesem noch beitreten. Jetzt habe ich die Frage: Wie setzt man sich denn nun genau dafür ein, dass Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea diesem NVV beitreten?

Schäfer: Indem man Gespräche mit ihnen führt und sie versucht davon zu überzeugen, dass das für sie wie für alle anderen Staaten - seien sie Kernwaffenstaaten oder keine Kernwaffenstaaten - der richtige und vernünftige Schritt ist.

Zusatzfrage: Wann spricht man mit Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea darüber? Fordern Sie diese Staaten dann auf, in den NVV einzutreten?

Schäfer: Die Liste der Staaten, die Sie da erwähnt haben, mache ich mir ausdrücklich nicht zu Eigen. Aber richtig ist, dass es Kernwaffenstaaten gibt, die nicht Mitglieder des Nichtverbreitungsvertrages sind, die in der Zeit seit dem Inkrafttreten und der Aushandlung des Nichtverbreitungsvertrages die Fähigkeit, Atombomben zu entwickeln und sie dann auch zu besitzen, entwickelt haben. Wir sind mit diesen Staaten auf jeder Ebene, im Grunde ständig, in Kontakt. Wir haben da Auslandsvertretungen. Es gibt regelmäßige politische Kontakte. Im Rahmen dieser Kontakte werden dann natürlich auch diese Fragen zum gegebenen Zeitpunkt erörtert.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, noch eine Lernfrage: Wie passt es denn zusammen, dass die Bundesregierung Global Zero anstrebt und gleichzeitig willentlich Teil der nuklearen Abschreckung ist?

Schäfer: Weil die Welt sich eben nicht einfach so zurecht gebacken werden kann, sondern wir es mit Realitäten zu tun haben, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Es gibt nukleare Waffen in der Welt, und es gibt das Konzept der nuklearen Abschreckung, das mit der Erfindung und Entwicklung von Atombomben nach Ende oder während des Zweiten Weltkrieges entstanden ist. Das können wir wollen. Das wollen wir auch, dass es das nicht mehr gibt. Aber wir können unseren Willen nicht einfach so in die Tat umsetzen, sondern wir brauchen dazu Partner. Wir brauchen dazu ein internationales Umfeld, das das möglich macht. Sie können fest davon ausgehen, dass wir in den einschlägigen Gremien - im Übrigen auch in der Nato, etwa mit einem auf deutscher Initiative geschaffenen Abrüstungsausschuss - und anderswo genau auf das von Ihnen völlig richtig beschriebene Ziel eines nuklearen Global Zero mit großem Engagement hinarbeiten.

Nannt: Sie hatten ja noch einmal zu den Stäben gefragt, also wie die Weitergabe der Daten läuft.

Ich hatte vorhin gesagt, wir sind derzeit im Abstimmungsprozess. Wir treten da jetzt bei. Wir werden jetzt auch unser Personal in die einzelnen Stäbe hereingeben. Dann haben wir auch erst die Kenntnisse, wie dieses Verfahren läuft. Wenn wir in den Stäben drin sind, werden wir natürlich auch umfassend darüber Auskunft geben, welche Nationen auch darin sind - aber auch nur je nach Einstufungsgrad. Das heißt also, wir werden die Informationen dann an die Bundespressekonferenz abgeben, vielleicht auch nur an das Parlament. Das hängt auch davon ab, wie die Informationen sind.

Wichtig ist vielleicht noch: Unsere Regeln, die wir dort haben, gelten allgemein. Sie sind nicht auf eine einzige Nation bezogen oder gegen eine einzelne Nation gerichtet, sondern es ist klar, dass wir dort mandatskonform handeln. Also, wie gesagt: Wir müssen erst noch Bestandteil werden und werden dann dementsprechend die Informationen weitergeben.

Zur zweiten Frage, wenn Sie noch Informationen brauchen, wie wir unseren Betriebsstoff dort beziehen: Da ist mir nur wichtig zu sagen, dass wir zu dieser Unterstellung, die Sie immer machen - auch in den Fragen; ich weiß nicht, wo Sie sie herhaben-, keine Informationen habe. Aber wenn Sie die Informationen noch einmal haben möchten, wie jetzt das ganze Verfahren ist, dann liefern wir das gern nach.

Mittwoch, 16. Dezember 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 16. Dezember 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/12/2015-12-16-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2015

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