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PRESSEKONFERENZ/1381: Regierungspressekonferenz vom 23. Januar 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 23. Januar 2017
Regierungspressekonferenz vom 23. Januar 2017

Themen: neue US-Administration, Arbeitsbedingungen in der Krankenpflege, angeblich geplante Sammelabschiebung nach Afghanistan, geplante Erhöhung des Auslandsverwendungszuschlags für Bundeswehrsoldaten in Mali, Feststellung der Identität von Flüchtlingen, Vorschläge des französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon zu einem europäischen Verteidigungsbündnis, mögliche Besuche französischer Präsidentschaftskandidaten bei der Bundeskanzlerin, erneute Verschiebung des Eröffnungstermins für den Flughafen BER, geplante Infrastrukturabgabe, mögliche Zusammenhänge zwischen der jüngsten Festnahme eines Terrorverdächtigen in Neuss und dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin, anstehende Entscheidung über die Verwendung des Haushaltsüberschusses 2016

Sprecher: StS Seibert, Kolberg (BMF), Audretsch (BMWi), Schäfer (AA), Ewald (BMG), Flosdorff (BMVg), Susteck (BMVI)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Es wird Sie nicht wundern, dass ich mit Trump beginne: Herr Seibert, es gab heute Morgen auch Stimmen aus der Union, in denen davon die Rede war, dass es wohl schon ganz kurzfristig zu einem Gespräch der Kanzlerin mit Herrn Trump kommen könnte. Da es bisher keinen Termin gibt, würde mich interessieren: Fühlt sich die Bundesregierung in ihrem Kontakt zu Herrn Trump bislang von der amerikanischen Seite geschnitten?

Zweitens: Konnte von irgendeiner Seite her - sei es vom Kanzleramt, sei es von einem Ministerium - schon so etwas wie eine Arbeitsbeziehung auf höherer Ebene aufgebaut werden, oder hängt man da im Moment - einfach weil zum Großteil die Minister fehlen - noch ein Stück weit in der Luft?

StS Seibert: Es gibt zu dem Punkt gar nichts Neues, das ich Ihnen sagen kann. Ich habe in der letzten Woche bezogen auf ein Treffen der Bundeskanzlerin mit Herrn Trump schon gesagt: Alles hat seine Zeit. Wir werden Sie, wie immer, rechtzeitig informieren, wenn es dazu konkrete Pläne gibt.

Auf die Frage, wie sich die Bundesregierung fühlt, kann ich nur sagen: Wir haben alle Kontakte, die wir in dieser ja noch sehr frühen Phase der neuen Administration haben können, und diese Kontakte wachsen und verstetigen sich.

Frage: Herr Seibert, wir haben jetzt zweieinhalb Amtstage Trump hinter uns. Welche Erkenntnisse konnten Sie bisher ziehen, unter anderem auch aus der Antrittsrede?

StS Seibert: Ich habe nicht vor, hier für die Bundesregierung täglichen Erkenntniszuwachs zu vermelden. Die Bundeskanzlerin hat sich am Samstag zu diesem Thema geäußert. Sie hat sich zu ihren Überzeugungen geäußert: die unveränderte Wichtigkeit des transatlantischen Verhältnisses, das gemeinsame Agieren in der Wirtschaftspolitik, in der Handelspolitik, in Verteidigungsfragen als Bündnispartner, die wir ja sind. Sie hat über die G20-Präsidentschaft gesprochen, mit der sie und die Bundesregierung versuchen werden, einen Beitrag zum gemeinsamen Austausch über die großen Herausforderungen, vor denen wir alle stehen, zu leisten. Diese Erklärung der Bundeskanzlerin vom Samstag steht für sich; ich habe dem hier nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Zu einer Thematik konnte sich die Kanzlerin am Samstag nicht äußern, weil es erst danach passiert ist. Die Kanzlerin ist ja bekannt dafür, dass sie sehr faktenorientiert ist. Wie kann man mit einer amerikanischen Regierung umgehen, die jetzt ganz offensichtlich auf "alternative facts" setzt?

StS Seibert: Ich sehe weiterhin keine Veranlassung, jedes Interview, jeden Pressekonferenzschnipsel, jedes Vorkommnis im Briefing Room des Weißen Hauses jetzt zu kommentieren. Das werde ich auch in Zukunft so halten.

Frage: Es ist ja trotzdem unbestritten, dass Trump eine relativ große Aggressivität an den Tag legt. Haben Sie eigentlich einen Plan B, wie man mit der neuen Regierung umgehen kann, wenn sie nicht den in den vergangenen Tagen so häufig geäußerten Hoffnungen entspricht, dass sich das alles schon irgendwie einrenken wird?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat ihre Herangehensweise selbst am Samstag in ihrer Erklärung skizziert. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Seibert, erachtet die Bundesregierung es für notwendig, die Tagesordnung des EU-Sondergipfels auf Malta Anfang Februar um den Tagesordnung USA zu erweitern, oder wird man dort nur über den Brexit sprechen?

StS Seibert: Zuständig für die Tagesordnung eines europäischen Treffens ist natürlich der Präsident des Europäischen Rates. Üblicherweise wird dort neben der vorgefassten Tagesordnung über das gesprochen, was einem oder mehreren Mitgliedern auf den Nägeln brennt. Ich kann nicht vorhersehen und werde auch nicht vorhersagen, was das dann in Malta noch sein könnte.

Frage: Herr Seibert, Sie haben selbst die G20-Präsidentschaft Deutschlands erwähnt. Hat es denn nach der Rede des neuen US-Präsidenten so etwas wie einen Telefonruf unter Mitgliedern der G20 und vielleicht auch der Europäer gegeben?

Diese Frage möchte ich gern auch auf das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesfinanzministerium erweitern: Hat es als Antwort auf die philosophische Rede des US-Präsidenten einen Telefonrundruf unter den relevanten Ministern - sei es im EU-Rahmen, sei es im G20-Rahmen - gegeben?

StS Seibert: Ich kann auf der Ebene der Bundeskanzlerin von solchen Telefonaten oder Telefonketten nicht berichten. Was ich Ihnen berichten kann, ist, dass es ein ausgesprochen produktives G20-Agrarministertreffen unter Leitung unseres deutschen Landwirtschaftsministers gegeben hat. Ich denke, dass dieses Treffen, das sich auf ganz wichtige Themen für alle Mitglieder dieses Formats konzentriert hat - Wasserverbrauch, Antibiotika, Digitalisierung in der Landwirtschaft -, ein vorzügliches Beispiel dafür ist, wie der multilaterale Ansatz der gemeinsamen Verantwortung - in diesem Fall für die Ernährungssicherheit der Welt - der richtige ist.

Kolberg: Ich habe den Ausführungen von Herrn Seibert nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Es gab also auch keine Telefonketten oder Ähnliches?

Kolberg: Wir stehen natürlich im regelmäßigen Austausch mit unseren Partnern aus der Regierung, aber von irgendwelchen Telefonketten habe ich hier nicht zu berichten.

Audretsch: Von Ähnlichem kann ich vonseiten des Bundeswirtschaftsministeriums auch nicht berichten. Der Wirtschaftsminister hat sich ja bereits zu den ganzen Vorgängen geäußert. Vielleicht nur noch einmal in Stichworten: Er hat zum einen gesagt, dass wir nicht in Hektik verfallen dürfen, sondern in Ruhe abwarten müssen, welche konkreten Programme vorgelegt werden, dass wir auf der anderen Seite aber durchaus einen Grund dazu haben, als Land Deutschland, aber auch als Europäische Union durchaus selbstbewusst diesen ganzen Prozess anzugehen.

Frage: Ich würde dann auch gerne noch das Wirtschaftsministerium und Herrn Schäfer fragen. Herr Schäfer, da sich Ihr Chef ja auch geäußert hat und den Amtsantritt als Zeitenwende bezeichnet hat - ich glaube, das war ungefähr der Ausdruck, zumindest sinngemäß -, wüsste ich von Ihnen ganz gerne, wie man sich auf so eine Zeitenwende - eben mit dem berühmten Plan B - vorbereitet. Was muss man da in der Hinterhand haben, bis hin zu - ich sage es jetzt einmal zugespitzt - vielleicht auch Sanktionen?

Schäfer: Sie meinen, Sanktionen gegen die Vereinigten Staaten von Amerika?

Zusatz: Beispielsweise - wer weiß.

Schäfer: Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es irgendjemanden auf dieser Bank oder innerhalb der Bundesregierung gibt, der einen solchen Gedanken hegen würde. Dem, was Herr Steinmeier gestern einer großen deutschen Wochenzeitung gesagt hat, habe ich jetzt nichts hinzuzufügen; ich glaube, das erklärt sich auch selber. Da ist in den Agenturen von einer Zäsur die Rede gewesen, von der Herr Steinmeier spricht. Ich glaube, es ging eher darum, zu sagen, dass mit der Wahl von Donald Trump und dem, was das für die Welt, für Amerika, aber auch für uns in Europa bedeutet, vielleicht tatsächlich so etwas wie altes Denken des 20. Jahrhunderts zu Ende gegangen ist. Wir müssen jetzt vieles neu denken. Was wir dazu aber tun müssen - und ich halte mich da voll an die Linie, die Herr Seibert vorgegeben hat; das wird Ihnen alles auch nicht neu sein -, ist, dass wir unsere Werte, unsere Interessen und unsere Überzeugungen uns klar machen, im europäischen Kreis mit unseren europäischen Partnern besprechen und der neuen Trump-Administration deutlich machen, wie wir denken, indem wir darauf setzen - so wie Herr Steinmeier das gestern auch gesagt hat -, dass wir da auf offene Ohren stoßen - auf offene Ohren gegenüber den politischen Vorstellungen von guten und bewährten Bündnispartnern -, und Überzeugungsarbeit leisten. Das tun wir natürlich.

Der Plan B ist, dass man immer - nicht nur in diesen Zeiten der internationalen Unordnung einer Welt, die aus den Fugen geraten ist - damit rechnen muss, dass die Zukunft ungewiss ist, und dass man sich darauf einstellen muss, auf eine ungewisse Zukunft angemessen zu reagieren. Das tun das Auswärtige Amt und dieser Außenminister ganz sicher.

Audretsch: Ich kann mich dem, was Herr Schäfer gesagt hat, auch nur anschließen. Das, was ich vorher gesagt habe, nämlich dass wir allen Grund dafür haben, mit Selbstbewusstsein in diese Frage zu gehen und in die Zukunft zu schauen, bezieht sich natürlich auch zentral auf Europa und darauf, dass wir jetzt eng zusammenarbeiten müssen und die Chancen nutzen müssen, die uns die Europäische Union und auch der Binnenmarkt bieten. Deutschland hat wichtige Wirtschaftsbeziehungen mit den USA, und das soll auch in Zukunft so bleiben. Dafür setzt sich das Wirtschaftsministerium ein.

Frage: Daran anknüpfend: Wenn man sagt, jetzt sei eigentlich die Zeit, in der Europa zusammenstehen muss und in der wir in Europa zusammenrücken müssten, wäre es dann nicht angemessen, als ersten Termin seitens der Europäer einen Termin der EU als Ganzes, ein europäisches Spitzentreffen mit Herrn Trump zu verfolgen, und sich nicht quasi in einem Wettlauf um den besten und schnellsten Termin der Europäer bei Herrn Trump zu kümmern?

StS Seibert: Bisher sehen den Wettlauf aber nur Sie. Ich sehe jedenfalls keinen. Der einzige Termin, der bekanntgegeben wurde, ist der Besuch der britischen Premierministerin. Großbritannien und die USA hatten immer schon eine besonders enge Beziehung, von daher ist ein frühes Treffen nicht verwunderlich. Darüber hinaus sehe ich keinen Wettlauf.

Zusatzfrage: Aber wäre es nicht angemessen, ein europäisches Spitzentreffen zu verfolgen, gerade um auszudrücken: Wir in Europa stehen zusammen?

StS Seibert: Dem Ausdruck "Wir in Europa stehen zusammen" würden sich sicherlich alle in der Bundesregierung anschließen. Das ist ja auch Kernpunkt unserer europäischen Politik, ganz besonders nach dem Brexit-Referendum in Großbritannien. Es gibt nicht nur die Möglichkeit, sich in einem großen Gipfeltreffen zu versammeln, um miteinander zu kommunizieren, und natürlich wird in Europa in diesen Tagen sehr viel miteinander gesprochen.

Frage: Herr Seibert, würden Sie es mit unterschreiben, dass die Ernennung von Trump auch bedeutet, dass die Welt aus den Fugen geraten ist, oder wie würden Sie die Zeitenwende beschreiben?

StS Seibert: Dies hat ja weder der Außenminister noch sein Sprecher gesagt. Ich glaube, deswegen erübrigt sich die Frage an dieser Stelle. Das Interview des Außenministers steht für sich, und die Äußerungen der Bundeskanzlerin vom Samstag auch.

Frage: Derzeit kursiert ein offener Brief einer Krankenschwester an die Bundeskanzlerin - auch im Internet und in den Medien -, in dem sie auf das Problem der Pflegekräfte hier im Land aufmerksam macht. Sie schreibt, dass sie hochmotiviert gewesen sei, aber letzten Endes eine menschenwürdige Arbeit nicht mehr möglich sei.

An Herrn Seibert: Hat dieser offene Brief, dieser Hilferuf, die Bundeskanzlerin schon erreicht?

An das Bundesgesundheitsministerium: Die Krankenschwester hat bereits vorher einen Brief an Ihr Ministerium geschrieben. Auf diesen Brief hat sie nie eine Antwort bekommen. Warum hat sie die nicht bekommen? Was muss getan werden, um diese Zustände entsprechend zu verändern, wenn selbst hochmotiviertes Personal offenbar nicht in der Lage ist, das zu tun?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin beschäftigt sich sehr mit der Situation der Pflegekräfte, der Mitarbeiter im deutschen Gesundheitswesen, weil sie, wie sie neulich in einem Podcast ja sehr deutlich gesagt hat, diese Menschen für eine tragende Säule unseres Gesundheitswesens hält. Sie setzen sich ein für Menschen, die Hilfe benötigen; man kann sagen, dass sie oft die Arbeit von stillen Helden tun. Deswegen gebührt ihnen größte Anerkennung. Das hat die Bundeskanzlerin in dem Podcast - ich glaube, Mitte Dezember war es - auch ausgedrückt. Ihnen gebührt aber eben nicht nur Anerkennung, sondern ihnen gebühren vor allem auch gute Arbeitsbedingungen.

Der Sprecher des Gesundheitsministeriums kann dazu jetzt sicherlich sehr viel mehr sagen. Ich kann nur einige Stichpunkte nennen, die Ihnen zeigen, dass die Bundesregierung in ihrer gesundheitspolitischen Arbeit genau das auch im Blick hat: Das Krankenhausstrukturgesetz gibt Kliniken bis zu 830 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr, um dauerhaft mehr Personal zu beschäftigen. Es gibt ein Pflegestellenförderprogramm, das ebenfalls mit großen Summen eingreift, um genau das, nämlich eine bessere Personalausstattung, zu ermöglichen. Ab 2017 erhalten die Krankenhäuser einen Pflegezuschlag von insgesamt 500 Millionen Euro, der nach den Pflegepersonalkosten der einzelnen Häuser verteilt wird. Damit bekommen die Krankenhäuser also auch einen Anreiz, eine angemessene personelle Pflegeausstattung vorzuhalten.

Man kann also sagen: Der Bund hat die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser verbessert. Es ist jetzt an den Ländern und auch an den einzelnen Krankenhausträgern, aktiv zu werden, um die Pflegesituation in den einzelnen Krankenhäusern vor Ort noch konkret zu verbessern. Aber die Richtung ist die, die die Bundesregierung eingeschlagen hat und in verschiedenen Maßnahmen auch ausdrückt.

Ewald: Zunächst einmal kann ich Ihnen grundsätzlich versichern, dass alle Schreiben, die an den Minister oder an unser Haus gerichtet sind, auch beantwortet werden.

Ich kann in Ergänzung zu den Ausführungen von Herrn Seibert noch einmal ganz deutlich machen, dass eine gute Versorgung und Pflege im Krankenhaus ganz klar nur dann gelingen kann, wenn auch ausreichend Personal zur Verfügung steht. Die Verbesserung der Personalsituation in der Patientenversorgung war ein zentraler Bestandteil der Krankenhausreform, die wir in dieser Wahlperiode auf den Weg gebracht haben. Herr Seibert hat es gesagt: Wir haben mehrere Stellschrauben angesetzt, um die Personalsituation in den Krankenhäusern zu stärken; wir haben das sozusagen finanziell und qualitativ auf den Weg gebracht.

Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass sozusagen zur langfristigen Sicherstellung der Personalkostenfinanzierung im Rahmen der Krankenhausreform vorgesehen ist, dass die steigenden Kosten der Krankenhäuser infolge von Tarifabschlüssen, die die Obergrenze für Preiszuwächse überschreiten, künftig hälftig von den Kostenträgern zu refinanzieren sind. Das wird also auch noch einmal dazu führen, dass es gerade im Bereich der Personalausstattung zu Verbesserungen kommt. Insbesondere ist eine Expertenkommission bei uns im Haus, die sich mit dem Thema Pflegepersonal im Krankenhaus und mit der Frage, wie man das im Rahmen des bestehenden Entgeltsystems besser abbilden kann, beschäftigt. Die Arbeit dieser Expertenkommission läuft noch, und die Ergebnisse werden dann auch ein Beitrag dazu sein, dem erhöhten Pflegebedarf in Krankenhäusern gerade bei demenzerkrankten, pflegebedürftigen und behinderten Patienten entgegenzukommen.

Noch einmal zusammenfassend: Wir befinden uns in diesem Bereich nicht in einem luftleeren Raum. Wir haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen und haben zahlreiche Stellschrauben. Wie Herr Seibert es richtig sagte: Das muss jetzt vor Ort in den Häusern gelebt werden, es muss umgesetzt werden, die Mittel müssen fließen, sodass das unmittelbar auch den Pflegekräften vor Ort zugutekommt.

Frage: Herr Plate, Regierungskreise in Afghanistan berichten, in Deutschland sei eine Sammelabschiebung von etwa 50 vorrangig aus Afghanistan stammenden Menschen geplant, und zwar für diesen Dienstag. Dabei handele es sich vorrangig um Straftäter und allein reisende junge Männer. Können Sie da etwas für die nächsten Tage bestätigen?

Plate: Vielen Dank für die Frage. - Nein, das kann ich nicht. Ich kann erst einmal grundsätzlich nicht kommentieren, wenn Regierungskreise - von welchem Land auch immer - irgendwelche Informationen oder vermeintlichen Informationen in die Welt setzen. Grundsätzlich ist es bei Abschiebeflügen so - und das haben wir hier auch schon häufiger vorgetragen -, dass wir solche Maßnahmen - ob sie geplant sind oder nicht - ganz grundsätzlich im Vorfeld nicht bestätigen können. Das ist weder vom Gesetz her so vorgesehen, noch dient das einer möglichen erfolgreichen Durchführung von etwaigen Flügen. Insofern kann ich zu diesem konkreten angeblichen Flugdatum jetzt gar nichts sagen.

Richtig ist natürlich: Es hat ein Memorandum of Understanding mit Afghanistan gegeben, und in diesem MoU - darüber hatten wir hier schon häufiger gesprochen - ist grundsätzlich vorgesehen, dass es solche Flüge geben kann. Auch der Bundesinnenminister hatte beim letzten Anlass geäußert, dass er das durchaus gemeinsam mit den Ländern auch regelmäßiger plant. Insofern dürfte es jedenfalls keinen überraschen, wenn es sicher in diesem Frühjahr noch weitere Flüge gibt. Konkrete Daten kann ich dazu aber nicht bestätigen.

Frage: An das Innenministerium, aber auch an das Justizministerium: Gibt es eine Stellungnahme zu den gestrigen Vorschlägen des Bundespolizeipräsidenten, dass Menschen auch ohne Pass, also mit einem Laissez-passer, abgeschoben werden sollen und dass der Bund eine größere Rolle bei Abschiebungen einnehmen solle?

Plate: Wenn ich darf, fange ich vielleicht einmal mit dem zweiten Punkt an: Es war ja umgekehrt, glaube ich, so, dass der Bundesinnenminister in seinem Namensartikel in der "FAZ" Anfang des Jahres gesagt hat, dass aus seiner Sicht der Bund künftig eine etwas stärkere Rolle beim Thema Abschiebungen spielen soll. Nach jetziger Rechtslage ist es ja so, dass das in der Zuständigkeit der Länder liegt und der Bund letztlich nur im Sinne einer Amtshilfe unterstützen kann. Auch der Präsident der Bundespolizei teilt diesen Vorstoß des Ministers. Insofern erübrigt sich da, glaube ich, eine vertiefte Stellungnahme in der Sache.

Zu der Frage, dass der Bundespolizeipräsident jedenfalls für möglich hält, dass nach dem Völkerrecht eine Abschiebung auch ohne Papiere, die im Herkunftsland ausgestellt worden sind, möglich ist: Das haben wir jedenfalls grundsätzlich interessiert zur Kenntnis genommen. Mir scheint aber, dass das sowieso nicht in erster Linie eine Rechtsfrage ist, sondern eine Frage, die mit den jeweiligen Herkunftsländern zu besprechen ist - und zwar gegebenenfalls mit jedem Herkunftsland unterschiedlich. Denn es ist ja schlicht und einfach so, dass auch die verschiedenen Herkunftsländer Einreisevoraussetzungen haben, und wenn bestimmte Papiere Einreisevoraussetzung sind, dann ist das nicht in erster Linie eine Frage des Völkerrechts, sondern eine Frage des dortigen nationalen Rechts. Das erkennen Sie, glaube ich, auch daran, dass der Bundesinnenminister gemeinsam mit dem Bundesaußenminister schon länger die Initiative verfolgt - und zum Teil auch bereits mit Erfolg ergriffen hat -, dass viele Länder davon überzeugt werden sollen, auch EU-Laissez-passer-Papiere zu akzeptieren, also solche Papiere, die nicht die Herkunftsländer selber ausstellen, sondern die die EU beziehungsweise EU-Staaten - also gegebenenfalls Deutschland - ausstellen. Diese Initiative war insbesondere bei den Ländern im Bereich Westbalkan erfolgreich; bei einigen anderen Ländern war sie es nicht. Insofern: Gespräche in dem Sinne, wie sie, glau be ich, auch der Präsident der Bundespolizei für sinnvoll hält, laufen bereits und waren teilweise erfolgreich, und in anderen Teilen wird daran noch gearbeitet.

Frage: Herr Flosdorff, können Sie bestätigen, dass den Bundeswehrsoldaten in Mali künftig die höchste Auslandszulage gezahlt werden soll?

Zweitens würde ich gerne noch ganz allgemein wissen: Welche Stufen gibt es da überhaupt, beziehungsweise nach welchen Kriterien werden Länder diesen Stufen zugeordnet?

Flosdorff: Dass es die Absicht gibt, den Auslandsverwendungszuschlag - so heißt das Fachwort - für Mali zu erhöhen, kann ich bestätigen; das hat die Ministerin formuliert. Hintergrund ist eine gestiegene Gefährdungslage in dem Land.

Generell ist es so, dass sich die Stufen dieses Auslandsverwendungszuschlages nach den Lebensumständen, der aktuellen Gefährdungslage, Gesundheitsbedrohungen - Stichwort Ebola -, dem Grad der Belastung oder der Gesundheitsgefahr - was gibt es dort für konkrete Gefahren, was gibt es für Kampfhandlungen, hat es Beschuss gegeben? - richten. Das sind alles Indizien dafür, dass man in eine höhere oder niedrigere Stufe einordnet. Das ist ein Verfahren, das das Verteidigungsministerium nicht alleine betreibt; vielmehr geschieht das in ganz enger Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium, dem Auswärtigen Amt und dem Finanzministerium, und auch mit Zustimmung dieser Ministerien. So etwas dauert in der Regel mehrere Wochen, wenn nicht Monate. Wenn so etwas aber angeschoben und bewilligt ist, dann gibt es auch die Möglichkeit, das rückwirkend zu gewähren.

Der Hintergrund dafür ist - ich denke, das hat jeder mitbekommen -, dass es im letzten Jahr in Mali und insbesondere auch im Raum einige doch größere Anschläge und gefährdende Ereignisse gegeben hat. Ich erinnere nur an den Anschlag auf den Flughafen in unmittelbarer Nähe des Camps Castor, ich erinnere an den Überfall auf das VN-Lager oder jetzt auf das Lager der gemeinsamen Patrouillen, der sehr blutig war. Es gab auch immer wieder Versuche, Konvois und Patrouillen zu gefährden.

Zusatzfrage: Gibt es eine Zahl, wie oft deutsche Blauhelme 2016 unter Beschuss geraten sind oder in Kampfhandlungen verwickelt wurden?

Flosdorff: Wenn Sie jetzt Blauhelme meinen, die unter Beschuss geraten sind: Es gab Vorfälle in Mali; dort gab es im vergangenen Sommer einen Beschuss während einer Patrouille, und es gab im Herbst im Rahmen des Anschlags auf den Flughafen einen möglichen Beschuss in Richtung des Feldlagers durch die Attentäter dort. Auch im Rahmen der Unruhen, die im Südsudan stattgefunden haben, gab es einen Beschuss eines VN-Lagers, in dem sich deutsche Soldaten aufgehalten haben. Das war jetzt aber keine abschließende Liste; in der Kürze ist das so nicht zu recherchieren.

Frage: Herr Flosdorff, die Ministerin hatte am Freitag ja schon davon gesprochen, dass sie das gerne hätte. Jetzt würde mich doch interessieren: Mali ist ja schon ein bisschen länger geplant, in Mali sind ja auch schon länger Bundeswehrsoldaten. Wann hat man denn angefangen, diese Erhöhung des AVZ in die Ressortabstimmung zu geben, wann haben Sie also den ersten Schritt in diese Richtung unternommen?

Zweitens würde ich auch gerne von den anderen zuständigen Ressorts, also Finanzministerium und Innenministerium, hören, ob es da irgendwelche Einwände ihrerseits gibt.

Flosdorff: Das sind alles regierungsinterne Prüfungen, darüber werden wir sicherlich im Detail Auskunft geben. Sie werden Verständnis haben, dass das erst einmal damit beginnt, dass man selber die Gefährdungslage analysiert, mit anderen Auslandseinsätzen, die ähnlich eingestuft sind, vergleicht und schaut, ob das von der Begründung her reicht. Darüber hinaus hat das auch etwas zu tun mit Gefahrenprognosen, also damit, wie sich die Gefährdung weiter entwickelt. Das ist ein längerer Prozess, der vom Verteidigungsministerium bereits im vergangenen Jahr intern angestoßen worden ist und jetzt innerhalb der Regierung weiter behandelt wird.

Kolberg: Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Die Arbeitsabläufe laufen auf Arbeitsebene, und da gibt es hier nicht zu kommentieren.

Plate: So ist es auch von mir.

Zusatzfrage : Herr Flosdorff, habe ich es richtig in Erinnerung, dass es bislang ausschließlich bei Afghanistan diese Stufe gab?

Flosdorff: Ich glaube, das haben Sie nicht richtig in Erinnerung. Auch bei EUTM Somalia gab es diese höchste Stufe. Nach der Übersicht, die mir hier jetzt vorliegt, ist das das einzige andere Beispiel.

Frage: Eine Frage an das Innenministerium: Herr Plate, Herr Heveling schlägt vor, dass man Handydaten von Flüchtlingen nutzen sollte, um ihre Identität festzustellen. Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag? Ist das überhaupt rechtlich zulässig?

Plate: Es gibt dafür ja schon Möglichkeiten. Im Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, das im August 2015 in Kraft getreten ist, ist festgelegt, dass das auch zur Identitätsfeststellung benutzt werden kann. Der genaue Vorschlag von Herrn Heveling liegt mir jetzt textlich nicht vor, aber ganz grundsätzlich ist das sicherlich ein sinnvolles Instrument, und das ist nach den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die ich gerade genannt habe, auch schon möglich.

Zusatzfrage: Wird das denn auch schon genutzt, und hat man damit schon Erfolge erzielt?

Plate: Ich habe dazu jetzt, ehrlich gesagt, keine Statistik mitgebracht. Das kann ja insbesondere von einer Behörde genutzt werden, die sich im Geschäftsbereich des BMI befindet, nämlich im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kommt aber potenziell auch für die Nutzung durch andere Behörden in Betracht, die in Länderzuständigkeit liegen, sodass ich darüber jetzt sowieso keine abschließenden Statistiken dabei habe. Es ist jedenfalls so, dass man nach dem derzeitigen Rechtszustand auf die Mitwirkung des Flüchtlings angewiesen ist; man kann also nicht zwangsweise durchsetzen, dass das Handy abgegeben wird und gegebenenfalls Passwörter herausgegeben werden oder Ähnliches, das sieht das geltende Recht nicht vor. Es ist aber natürlich so, dass im Asylverfahren generell der Asylsuchende oder die Asylsuchende verpflichtet ist, an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken. Wie oft das jetzt über diesen Weg geht und wie oft das über andere Wege geht, liegt mir jetzt nicht im Detail vor, da bitte ich um Nachsicht.

Frage: Herr Plate, ist Ihnen überhaupt ein Fall bekannt, in dem das zur Anwendung kam?

Plate: Nein, das Bundesinnenministerium beschäftigt sich ja nicht mit solchen Einzelfällen, sodass mir schon deswegen kein solcher Einzelfall bekannt ist. Fragen Sie aber gerne beim BAMF nach Zahlen. Ich glaube zwar nicht, dass das statistisch erhoben wird, aber möglicherweise kann man dort trotzdem hilfreiche Angaben dazu machen.

