Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1260: Statement von Kanzlerin Merkel anlässlich des NATO-Gipfels am 8. Juli 2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz in Warschau - Freitag, 8. Juli 2016
Pressestatement von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel anlässlich des NATO-Gipfels am 8. Juli 2016


BK'IN DR. MERKEL: Meine Damen und Herren, der NATO-Gipfel in Warschau hat begonnen. Wir haben heute erst einmal Montenegro als neues Mitgliedsland aufgenommen und haben uns in der ersten Sitzung mit den neuen Verteidigungsaufgaben auseinandergesetzt.

Ich habe hier noch einmal deutlich gemacht, dass es uns bei der NATO auf der einen Seite natürlich um die Verteidigungsfähigkeit geht, auf der anderen Seite aber auch immer um den Dialog mit den entsprechenden Nachbarregionen, denen wir uns zuwenden. Da gibt es auf der einen Seite die östliche Dimension der NATO, das heißt, den verstärkten Einsatz und die verstärkte Präsenz im Baltikum. Hier wird Deutschland auch einen Beitrag als sogenannte Rahmennation leisten zusammen mit Norwegen, mit der Deutsch-Französischen Brigade und mit den Benelux-Staaten, und zwar in Litauen. Andere Länder übernehmen die Verantwortung in den anderen baltischen Staaten und in Polen.

Wir werden gleichzeitig aber auch auf das Thema Dialog setzen; deshalb wird das Abendessen der Staats- und Regierungschefs heute dem Thema des Verhältnisses zu Russland gewidmet sein. Deutschland hat ja sehr viel Wert darauf gelegt, dass die NATO-Russland-Akte auch mit allen Maßnahmen, die wir zusätzlich unternehmen, weiter Geltung hat. Nächste Woche wird es dann auch einen NATO-Russland-Rat geben, auf dem man sicherlich auch über die Ergebnisse dieses Gipfels sprechen wird.

Wir haben uns heute auch sehr intensiv mit der südlichen Dimension befasst, das heißt, mit der südlichen Nachbarschaft, mit Syrien, mit dem Kampf gegen den Bürgerkrieg dort, mit Irak und mit dem Kampf gegen IS. Diesbezüglich wird es zusätzlich zu den schon bestehenden Aktivitäten zum Beispiel der NATO-Mission in der Ägäis, die gegen Schleuser und Schlepper vorgeht auch eine Anzahl von neuen Aktivitäten geben. Hier geht es vorrangig um einen AWACS-Einsatz von der Türkei aus und auch um Ausbildungsmaßnahmen im Irak. Präsident al-Abadi hatte uns darum gebeten, dass wir der irakischen Regierung helfen, die Ausbildung vor Ort im Irak durchzuführen. Auch das wird die NATO machen.

Wir werden weiterhin das Mittelmeer ins Visier nehmen. Die Operation Active Endeavour wird umgewandelt in eine NATO-Mission, die nicht mehr auf Artikel 5 basiert, so wie das vor Jahren einmal beschlossen wurde. Dafür wird das gesamte Mittelmeer dann auch besser überwacht. Gerade mit Blick auf Libyen und auf die Schlepper und Schleuser ist das natürlich eine wichtige Aktivität.

Ein dritter Bereich ist heute Nachmittag noch zur Sprache gekommen, und zwar der Kampf gegen Cyberaktivitäten. Hier wird, ähnlich wie wir das jetzt auch bei uns in Deutschland bei der Bundeswehr gemacht haben, eine extra Abteilung gebildet, die sich neben den Streitkräften auch mit dem Schutz des Internets, der Datensysteme und der gesamten Infrastruktur beschäftigt. Auch das ist von großer Bedeutung.

Alle Beschlüsse wurden heute Nachmittag einmütig gefasst. Es war eine sehr konstruktive Arbeitsatmosphäre. Wenn man einmal schaut, was wir von Wales vor zwei Jahren, wo der letzte NATO-Gipfel stattfand, bis heute nach Warschau bereits umgesetzt haben, dann kann man sagen, dass die NATO jetzt sozusagen nicht nur auf dem Papier etwas beschließt, sondern das auch in die Praxis umsetzt immer in multilateralen Truppen mit vielen Mitgliedstaaten, die sich beteiligen. Insofern war das heute eine gute Sitzung, und ich denke, die Diskussion über Russland beim Abendessen wird auch noch einmal sehr wichtig sein.

FRAGE: Gab es denn den Ruf nach noch mehr Soldaten an der Grenze zu Russland?

BK'IN DR. MERKEL: Nein, es gab heute keinen Ruf nach noch mehr Soldaten; vielmehr gab es durchaus auch den Dank der litauischen Präsidentschaft, der baltischen Staaten und des polnischen Präsidenten an Deutschland und die anderen Nationen. Nach diesem NATO-Gipfel geht es aber erst einmal wieder um die Umsetzung all der Maßnahmen, und dabei müssen wir genauso glaubwürdig sein, wie wir das nach Wales waren.

FRAGE: Was erwarten Sie vom NATO-Russland-Rat?

BK'IN DR. MERKEL: Nun müssen wir ja erst einmal den NATO-Gipfel abhalten, bevor wir nächsten Mittwoch dann auf der Botschafterebene in Brüssel den NATO-Russland-Rat haben. Dort wird vor allen Dingen informiert werden. Ich glaube, man muss ein großes Interesse an Transparenz haben, also daran, dass man sich gegenseitig darüber informiert, was die jeweiligen Seiten tun, damit etwaige Gefährdungen ausgeschaltet werden. Wir wissen zum Beispiel, dass, wenn wir das Air Policing, also die Überwachung des Ostseeraums von den baltischen Staaten aus durchführen, dort zum Teil auch recht gefährliche Situationen entstehen können. Ich glaube, es ist im beiderseitigen Interesse so wie es ja zum Beispiel auch in Syrien Absprachen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Russland gibt, dass sich auch die NATO und Russland über die jeweiligen Aktivitäten sehr eng abstimmen.

Danke schön!

Freitag, 8. Juli 2016

*

Quelle:
Pressestatement von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel anlässlich des NATO-Gipfels am 8. Juli 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/07/2016-07-08-statement-merkel-warschau.html;jsessionid=D36FCF2AA192846CF03D2FAF3E4A110E.s7t1
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang