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PRESSEKONFERENZ/1813: Regierungspressekonferenz vom 28. Januar 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Montag, 28. Januar 2019
Regierungspressekonferenz vom 28. Januar 2019

Themen: Anschlag auf der philippinischen Insel Jolo, deutsche humanitäre Geste für die noch lebenden Opfer der Leningrader Blockade, Situation in Venezuela, in Venezuela inhaftierter deutscher Journalist, Diskussion über ein generelles Tempolimit auf Bundesautobahnen, Feinstaub-Grenzwerte, psychische Erkrankungen von Bundeswehrsoldaten, geplante Fusion von Siemens und Alstom, Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz über die AfD, Seelsorge für muslimische Bundeswehrsoldaten, Deutsche Bank, Fahrpreise der Deutschen Bahn, Treffen des Bundesverkehrsministers mit den Vorständen der Deutschen Bahn, Abschlussbericht der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung"

Sprecher: StS Seibert, Burger (AA), Haufe (BMU), Friedrich (BMVI), Quenett (BMBF), Fähnrich (BMVg), Einhorn (BMWi), Alter (BMI), Kolberg (BMF)


Vorsitzende Maiereröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Burger: Guten Tag! Die Bundesregierung verurteilt den hinterhältigen Anschlag vom Sonntagmorgen auf eine Kirche während des Gottesdienstes auf der philippinischen Insel Jolo auf das Schärfste. Die Terrorgruppe IS hat sich zu diesem Anschlag bekannt. Unsere Gedanken sind bei den zahlreichen Opfern und ihren Familien. Deutschland steht an der Seite des philippinischen Volkes.

Die Bundesregierung unterstützt den Friedensprozess in Mindanao und trägt zu Stabilisierungsmaßnahmen bei. Hierzu stimmt sich Deutschland auch mit den Partnern in der EU ab. Feige Angriffe wie dieser dürfen den Friedensprozess auf den Philippinen nicht gefährden.

Frage: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt zu der gestrigen Erklärung der Außenminister Maas und Lawrow über die 12 Millionen Euro, die Deutschland jetzt an die Opfer der Leningrader Blockade für die zwei Ziele spendet oder überweist. Mich würde interessieren, wie diese Geschichte zustande kam. Warum werden gerade 12 Millionen gezahlt und warum erst jetzt, 75 Jahre danach?

Burger: Gestern vor 75 Jahren haben sowjetische Truppen Leningrad, das heutige Sankt Petersburg, von der Blockade durch die deutsche Wehrmacht befreit. Die Leningrader Blockade ist als ein brutaler Akt gegen eine ganze Stadt und ihre Bevölkerung in die Geschichte eingegangen. Im Gedenken an die Befreiung Leningrads vor 75 Jahren haben Außenminister Maas und Außenminister Lawrow gestern das Startsignal für eine humanitäre Geste gegenüber den noch lebenden Blockadeopfern gegeben.

Die Bundesregierung fördert zum einen die Modernisierung des Krankenhauses für Kriegsveteranen in Sankt Petersburg, und zum anderen werden wir die Einrichtung eines deutsch-russischen Begegnungszentrums unterstützen. Das ist auch ein Symbol dafür, dass Deutschland zu seiner historischen Verantwortung steht. Die Bundesregierung setzt sich weiterhin für eine Kultur des Erinnerns und der Versöhnung zwischen Russen und Deutschen ein.

Ich kann Ihnen zum Werdegang noch sagen, dass eine aktive und verantwortungsbewusste Erinnerungspolitik fest zu unserer Politik gegenüber Russland gehört. Das ist auch ein großes Anliegen von Außenminister Maas. Er hat deswegen schon im Mai 2018 bei seinem Antrittsbesuch in Moskau diese Projekte vorgeschlagen und mit seinem Amtskollegen Sergej Lawrow besprochen.

Zusatzfrage: Trotzdem noch mal die Frage: Wie kam die Summe von 12 Millionen zustande? Wie will Deutschland oder Ihr Amt sichergehen, dass diese 12 Millionen Euro wirklich denen zugutekommen, für die sie bestimmt sind?

Burger: Das Geld dient ja einem konkreten Zweck, nämlich der Modernisierung des Krankenhauses für Kriegsveteranen und der Einrichtung eines Begegnungszentrums. Insofern orientiert sich die Summe natürlich an den Bedarfen, die wir in unseren Gesprächen mit der Stadt Sankt Petersburg und mit dem städtischen Krankenhaus dort festgestellt haben. Das kann natürlich nur eine Geste sein, aber wir hoffen trotzdem, dass es ein Beitrag zur Versöhnung und zum gemeinsamen Erinnern ist.

Mit der Umsetzung haben wir die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit beauftragt. Wir halten Sie bei den nächsten Umsetzungsschritten gerne auf dem Laufenden.

Frage: Herr Burger, wie viele Blockadeopfer sind denn noch am Leben?

Burger: Dazu kann ich Ihnen keine Schätzung liefern. Das könnte ich eventuell nachliefern, wenn wir dazu eine Zahl haben.

Frage: Wurde in diesem Gespräch auch über aktuelle Fragen, wie zum Beispiel Venezuela, gesprochen, wenn es einen direkten Kontakt zwischen dem deutschen Auswärtigen Amt und dem russischen Außenminister gab?

Burger: Das letzte Gespräch zwischen Außenminister Maas und seinem russischen Amtskollegen war, glaube ich, vor zehn Tagen in Moskau. Wir hatten darüber auch berichtet. Da stand das Thema IMF im Zentrum.

Wir sind natürlich auf diversen Kanälen mit Russland, auch zu allen möglichen anderen Themen, sicherlich auch zum Thema Venezuela, im Gespräch. Aber ich kann Ihnen dazu keinen neueren Gesprächskontakt der Außenminister mitteilen.

Frage: Ich möchte noch den Sprecher der Bundeskanzlerin fragen: Hat die Bundeskanzlerin vielleicht ein schlechtes Gewissen, dass das Thema der Leningrader Blockade erst jetzt auf die Tagesordnung gekommen ist und nicht deutlich früher? Ich denke zum Beispiel an die Rede von Daniil Granin im Bundestag, der dieses Thema in sehr bewegender Weise den deutschen Abgeordneten schon vor einigen Jahren ans Herz gelegt hat.

StS Seibert: Dieser Bundesregierung wie den Bundesregierungen davor ist sehr bewusst, welches unermessliche Leid Deutschland im Nationalsozialismus über die Sowjetunion und die Völker der Sowjetunion gebracht hat. Dies ist von der Bundeskanzlerin, von früheren Bundeskanzlern, von zahlreichen Mitgliedern der Bundesregierung und auch von Bundespräsidenten immer wieder auch in der Öffentlichkeit und bei entsprechenden Anlässen so für Deutschland gesagt worden.

Dieses Bewusstsein unserer historischen Verantwortung lässt sich in vielen Maßnahmen nachzeichnen, mit denen wir mit dem heutigen Russland und den Menschen dort in der Bewältigung der gemeinsamen schmerzlichen Geschichte verbunden sind. Dass es jetzt anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung der Menschen von Leningrad durch die sowjetischen Truppen zu dieser Geste gekommen ist, ist eine erfreuliche Tatsache und zeigt ein weiteres Mal, dass Deutschland zu seiner historischen Verantwortung steht.

Frage: Zwei Fragen zu Venezuela: Präsident Maduro hat die Frist von acht Tagen, um Wahlen zu organisieren, zurückgewiesen. Welche Schritte würden die Europäische Union und Deutschland dann unternehmen? Welche Rolle würde Deutschland übernehmen, wenn es zu einem Gespräch oder zu einer Verhandlung kommt? Eine sehr wichtige Rolle?

StS Seibert: Die Aussagen, die die Bundesregierung am Samstag gemacht hat - wir haben am Freitag hier schon darüber gesprochen, und am Samstag haben wir unsere Aussagen noch einmal präzisiert -, die auch dem entsprechen, was die Politik Spaniens, Frankreichs, Großbritanniens, der Niederlande und Portugals ist, sagen sehr klar: Das venezolanische Volk muss frei und in Sicherheit über seine Zukunft entscheiden können.

Wenn nicht binnen acht Tagen, gerechnet ab Samstag, Wahlen angekündigt sind, sind wir bereit - so haben wir das klar erklärt -, Juan Guiadó als Interimspräsidenten anzuerkennen, der einen solchen politischen Prozess hin zu freien, fairen und demokratischen Wahlen einleitet. Wir arbeiten eng mit unseren europäischen Partnern zusammen.

Im Übrigen hat Frau Mogherini am Samstag auch noch eine Erklärung im Namen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten abgegeben, auf die ich Sie dann auch noch mal hinweisen kann.

Zusatzfrage: Es gäbe dann zwei Präsidenten. Wie schätzen Sie die Lage ein? Wie gefährlich ist das aus der Sicht der Europäischen Union?

Es wurde von beiden Seiten kritisiert: Sie geben Maduro ein bisschen Zeit, aber auf der anderen Seite erlauben Sie auch nicht, dass Guiadó sofort als Präsident anerkannt wird.

StS Seibert: Ich kann Ihnen über das hinaus, was wir am Samstag im Verbund mit anderen europäischen Partnern gesagt haben, nichts sagen; ich kann nicht in die Zukunft schauen. Diese acht Tage gelten. Danach sind wir bereit, Guiadó als Interimspräsidenten anzuerkennen. Aber nun wollen wir die acht Tage erst mal verstreichen lassen und sehen, ob Herr Maduro, den wir nicht als legitimen Führer sehen, den Weg zu freien und fairen Wahlen ebnet.

Wir appellieren - das gilt schon heute - an das venezolanische Regime, jegliche Eskalation, jegliche Gewalt zu vermeiden. Es ist die Aufgabe und die Verantwortung der Sicherheitskräfte Venezuelas, dass sie die Freiheit, die Bürgerrechte, die Sicherheit der Bürger achten und gewährleisten.

Ich verweise noch mal auf das, was Frau Mogherini im Namen der EU-Mitgliedstaaten am Samstag kundgetan hat: dass wir die Aktionen der Gewalt, die von den Behörden oder von der Obrigkeit gegen friedliche Demonstranten ausgingen, zutiefst verurteilen und dass wir den Angehörigen der leider zahlreichen Todesopfer unser Beileid aussprechen.

Frage: Herr Seibert, wenn Sie sagen, wir werden Herrn Guiadó anerkennen, wen meinen Sie mit "wir" - die EU? Kann die EU ohne Einstimmigkeit einen anderen Menschen als Führer des Landes anerkennen? Griechenland erkennt ja weiterhin Herrn Maduro an.

StS Seibert: Ich habe hier für die Bundesregierung zu sprechen. Die Haltung, die die Bundesregierung am Samstag veröffentlicht hat, ist in Einigkeit mit Spanien, mit Frankreich, mit Großbritannien, den Niederlanden und Portugal entstanden. Nun laufen die acht Tage, und wir werden sehen, wie es danach weitergeht. Bis dahin muss es nach unserer festen Überzeugung friedlich bleiben und die Verfolgung von Oppositionellen und von friedlichen Demonstranten aufhören.

Burger: Ich würde auch gerne noch mal auf das Statement hinweisen, das Frau Mogherini am Samstag abgegeben hat, dem eine intensive Abstimmung zwischen den EU-Außenministern vorausgegangen ist. Dieses Statement wird von allen EU-Mitgliedstaaten ausdrücklich mitgetragen.

Schon im vergangenen Mai, nach den Wahlen in Venezuela, gab es eine gemeinsame Positionierung aller europäischen Mitgliedstaaten und die Einigkeit, diese Wahl nicht anzuerkennen. Dementsprechend sind die europäischen Mitgliedstaaten geschlossen bei der Amtseinführung von Maduro nicht dabei gewesen. Insofern gibt es, glaube ich, eine sehr weitgehende Einigkeit innerhalb der Europäischen Union, dass es Maduro an demokratischer Legitimität fehlt.

StS Seibert: Was Frau Mogherini im Namen aller Mitgliedstaaten gesagt hat, ist: Wenn es in den nächsten Tagen nicht zur Ankündigung von freien und fairen Wahlen mit den notwendigen Garantien durch die derzeitige Führung des Landes kommt, dann wird, so schreibt sie, die EU weitere Maßnahmen ergreifen, inklusive bezüglich der Anerkennung der Führung des Landes, in Vereinbarung mit Artikel 233 der venezolanischen Verfassung.

Ich glaube, das zeigt Ihnen, dass es eine ganz große europäische Einigkeit gibt, dass die derzeitige Führung des Landes unter Herrn Maduro keine Legitimität für sich beanspruchen kann, weil die Legitimität der Präsidentschaftswahlen im vergangenen Mai in keiner Weise gegeben war. Das haben wir damals schon in Europa gesagt. Das haben die G7 damals mit einer eindeutigen Erklärung gesagt, und es wurde gesagt, dass Europa sieht, dass Hunderttausende oder Millionen von Venezolanern einen anderen demokratischen, rechtsstaatlichen Weg wollen und dass dieser Weg freigegeben werden sollte.

Zusatzfrage: Das habe ich ja verstanden. Ich wollte nur wissen, wer dieses Ultimatum gestellt hat. Das haben Sie gerade aufgezählt: Deutschland, Frankreich, Portugal, Holland usw. Sind das die Staaten, die jetzt drohen, Guiadó anzuerkennen, oder gehört zum Beispiel auch Griechenland dazu, weil Griechenland eines der EU-Länder ist? Die EU hat ja auch Statements abgegeben.

StS Seibert: Deswegen habe ich Ihnen ja aus der Stellungnahme der Außenbeauftragten der EU zitiert:

"In the absence of an announcement on the organisation of fresh elections with the necessary guarantees over the next days, the EU will take further actions, including on the issue of recognition of the country's leadership ..."

Das ist die Haltung.

Frage: Ist denn die Selbsternennung zum Präsidenten aus Sicht der Bundesregierung ein legitimer Akt gewesen, sei es aus der venezolanischen Verfassung heraus oder aus überstaatlichen demokratischen Prinzipien?

Burger: Ich glaube, wir haben das hier in den letzten Tagen schon ausgebreitet. Aus unserer Sicht fehlt es Maduro an demokratischer Legitimierung. Er ist kein demokratisch legitimierter Präsident. Dagegen ist die venezolanische Nationalversammlung vom Volk gewählt und ist aus unserer Sicht derzeit das einzig demokratisch legitimierte Verfassungsorgan in Venezuela. Deswegen kommt ihr natürlich eine ganz wichtige Rolle zu bei dem, was wir fordern, nämlich den Weg zu Neuwahlen zu organisieren, zu einem politischen Prozess, der den Venezolanerinnen und Venezolanern die Möglichkeit gibt, demokratisch über die Zukunft ihres Landes selbst zu entscheiden.

Zusatzfrage: Um das mal zusammenzubinden: Deswegen kann der Präsident der Versammlung sich auch zum Präsidenten des Staates ernennen?

Burger: Ich habe Ihnen dargestellt, wie wir die derzeitige Situation betrachten. Ich bin kein Experte für venezolanisches Verfassungsrecht, aber aus unserer Sicht gibt es einen klaren Unterschied in der demokratischen Legitimierung dieser beiden Organe.

Zusatzfrage: Hat das Auswärtige Amt über die Botschaft in Caracas Kontakt zu Herrn Guiadó? Wenn ja, wann ist das zum ersten Mal passiert?

Burger: Das kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht sagen.

Zusatzfrage: Ich hatte das auch schon beim letzten Mal gefragt. Können Sie das nachreichen?

Burger: Ja. Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass es am 19. Januar ein Treffen der EU-Botschafter mit der Führung der Nationalversammlung in Venezuela gegeben hat. Das ist damals auch öffentlich gemacht worden. Ob das der erste Kontakt mit Herrn Guiadó war, weiß ich nicht. Er ist ja auch nicht erst seit gestern in der venezolanischen Politik aktiv.

Frage: Herr Burger und Herr Seibert, können Sie sagen, ob das Vorgehen der EU oder auch Deutschlands zu diesem Thema mit den USA in irgendeiner Form abgestimmt ist?

Können Sie ganz kurz noch mal darlegen, warum sich Deutschland und die EU insgesamt dazu entschlossen haben, sozusagen eine Gnadenfrist von acht Tagen einzuräumen, während beispielsweise die USA Herrn Guiadó gleich anerkannt haben?

Burger: Außenminister Maas war ja vergangene Woche in Washington und hat sich, nach hiesiger Zeit, in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag mit seinem amerikanischen Amtskollegen Pompeo getroffen. Da stand das Thema Venezuela aufgrund der aktuellen Ereignisse und Entwicklungen natürlich auch auf der Tagesordnung. Insofern sind wir dazu im Gespräch mit der amerikanischen Seite, aber die Positionierung Deutschlands und der EU wird hier in Deutschland und in Europa vorgenommen.

Ich glaube, wenn Sie sich unsere Äußerungen aus den letzten Tagen anschauen, werden Sie sehen: Uns geht es darum, dass ein politischer Prozess in Gang kommt, bei dem die Venezolanerinnen und Venezolaner die Chance haben, über die Zukunft ihres Landes zu entscheiden. Das ist auch das Ziel, das die Positionierung verfolgt, die wir jetzt am Wochenende sowohl national als auch im EU-Kreis eingenommen haben.

Frage: Eine Lernfrage, vielleicht an Herrn Burger: Herr Seibert hat Frau Mogherini im englischen Original zitiert: "the EU will take further actions". Könnte die EU "further actions" unternehmen, auch wenn Griechenland als Mitglied weiterhin die Maduro-Regierung anerkennt, also vermutlich "further actions" nicht zustimmen würde? Wären "further actions" möglich, auch wenn Griechenland sagen würde: "Nein, wir machen da nicht mit", oder bedürfte es einer Einstimmigkeit?

Zum Zweiten: Haben Sie Anhaltspunkte dafür, dass die USA einen Regime Change versuchen? Es gibt Berichte, dass es direkt vor der Guiadó-Erklärung ein Telefonat mit Vizepräsident Pence gegeben hat. Haben Sie darüber Erkenntnisse? Wie schätzen Sie diese Situation ein?

Burger: Zu Ihrer ersten Frage: Sie haben da ganz ausführlich Konjunktiv II benutzt. Das ist, glaube ich, ein deutlicher Hinweis, dass es eine hypothetische Frage ist - "Was wäre, wenn ...?".

Unsere Anstrengungen in diesen Tagen in Brüssel und im direkten Kontakt zwischen den europäischen Hauptstadt ist, die nächsten Schritte, die jetzt folgen, zwischen den EU-Mitgliedstaaten so eng wie möglich abzustimmen und mit einer gemeinsamen Haltung die nächsten Schritte anzugehen.

Zur Haltung der USA habe ich Ihnen das gesagt, was ich dazu zu sagen habe. Es hat Gespräche des Außenministers mit seinem amerikanischen Amtskollegen gegeben. Über dahinterliegende Strategien der USA will ich hier nicht spekulieren.

Zusatzfrage: Doch eine Nachfrage: Auch wenn es Konjunktiv II war, war das keine hypothetische Frage, denn wenn die Sprecherin der EU für Außenpolitik ankündigt, dass die EU-Schritte unternehmen werde, dann ist die Frage berechtigt: Kann sie das? Ist das möglich, wenn ein EU-Land nicht mitmacht, oder bedürfte das einer Einstimmigkeit? Das ist keine hypothetische Frage.

Burger: Dann können wir uns vielleicht im Anschluss noch mal über die Definition einer hypothetischen Frage unterhalten.

Unser Wunsch und unser Streben ist ein gemeinsames europäisches Vorgehen. Darüber wird intensiv beraten, auch morgen in Brüssel, sicherlich auch beim informellen Rat der EU-Außenminister in Bukarest Ende der Woche. Insofern ist es das, worauf wir hinarbeiten. Zu möglichen Szenarien im Sinne von "Was wäre, wenn ...?" möchte ich nicht spekulieren.

Frage: Noch mal zu den Regime-Change-Versuchen der Amerikaner: Wie bewerten Sie denn die Forderung des US-Außenministers Pompeo, der das venezolanische Militär aufgefordert hat, sich an der sogenannten Wiederherstellung der Demokratie zu beteiligen? Er hat auch explizit eine direkte Militärintervention der Amerikaner nicht ausgeschlossen. Schließen Sie sich dem an? Würden Sie da gegebenenfalls auch einmarschieren?

Burger: Ich habe die Äußerungen von Herrn Pompeo hier nicht zu kommentieren. Die Haltung der Bundesregierung und die Schritte, über die wir uns mit unseren europäischen Partnern beraten, haben wir Ihnen hier dargestellt.

Zusatzfrage: Mich würde schon interessieren, wenn ein befreundeter Staat eine militärische Intervention in einem anderen souveränen Staat androht, ob sich die Bundesregierung darüber vielleicht einen Kopf macht.

Können Sie uns ein Update zu Herrn Billy Six geben, dem deutschen Journalisten, der in Venezuela einsitzen soll und dessen Freilassung "Reporter ohne Grenzen" fordert?

Burger: Zu Herrn Six kann ich Ihnen sagen: Wir stehen dazu mit den venezolanischen Behörden in Kontakt und setzen uns dafür ein, dass er ein faires und rechtsstaatliches Verfahren bekommt. Es hat einen ersten Haftbesuch gegeben. Unser Botschafter in Caracas hatte die Möglichkeit, Herrn Six in der Haft zu besuchen.

Zusatzfrage: Wann war das?

Burger: Das war am 9. Januar.

Zusatzfrage: Die "Berliner Zeitung" hat am Wochenende geschrieben, dass seit 9. Januar jeglicher Kontakt abgebrochen sei.

Burger: Ich habe keinen aktuelleren Stand vom Wochenende. Das müsste ich Ihnen nachreichen, wenn es dazu eine neue Entwicklung gäbe.

Zum Thema Regime Change habe ich gesagt, was ich dazu zu sagen habe.

Frage: Die letzte Studie zu einem Tempolimit auf Autobahnen und entsprechenden Auswirkungen auf die Umwelt stammt aus dem Jahr 1999. Dazu die Frage an das BMVI, das BMU und auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung: Warum hat es denn seitdem keine aktualisierte Studie zu Umweltauswirkungen von Geschwindigkeitsbegrenzungen gegeben? Halten Sie es für wünschenswert, dass es auch aufgrund der aktuellen Debatte möglichst schnell eine neue Studie gibt?

Haufe: Ich kann als Erster antworten. Über Tempolimits in verschiedener Form, ob es jetzt um Richtgeschwindigkeiten oder um generelle Tempolimits geht, werden immer wieder Untersuchungen durchgeführt. Das betrifft Tempo 30, und das betrifft andere Geschwindigkeiten. Wahrscheinlich beziehen Sie sich jetzt auf eine Studie des Umweltbundesamtes, nehme ich an, die gemacht worden ist. Meines Wissens wird dort an einer weiteren Untersuchung zu Einflüssen des Verkehrs auf den Klimaschutz gearbeitet. Ich kann dazu aber keine Details nennen. Das Umweltbundesamt wird ja auch bei dem Pressebriefing dabei sein; vielleicht fragen Sie dann einfach noch einmal nach.

Friedrich: Zum Thema der Studie kann ich jetzt nichts ergänzen. Das Thema der Studie liegt in der Hand des Umweltbundesamtes; das ist ganz klar.

Aber der Minister hatte sich am Wochenende auch noch einmal dazu geäußert beziehungsweise seine Position deutlich gemacht. Es ist einfach so, dass das System der Richtgeschwindigkeit aus seiner Sicht eben funktioniert und dass es sich bewährt hat. Das heißt also, dass es mit Bundesminister Scheuer auch kein generelles Tempolimit auf den deutschen Autobahnen geben wird.

Zusatzfrage: Wird also im BMVI auch keine weitere Erforschung dieses Themas hinsichtlich positiver Auswirkungen, Auswirkungen welcher Art auch immer, Umweltbelangen oder möglicherweise auch Gesundheit, Unfallgefahren usw. gesehen?

Friedrich: Grundsätzlich habe ich dem, was ich eben gesagt habe, jetzt nichts hinzuzufügen.

Haufe: Es gibt ja die durchaus belastbare Aussage, dass ein Tempolimit für die Klimabilanz eben sehr wenig bringt. Das ist ja eine belastbare Aussage, die auch verschiedenerweise zur Einordnung des Tempolimits angeführt wird, und ich kenne jetzt keinen neuen Stand, der besagt, dass das ein herausragendes Instrument für den Klimaschutz wäre. Das ist mir nicht bekannt, und das teilen wir so auch nicht.

Quenett: Ich habe den Ausführungen meiner beiden Kollegen nichts hinzuzufügen. Auch bei uns ist keine Studie dieser Art in Arbeit. Aber die beiden Kollegen haben das Notwendige dazu bereits gesagt.

Haufe: Ich würde auch noch einmal dazu sagen wollen, dass wir hier ja eine Kommission eingesetzt haben. Darin sitzen Fachleute, die sich auch mit Tempolimits und mit anderen Dingen im Verkehr auskennen. Die sortieren das Wissen. Die schauen sich an: Was sind wichtige Maßnahmen, die wir im Verkehr treffen können, um die Klimabilanz zu senken, die sich eben seit Jahren nicht verändert und die unverändert recht hoch bleibt?

Das warten wir jetzt erst einmal ab. Wir sind nicht daran interessiert, jetzt schon im Vorfeld Maßnahmen zu diskutieren, wenn wir eine Kommission haben, wenn wir hier Fachleute hingesetzt haben, die Zeit bekommen sollen, um in Ruhe einen Vorschlag zu machen. Warum sollen wir den hier in der Öffentlichkeit zerreden? Daran hat die Bundesumweltministerin überhaupt kein Interesse. Wir warten die Ergebnisse der Mobilitätskommission ab, wie sie vom Bundesverkehrsminister eingesetzt worden ist, und dann machen wir den nächsten Schritt. Das ist das Vorgehen, das wir innerhalb der Bundesregierung vereinbart haben.

Friedrich: Fakt ist - das kann ich noch einmal ergänzen -, dass es Ende März erste Empfehlungen dieser Kommission geben soll, die dann der Bundesregierung vorgelegt werden. Darüber hinaus wird es in dieser Woche noch einmal ein Treffen des Vorsitzenden der Kommission mit Bundesminister Scheuer geben, bei dem über die engere zeitliche Verzahnung und auch die Verzahnung der einzelnen Arbeitsgruppen gesprochen werden soll, also darüber, wie man das effizienter gestalten kann.

StS Seibert: Ich will vielleicht ganz kurz auch noch einmal etwas sagen. Die Bundesregierung plant kein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Das steht auch nicht im Koalitionsvertrag. Es gelten auch jetzt schon auf einem großen Teil des deutschen Straßennetzes Geschwindigkeitsregelungen, die an die jeweilige Verkehrs- und Umfeldsituation angepasst sind. Es gibt auch noch intelligentere Steuerungsmöglichkeiten als ein allgemeines Tempolimit.

Nun warten wir auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppe, wie es der Kollege aus dem Umweltministerium gesagt hat, und dann werden wir daran arbeiten; denn das wissen wir ja: Wir müssen natürlich die Treibhausgase im Verkehrsbereich reduzieren.

Zusatzfrage: Entschuldigung, wenn ich nachfrage, aber dass Sie jetzt schon kategorisch ausschließen, dass es ein Tempolimit geben wird, widerspricht ja ein bisschen der Ansage aus dem BMVI und dem BMU, man wolle die Ergebnisse der Arbeit dieser Kommission abwarten. Wofür braucht man die denn noch, wenn Sie sich da schon sicher sind?

StS Seibert: Auch bei dieser Kommission steht ja nach allem, was man hört, das Tempolimit nicht im Zentrum der Debatte, sondern sie wird uns ein breites Spektrum von Maßnahmen vorschlagen und erarbeiten, die dazu beitragen können, die Treibhausgasemissionen im Verkehr zu reduzieren. Dieses Ziel haben wir alle. Dann wird man über die konkreten Vorschläge reden.

Frage: Wenn Sie jetzt sagen, Herr Scheuer werde sich mit dem Leiter der Verkehrskommission treffen, wird es dann dabei auch um die Weiterführung der Arbeitsgruppe 1 gehen, in der es ja jetzt unter anderem Differenzen gegeben hatte, beziehungsweise ist vielleicht eine Neuaufstellung dieser Arbeitsgruppe 1 innerhalb der Verkehrskommission geplant?

Friedrich: Derartigen Spekulationen schließe ich mich nicht an. Ich habe eben schon einmal gesagt, dass es um die engere zeitliche und auch inhaltliche Verzahnung der einzelnen Arbeitsgruppen geht, und das ist eben das Thema dieses Gesprächs.

Burger: Sie hatten sich nach der Anzahl der Überlebenden der Leningrader Blockade erkundigt. Wir gehen auch auf Basis unserer Gespräche mit der russischen Seite davon aus, dass ungefähr 90 000 Überlebende der Leningrader Blockade noch am Leben sind.

Frage: Harter Schnitt jetzt zum Thema Grenzwerte! Was genau will der Verkehrsminister beim EU-Ministerrat hinsichtlich dieses Themas erreichen?

Friedrich: Da muss ich kurz einmal ein bisschen ausholen. Der Minister hat sich erst heute Vormittag dazu geäußert, und zwar ist es so, dass aus seiner Sicht saubere Luft und Mobilität einfach eng zusammengehören. Es gibt zum Beispiel das Sofortprogramm, mit dem wir zahllose Maßnahmen fördern, um eben beides unter einen Hut zu bringen und um die Mobilität jedes Einzelnen in den Städten zu gewährleisten. Dafür gibt es eben Milliarden an Finanzmitteln, die zur Verfügung gestellt werden.

Wir haben jetzt zwei verschiedene Debatten, zum einen die Grenzwertdebatte und zum anderen die Debatte darüber, wie die Messwerte gemessen werden. Die Überprüfung der Messstationen findet jetzt statt. Soweit ich weiß, wird das jetzt im Februar unter der Führung des Bundesumweltministeriums beziehungsweise des Umweltbundesamtes beginnen. Zum anderen ist es so, dass der Aufruf der Lungenärzte aus Sicht des Ministers eben dazu führen muss, dass die Umsetzung der Grenzwerte hinterfragt wird.

Das sind genau die Punkte, über die er dann auch im EU-Verkehrsministerrat mit den Kollegen sprechen wird, und der weitere Fortgang bleibt dann eben abzuwarten.

StS Seibert: Ich will vielleicht, wenn ich darf, zu den verschiedenen Erklärungen der letzten Tage aus der Ärzteschaft noch einmal etwas sagen: Die Bundesregierung nimmt diese verschiedenen Erklärungen der letzten Tage aus der Ärzteschaft zur Kenntnis. Wir nehmen das zum Anlass, darüber nachzudenken, wie man die unterschiedlichen Positionen zusammenbringen kann, wie man also eine fundierte, gemeinschaftliche Position herstellen kann. Darüber wird derzeit mit der Leopoldina als Nationaler Akademie der Wissenschaften gesprochen.

Haufe: Ich kann auch noch einmal auf das hinweisen, was die Bundesumweltministerin in den letzten beiden Tagen und auch heute Morgen noch einmal in Medien gesagt hat: Die Grenzwerte werden regelmäßig überprüft. Sie sind das letzte Mal 2013 im Rahmen eines Verfahrens gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation überprüft worden. Zuständig für die Grenzwerte und die Luftreinhaltelinie, in der sie festgelegt sind, ist der Umweltministerrat auf europäischer Ebene. Die Europäische Kommission selbst hat ja ohnehin eine Art von Überprüfung - sie nennt das ja "Fitnesscheck der europäischen Luftreinhaltelinie" - in die Wege geleitet; das macht sie ja ab und zu. Sie schaut sich die Art und Weise, auf die Richtlinien wirken, ja an. Das heißt, da gibt es einen Diskussionsprozess, der da ist - da muss man keinen neuen starten -, und in diesem Rahmen können dann auch Erkenntnisse eingebracht werden. Es obliegt aber der Entscheidung der Europäischen Kommission, das zu steuern und zu tun.

Frage: Frau Friedrich, war Ihnen bekannt, dass einer der Autoren der 3-Prozent-Ärztestudie Dieselentwickler bei einem Automobilkonzern gewesen ist?

Zum Zweiten, Herr Haufe, wie bewertet es das Bundesumweltministerium, das in der Studie dieser etwa 100 Ärzte und auch Nichtärzte sozusagen das gesamte Erstellungsinstrumentarium der Grenzwertstudie als wissenschaftlich unseriös bezeichnet wird? Wie reagieren Sie auf diese Kritik?

Friedrich: Zunächst einmal zu der Frage nach dem Experten, der mit Diesel im Zusammenhang steht: Das ist mir und auch dem Ministerium nicht bekannt gewesen.

Es ist einfach so: Wichtig ist, und das würde ich jetzt an dieser Stelle gerne noch einmal anführen, dass wir Sachlichkeit und Fakten in dieser Debatte um den Grenzwert brauchen, und das wird, wie Herr Seibert schon gesagt hat, jetzt einmal angestoßen, indem es eine konsolidierte Aussage geben soll. Das bleibt erst einmal abzuwarten.

Haufe: Sie haben jetzt das Wort Studie verwendet. Hierbei geht es ja um eine Stellungnahme, um einen Aufruf von einigen Lungenfachärzten, praktischen Ärzten und, wie gerade gesagt wurde, vielleicht eben auch anderen wie Ingenieuren. Das ist ein Aufruf, und so einen Aufruf kann man machen.

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie, also die Fachgesellschaft für die Lungenheilkunde, nimmt in ihrer Stellungnahme bekanntermaßen eine andere Position ein, jedenfalls in der großen Mehrheit. Diese kennen wir. Sie fordert uns auch dazu auf, an strengen Grenzwerten festzuhalten.

Mehr können wir dazu erst einmal nicht sagen. Das ist auch eine Debatte, die unter Fachleuten und Wissenschaftlern geführt werden soll und auch regelmäßig geführt wird. Auch deswegen müssen solche Grenzwerte ja regelmäßig überprüft werden. Herr Seibert hat eben auf das Verfahren mit der Leopoldina verwiesen, was ja eben auch zur Versachlichung beitragen kann. Das kann die Ministerin auch nur begrüßen.

Alles, was zur wirklichen - zur wirklichen! - Versachlichung der Debatte beiträgt, ist sinnvoll. Es geht hier um einen wichtigen Qualitätsmaßstab für saubere Luft. Das ist wichtig für die Gesundheitsvorsorge, und damit sollten wir sehr sorgfältig umgehen.

Frage: Herr Haufe, ich habe von Herrn Scheuer heute gelernt, dass bei der europäischen Festsetzung der Feinstaubgrenzwerte "Willkür" herrsche. Können Sie das bestätigen?

Haufe: Die Feinstaubgrenzwerte orientieren sich ebenfalls an Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. Sie orientieren sich nicht nur an Empfehlungen dieser Organisation, sondern bei Feinstaub gibt es eine ziemlich große Klarheit in Bezug auf die Epidemiologie und den Umwelt- und Gesundheitswissenschaften, was die Wirkung angeht. Besonders Kleine Feinstaubpartikel, die besonders tief in den Körper eindringen, können eben auch bis in die Lunge eindringen. Da gibt es einen scharfen Grenzwert. Ich denke, dass dieser auf einer sehr soliden Basis erstellt wurde. Zum Vergleich: Die USA, die ja oft in dieser Debatte zitiert werden, haben in Bezug auf Feinstaub einen doppelt so scharfen Grenzwert als Europa.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium: Was möchte Herr Scheuer in Brüssel beim Verkehrsministerrat erreichen, wenn der "Fitness Check" der EU-Kommission eh parallel dazu läuft und bis Ende dieses Jahres dann abgeschlossen sein soll? Was möchte Herr Scheuer in dieser Runde der Verkehrsminister erreichen?

Die andere Frage: Wenn Sie sagen, dass die Umsetzung der Grenzwerte zu hinterfragen ist, wie Sie Ihren Minister ja gerade zitiert haben, was konkret meint er denn damit? Ein Moratorium, wie es die FDP fordert oder irgendetwas anderes?

Friedrich: Was den ersten Teil der Frage angeht - ich glaube, die Frage wurde eben in dieser Form schon gestellt -, geht es um zwei Punkte: Es geht um die Grenzwertdebatte, aber auch um Frage, wie die Grenzwerte gemessen werden. Ich glaube, dazu habe ich mich gerade eben sehr ausführlich geäußert.

Die Frage, wie es weitergehen wird, ist offen. Ich kann dem Minister nicht vorgreifen, indem ich jetzt schon antizipiere, was er bei dem Termin womöglich sagen wird.

Haufe: Vielleicht noch zur Orientierung: Das Forum der Internationalen Lungengesellschaft hat sich gestern ausführlich zu dem Thema Luftschadstoffe geäußert. Ich denke, das ist auch noch einmal eine gute Quelle, um zu schauen, wie fundiert eigentlich Grenzwerte für Luftschadstoffe weltweit sind.

Frage: Eine Frage an Herrn Fähnrich: Es gibt Berichte, dass die Anzahl von Bundeswehrsoldaten, die aus Kriegseinsätzen zurückkommen und in irgendeiner Form mit Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen traumatisiert sind, konstant sind, und dass vor allen Dingen die tatsächliche Anzahl viel höher ist als die, von der dort berichtet wird, weil viele nicht in Bundeswehreinrichtungen behandelt werden. Können Sie mir sagen, warum das so ist? Ist die Bundeswehr in diesem Bereich nicht aufgestellt, gibt es keine Mechanismen, dass man sich automatisch darum kümmert oder ist es Sache der Soldaten, von wem sie sich letztendlich behandeln lassen?