Frage: Ich habe zwei Fragen zu den Vorschlägen von Herrn Fillon im Verteidigungsbereich.

Erste Frage: Wie steht die Bundesregierung grundsätzlich zu einer verteidigungspolitischen Struktur neben der Nato und der EU?

Zweite Frage: Wie soll man sich die Kontrollrechte des Bundestages vorstellen, wenn es zur Vergemeinschaftung der Mittel käme, wie Herr Fillon das in der "FAZ" vorgeschlagen hat?

Flosdorff: Ich kann dazu gern etwas Grundsätzliches sagen. - Die Ministerin hat sich ja schon häufiger dazu geäußert. Sie ist der Meinung, dass wir die Anstrengungen auf europäischer Ebene verstärken müssen, effizienter zu handeln und uns koordinierter zu verhalten. Dazu gibt es ja auch viele Vorschläge, die Ende des vergangenen Jahres von den Verteidigungsministern angeschoben worden sind, die im Dezember dann auch von den Staats- und Regierungschefs beraten worden sind und die wir jetzt weiterverfolgen.

Man kann zum Beispiel im Bereich des Lufttransports gemeinsamer handeln. Es gibt unterschiedliche Rüstungsprojekte. Es geht um Bemühungen, sich zum Beispiel auch beim koordinierten Einsatz europäischer Verbündeter bei Auslandseinsätzen schneller zu koordinieren und effizienter und schneller in die Aktion hineinzukommen. Es geht darum, dass man Assets gemeinsam entwickelt, die man überall braucht, wie ein Einsatzkrankenhaus, das schnell und mobil verlegbar ist. Es gibt ganz viele Vorstellungen, und es gibt unterschiedlichste Kooperationen, nicht nur im Rüstungsbereich, sondern auch dabei, gemeinsam militärische Fähigkeiten darzustellen, die wir auf bilateraler oder trilateraler Ebene mit anderen Ländern herstellen, um sie dann in den Dienst Europas und gegebenenfalls auch der Nato zu stellen. Das ist viel in Bewegung.

Natürlich ändert sich an den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Bundeswehr, was die konkrete Einsatzbeteiligung angeht, nichts. Es gilt, dass wir im Auftrag des Bundestages tätig werden und, was Auslandseinsätze angeht, nach den geltenden Regeln Mandate brauchen.

Schäfer: Ich will vielleicht noch zwei Sätze über das hinaus sagen, was Herr Flosdorff gesagt hat, was ich nur unterstreichen und für das Auswärtige Amt bestärken kann. Anders als manche denken oder schreiben, ist die Überlegung, die europäischen Kräfte der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu stärken, gar nicht neu. Nicht zuletzt haben die Verteidigungsminister - darauf hat Herr Flosdorff hingewiesen -, aber auch die Außenminister im Zuge der Entscheidung des britischen Volkes, aus der Europäischen Union austreten zu wollen, konkrete Vorschläge gemacht, wie es zu einer Vertiefung der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, gerade auch der Sicherheits- und Verteidigungspolitik kommen soll.

Diese Vorschläge sind weiterhin im Raum und genauso wie die Vorschläge der Verteidigungsminister in die Beratungen eingeflossen, die Ende März aus Anlass der 60-Jahres-Feierlichkeiten der Gründung Europas in konkrete Entscheidungen einmünden werden und einmünden sollen.

Im Übrigen sind wir sehr froh darüber, dass es zum ersten Mal seit Jahrzehnten auf dem Warschauer Nato-Gipfel zu Vereinbarungen zwischen der Europäischen Union und der Nato für eine bessere Verzahnung und Vernetzung der jeweiligen Sicherheits- und Verteidigungspolitiken gekommen ist. Das ist ein großer Schritt vorwärts. Hier müssen wir weitergehen.

Es ist doch völlig klar, dass das deutsch-französische Paar als Motor der europäischen Einigung über alle Generationen in den letzten 60 Jahren hinweg auch hierbei in Zukunft eine ganz wichtige Rolle spielen wird.

Zusatzfrage: Ich wollte eigentlich wissen, ob die bilaterale Ebene für solche Vorhaben die richtige ist.

Schäfer: Auch in der Vergangenheit hat es immer wieder bilaterale Projekte in diesem Bereich gegeben - die deutsch-französische Brigade ist eines davon -, die dann in europäische oder Bündnisanstrengungen eingeflossen sind. Das ist der richtige Weg, und so wird es ganz sicher auch bleiben.

Frage: Ich habe noch eine Nachfrage an Herrn Flosdorff und eine Frage an Herren Seibert und Schäfer.

Herr Flosdorff, haben Sie den Eindruck, dass der Einsatz der Bundeswehr in Mali bei Ihren Partnern wahrgenommen wird? In Deutschland gibt es eine große Debatte darüber, ob man solche Einsätze überhaupt machen soll. Wenn man mit Franzosen spricht, hat man das Gefühl, dass sie das manchmal kaum wahrnehmen.

Stimmt mein Eindruck, und sollten Sie das stärker in den Vordergrund stellen?

Eine Frage an Herren Seibert und Schäfer: Herr Fillon schlägt in seinem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und "Le Monde" eine neue Beziehung mit Russland vor, und zwar sowohl in der Wirtschaftspolitik als auch in der Sicherheitspolitik, mit einer Konferenz über neue Sicherheitsbedingungen in der Europäischen Union zusammen mit Russland. Was halten Sie davon?

Flosdorff: Um den Anfang zu machen: Es ist natürlich auch eine Aufgabe von uns, in Frankreich darüber zu berichten, was wir tun. Aber es ist natürlich auch eine Aufgabe von Ihnen, den Ball einmal zurückzuspielen. Sie dürfen auch gern darüber berichten, was wir in Mali machen, dass wir mittlerweile die Mandatsobergrenze auf 1000 Soldaten erhöht haben, was MINUSMA angeht, und dass wir in EUTM Mali weiterhin engagiert sind. Wir haben in Deutschland einen, verglichen mit anderen Auslandseinsätzen, relativ breiten politischen Rückhalt bis hin in die Opposition, was den Einsatz in Mali unter dem Dach der UN angeht. Wir engagieren uns stark dafür.

Ich kann jetzt nicht darüber klagen, dass es vonseiten der französischen Politik zu wenig Anerkennung dafür gäbe. Der Amtskollege der Ministerin, Jean-Yves Le Drian, erwähnt in seinen öffentlichen Statements, soweit sie mir bekannt sind, immer wieder, dass das honoriert und auch als ein unterstützender Beitrag gesehen wird, der Frankreich in seiner Verantwortung in Afrika entlastet.

StS Seibert: Das denke ich auch, bezogen auf den Mali-Einsatz. Ich denke, es ist in der gesamten UN-Welt sehr bekannt, dass wir jetzt mit Hubschrauberkapazitäten dort hineingehen und damit eine Fähigkeit dort nach dem Abzug der niederländischen Hubschrauber vorhalten, die für das Gelingen und für den Erfolg der MINUSMA-Mission ausgesprochen wichtig ist.

Zu Ihrer Frage nach dem Interview François Fillons: Wenn sie pünktlich waren, dann sitzen die Bundeskanzlerin und Herr Fillon seit acht Minuten zusammen. Ich möchte dem Gespräch, das sicherlich auch zu den in dem Interview aufgeworfenen Themen geführt wird, hier wirklich nichts vorwegnehmen.

Schäfer: Vielleicht nur noch ein Wort zu Mali: Wir sind unseren französischen Partnern für all die Entschlossenheit und auch den Mut dankbar, mit dem Frankreich den ersten Schritt gegangen ist, um der großen Gefahr für die Existenz des malischen Staates und für die Sicherheit und Stabilität in der ganzen Region, die vom islamistischen Terrorismus durch das Vorrücken malischer islamistischer Terroristen oder islamistischer Terroristen in Mali auf die Hauptstadt Bamako im Jahre 2012 ausging, entschlossen entgegenzutreten. Das haben wir damals begrüßt und tun es auch heute noch. Damit hat Frankreich letztlich den ersten und damit den entscheidenden Schritt getan, um die ganze Region und das Land zu stabilisieren. Wir beteiligen uns seither an der Seite Frankreichs und anderer Partner im Rahmen der internationalen Gemeinschaft an den Bemühungen um eine Stabilisierung Malis.

Ich denke, wir sind dort noch nicht durch. Deshalb ist die Präsenz der Bundeswehr und anderer unserer Partner weiterhin notwendig. Aber wir sind auf gutem Wege. Das Beispiel Malis zeigt, dass die internationale Gemeinschaft auch im Kampf gegen den internationalen Terrorismus tatsächlich handlungsfähig ist und Ergebnisse und Erfolge vorweisen kann.

Wir sind unseren französischen Partnern, wie gesagt, für ihren Mut und für ihre Entschlossenheit mit der Operation Serval sehr dankbar.

Frage : Herr Seibert, da Sie dem Gespräch mit Herrn Fillon nicht vorgreifen wollen, werden Sie wahrscheinlich "nachgreifen". So klang das. Können Sie erzählen, wann und wie Sie uns informieren werden?

StS Seibert: Ich werde dem weder vor- noch nachgreifen. Das Gespräch ist nicht presseöffentlich. Es ist ein Austausch zwischen der Bundeskanzlerin und Herrn Fillon, ein vertraulicher Austausch.

Zusatzfrage : Warum? Es gibt durchaus ein öffentliches Interesse daran, wie Sie merken.

StS Seibert: Es gibt ein öffentliches Interesse an vielem, was nicht presseöffentlich ist.

Das entspricht, ehrlich gesagt, den Gepflogenheiten bei solchen Treffen der Bundeskanzlerin mit einem Kandidaten für eine Wahl in einem anderen Land. Schauen Sie, wie das beispielsweise 2007 abgelaufen ist, als sie Herrn Sarkozy und Frau Royal traf. Das entspricht dem.

Frage: Ich habe noch eine Frage an Herrn Seibert zu Russland. Ich verstehe, dass Sie dem Gespräch nicht vorgreifen wollen. Aber es ist auch eine inhaltliche Frage: Können Sie sich vorstellen, eine Beziehung mit Russland neu zu begründen und eine Wirtschaftspartnerschaft und auch eine Sicherheitspartnerschaft in Erwägung zu ziehen?

StS Seibert: Ich denke, dass eine Beschreibung unserer Russlandpolitik den Rahmen dieser Regierungspressekonferenz sprengen würde. Ich will mich deswegen darauf beschränken, zu sagen, dass wir als Deutsche, als Bundesregierung, ein Interesse an einem guten Verhältnis mit Russland haben. Wir haben ein Interesse daran, dass Russland seinen erheblichen Einfluss in der Welt für Frieden, Wohlstand und Fortschritt einsetzt.

Wir sehen ein ganz konkretes Problem, und zwar seit Jahren, an dem wir zusammen mit Russland, zusammen mit Frankreich und der Ukraine voranzukommen versuchen, nämlich das Problem der Ukraine. Hier könnte Russland seinen erheblichen Einfluss noch sehr viel kraftvoller geltend machen, um die Separatisten in der Ostukraine zum Einlenken und zu vernünftigen Maßnahmen zu bringen. Dieses Thema wird sich nicht wegdiskutieren lassen. Deswegen arbeiten wir weiter daran, hartnäckig und gerade auch im engen Schulterschluss mit Frankreich.

Frage : Zu dem Treffen mit Fillon noch einmal kurz gefragt: Ist die Kanzlerin eigentlich grundsätzlich bereit, ebenso wie sie jetzt Herrn Fillon trifft, auch einen der beiden sozialistischen Sieger der Präsidentenkandidatenkür des Wochenendes zu empfangen, wenn sie nach Berlin kommen sollten?

StS Seibert: Wenn der Wunsch auf französischer Seite besteht, ja.

Zuruf : Auch Frau Le Pen?

StS Seibert: Diese Frage wurde schon am Freitag in den Raum zu werfen versucht. Ich verweise auf meine Antwort von Freitag.

