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PRESSEKONFERENZ/1686: Kanzlerin Merkel und der österreichische Bundeskanzler Kurz, 13.06.2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz im Bundeskanzleramt - Mittwoch, 13. Juni 2018
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem österreichischen Bundeskanzler Kurz


BUNDESKANZLERIN MERKEL: Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz wieder einmal bei uns zu Gast ist. Das ist so besonders erfreulich, weil wir die Gelegenheit haben, uns vor dem nächsten Europäischen Rat Ende Juni, aber vor allen Dingen auch, bevor Österreich die nächste Präsidentschaft übernimmt, miteinander über die Schwerpunkte der österreichischen Präsidentschaft auszutauschen. Natürlich wollen wir, soweit das möglich ist, auch unterstützend tätig sein, um dieser Präsidentschaft zum Erfolg zu verhelfen.

Wir sind uns einig, dass sich Europa mit Blick auf die globale Situation in einer schwierigen Situation befindet und es insofern wichtig ist, dass in den Handlungsfeldern, in denen gemeinschaftliches Handeln uns einen Platz in der Welt sichert, Europa stark sein muss, Europa geeint sein muss. Das ist auch das, was mich umtreibt, was uns aber auch gemeinsam umtreibt. Daraus ergeben sich auch die Schwerpunkte, die der Bundeskanzler natürlich sehr viel besser darstellen kann.

Ich habe in meinen Darlegungen in den letzten Tagen und Wochen ja immer wieder gesagt, dass wir bestimmte Herausforderungen haben. Das ist zum einen die außenpolitische Herausforderung, gemeinsam zu agieren. Die Erlebnisse des G7-Gipfels in Kanada haben mich darin bestärkt. Zum Zweiten ist das das große Thema der Migration, der illegalen Migration, ein Thema, das wir europaeinheitlich beantworten müssen; das ist für mich sehr wichtig. Ich glaube, dieses Thema hat das Potenzial, Europa dem Raum der Freizügigkeit, dem Schengen-Raum schweren Schaden zuzufügen. Deshalb stimmen wir auch darin überein, dass gerade der Schutz der Außengrenzen ein zentraler Punkt ist, um auch illegaler Migration zu begegnen.

Natürlich fällt in die Zeit der österreichischen Präsidentschaft auch die Erwartung, ob man vielleicht einen mittelfristigen finanziellen Rahmen schaffen kann. Das wäre natürlich sehr wünschenswert, denn Europa sollte auch nach der europäischen Wahl, die ja schon in weniger als seinem Jahr stattfindet, sehr schnell handlungsfähig sein und die Programme für die Zeit ab 2021 entwickeln können. Das ist eine Herkulesaufgabe, bei der wir auch Unterstützung zusagen würden, die aber natürlich nicht ganz einfach zu erledigen ist.

Alles in allem besteht also die Bereitschaft von deutscher Seite, gemeinsam mit Österreich eng zu arbeiten und einen Beitrag dazu zu leisten, dass Europa stärker wird, dass Europa geeint ist und damit auch ein wichtiger Partner in der Welt ist. Das, glaube ich, wäre für die Bürgerinnen und Bürger Europas eine gute Nachricht.

BUNDESKANZLER KURZ: Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Frau Kanzlerin, vielen Dank für die Einladung nach Berlin, vielen Dank auch für die Möglichkeit des Austausches heute. Es ist schon angesprochen worden: Wir übernehmen zum 1. Juli den Ratsvorsitz in der Europäischen Union keine einfache Aufgabe, wenn man bedenkt, wie gerade die politische Situation ist, dass wir gerade dabei sind, den Austritt Großbritanniens abzuwickeln. Das ist auch die letzte vollständige Präsidentschaft vor den Wahlen zum Europäischen Parlament. Es stehen 300 Triloge an, die noch abgeschlossen werden sollen zumindest überall dort, wo es möglich ist. Es steht eine Fülle an Themen an, die abgearbeitet werden soll, bevor es dann in Richtung Wahlen zum Europäischen Parlament geht.