Fähnrich: Wir haben die Zahlen bekanntgegeben. Sie wissen auch, dass die Bundeswehr im Vorfeld ihre Verantwortung gerade im Bereich der Fürsorge für Soldatinnen und Soldaten sehr ernst nimmt. Dafür haben wir in den letzten Jahren eine zahlreiche Anzahl von Gesetzen und rechtlichen Grundlagen zugunsten der Betroffenen geschaffen und kontinuierlich verbessert. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal das Einsatzversorgungsgesetz von 2004, das Einsatz-Weiterverwendungsgesetz von 2007, das Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz von 2011und die Einsatzunfallverordnung von 2012 nennen.

Was ich damit sagen möchte, ist, dass wir natürlich im Rahmen der letzten Jahre aus vielen Sachen gelernt und viele Sachen verbessert haben. Wenn ich auf die Zahlen zurückkommen darf, haben wir festgestellt, dass gerade im letzten Jahr die Zahl der erkrankten Soldatinnen und Soldaten bei knapp 279 gelegen hat, bei denen nach einem Einsatz eine sogenannte psychiatrische Erkrankung festgestellt wurde, darunter bei knapp 182 die besagte PTBS.

Dieser Spagat zwischen der abnehmenden Einsatzbelastung und der trotzdem konstanten Zahl der erkrankten Soldaten rührt daher, dass sich viele erst später melden, sich an ihre entsprechenden Vertrauten wenden und sich dann in die Behandlung begeben. Es gibt verschiedene Organisationen und eine breite Betreuung der Soldaten, sodass sichergestellt ist, dass den Soldatinnen und Soldaten auch geholfen wird.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert: Wie zuversichtlich ist denn die Bundesregierung, dass die Fusion von Siemens und Alstom trotz der Bedenken der EU-Kommission noch funktionieren kann?

StS Seibert: Ich würde gerne das Bundeswirtschaftsministerium fragen, ob es dazu etwas beitragen will. Ich hätte zu dem, was wir in der Vergangenheit dazu gesagt haben, nichts Neues hinzuzufügen.

Einhorn: So geht es mir auch. Das liegt weiterhin bei der Europäischen Kommission, bei der dortigen Wettbewerbsbehörde. Das ist der Stand wie vor einer Woche.

Zusatzfrage: Herr Le Maire hat sich am Wochenende sehr positiv geäußert und hat gesagt, dass nach den neuen Zugeständnissen alle Hindernisse ausgeräumt sind und die Fusion jetzt stattfinden könnte.

Einhorn: Es ist, wie gesagt, nicht unsere Aufgabe, das zu beurteilen.

Frage: Meine Frage richtet sich an das BMI: "netzpolitik.org" hat das Verfassungsschutzgutachten über die AfD komplett veröffentlicht. Wie bewerten Sie das? Plant Ihr eventuell Haus rechtliche Schritte, Stichwort Verfassungsschutzpräsident? Der Vorgänger von Herrn Haldenwang hatte das in der Vergangenheit ja einmal getan.

Alter: Zunächst einmal ist das Gutachten als "Nur für den Dienstgebrauch" eingestuft. Insofern ist es bedauerlich, wenn solche Unterlagen die Öffentlichkeit erreichen. Wir können im Moment nicht sagen, auf welchem Weg das geschehen ist. Aber wir prüfen den Sachverhalt selbstverständlich. Wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass strafrechtliche Konsequenzen erforderlich sind, dann werden auch entsprechende Verfahren eingeleitet.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium. Es geht um das Thema "Seelsorger für muslimische Bundeswehrsoldaten". Der Wehrbeauftragte des Bundestags hat heute in einem Zeitungsinterview kritisiert, dass schon seit sieben Jahren geprüft wird, wie damit umgegangen wird und dass es doch einmal ein abschließendes Ergebnis der Prüfung geben solle. Wann können wir denn mit so einem Ergebnis rechnen?

Fähnrich: Allgemein kann ich Ihnen sagen, dass wir in der Bundeswehr keine Unterschiede zwischen den Religionen machen, sondern dass wir für alle entsprechende Beratung beziehungsweise auch die entsprechenden Seelsorger zur Verfügung stellen, besonders für den Einsatz.

Zusatzfrage: Wie ist denn der Stand der Prüfung?

Fähnrich: Da müsste ich mich noch einmal erkundigen und gegebenenfalls etwas nachreichen.

Frage: Aus aktuellem Anlass muss ich noch einmal eine Frage zum Thema Leningrader Blockade stellen. Ich bekomme gerade die Meldung, dass diese 12 Millionen Euro ausschließlich für jüdische Überlebende der Blockade vorgesehen sind. Stimmt das, oder ist das eine Falschmeldung?

Burger: Ich habe keine dementsprechenden Informationen vorliegen. Ich überprüfe aber gerne noch, was der Hintergrund dieser Meldung sein könnte.

Frage: An das Finanzministerium zur Deutschen Bank: Offenbar prüft Katar weitere Investitionen in die Deutsche Bank. Würde die Bundesregierung solch einen Schritt angesichts der Probleme, die die Deutsche Bank bekanntermaßen hat, begrüßen?

Kolberg: Wie immer äußern wir uns natürlich nicht zu einzelnen Instituten.

Frage: An das Verkehrsministerium zum Stichwort Bahn: Am Wochenende hat der Bahnbeauftragte der Bundesregierung höhere Fahrpreise gefordert. Ich möchte gerne wissen, ob das seine persönliche Meinung ist oder ob es auch die Meinung des Ministeriums und des Ministers ist, dass die Fahrpreise steigen müssen, damit die Leute mehr Bahn fahren.

Noch eine Frage zu dem Treffen von Herrn Scheuer mit der Bahnspitze am Mittwoch: Welche Erwartungen hat das Ministerium an dieses Treffen?

Friedrich: Grundsätzlich gilt, dass die Festlegung von Ticketpreisen erst einmal eine unternehmerische Entscheidung ist und damit der Deutschen Bahn selbst obliegt. Der Minister hatte sich jetzt schon mehrfach zur Zukunft der Deutschen Bahn geäußert - es gab ja auch schon zwei Termine im Januar dazu. Qualität, Service und auch Betrieb bei der Deutschen Bahn müssen erheblich verbessert werden. Dabei geht es um Fragen wie Kundenorientierung oder besseres Verkehrsmanagement. All das sind Fragen, die jetzt bereits mit der Deutschen Bahn diskutiert worden sind und zu denen die Deutsche Bahn auch erste Maßnahmen vorgeschlagen hat, die auf Wunsch des Ministers auch im ersten Halbjahr umgesetzt werden sollen. Die Verbesserung muss für die Fahrgäste spürbar sein.

