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PRESSEKONFERENZ/1174: Regierungspressekonferenz vom 2. März 2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 2. März 2016
Regierungspressekonferenz vom 2. März 2016

Themen: Reise der Bundeskanzlerin nach Paris, Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, Deutsches Ressourceneffizienzprogramm, Kommunikation in den Herkunfts- und Transitländern zur deutschen Migrationspolitik), Flüchtlings- und Asylpolitik, Nato-Einsatz in der Ägäis, Vorschlag zur Wiederwahl von Ronald Jahn als Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, Treffen der Außenminister im Normandie-Format in Paris, Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen, Reform des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes

Sprecher: StS Seibert, Plate (BMI), Flosdorff (BMVg), von Tiesenhausen-Cave (BMF), Schäfer (AA), Küchen (BMAS), Bieringer (BMFSFJ), Audretsch (BMWi)


Vors. Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Ich möchte kurz noch auf einen Termin eingehen, den wir Ihnen gestern per Pressemitteilung zugeleitet haben: Die Bundeskanzlerin wird an diesem Freitag nach Paris reisen. Sie wird sich dort mit Staatspräsident Hollande in Vorbereitung der beiden Brüsseler Veranstaltungen am kommenden Montag, also dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs mit der Türkei und dem anschließenden Treffen der Mitglieder des Europäischen Rates untereinander, austauschen. Die Kanzlerin wird gegen kurz nach 10 Uhr in Paris am Élysée-Palast eintreffen und dann Gespräche führen, ein Arbeitsmittagessen haben und danach wieder abreisen. Ich kann Ihnen sagen, dass die Kanzlerin und der Präsident gegen 12 Uhr kurze Erklärungen vor der Presse abgeben werden.

Zu den Themen des Kabinetts:

Vom Justizminister vorgetragen und vorgebracht wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung. Wir passen damit das Werkvertragsrecht an die speziellen Anforderungen von Bauvorhaben an, die in der Regel sehr komplex und von längerer Dauer sind. Das soll natürlich auch den Verbraucherschutz verbessern.

Einige wenige Punkte: Bauunternehmer müssen den Verbrauchern künftig rechtzeitig vor Vertragsschluss eine Baubeschreibung aushändigen, in der die wesentlichen Eigenschaften des Bauwerks klar und verständlich angegeben werden müssen. Im Bauvertrag müssen auch verbindliche Angaben zum Baufertigstellungstermin und zur Dauer der Bauausführung enthalten sein. Die Verbraucher bekommen das Recht, den Vertrag innerhalb von 14 Tagen ab Vertragsschluss zu widerrufen. Bei allen Werkverträgen, also auch bei Bauverträgen, können die Vertragspartner aus wichtigem Grund kündigen. Bauherren dürfen das Bauvorhaben künftig noch nach Vertragsschluss unter bestimmten Voraussetzungen einseitig ändern. Schließlich enthält der Gesetzentwurf auch spezielle Neuregelungen für den Architekten- und den Ingenieurvertrag.

Darüber hinaus gibt es eine Änderung bei der Mängelhaftung - die kann ich Ihnen jetzt kurz vorlesen; sie wird sich nicht jedem sofort erschließen, aber für Nachfragen haben wir ja den Kollegen da -: Der Verkäufer einer beweglichen Sache wird gegenüber dem Käufer verpflichtet, die in eine andere Sache eingebaute mangelhafte Kaufsache auszubauen und die Ersatzsache einzubauen oder die Kosten für beides zu tragen, und zwar verschuldensunabhängig. Das gilt auch für Käufe zwischen Unternehmern.

Der nächste Tagesordnungspunkt des Kabinetts war das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm. Zur Erinnerung: Im Februar 2012 hat Deutschland das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm verabschiedet. Unser Ziel ist - damals wie heute -, die Entnahme und Nutzung natürlicher Ressourcen nachhaltiger zu gestalten und die damit verbundenen Umweltbelastungen soweit wie möglich zu reduzieren.

Damals hat man sich verpflichtet, alle vier Jahre über die Entwicklung des Ressourcenverbrauchs, der Ressourceneffizienz in Deutschland zu berichten. Heute ist es nun also soweit: Der erste Bericht, das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm II, ist heute vom Bundeskabinett beschlossen worden. In dem Bericht wird der Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette gerichtet. Ich will einige Maßnahmen erwähnen, die in diesem Bericht eine Rolle spielen: Es geht um den Ausbau der Effizienzberatung für kleine und mittlere Unternehmen, es geht darum, dass verstärkt die öffentliche Hand die Beschaffung ressourceneffizienter Produkte und Dienstleistungen vornehmen soll, es geht um verbesserte Verbraucherinformationen zu diesem Thema und es geht darum, dass wir die Technologie und das Wissen, dass wir zum Thema Ressourceneffizienz haben, stärker in Entwicklungs- und Schwellenländer transferieren.

Eine wichtige Grundbemerkung, die aus diesem Bericht auch ganz klar hervorgeht: Deutschland hat es geschafft, das Wirtschaftswachstum - das wir glücklicherweise haben - vom Rohstoffeinsatz zu entkoppeln - wenn man sich international umsieht, dann sieht man, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Das Thema Ressourceneffizienz bekommt international glücklicherweise immer größere Aufmerksamkeit. Dazu hat auch die in Schloss Elmau auf dem G7-Gipfel im vergangenen Sommer beschlossene Initiative der G7 beigetragen.

Die Aspekte "Nachhaltiges Bauen und nachhaltige Stadtentwicklung" und "Ressourceneffizienz von Produkten der Informations- und Kommunikationstechnik" werden in diesem Bericht stark hervorgehoben, indem sie eigene Kapitel gewidmet bekommen.

Das Ganze wurde durch einen intensiven Konsultationsprozess mit den Verbänden und mit anderen gesellschaftlichen Akteuren begleitet, und es wurde auch ergänzt und bereichert durch Ideen und Lösungsvorschläge von Bürgerinnen und Bürger.

Im Zusammenhang mit unserem ständigen Tagesordnungspunkt Flucht, Migration, Asyl hat heute der Außenminister über die Kommunikation in den Herkunfts- und Transitländern zur deutschen Migrationspolitik berichtet. Der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung im Ausland kommt angesichts der anhaltenden Flüchtlingsbewegungen und auch vor dem Hintergrund der Gefahren, die für die Menschen mit illegaler Migration einhergehen - ich sage nur: 320 Tote in der Ägäis bereits in diesem Jahr -, in den Herkunftsländern der Flüchtlinge und auch in den Transitländern eine zentrale Bedeutung zu.

Ziel ist, dass wir ein realistisches und aktuelles Deutschlandbild vermitteln, also realistisch über die Rechts- und Faktenlage von Einwanderung und Asyl in Deutschland aufklären, realistisch vor den Gefahren warnen, die Menschen auf sich nehmen, die sich in die Hände von kriminellen Schleppern begeben, und auch die Falschmeldungen, die Schlepper bewusst in Umlauf bringen, um ihr Geschäft anzukurbeln, entkräften. Das geschieht über die klassischen Medien wie vor allem natürlich auch über die sozialen Netzwerke und andere Öffentlichkeitsarbeitsmittel, und das geschieht natürlich in den Landessprachen der Betroffenen, schnell und prägnant.

Die Aufklärungsmaßnahmen sollen die Bevölkerungen in diesen Ländern darüber informieren, dass sie mit dem Versuch, nach Deutschland auszuwandern, hohe wirtschaftliche und hohe gesundheitliche Risiken eingehen und dass darüber hinaus viele von ihnen hier in Deutschland keine realistische Bleibeperspektive vorfinden werden. Gleichzeitig wollen wir auf Bleibeperspektiven in den Herkunfts- und Aufenthaltsländern hinweisen.

Wir haben diese Kommunikationsstrategien natürlich nicht pauschal über alle Länder ergossen, sondern sie sind an die regionalen Besonderheiten angepasst. Das, was vor allem auch die Diplomaten in den deutschen Vertretungen vor Ort sagen, klingt in Nordafrika natürlich etwas anders als in Afghanistan oder in Subsahara-Afrika.

Soweit der Bericht aus dem Kabinett.

Frage: Um zunächst mit der Reise der Kanzlerin nach Paris einzusteigen: Könnten Sie vielleicht ein bisschen genauer umschreiben, was der Zweck dieser Reise ist? Möchte man die etwas eingeschlafene deutsch-französische Achse damit wiederbeleben?

Zweitens. Mit welcher Haltung wird die Kanzlerin im Zusammenhang mit der Räumung des Flüchtlingslagers in Calais nach Paris fahren, wie bewertet die Bundesregierung diese Räumung?

StS Seibert: Zunächst einmal haben Sie, glaube ich, einen falschen Blick auf die deutsch-französische Achse. Die ist sehr lebendig, sehr wach und weiterhin sehr wichtig dafür, dass wir in Europa gemeinsam Fortschritte machen. Das wird sich sicherlich auch bei diesem Treffen in Paris wieder zeigen.

Es ist so, wie ich es zu erklären versucht habe: Die Bundeskanzlerin und der französische Präsident wollen die deutsche und die französische Position möglichst eng abstimmen, bevor wir in die beiden verschiedenen Runden, die am Montag in Brüssel zusammenkommen, gehen. Wir wollen noch einmal darüber sprechen, was bei den Punkten erreicht ist, die allen Mitgliedern des Europäischen Rates wichtig sind: Wo stehen wir beim Schutz der Außengrenzen, was muss da weiter geschehen, wo stehen wir bei der Fluchtursachenbekämpfung, bei der Reduzierung illegaler Migration? Das alles wird eine Rolle spielen.

Zu den Ereignissen in und um Calais: Ich kann Ihnen nur sagen, dass es sich für uns versteht, dass Flüchtlinge überall im Einklang mit Recht und Gesetz zu behandeln sind. Wir haben überhaupt keinen Anlass zu bezweifeln, dass das auch in Frankreich der Fall ist.

Frage: Eine Frage an das Innenressort: Wie weit sind denn die Pläne im Ministerium für eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge, auch vor dem Hintergrund des gestrigen Urteils des Europäischen Gerichtshofs, aus dem sich herauslesen lässt, dass es - wenn überhaupt - ohnehin eigentlich nur für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz gelten kann?

Plate: Vielleicht fange ich einfach einmal an, weil sich Ihre erste Frage zum Thema Wohnsitzauflage an das Innenressort richtete. - Sie haben schon richtigerweise gesagt, dass sich der EuGH gestern in einem Fall zu diesem Thema geäußert hat. Ich teile allerdings nicht Ihre Lesart dieses Urteils. Ich weiß nicht, ob Sie es ganz gelesen haben, aber wenn man das Urteil aufmerksam studiert, dann stellt man zwar fest, dass es in einem speziellen Einzelfall ergangen ist und es sich um eine subsidiär schutzberechtigte Person gehandelt hat, sodass sich das Urteil in der Tat unmittelbar nur zu der Frage einer Wohnsitzauflage bei einem subsidiär schutzberechtigten äußern kann. Aber wenn Sie das Urteil und die Argumentation aufmerksam studieren, dann werden Sie sehr wahrscheinlich so wie wir zu dem Schluss kommen, dass der EuGH durchaus erkennen lässt, dass Wohnsitzauflagen auch für anerkannte Flüchtlinge mit dem Europarecht vereinbar sein können. So lesen wir das Urteil jedenfalls; insofern bewerten wir das Urteil eher so, dass es den Weg für ein Gesetzgebungsprojekt im Bereich Wohnsitzauflage freimacht.