Es gibt natürlich Themen, die uns beschäftigen werden, die wir uns nicht aussuchen können. Das ist zum Ersten der Brexit und das sind zum Zweiten die Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen, das EU-Budget. Darüber hinaus haben wir als Präsidentschaft natürlich die Möglichkeit, einen nationalen Schwerpunkt zu setzen. Wir fokussieren hier ganz bewusst auf das Thema der Sicherheit, mit dem Motto "Ein Europa, das schützt" als Ziel. Ich komme gerade aus Israel. Immer, wenn man dort ist, ist man dankbar, in einer Region leben zu dürfen, in der Sicherheit eine Selbstverständlichkeit ist. Damit die Sicherheit in Europa aber eine Selbstverständlichkeit bleibt, braucht es unserer Meinung nach eine stärkere Kooperation in Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf europäischer Ebene, und es braucht auch eine Lösung für die Migrationsfrage, um die innere Sicherheit in unserer Europäischen Union zu gewährleisten.

Wir werden daher beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 20. September auf dieses Thema fokussieren. Wir werden nach langen Diskussion über die Verteilung innerhalb der Europäischen Union vor allem unseren Schwerpunkt auf den Außengrenzschutz legen. Wir wollen eine personelle und finanzielle Stärkung von Frontex, aber auch mit einem robusteren Mandat ausgestattet, um sicherzustellen, dass auch die Zahl der Ankünfte an der europäischen Außengrenze reduziert wird. Nicht jeder, der auf der Welt unter Verfolgung leidet, kann in Europa oder in Mitteleuropa ein besseres Leben finden. Wir müssen daher die Außengrenzen schützen und gleichzeitig die Hilfe vor Ort ausbauen, um den Menschen in den Herkunftsländern bestmöglich zu helfen. Das wird der Fokus für den Gipfel der Staats- und Regierungschefs sein. Ich darf mich auch bedanken, wenn wir Unterstützung aus Deutschland erhalten, um hier einen ordentlichen Schritt voranzukommen.

Ganz allgemein gesprochen ist unser Ziel natürlich, eine Europäische Union zu unterstützen, die in Zukunft noch stärker werden soll vor allem durch Fokussierung. Wir bekennen uns zu einem Europa der Subsidiarität und werden daher auch im Rahmen des Ratsvorsitzes einen Schwerpunkt auf das Thema Subsidiarität legen, mit dem Ziel, die Europäische Union dahingehend zu unterstützen, dass es einen stärkeren Fokus auf die großen Fragen gibt und gleichzeitig ein Sich-Zurücknehmen in den Fragen, bei denen Nationalstaaten oder Regionen auch selbst entscheiden können.

Ich freue mich, dass wir jetzt noch gemeinsam mit unserem neuen Wirtschaftskammerpräsidenten Harald Mahrer, der mich nach Berlin begleitet hat, zum Wirtschaftstag der CDU weiterziehen dürfen.

Vielen Dank!

FRAGE: Herr Bundeskanzler, Sie sind jetzt mitten in eine sehr aktuelle Debatte in Deutschland hereingekommen. Es geht um das Thema Zurückweisung von Flüchtlingen an Grenzen. Davon wäre, wenn es dazu käme, in erster Linie Österreich sehr stark betroffen. Daher meine Frage: Haben Sie die deutsche Kanzlerin in ihrer Haltung bestärkt, dass es eben nicht zu so einer Lösung kommen soll, oder sehen Sie sich da mehr aufseiten der bayerischen CSU, die Sie ja sonst auch immer in vielen ihrer Forderungen unterstützt haben?

KURZ: Ich mische mich in diese innerdeutsche Debatte nicht ein. Klar ist, dass wir als Österreich ein Ziel haben, nämlich den Zustrom an illegaler Migration, an Flüchtlings- und Migrationsströmen nach Europa zu stoppen. Wir sind hier in unserer Haltung immer konsequent gewesen und werden daher auch den Ratsvorsitz nutzen, um hier an einer ordentlichen europäischen Lösung zu arbeiten. Die starke europäische Lösung kann nur ein funktionierender Außengrenzschutz sein. Wir müssen entscheiden, wer nach Europa kommen darf, und nicht die Schlepper. Daher werden wir auch in dem Sinne, wie ich es Ihnen gerade skizziert habe, unseren Ratsvorsitz nutzen, um da hoffentlich einen ordentlichen Schritt voranzukommen.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, ich wollte zu den Finanzen fragen und zu den Vorschlägen, die Herr Macron auf den Tisch gelegt hat. Die Bundeskanzlerin hat sich jetzt dafür ausgesprochen, einen zweistelligen Milliardenbetrag für Euroländer zur Verfügung zu stellen. In den müsste Österreich dann ja auch mit einzahlen. Wären Sie damit einverstanden?