Frage: Da muss ich auch nachhaken. Ein entsprechender Wunsch mag auch von Herrn Macron stammen. Gilt das auch für ihn?

StS Seibert: Ich kann hier über hypothetische Wünsche verständlicherweise keine wirklich klaren Aussagen treffen.

Zusatzfrage: Sie haben sich gerade zur Parti Socialiste und zu Frau Le Pen geäußert.

StS Seibert: Es gilt, wie stets: Über die Termine der Bundeskanzlerin informieren wir rechtzeitig. Hypothetische Fragen will ich hier nicht beantworten.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verkehrsministerium zum Großflughafen BER. Wie stellt sich der Bund als Anteilseigner zu der erneuten Verschiebung? Wie kommentieren Sie das?

Sehen Sie in diesen immer neuen Verschiebungen eine Schwächung des Luftfahrtstandorts Deutschland? - Danke.

Susteck: Zur Verschiebung der BER-Eröffnung muss sich die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft erklären. Der Aufsichtsrat muss sich damit in seiner nächsten Sitzung befassen. Diese Sitzung wird am 7. Februar stattfinden. Für das BMVI kann ich sagen, dass wir vor allem wissen wollen, wann die Geschäftsführung einen Eröffnungstermin für realistisch erachtet.

Zu Ihrer zweiten Frage: Diese Schwächung sehe ich nicht.

Zusatzfrage: Ich wüsste in diesem Zusammenhang gern noch, wann das Luftverkehrskonzept fertig wird. Es gab einen Bericht der "Deutschen Verkehrszeitung", wonach das Konzept jetzt in die Ressortabstimmung gegangen ist. Stimmt das?

Susteck: Das müsste ich Ihnen nachreichen.

Frage: Herr Seibert, ist Frau Bundeskanzlerin traurig, dass sie dieses Jahr keine Einladung zu einer BER-Eröffnung bekommt?

StS Seibert: Ich habe dem, was der Kollege aus dem Verkehrsministerium sagt, nichts hinzuzufügen. Dass dies keine für Berlin oder Deutschland besonders schöne Situation ist, mit der wir große Werbung für uns machen, ist, denke ich, jedem klar.

Frage: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium. Herr Kolberg, am Mittwoch ist die überarbeitete Maut im Kabinett. Es ist bekannt, dass Ihr Ministerium lange Zeit ein bisschen skeptisch war, ob das mit den geplanten Nettoeinnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro so funktioniert. Ich möchte fragen, ob Sie jetzt, kurz vor Kabinettsbefassung, endgültig überzeugt sind.

Kolberg: Der Minister hat immer gesagt, es muss Mehreinnahmen geben. Darüber sind wir im Moment in der Abstimmung. Dazu habe ich Ihnen keine Neuigkeiten zu berichten.

Zusatzfrage : Dann sagen Sie mir, was der letzte Stand ist: Sind Sie noch skeptisch, oder haben Sie sich das angeschaut und denken, es wird schon?

Kolberg: Ich habe Ihnen gesagt, was der letzte Stand war. Der Minister hat gesagt, er braucht Mehreinnahmen, um dem Konzept zuzustimmen. Darüber sind wir in der Abstimmung. Dem habe ich jetzt nichts Neues hinzuzufügen.

Zusatzfrage : Ist auch Ihr Stand, dass Herr Dobrindt es noch einmal hat durchrechnen lassen und Ihnen ganz klar sagt: "500 Millionen netto kommen dabei heraus"? Ist das auch Ihre Ausgangslage? Nur damit wir über die gleiche Ausgangslage reden.

Kolberg: Ich habe gerade das dazu gesagt, was ich dazu zu sagen habe. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

Frage : Ich wüsste vom Verkehrsministerium gern, ob Sie davon ausgehen, dass die Maut am Mittwoch tatsächlich ins Kabinett kommt. Ich weiß, dass das wohl erst heute Abend festgelegt wird. Trotzdem: Gehen Sie davon aus, dass es am Mittwoch im Kabinett behandelt wird? - Danke.

Susteck: Wir gehen davon aus, dass sich das Bundeskabinett am Mittwoch mit der Infrastrukturabgabe befassen wird, ja.

Frage : Eine Frage an Herrn Plate: Gibt es Erkenntnisse über mögliche Zusammenhänge zwischen dem am Samstag in Neuss festgenommenen Terrorverdächtigen und dem Fall Amri?

Plate: Ich dachte zuerst, Sie wollten nach Zusammenhängen mit dem Fall in Österreich fragen. Dazu war ja schon einiges über die Agenturen zu lesen, auch Zitate aus unserem Haus.

Zum Fall Amri: Ich habe natürlich keinen minütlich aktualisierten Erkenntnisstand. Zudem bezieht sich Ihre Frage auf gleich zwei laufende Ermittlungsverfahren. Aber, sozusagen basierend auf dem, was ich unter all diesen Einschränkungen dazu offen sagen kann, kann ich von Zusammenhängen nicht berichten.

Frage : Ich wüsste vom Finanzministerium gern, ob Sie davon ausgehen, dass wir diese Woche noch - zunächst im Haushaltsausschuss und dann im Bundestag - eine Entscheidung über den Nachtragshaushalt bekommen werden und damit auch eine Lösung des Konflikts über die Verwendung des Überschusses 2016 - das sollte ja an den Nachtragshaushalt angehängt werden.

Kolberg: Erst einmal gehe ich davon aus, dass uns zum Nachtragshaushalt eine Einigung gelingt.

Zu Ihrer zweiten Frage: Am Freitag haben wir es hier lang und breit erläutert. Ich habe darauf hingewiesen, dass die Entscheidung dem Bundestag vorbehalten ist. Wenn es keine Einigung gibt, fließt der Überschuss in die Flüchtlingsrücklage.

Zusatzfrage : Heißt das: Nachtragshaushalt auf alle Fälle, sei es mit, sei es ohne?

Kolberg: Genau.

Montag, 23. Januar 2017

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 23. Januar 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/01/2017-01-23-regpk.html;jsessionid=20EE3887578E9CF0BFDD0A0665D9B506.s7t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2017

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