Sie wissen, dass wir dieses Urteil ganz bewusst abwarten wollten, bevor wir einen Gesetzentwurf erstellen; denn wir wussten ja: Es ist auch ein deutscher Fall, es war ein Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts an den EuGH. Deswegen hat ein solches Urteil für Deutschland natürlich besondere Relevanz. Wir wollten das Urteil abwarten und haben vorher intern Eckpunkte erstellt, wie ein Gesetzgebungsvorhaben im Bereich Wohnsitzauflage ausgestaltet sein könnte. Diese Eckpunkte existieren. Ein Gesetzentwurf - erst recht ein abgestimmter - existiert noch nicht, aber die Arbeiten daran können jetzt unmittelbar beginnen. Unsere Experten haben gestern, also an dem Tag, an dem das Urteil ergangen ist, selbstverständlich direkt mit einer ersten Auswertung des Urteils begonnen. Heute wird es ein erstes Treffen auf Arbeitsebene mit allen betroffenen Ressorts von Bund und auch Ländern geben - auch die Länder wurden schon vor dem Urteil über unsere Überlegungen in Kenntnis gesetzt. Jetzt kann das Verfahren der Erarbeitung eines Gesetzentwurfs also beginnen.

Zusatzfrage: Herr Flosdorff, es gibt angeblich Differenzen mit der Türkei über den Einsatz der Nato-Schiffe in der Ägäis, vor allem darüber, in welchem Gewässern die fahren sollen. Jetzt las ich, der deutsche Einsatzleiter, Admiral Klein, sei irgendwie nach Ankara beordert worden. Ist das ein gutes Zeichen oder muss man sich Sorgen machen?

Flosdorff: Sie müssen sich keine Sorgen machen. Die 28 Nato-Staaten haben in der vergangenen Woche ja beschlossen, dass der Marineverband mit dem Auftrag der Aufklärung und Überwachung von Schlepperkriminalität in der Ägäis eingesetzt werden soll. Dem Beschluss der Nato liegt unter anderem zugrunde, dass vor dem Start der Aktivität die genauen Einsatzgebiete der Schiffe in enger Abstimmung zwischen der Nato beziehungsweise dem Kommandeur vor Ort - das ist Admiral Klein - und den Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten festgelegt werden sollen. Derzeit finden diese notwendigen Detailabsprachen statt. Ebenso finden weitere Abstimmungen für eine effektive Zusammenarbeit zwischen der Nato, den nationalen Behörden und auch Frontex statt. Da geht es zum Beispiel darum, genaue Prozeduren abzuzirkeln, Kommunikationswege festzulegen, Ansprechstellen festzulegen. In den betroffenen Staaten - sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite - sind mehrere Behörden involviert, die alle koordiniert werden müssen. Diesem Zweck diente das Treffen des Kommandeurs. Sowohl die Türkei als auch Griechenland unterstützen diesen Prozess aktiv. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mission deswegen jetzt grundsätzlich infrage gestellt wäre. Es geht im Gegenteil darum, diese Punkte abzuarbeiten und dann in einigen Tagen auch mit der Mission beginnen zu können.

Frage : Jetzt springe ich allerdings wieder zu Herrn Plate zurück: Es geht bei Ihren Eckpunkten und bei dem, was dann im Gesetzentwurf erarbeitet werden soll, um eine Wohnsitzauflage für schon entschiedene Asylanträge, also für das, was nach dem Verfahren läuft. Ist das korrekt?

Plate: Das ist im Wesentlichen korrekt. "Im Wesentlichen" sage ich deswegen, weil die Einzelheiten ja noch nicht feststehen. Aber darauf wird sicherlich der Fokus liegen.

Frage: Herr Seibert, ich wollte zum Besuch von Frau Merkel in Paris zurückkommen: Sollte man eine gemeinsame Position von Deutschland und Frankreich vor dem Gipfel am 7. März erwarten? Soll das Thema Verteilung/Resettlement in Paris noch einmal besprochen werden?

StS Seibert: Es gibt eine gemeinsame Position, und zwar eine gemeinsame Position aller 28 Mitglieder des Europäischen Rates. Schauen Sie sich die Schlussfolgerungen der Ratssitzung vom 18. und 19. Februar an. Darin stellen sich alle Mitglieder des Europäischen Rats einmütig hinter die Ziele, die darin formuliert sind. Das sind eben der Schutz der Außengrenzen, die Bekämpfung der illegalen Migration und die Reduzierung der Zahl der in Europa illegal ankommenden Flüchtlinge. Das ist genauso eine Ratsposition, eine europäische Position, wie die intensivierte Zusammenarbeit mit der Türkei eine europäische Position ist. Das geht auf einen Rat mit der Türkei Ende November zurück.

Jetzt, am Montag, wird es natürlich in der erneuten Begegnung mit dem türkischen Ministerpräsidenten vor allem darum gehen, zu fragen: Was haben wir in der Zusammenarbeit mit der Türkei bereits erreicht? Was haben beide Seiten von dem, was sie verabredet haben, bereits umgesetzt? Wie können wir weiter voranschreiten?

Zusatzfrage: Wenn es diese gemeinsame Position schon gibt, wozu sollen sie sich dann treffen?

StS Seibert: Weil sich die Situation natürlich sehr dynamisch entwickelt, weil wir heute an einem anderen Punkt sind als Ende November, als wir angefangen haben, die Zusammenarbeit mit der Türkei ins Werk zu setzen, und weil wir heute natürlich auch unter dem Eindruck der Ereignisse auf dem westlichen Balkan und der Situation in Griechenland miteinander zu diskutieren haben.

Frage: Herr Flosdorff, Sie sagten, dass Sie hoffen, dass der Einsatz (der Nato) in einigen Tagen beginnen könne. Wird es damit noch vor dem Sondergipfel etwas werden, oder ist das ein Thema, das dann auch noch auf dem Sondergipfel beraten werden muss?

Zur zweiten Frage: Wir hören aus Griechenland, die Ministerin habe geplant, am Sonntag dem Verband oder dem dortigen Gebiet einen Besuch abzustatten, und habe auf Lesbos landen wollen. Das sei aber von der Türkei mit dem Hinweis abgelehnt worden, dass es sich dabei um eine demilitarisierte Zone handele. Können Sie das so bestätigen?

Flosdorff: Fangen wir mit der zweiten Frage an: Das kann ich nicht bestätigen. Ich weiß auch nicht, wie so eine Meldung zustande kommt. Selbst wenn die Ministerin das Schiff besuchen wollen würde, müsste sie auf jeden Fall gar keine türkische Erlaubnis dafür einholen. Es ist nie ein Antrag an die türkische Seite gestellt worden. Ich sage es noch einmal: Die Türkei ist sehr konstruktiv und engagiert dabei, den Start der Mission vorzubereiten.

Zur ersten Frage: Das ist keine Hoffnung. Ich gehe davon aus, dass das so sein wird. Ich rufe noch einmal in Erinnerung: Alles geht auf ein Treffen der Verteidigungsminister zurück. Zu dem Zeitpunkt, als es stattgefunden hat, gab es auch noch gar keine Festlegung auf diesen Sondergipfel am 7. März; das war noch vor den Anschlägen in Ankara. Das heißt, diese Nato-Mission ist damals mit Hochdruck eingesetzt worden. Das ist auch immer noch die schnellste Mission und Aktivität, die in der Geschichte der Nato jemals gesehen wurde.

Es ist selbstverständlich, und das ist auch im Zuge der Verhandlungen, die zu dem Beschluss geführt haben, immer wieder hervorgehoben worden, dass wir uns hier in einem sehr sensiblen Bereich zwischen den beiden Ländern bewegen. Deswegen ist auch zugesichert worden, dass es auch sehr enge Abstimmungen mit den nationalen Behörden über alle möglichen Vorgänge und das Prozedere gibt, das da erforderlich ist, damit das nachher auch effektiv laufen kann. In diesem Vorbereitungsstadium befinden wir uns hier. Die Fragen werden ausgeräumt. Es ist auch nicht so, dass es nicht vorangehen würde. Das sind sehr gute und effektive Gespräche. Es braucht allerdings ein paar Tage, bis alle Fragen geklärt sind, und dann kann es losgehen, wie es von Anfang an vereinbart worden ist.

Was die erste Frage angeht: Wenn ich Meldungen von heute Morgen richtig deute, ist das auch von der türkischen Seite schon dementiert worden, die die Lage auch in genau dem gleichen Sinne schildert.

Zusatzfrage: Warum ist der für Sonntag geplante Besuch der Ministerin abgesagt worden?

Flosdorff: Es ist kein Besuch der Ministerin abgesagt worden. Es ist geplant, dass die Ministerin, wenn die Mission angelaufen sein wird, das Schiff besuchen wird. Es hat dafür mehrere Zeitpunkte gegeben; der Sonntag ist nur ein möglicher Zeitpunkt gewesen. Es richtet sich nach dem Terminkalender der Ministerin, wann so etwas überhaupt möglich wäre. Es hat irgendwelche Zeitpunkte davor, danach und auch in der nächsten Zeit gegeben. Das ist aber unabhängig von irgendeinem Verhalten der Türkei. Alle Meldungen darüber - ich betone es hier noch einmal -, die darüber vornehmlich im Ausland gelaufen sind, entbehren jeder Grundlage.

Frage: Ich habe zwei Fragen an Herrn Seibert beziehungsweise an Herrn Schäfer. Zur ersten: Österreich hat gestern eine Initiative zur Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit in den Herkunftsländern und Transitländern vorgestellt, und zwar mit sehr plakativen Plakaten auf Deutsch, die dann der Bevölkerung präsentiert wurden. Dazu habe ich die Frage: Wird es so etwas (in Deutschland) auch geben? Mit welchem Wortlaut werden diese Informationen den Leuten nähergebracht?

Zur zweiten Frage: Bundeskanzler Faymann hat gestern im Interview erneut angeregt, dass Deutschland Flüchtlinge selbst holen solle, weil Österreich nicht das Wartezimmer Europas sein könne. Mich hätte einfach eine Reaktion dazu interessiert - inhaltlich, aber auch stimmungsmäßig.

StS Seibert: Ich habe jetzt meinerseits eine Lernfrage; Lernfragen sind ja hier populär: Österreich plakatiert in den Herkunftsländern auf Deutsch?

Zusatz: Nein, Österreich plakatiert in den Herkunftsländern in deren Sprachen, aber in Österreich wurden die Plakate auch auf Deutsch vorgestellt.

StS Seibert: Ah, ich verstehe. Das ergibt auch mehr Sinn.

Schäfer: An dieser Stelle haben wir ja schon häufiger über die Aufklärungskampagne der Bundesregierung berichtet. Angefangen hat das alles in Afghanistan. In Afghanistan haben wir tatsächlich auch Plakate genutzt, allerdings nicht in deutscher Sprache, sondern in der Sprache, die die Menschen dort besser als Deutsch verstehen, um ihnen Informationsangebote über das zu machen - genau so, wie Herr Seibert es aus dem Kabinett und dem Vortrag des Außenministers erläutert hat -, was die Menschen erwartet, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch auf dem Weg nach Deutschland - die gesundheitlichen Risiken, die wirtschaftlichen Risiken, das Risiko, von Schleppern betrogen und in gefährliche Situationen gebracht zu werden, und auch das Risiko, sein Leben im Mittelmeer verlieren zu können -, all dies nicht im Sinne einer Propaganda, sondern im Sinne einer Aufklärung über das, was realistischerweise in Deutschland und auf dem Weg nach Deutschland tatsächlich zu erwarten ist.