Anschlussfrage an das, was eben gerade gefragt wurde: Was wären denn die Konsequenzen einer Zurückweisung von Flüchtlingen auf Österreich? Würden Sie dann wie in einem Dominoeffekt auch die österreichischen Grenzen für diejenigen schließen, die schon in anderen EU-Ländern registriert sind?

KURZ: Zu Ihrer ersten Frage: Wir haben hier eine sehr klare Position, die auch sehr nahe an der Position der Niederlande sowie an der Position der CDU und CSU ist. Ich kenne den Kompromissvorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt. Wir werden den prüfen, sind dem aber nicht abgeneigt. Die Ideen von Macron in diesem Bereich ein Euro-Finanzminister, eine totale Vergemeinschaftung der Schulden sind etwas, das wir so definitiv nicht unterstützen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Vieles von dem, was in Deutschland diskutiert wird, tun wir schon. Wir als neue Bundesregierung haben in den letzten Monaten auch Maßnahmen gesetzt, um den Zustrom illegaler Migranten nach Österreich zu reduzieren. Wir haben die Außerlandesbringungen verstärkt, und wir haben auch erste Reformen in unserem Sozialsystem eingeleitet, zum Beispiel was die österreichische Mindestsicherung betrifft, um als Land nicht mehr so eine starke Anziehungskraft für Menschen zu haben, die quer durch Europa ziehen, um dann ihren Asylantrag in Österreich zu stellen. Ich denke, entscheidend ist, dass wir es beenden, dass Menschen quer durch Europa ziehen, um dann in Österreich, Deutschland oder in Schweden ihren Asylantrag zu stellen. Das entspricht nicht den Dublin-Regeln und kann so auch nicht funktionieren.

Ich denke, dass die österreichische Präsidentschaft auch mit der Unterstützung Deutschlands und der Kanzlerin wirklich die Chance hat, einen ordentlichen Schritt voranzukommen, was die Sicherung der Außengrenzen betrifft. Denn nur wenn wir einen ordentlichen Außengrenzschutz zustande bringen, dann wird das Europa ohne Grenzen nach innen auch in Zukunft existieren.

FRAGE: Frau Bundeskanzler, ist das, was Sebastian Kurz gerade skizziert hat, für Sie in der Ausländerpolitik eher ein Vorbild oder eher ein abschreckendes Beispiel?

MERKEL: Ich persönlich denke, dass wir darin übereinstimmen, dass wir den Außengrenzschutz verstärken müssen. Mir persönlich ist wichtig, dass wir nachhaltige Lösungen bekommen. Deshalb möchte ich die Dinge auch auf europäischer Ebene diskutieren und mich auch an die europäischen Regeln halten, also an das, was die Dublin-Regelungen beinhalten. Ich denke, Veränderungen sollten gemeinsam stattfinden. Wir brauchen aber dringend Veränderungen. Deshalb setze ich auch auf den jetzt noch einmal stattfindenden EU-Rat Ende Juni, aber dann auch auf Aktivitäten der österreichischen Präsidentschaft. Aus meiner Sicht sollten wir nicht den wenigen Ländern, bei denen die Flüchtlinge ankommen, die gesamte Verantwortung zuschieben, sondern wir müssen die Lösungen gemeinsam miteinander finden.

Ich habe immer wieder gesagt das hat ja auch viele Diskussionen hervorgerufen , dass ein Beispiel für mich das EU-Türkei-Abkommen war, mit dem die Zahl der Ankommenden wirklich zurückgegangen ist. Manchmal haben wir einen Disput darüber, was die Balkanroute gebracht hat, aber ich denke, wir sind uns darin einig, dass mit dem EU-Türkei-Abkommen noch einmal ein wichtiger Schritt gegangen wurde. Mir liegt daran, es in Europa gemeinsam zu beschließen und nicht unilateral zu agieren.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, d
Inhalt

Mitschrift Pressekonferenz Im Wortlaut Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem österreichischen Bundeskanzler Kurz

im Kanzleramt

BUNDESKANZLERIN MERKEL: Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz wieder einmal bei uns zu Gast ist. Das ist so besonders erfreulich, weil wir die Gelegenheit haben, uns vor dem nächsten Europäischen Rat Ende Juni, aber vor allen Dingen auch, bevor Österreich die nächste Präsidentschaft übernimmt, miteinander über die Schwerpunkte der österreichischen Präsidentschaft auszutauschen. Natürlich wollen wir, soweit das möglich ist, auch unterstützend tätig sein, um dieser Präsidentschaft zum Erfolg zu verhelfen.