Zu dem Treffen am Mittwoch, dem 30. Januar: Es ist klar, dass das ein Folgetermin zu den ersten beiden Terminen, die ich genannt habe, ist. Das heißt, in diesem Treffen wird es um den weiteren Finanzierungsrahmen und um die Ausgestaltung der angesprochenen Maßnahmen gehen, also um die Frage, wie diese Maßnahmen umgesetzt beziehungsweise finanziert werden können. Die Ergebnisse bleibt es erst einmal abzuwarten. In dem Sinne kann ich hier auch noch nicht viel mehr über die Erwartungen sagen, als dass die Deutsche Bahn hier den Finanzierungsrahmen vorlegen muss.

Zusatzfrage: Wenn die Ticketpreise eine unternehmerische Entscheidung sind: Was könnte den Bahnbeauftragten der Bundesregierung dazu treiben, diesen Vorschlag zu machen?

Friedrich: Ich bleibe bei der Aussage, die ich gerade getätigt habe, und darüber hinaus werde ich mich jetzt nicht weiter dazu äußern.

Frage: Auch an das Verkehrsministerium: Ihr Staatssekretär Ferlemann hat gesagt, es müsse Schluss sein mit dem ruinösen Wettbewerb; es könne nicht der Normalfall sein, für 19 Euro mit der Bahn quer durch Deutschland zu fahren. Wie kommt Herr Ferlemann dazu, dies als Normalfall zu bezeichnen? Kennen Sie das als Normalfall, dass man für 19 Euro mit der Bahn quer durch Deutschland fährt?

Friedrich: Ich habe der Antwort von eben nichts hinzuzufügen.

Zusatz: Aber das ist jetzt eine ganz andere Frage gewesen.

Friedrich: Es zielt auf dasselbe Thema ab.

Zusatzfrage: Nein - Entschuldigung. Herr Ferlemann sagt: Es kann nicht der Normalfall sein, für 19 Euro durch Deutschland zu fahren. Ist das Bundesverkehrsministerium der Meinung, dass wir einen Normalfall haben, bei dem man für 19 Euro quer durch Deutschland fahren kann?

Friedrich: Zu einzelnen Ticketpreisen kann ich mich hier nicht äußern; das ist ein Thema der Deutschen Bahn, des Unternehmens selbst.

Zusatzfrage: Nein, das ist eine Bewertung durch den Staatssekretär im Verkehrsministerium. Wenn der Sonderaktionen, die ausnahmsweise angeboten werden, als Normalfall bezeichnet, dann ist das doch eine falsche Darstellung von Tatsachen. Deswegen frage ich, ob das Verkehrsministerium dabei bleibt.

Friedrich: Ich bleibe zumindest bei der Antwort, die ich eben gegeben habe, und ich werde sie jetzt auch nicht noch einmal wiederholen - es tut mir leid.

StS Seibert: Die Regierungspressekonferenz überrascht mich immer wieder - ich hätte gedacht, der Abschlussbericht der Kohlekommission könnte Sie interessieren. Ich möchte jedenfalls für die Bundesregierung Folgendes dazu sagen:

Die Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" hat ja intensiv um ein sehr wichtiges Thema gerungen, um eine der großen Aufgaben, vor denen wir stehen, und zwar ein wichtiges Thema für unsere künftige Energie- und Klimaschutzpolitik, das auch wichtig ist für viele Menschen in den betroffenen Braukohleregionen. Die Bundesregierung begrüßt, dass diese Kommission zu einem Abschluss gekommen ist und jetzt ihren Bericht vorgelegt hat. Wir danken der Kommission und all ihren Mitgliedern sehr für ihren Einsatz und die geleistete Arbeit.

Es ist jetzt die Aufgabe der Bundesregierung, das Kommissionsergebnis in allen Einzelheiten zu prüfen und zu bewerten und daraus ein belastbares Energiekonzept zu machen. Dabei gilt es immer wieder die drei Grundkriterien zu beachten, nämlich Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit der Energie und Klimaschutz. Was man jetzt schon sagen kann, ist, dass der Netzausbau wirklich vorankommen muss, wenn wir diese ehrgeizigen Ziele erreichen wollen. Gleichzeitig gehört es zu dieser großen Aufgabe, von der ich spreche, für die Bundesregierung natürlich auch, konkrete Perspektiven für die betroffenen Regionen zu geben - für neue zukunftssichere Arbeitsplätze, für notwendige Investitionen. Das muss geschafft werden im Zusammenwirken zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der Wirtschaft. Die Bundesregierung wird die betroffenen Regionen beim Strukturwandel unterstützen.

Für diese große Aufgabe, vor der wir stehen, einen breiten gesamtgesellschaftlichen Konsens herzustellen, ist das natürlich viel wert. Da kann die Arbeit der Kommission einen großen Schritt bedeuten.

Burger: Zu Ihrer Frage im Zusammenhang mit dem Gedenken an die Leningrader Blockade kann ich jetzt noch einmal ganz klar richtigstellen: Die Meldung, die Sie mir vorgetragen haben, scheint auf einem Missverständnis zu beruhen. Bei der humanitären Geste in Leningrad geht es, wie gesagt, um Unterstützung für ein Krankenhaus für Kriegsveteranen und eine Begegnungsstätte. Bei den Begünstigten gibt es überhaupt keine Unterscheidung der Religionszugehörigkeit.

Fähnrich: Ich habe noch einen Nachtrag zur Frage einer Militärseelsorge für muslimische Bundeswehrsoldaten: Für alle Soldaten der Bundeswehr gilt das Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit, und das gilt selbstverständlich auch für die Muslime in der Bundeswehr. Die konfessionsunabhängige Militärseelsorge in der Bundeswehr wird derzeit durch evangelische und katholische Geistliche sichergestellt. Eine institutionalisierte Militärseelsorge für Soldatinnen und Soldaten anderer Glaubensrichtungen besteht derzeit nicht. Aber bereits 2015 wurde für die Soldatinnen und Soldaten anderer Glaubensrichtungen eine Ansprechstelle im Zentrum der Inneren Führung in Koblenz eingerichtet. Aktuell befinden wir uns mit der Deutschen Islamkonferenz in Gesprächen, um den Bedarf und die Voraussetzungen für die Einführung einer muslimischen Militärseelsorge abzustimmen. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen.

Montag, 28. Januar 2019

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 23. Januar 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/regierungspressekonferenz-vom-28-januar-2019-1574460
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2019

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