In anderen Ländern geschieht das im Wesentlichen mit den Mitteln der sozialen Medien, die vom Auswärtigen Amt in den Auslandsvertretungen zur Anwendung gebracht werden. Wir sind tatsächlich in einer Situation, in der wir sehr schnell und auch sehr tagesaktuell auf Gerüchte und Falschinformationen reagieren können.

StS Seibert: Zu der Frage an mich: Ich will hier einzelne Äußerungen nicht kommentieren.

Sie stellen diese Frage ja auch vor dem Hintergrund der Entwicklung in Griechenland und der Flüchtlingssituation dort. Dazu will ich sagen: Niemandem, der die Bilder der Flüchtlinge aus Griechenland und von der griechisch-mazedonischen Grenze sieht, werden diese Bilder nicht nahegehen. Sie zeigen leider überdeutlich, wie notwendig es ist, dass Europa abgestimmt und gemeinsam agiert und nicht Binnengrenzen in einer Weise schließt, die dann in anderen Mitgliedstaaten die Belastung in die Höhe schnellen lässt. Deswegen bleibt es die Überzeugung der Bundesregierung, dass es die richtige Strategie ist, eine gemeinsame europäische Vorgehensweise zu haben, die auf eine Bekämpfung der Fluchtursachen, den Außengrenzschutz und die Zusammenarbeit mit der Türkei setzt und die im Zusammenspiel dieser Faktoren dann auch wirklich eine starke Reduzierung der illegalen Migration erreicht.

Griechenland sollte mit dieser Situation, in der es sich jetzt befindet, natürlich auch nicht alleine gelassen werden. Ich habe es so verstanden, dass die Europäische Kommission heute ein Nothilfepaket zur Flüchtlingsversorgung vorstellen will, das dann auch im großen Umfang Griechenland zugutekommt. Gleichzeitig muss Griechenland schrittweise seiner Verpflichtung als EU- und Schengen-Außengrenzstaat nachkommen, seine Grenzen wirksam schützen und auch den Aufbau funktionierender Hotspots und ausreichender Kapazitäten zur Unterbringung weiter vorantreiben.

Frage: Herr Flosdorff, wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist das Einsatzgebiet der Nato-Mission noch nicht festgelegt worden. Wenn das so ist, was ist dann das Ziel des Ministeriums? Ist es, dass diese Mission auch östlich der griechischen Inseln stattfinden soll, also dass die Nato-Schiffe auch zwischen den griechischen Inseln und der Türkei operieren?

Zweite Frage, was diesen Besuch der Ministerin betrifft: Ist geplant gewesen, dass die Ministerin dann von diesem Schiff weiter in die Türkei reist, oder ist nur ein Besuch des Schiffes geplant gewesen?

Flosdorff: Gestatten Sie mir bitte, dass ich jetzt nicht Pläne von Reisen auswalze, die so nicht stattfinden. Das ist nichts Spektakuläres und hat mit diesem Besuch auch wirklich gar nichts zu tun.

Im Nato-Beschluss ist festgehalten worden, dass diese Nato-Mission sozusagen auch in den Hoheitsgewässern von Griechenland und der Türkei stattfinden kann. Das hat der Generalsekretär auch damals in der Pressekonferenz noch einmal dargelegt, wenn auch mit einer Ausnahme, nämlich dass die griechischen Schiffe, die Teil der Nato-Mission sind, auf der griechischen Seite sein werden und die türkischen Schiffe auf der türkischen Seite sein werden. Die Schiffe der anderen Nato-Staaten werden aber selbstverständlich in den Hoheitsgewässern operieren können. Gleichzeitig ist aber verabredet worden, dass die Frage, wo genau innerhalb dieser Gewässer die Nato-Schiffe operieren, sehr eng mit den jeweiligen nationalen Behörden abgestimmt wird. In diesem Stadium sind wir jetzt gerade.

Frage: Herr Seibert, damit ich das richtig verstehe, frage ich noch einmal nach den Äußerungen des österreichischen Bundeskanzlers. Heißt das, Sie lehnen es ab, Tagesquoten festzulegen, nach denen Flüchtlinge direkt aus Ländern wie Griechenland, der Türkei oder Jordanien nach Deutschland geholt werden? War Ihre Äußerung also sozusagen die Ablehnung dieser Forderung, die ja unter anderem auch Teil des berühmten Plans A2 von Frau Klöckner aus Rheinland-Pfalz war? Habe ich Sie da richtig verstanden? Lehnt die Bundesregierung diese Forderung ab?

StS Seibert: Deutschland operiert nicht mit Tagesquoten, nein.

Zusatzfrage: Die zweite Frage, wenn ich sie kurz anschließen darf, ist eine an das Innenministerium: Am 21. Februar hat Innenminister de Maizière gesagt, nun blieben noch zwei Wochen Zeit, um auf europäischer Ebene eine Änderung in der Flüchtlingsthematik zu erreichen. Ansonsten müsse dann gegebenenfalls der Schutz für den Schengen-Raum an einer anderen Grenze durchgeführt werden. Ist das jetzt quasi schon mit Blick auf den nächsten Montag, also den 7., relevant, oder wartet er den 7. erst einmal ab, bevor er sich an diesen Satz erinnert? Der ist ja jetzt fast zwei Wochen alt, und das Ultimatum - "Wir haben noch zwei Wochen Zeit" - läuft ab.

Plate: Ich verstehe die Frage nicht so richtig. Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, wie Sie das meinen, ob der Satz vorher relevant sei oder man sich dann am 7. daran erinnern werde. Ich verstehe die Frage nicht. Deswegen kann ich die Frage nicht beantworten.

Zusatzfrage: Die Frage ist: Was für eine Konsequenz zieht er daraus, wenn die zwei Wochen, die am 7. März ablaufen, abgelaufen sind und sich nichts Relevantes geändert hat? Sieht er da Handlungsbedarf?

Plate: Diese Frage lässt sich doch logischerweise gar nicht jetzt beantworten, sondern frühestens am 7. März. Deswegen kann ich sie jetzt auch nicht beantworten.

Trotzdem will ich dem, was Sie gesagt haben, vielleicht hinzufügen: Der Minister hat ähnliche Sätze ein paarmal gesagt. Er hat vor allen Dingen gesagt, man müsse dann über weitere Maßnahmen nachdenken, die aber jedenfalls europäische sein müssten. Es geht also auch dem Minister darum, das Thema unbedingt einer europäischen Lösung zuzuführen. Dass vielleicht - - -

Zusatzfrage: Wird das also wieder in den nächsten Gipfel am 17. und 18. eingehen?

Plate: Ich habe das gesagt, was ich dazu zu sagen habe.

Frage: Herr Plate, Herr Faymann hat gesagt, wenn ich mich richtig erinnere, dass Deutschland nur eine begrenzte Zahl von Flüchtlingen einreisen lasse. Es klingt ein wenig überraschend für mich, dass es da konkrete Zahlen geben soll. Können Sie das bestätigen oder dementieren?

Plate: Nein, das kann ich nicht bestätigen. Die Zahlen variieren von Tag zu Tag.

Zusatzfrage: Gibt es aber eine solche Zahl, von der Sie sagen, dass das sozusagen die maximale Einreisezahl ist?

Plate: Nein, solche Zahlen gibt es natürlich nicht. Wir haben es ja schon mehrfach gesagt: Das Konzept einer Obergrenze ist nicht das Konzept, das Deutschland verfolgt. Das hat auch Herr Seibert gerade gesagt. Auch das Bundesinnenministerium hat das von verschiedener Seite schon so vorgetragen. Damit würde sich eine solche Zahl wohl kaum vertragen.

Zusatzfrage: Wie erklären Sie sich dann, dass Herr Faymann zu dieser Äußerung kommt?

Plate: Das müssen Sie eher denjenigen fragen, der die Äußerung getätigt hat, und nicht das Bundesinnenministerium.

Frage: Meine Frage schließt sich an. Herr Plate, können sie uns vielleicht eine grobe Zahl geben, wie viele Flüchtlinge zurzeit täglich nach Deutschland kommen?

Plate: Ich bitte um Verständnis. Ganz genaue Zahlen geben wir jeden Monat einmal heraus, immer zu Anfang des Monats. Jetzt ist zwar schon der 2. März, aber es ist heute noch nicht gekommen, weil wir immer die Qualität sichern müssen, bevor wir die Zahlen herausgeben. Aber um Ihnen jedenfalls ein grobes Gefühl für die Einreisezahlen über die deutsch-österreichische Grenze, die sehr stark variieren, zu geben, kann ich sagen, dass sie sich zuletzt immer grob im mittleren dreistelligen Bereich bewegt haben.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert. Die Bundeskanzlerin hat gestern gesagt, dass die Flüchtlinge nun in den Hotspots in Griechenland irgendwie versorgt werden sollen und dass sie dort auch Asylanträge stellen sollen. Erwartet die Bundesregierung, dass die Asylanträge all dieser Flüchtlinge, die jeden Tag nach Griechenland kommen, von Griechenland aus bearbeitet werden?

StS Seibert: Ich habe ja gerade über unseren Blick auf die Situation in Griechenland und das, was an Hilfe für Griechenland geleistet werden, aber auch was Griechenland selber unternehmen sollte, gesprochen. Das kann ich jetzt nur noch einmal wiederholen. Unser Ansatz nimmt natürlich vor allem den Schutz der EU- und Schengen-Außengrenze in den Blick und will damit, vor allem auch mit der Zusammenarbeit mit der Türkei, dazu beitragen, dass nicht mehr so viele illegale Migranten von der Türkei nach Griechenland kommen. Das ist derzeit das Zentrum unserer Bemühungen

Frage: Je mehr Asylanträge in Griechenland gestellt werden, desto mehr Entscheider und Ähnliches braucht es in Griechenland. Deswegen die Frage an Frau von Tiesenhausen: Ist der Finanzminister angesichts der Situation in Griechenland bereit - das gehörte ja, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, zu den Auflagen an Griechenland -, die Zahl der Beamten in Griechenland respektive die Ausgaben des Staates in diesem Segment doch wieder zu erhöhen? Denn offenbar sind die Leute dort ja notwendig.

von Tiesenhausen-Cave: Ich denke, Sie werfen hier zwei Politikfelder durcheinander. Auf europäischer Ebene wird derzeit viel unternommen, um Griechenland zu unterstützen. Ich meine, die Kommission stellt jetzt gerade ihren Plan vor, welche finanzielle Hilfe zur Bewältigung der Flüchtlingssituation noch möglich ist.

Das ist aber davon zu trennen, dass wir auf der anderen Seite das ESM-Programm haben. In diesem Bereich gilt nach wie vor, dass das umgesetzt werden muss, was vereinbart wurde. Man darf nicht aus dem Auge verlieren, worum es geht: Griechenland möchte und soll wieder an den Kapitalmarkt. Die Bewertung der dafür notwendigen Schritte obliegt den Institutionen. Richtig ist aber auch, dass das Programm selber keine Detailvorgaben macht, sondern Felder skizziert. Für uns ist wichtig, dass am Ende für Griechenland die Zahlen stimmen.

Frage: Herr Seibert, wenn ich es richtig mitbekommen habe, haben Sie es nicht selber angesprochen. Ich würde es gern verstehen: Der Vorschlag des Bundeskabinetts für Herrn Jahn als auch zukünftigen Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde ist heute beschlossen worden, wenn ich es richtig verstanden habe. Aber es ist irgendwie eine Einschränkung geplant, allerdings sozusagen im Rahmen der Ernennung durch den Bundestag. Ich würde gern verstehen, wie es die Bundesregierung sieht, dass bereits im Vorhinein klar ist, dass ihr eigener Vorschlag höchstwahrscheinlich erst Monate später überhaupt im Bundestag behandelt wird.