Wir sind uns einig, dass sich Europa mit Blick auf die globale Situation in einer schwierigen Situation befindet und es insofern wichtig ist, dass in den Handlungsfeldern, in denen gemeinschaftliches Handeln uns einen Platz in der Welt sichert, Europa stark sein muss, Europa geeint sein muss. Das ist auch das, was mich umtreibt, was uns aber auch gemeinsam umtreibt. Daraus ergeben sich auch die Schwerpunkte, die der Bundeskanzler natürlich sehr viel besser darstellen kann.

Ich habe in meinen Darlegungen in den letzten Tagen und Wochen ja immer wieder gesagt, dass wir bestimmte Herausforderungen haben. Das ist zum einen die außenpolitische Herausforderung, gemeinsam zu agieren. Die Erlebnisse des G7-Gipfels in Kanada haben mich darin bestärkt. Zum Zweiten ist das das große Thema der Migration, der illegalen Migration, ein Thema, das wir europaeinheitlich beantworten müssen; das ist für mich sehr wichtig. Ich glaube, dieses Thema hat das Potenzial, Europa dem Raum der Freizügigkeit, dem Schengen-Raum schweren Schaden zuzufügen. Deshalb stimmen wir auch darin überein, dass gerade der Schutz der Außengrenzen ein zentraler Punkt ist, um auch illegaler Migration zu begegnen.

Natürlich fällt in die Zeit der österreichischen Präsidentschaft auch die Erwartung, ob man vielleicht einen mittelfristigen finanziellen Rahmen schaffen kann. Das wäre natürlich sehr wünschenswert, denn Europa sollte auch nach der europäischen Wahl, die ja schon in weniger als seinem Jahr stattfindet, sehr schnell handlungsfähig sein und die Programme für die Zeit ab 2021 entwickeln können. Das ist eine Herkulesaufgabe, bei der wir auch Unterstützung zusagen würden, die aber natürlich nicht ganz einfach zu erledigen ist.

Alles in allem besteht also die Bereitschaft von deutscher Seite, gemeinsam mit Österreich eng zu arbeiten und einen Beitrag dazu zu leisten, dass Europa stärker wird, dass Europa geeint ist und damit auch ein wichtiger Partner in der Welt ist. Das, glaube ich, wäre für die Bürgerinnen und Bürger Europas eine gute Nachricht.

BUNDESKANZLER KURZ: Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Frau Kanzlerin, vielen Dank für die Einladung nach Berlin, vielen Dank auch für die Möglichkeit des Austausches heute. Es ist schon angesprochen worden: Wir übernehmen zum 1. Juli den Ratsvorsitz in der Europäischen Union keine einfache Aufgabe, wenn man bedenkt, wie gerade die politische Situation ist, dass wir gerade dabei sind, den Austritt Großbritanniens abzuwickeln. Das ist auch die letzte vollständige Präsidentschaft vor den Wahlen zum Europäischen Parlament. Es stehen 300 Triloge an, die noch abgeschlossen werden sollen zumindest überall dort, wo es möglich ist. Es steht eine Fülle an Themen an, die abgearbeitet werden soll, bevor es dann in Richtung Wahlen zum Europäischen Parlament geht.

Es gibt natürlich Themen, die uns beschäftigen werden, die wir uns nicht aussuchen können. Das ist zum Ersten der Brexit und das sind zum Zweiten die Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen, das EU-Budget. Darüber hinaus haben wir als Präsidentschaft natürlich die Möglichkeit, einen nationalen Schwerpunkt zu setzen. Wir fokussieren hier ganz bewusst auf das Thema der Sicherheit, mit dem Motto "Ein Europa, das schützt" als Ziel. Ich komme gerade aus Israel. Immer, wenn man dort ist, ist man dankbar, in einer Region leben zu dürfen, in der Sicherheit eine Selbstverständlichkeit ist. Damit die Sicherheit in Europa aber eine Selbstverständlichkeit bleibt, braucht es unserer Meinung nach eine stärkere Kooperation in Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf europäischer Ebene, und es braucht auch eine Lösung für die Migrationsfrage, um die innere Sicherheit in unserer Europäischen Union zu gewährleisten.

Wir werden daher beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 20. September auf dieses Thema fokussieren. Wir werden nach langen Diskussion über die Verteilung innerhalb der Europäischen Union vor allem unseren Schwerpunkt auf den Außengrenzschutz legen. Wir wollen eine personelle und finanzielle Stärkung von Frontex, aber auch mit einem robusteren Mandat ausgestattet, um sicherzustellen, dass auch die Zahl der Ankünfte an der europäischen Außengrenze reduziert wird. Nicht jeder, der auf der Welt unter Verfolgung leidet, kann in Europa oder in Mitteleuropa ein besseres Leben finden. Wir müssen daher die Außengrenzen schützen und gleichzeitig die Hilfe vor Ort ausbauen, um den Menschen in den Herkunftsländern bestmöglich zu helfen. Das wird der Fokus für den Gipfel der Staats- und Regierungschefs sein. Ich darf mich auch bedanken, wenn wir Unterstützung aus Deutschland erhalten, um hier einen ordentlichen Schritt voranzukommen.

Ganz allgemein gesprochen ist unser Ziel natürlich, eine Europäische Union zu unterstützen, die in Zukunft noch stärker werden soll vor allem durch Fokussierung. Wir bekennen uns zu einem Europa der Subsidiarität und werden daher auch im Rahmen des Ratsvorsitzes einen Schwerpunkt auf das Thema Subsidiarität legen, mit dem Ziel, die Europäische Union dahingehend zu unterstützen, dass es einen stärkeren Fokus auf die großen Fragen gibt und gleichzeitig ein Sich-Zurücknehmen in den Fragen, bei denen Nationalstaaten oder Regionen auch selbst entscheiden können.

Ich freue mich, dass wir jetzt noch gemeinsam mit unserem neuen Wirtschaftskammerpräsidenten Harald Mahrer, der mich nach Berlin begleitet hat, zum Wirtschaftstag der CDU weiterziehen dürfen.

Vielen Dank!

FRAGE: Herr Bundeskanzler, Sie sind jetzt mitten in eine sehr aktuelle Debatte in Deutschland hereingekommen. Es geht um das Thema Zurückweisung von Flüchtlingen an Grenzen. Davon wäre, wenn es dazu käme, in erster Linie Österreich sehr stark betroffen. Daher meine Frage: Haben Sie die deutsche Kanzlerin in ihrer Haltung bestärkt, dass es eben nicht zu so einer Lösung kommen soll, oder sehen Sie sich da mehr aufseiten der bayerischen CSU, die Sie ja sonst auch immer in vielen ihrer Forderungen unterstützt haben?

KURZ: Ich mische mich in diese innerdeutsche Debatte nicht ein. Klar ist, dass wir als Österreich ein Ziel haben, nämlich den Zustrom an illegaler Migration, an Flüchtlings- und Migrationsströmen nach Europa zu stoppen. Wir sind hier in unserer Haltung immer konsequent gewesen und werden daher auch den Ratsvorsitz nutzen, um hier an einer ordentlichen europäischen Lösung zu arbeiten. Die starke europäische Lösung kann nur ein funktionierender Außengrenzschutz sein. Wir müssen entscheiden, wer nach Europa kommen darf, und nicht die Schlepper. Daher werden wir auch in dem Sinne, wie ich es Ihnen gerade skizziert habe, unseren Ratsvorsitz nutzen, um da hoffentlich einen ordentlichen Schritt voranzukommen.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, ich wollte zu den Finanzen fragen und zu den Vorschlägen, die Herr Macron auf den Tisch gelegt hat. Die Bundeskanzlerin hat sich jetzt dafür ausgesprochen, einen zweistelligen Milliardenbetrag für Euroländer zur Verfügung zu stellen. In den müsste Österreich dann ja auch mit einzahlen. Wären Sie damit einverstanden?

Anschlussfrage an das, was eben gerade gefragt wurde: Was wären denn die Konsequenzen einer Zurückweisung von Flüchtlingen auf Österreich? Würden Sie dann wie in einem Dominoeffekt auch die österreichischen Grenzen für diejenigen schließen, die schon in anderen EU-Ländern registriert sind?

KURZ: Zu Ihrer ersten Frage: Wir haben hier eine sehr klare Position, die auch sehr nahe an der Position der Niederlande sowie an der Position der CDU und CSU ist. Ich kenne den Kompromissvorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt. Wir werden den prüfen, sind dem aber nicht abgeneigt. Die Ideen von Macron in diesem Bereich ein Euro-Finanzminister, eine totale Vergemeinschaftung der Schulden sind etwas, das wir so definitiv nicht unterstützen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Vieles von dem, was in Deutschland diskutiert wird, tun wir schon. Wir als neue Bundesregierung haben in den letzten Monaten auch Maßnahmen gesetzt, um den Zustrom illegaler Migranten nach Österreich zu reduzieren. Wir haben die Außerlandesbringungen verstärkt, und wir haben auch erste Reformen in unserem Sozialsystem eingeleitet, zum Beispiel was die österreichische Mindestsicherung betrifft, um als Land nicht mehr so eine starke Anziehungskraft für Menschen zu haben, die quer durch Europa ziehen, um dann ihren Asylantrag in Österreich zu stellen. Ich denke, entscheidend ist, dass wir es beenden, dass Menschen quer durch Europa ziehen, um dann in Österreich, Deutschland oder in Schweden ihren Asylantrag zu stellen. Das entspricht nicht den Dublin-Regeln und kann so auch nicht funktionieren.

Ich denke, dass die österreichische Präsidentschaft auch mit der Unterstützung Deutschlands und der Kanzlerin wirklich die Chance hat, einen ordentlichen Schritt voranzukommen, was die Sicherung der Außengrenzen betrifft. Denn nur wenn wir einen ordentlichen Außengrenzschutz zustande bringen, dann wird das Europa ohne Grenzen nach innen auch in Zukunft existieren.

FRAGE: Frau Bundeskanzler, ist das, was Sebastian Kurz gerade skizziert hat, für Sie in der Ausländerpolitik eher ein Vorbild oder eher ein abschreckendes Beispiel?

MERKEL: Ich persönlich denke, dass wir darin übereinstimmen, dass wir den Außengrenzschutz verstärken müssen. Mir persönlich ist wichtig, dass wir nachhaltige Lösungen bekommen. Deshalb möchte ich die Dinge auch auf europäischer Ebene diskutieren und mich auch an die europäischen Regeln halten, also an das, was die Dublin-Regelungen beinhalten. Ich denke, Veränderungen sollten gemeinsam stattfinden. Wir brauchen aber dringend Veränderungen. Deshalb setze ich auch auf den jetzt noch einmal stattfindenden EU-Rat Ende Juni, aber dann auch auf Aktivitäten der österreichischen Präsidentschaft. Aus meiner Sicht sollten wir nicht den wenigen Ländern, bei denen die Flüchtlinge ankommen, die gesamte Verantwortung zuschieben, sondern wir müssen die Lösungen gemeinsam miteinander finden.

Ich habe immer wieder gesagt das hat ja auch viele Diskussionen hervorgerufen , dass ein Beispiel für mich das EU-Türkei-Abkommen war, mit dem die Zahl der Ankommenden wirklich zurückgegangen ist. Manchmal haben wir einen Disput darüber, was die Balkanroute gebracht hat, aber ich denke, wir sind uns darin einig, dass mit dem EU-Türkei-Abkommen noch einmal ein wichtiger Schritt gegangen wurde. Mir liegt daran, es in Europa gemeinsam zu beschließen und nicht unilateral zu agieren.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, die CSU hat sich auf die Schließung der Außengrenzen für bestimmte Migranten weitgehend festgelegt. Die Unionsfraktion hat Sie, wenn wir das aus den Informationen aus Teilnehmerkreisen richtig verstanden haben, gerade mehr oder weniger aufgefordert, Herrn Seehofer in diesem Punkt entgegenzukommen. Welche Möglichkeiten sehen Sie, in dieser Woche noch zu einem Kompromiss mit Herrn Seehofer zu kommen, mit dem Sie auch Ihrer europapolitischen Verantwortung, die Sie gerade betont haben, gerecht werden können?

MERKEL: Richtig ist erst einmal, dass ich diesen Masterplan insgesamt für ausgesprochen wichtig halte. Ich habe Horst Seehofer auch immer darin unterstützt, dass einmal komprimiert zusammengeschrieben wird, was wir insgesamt im Umgang mit Migration brauchen, von den außenpolitischen Maßnahmen über die europapolitischen Maßnahmen bis zu den innenpolitischen Maßnahmen. An einer Stelle gibt es Diskussionsbedarf. Wir haben uns darauf verständigt und auch der Fraktion gesagt, dass wir miteinander weiter sprechen wollen. Sie kennen meine Prioritäten. Jetzt werden diese Gespräche geführt. Herzlichen Dank.

Mittwoch, 13. Juni 2018

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Quelle:
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem
österreichischen Bundeskanzler Kurz, 13.06.2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/06/2018-06-11-pk-merkel-kurz.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juni 2018

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