StS Seibert: Ich will versuchen, Ihnen noch einmal klarzumachen, was passiert ist. In der heutigen Sitzung des Kabinetts ist die Vorlage der Kulturstaatsministerin Frau Grütters beschlossen worden, dem Deutschen Bundestag Roland Jahn für eine erneute Wahl zum Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen vorzuschlagen. Daraus geht hervor, dass der Deutsche Bundestag den Stasi-Unterlagen-Beauftragten wählt. Das weitere zeitliche Prozedere dieser Wahl durch den Deutschen Bundestag bestimmt nach Zuleitung des Kabinettsbeschlusses das Parlament mit seinen Fraktionen in ganz eigener Verantwortung.

Der oder die Bundesbeauftragte wird nach 35 Abs. 2 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes auf Vorschlag der Bundesregierung vom Deutschen Bundestag gewählt. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass die Aufgabe von ganz herausgehobener Bedeutung ist. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz sieht eine Amtszeit des Beauftragten von fünf Jahren vor. Eine einmalige Wiederwahl ist zulässig.

Nach dem heutigen Beschluss, den wir dem Bundestag jetzt zuleiten, wird die Kulturstaatsministerin Herrn Jahn beauftragen, dieses Amt bis zu seiner Wiederwahl kommissarisch weiterzuführen. Das ist die Situation. Auf Ersuchen der Staatsministerin ist der Bundesbeauftragte verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen. Er bekommt nach Ablauf seiner regulären Amtszeit - das wird am 15. März sein - eine vom Bundespräsidenten vollzogene Dankurkunde.

Frage: Am 16. März soll die Expertenkommission, die sich die Stasi-Unterlagen-Behörde anschaut, offenbar ihren Bericht vorlegen. Ist die Bundesregierung an der Personalie Jahn als neuem dauerhaften Vorsitzenden dieser Behörde interessiert, oder hängt das sehr davon ab, ob diese Behörde über 2019 hinaus überhaupt noch existiert?

StS Seibert: Die Vorlage, die das Kabinett heute beschlossen hat, ist der Vorschlag an den Deutschen Bundestag, Roland Jahn für eine erneute Amtszeit zu wählen.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Schäfer. Morgen treffen sich in Paris Minister im Normandie-Format. Herr Steinmeier hat im Vorfeld angekündigt, er erwarte die Wahlen in den besetzten Gebieten im Osten der Ukraine in der ersten Hälfte des Jahres 2016. Kann man erwarten, dass dieses Thema das Hauptthema der morgigen Gespräche wird?

Schäfer: Es wird auf jeden Fall eines der wichtigen Themen sein. Herr Steinmeier ist in der letzten Woche in Kiew gewesen und hat mit der gesamten Staatsführung in Parlament und Regierung ausführlich gesprochen. Er ist in den letzten Tagen in Washington gewesen und hat unter anderem auch mit seinem amerikanischen Amtskollegen sehr ausführlich über die Lage in der Ukraine beraten.

Es wird in der Tat morgen Abend im französischen Außenministerium zu einem Außenministertreffen im Normandie-Format kommen. Die beiden Gastgeber in Paris - der französische Außenminister und der deutsche Außenminister - werden den ukrainischen und russischen Kollegen fragen, wie sie denn glauben, dass der Minsk-Prozess fortgesetzt werden kann. Das letzte Treffen hat am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz am 11. oder 12. Februar stattgefunden. Damals haben alle vier Staaten gemeinsam Arbeitsaufträge hinterlassen - zwei an die OSZE und eine an die trilaterale Kontaktgruppe. Einer dieser Arbeitsaufträge war in der Tat, konkrete Vorschläge von der Kontaktgruppe zu bekommen, wie jetzt ein solches Gesetz über die Durchführung von Lokalwahlen in Donbass aussehen kann.

Die Verhandlungen darüber stocken seit geraumer Zeit, im Grunde seit dem Herbst des letzten Jahres. Wir wünschen uns hier schon konkrete Fortschritte, die es erforderlich machen, dass die Konfliktparteien aufeinander zugehen. Wir hoffen sehr - und erwarten das eigentlich auch -, dass wir morgen bei den Beratungen in Paris dazu Konkretes von dem russischen und auch dem ukrainischen Außenminister hören werden.

Zusatzfrage: Wie viel ist von diesem Zeitraum zu halten? Ist es das Ziel der Bundesregierung, dass diese Wahlen in der Ukraine bis Juli 2016 stattgefunden haben?

Schäfer: Ich kenne eine solche Äußerung von Herr Steinmeier, wie Sie sie beschrieben haben, nicht. Je schneller die Lokalwahlen stattfinden können, umso besser ist das für den Prozess von Minsk. Aber sich jetzt auf ein konkretes Datum einzulassen, ohne dass die Details eines solches Gesetzes festgelegt wären, geschweige denn die Sicherheitslage die Durchführung solcher Wahlen überhaupt möglich machte, ist, glaube ich, nicht wirklich seriös.

Frage: Eine Frage an das Arbeitsministerium. Wenn man Medienberichten glaubt, hat das Ministerium Zahlen veröffentlicht, wonach, anders als in den meisten anderen europäischen Ländern, in der Bundesrepublik Deutschland die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen enorm groß sind. In den Berichten hieß es weiter, dass an einem Gesetzentwurf gearbeitet wird.

Erste Frage: Stimmt das?

Zweite Frage: Wer arbeitet an dem Gesetzentwurf?

Dritte Frage: Wo soll der Gesetzentwurf ansetzen?

Küchen: Zur ersten Frage kann ich schnell Auskunft geben: Ja, die Zahlen finden sich in den Antworten unseres Hauses auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion wieder. Sie ist derzeit noch nicht veröffentlicht, hat also noch keine Bundestagsdrucksachennummer. Von daher kann ich erst einmal nur sagen: Ja, die Zahlen stimmen, aber sie sind nicht neu. Was zum Beispiel die Zahlen für Deutschland angeht, so sind das Zahlen für 2014, die im März vergangenen Jahres veröffentlicht wurden. Das schon einmal zur Einordnung.

Was gesetzgeberische Vorhaben angeht, müsste ich an das Familienministerium verweisen. Das Gesetz in Sachen Lohngleichheit - ich habe den Titel nicht ganz genau im Kopf; die Kollegin aus dem zuständigen Ministerium weiß das besser - ist dort verankert.

Bieringer: Wir nennen es jetzt einfach einmal Gesetz für Lohngerechtigkeit. Das befindet sich gerade in der Frühkoordinierung, anschließend geht es in die Ressortabstimmung und danach erst in das Kabinett. Zu Details kann ich mich jetzt noch nicht äußern. Das erst einmal zum derzeitigen Stand.

Frage: Eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Nachdem Agrarminister Schmidt darauf besteht, bei der nächsten Reform des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes auch die Biomasse wieder in die weitere Förderung mit einzubeziehen - er hat den Wirtschaftsminister dazu aufgerufen, das einzubauen -, ist meine Frage, wie das Wirtschaftsministerium dazu steht. Droht damit möglicherweise ein nächstes Projekt zu scheitern?

Audretsch: Vorab: Ihre Frage impliziert ganz vieles, was ich mir natürlich erst einmal so nicht zu eigen mache würde.

Ansonsten wissen Sie, dass es immer sehr viele Äußerungen zum Thema EEG und auch zur Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes gibt, dass wir aber gleichzeitig ein sehr geordnetes Verfahren haben. Was dieses geordnete Verfahren angeht, sind wir gestern - wir waren vorher in der Frühkoordinierung - tatsächlich in die Ressortabstimmung gegangen. Innerhalb dieser Beratungen werden dann natürlich Fragen, die in diese Richtung gehen, im Detail zu klären sein.

Ich kann Ihnen vielleicht vorab noch einmal die Leitgedanken, die wir bereits in dem Eckpunktepapier auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht haben, noch einmal näher bringen:

Es geht bei dem EEG 2016 im Kern darum, die erneuerbaren Energien stärker an den Markt heranzuführen. Die erneuerbare Energie sind kein Nischenprojekt mehr, sondern beinhaltet Technologien, die erwachsen geworden sind und die sich künftig in Ausschreibungen stärker am Markt behaupten sollen. Das folgt im Kern drei Leitgedanken:

Der erste Leitgedanke ist, dass der Ausbaukorridor, der vereinbart werden soll, eingehalten werden soll. Das heißt, dieser Ausbaukorridor soll weder über- noch unterschritten werden.

Der zweite Leitgedanke ist, dass die Kosten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes insgesamt möglichst gering gehalten werden sollen. Das ist ein Punkt, warum diese Ausschreibung gerade jetzt weiter vorangebracht werden soll.

Der dritte wichtige Punkt, den ich würde nennen wollen, ist, dass die Ausschreibungen für alle Akteure faire Chancen bieten sollen. Dazu haben wir dieses Eckpunktepapier noch einmal erweitert. Ich kann Ihnen im Zweifel gerne mehr dazu sagen. Das ist aber auch auf der Homepage ausgeführt, weil es für uns relevant ist, dass auch die vielen kleinen Akteure - Bürgerenergiegenossenschaften und ähnliche - weiterhin Teil der Energiewende sind und in dem Rahmen ihre gute Arbeit fortsetzen können.

Zusatz: Ich konnte jetzt nicht ganz nachvollziehen, welchen Teil meiner Frage Sie sich nicht zu eigen machen konnten. Ich habe nur gefragt, ob Ihr Minister der Forderung des CSU-Ministers zustimmen würde, bei der Reform die Biomasse weiterhin einzubeziehen. Der zweite Teil war die Frage, ob es sein könnte, dass das Reformprojekt an dieser Forderung scheitert.

Audretsch: Ich werde den Teil, den ich mir nicht zu eigen mache, von dieser Seite des Tisches nicht wiederholen. Schauen Sie in das Protokoll. Es sind vor allem die letzten Sätze, die Sie gesagt haben, die ich mir nicht zu eigen mache.

Ansonsten habe ich Ihnen, glaube ich, zum Thema Biomasse genau das gesagt, was relevant ist. Es gab im Vorfeld verschiedenste Stellungnahmen von Bundestagsabgeordneten und Vertretern von Ländern, die sich schon einmal eingebracht haben. Die Diskussion lief bislang, und sie wird - das kann ich Ihnen versprechen - noch eine Weile laufen. Das Relevante ist, dass die Diskussion in einem geordneten Verfahren geführt wird. Das sieht so aus, wie ich es beschrieben habe. Wir sind jetzt in die Ressortabstimmung gegangen, und dort werden die relevanten Fragen geklärt.

Zusatzfrage: Herr Seibert, gehört dieser Einschub des Agrarministers im Zusammenhang mit der EEG-Reform zu einer Reihe von CSU-Ablehnungen, die wir in den letzten Tagen gesehen haben? Sehen Sie es so, dass die CSU sich bei bestimmten Projekten der Bundesregierung sozusagen auf eine Nein-Sager-Position zurückzieht?

StS Seibert: Ich halte das für einen vollkommen normalen Vorgang innerhalb der regierungsinternen Abstimmung in Bezug auf ein wichtiges energiepolitisches Projekt.

Frage: Herr Audretsch, Sie hatten gerade gesagt, dass es noch einige Zeit diskutiert werden werde. Mich würde trotzdem interessieren, welchen Zeitplan Ihr Ministerium grob gesagt vorsieht.

Audretsch: Wir hoffen, dass wir den ganzen Gesetzgebungsprozess ungefähr bis zum Herbst abgeschlossen haben werden.

Mittwoch, 2. März 2016

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 2. März 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/03/2016-03-02-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2016

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