Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

PRESSEKONFERENZ/766: Regierungspressekonferenz vom 26. März 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 26. März 2014
Regierungspressekonferenz vom 26. März 2014

Themen: Empfang des Präsidenten der Republik Senegal im Kanzleramt, Kabinettssitzung (Gesetzentwurf zur Finanzierung und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung, Jahresabrüstungsbericht 2013, Zwischenbericht des Staatssekretärsausschusses zur Zuwanderung), Situation in der Ukraine/Verhältnis zu Russland, abgehörtes Telefonat von Frau Timoschenko, Behandlung von Verletzten aus der Ukraine, Fluglärm/Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen, Tauglichkeitskriterien der Bundeswehr, Dividendenzahlung der DB AG, Rücktritt von Bischof Tebartz-van Elst, EEG-Reform, Gipfel für nukleare Sicherheit

Sprecher: StS Seibert, Roth (BMVg), Chebli (AA), Moosmayer (BMVI), Fichtner (BMU), Kothé (BMF), Toschev (BMWi)



Vorsitzender Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Müller-Niese: Mein Name ist Pamela Müller-Niese. Ich bin jetzt im Pressereferat im Bundesinnenministerium. Ich bin seit Februar im Pressereferat. Ich war vorher in der Abteilung "Öffentliche Sicherheit". Ich freue mich, werde in Zukunft auch öfter hier sitzen und Ihre Fragen beantworten. Ich danke Ihnen.

Vorsitzender Detjen: Auch wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und wünschen Ihnen alles Gute. Sie bekommen das Mitgliederverzeichnis und die Geschäftsordnung.

StS Seibert: Guten Tag! Zunächst ein Terminhinweis, der den kommenden Montag betrifft: Dann wird die Bundeskanzlerin um 12.30 Uhr den Präsidenten der Republik Senegal, Herrn Macky Sall, im Kanzleramt empfangen, und zwar mit militärischen Ehren. Es wird ein Arbeitsmittagessen geben. Mögliche Themen werden neben den bilateralen Beziehungen natürlich auch die Lage in Westafrika und in Ländern wie Mali sowie im gesamten Sahel-Raum sein. Außerdem wird es sicherlich um den anstehenden EU-Afrika-Gipfel gehen, der ja am 2. und 3. April in Brüssel abgehalten werden wird. Beide, die Kanzlerin und Herr Sall, werden daran teilnehmen. Es wird gegen 13.45 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz geben.

Jetzt könnte ich mich, wenn Sie wollen, den Themen des Kabinetts zuwenden. Vieles, glaube ich, ist hier auch schon von Ministerinnen und Ministern erklärt worden. Ich mache es deswegen kurz:

Der erste Punkt war der Gesetzentwurf zur Finanzierung und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ich werde jetzt nur wenige Details noch einmal hervorheben; Minister Gröhe hat das ja hier schon ausführlich getan. Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung wird von der Bundesregierung auf eine dauerhaft solide Grundlage gestellt. Der allgemeine Beitragssatz wird bei 14,6 Prozent festgesetzt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer erbringen ihn zu gleichen Teilen. Der Arbeitgeberbeitragssatz wird auf einheitlich 7,3 Prozent festgeschrieben. Das ist auch ein Beitrag zur Stabilisierung der Lohnnebenkosten. Die Arbeitnehmer zahlen ebenfalls 7,3 Prozent. Darüber hinaus wird es kassenindividuelle Zusatzbeiträge geben. Die werden nun von den Krankenkassen nicht mehr pauschal, sondern künftig prozentual vom Einkommen ihrer Mitglieder erhoben. Durch die Zusatzbeiträge wird der Wettbewerb unter den Krankenkassen gefördert.

Der heute einheitlich vorgeschriebene Sonderbeitrag von 0,9 Prozent, der von den Krankenkassenmitgliedern bezahlt wird, fließt in den Zusatzbeitrag ein. Dadurch, dass es eben diese Umwandlung in eine einkommensabhängige Berechnung der Zusatzbeiträge gibt, entfällt der steuerfinanzierte Sozialausgleich. Die Krankenkassen zahlen keine Prämien mehr aus.

Das Kabinett hat diesen Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung heute beschlossen. Wie gesagt: Die Informationen haben Sie.

Ein wichtiger Punkt sollte sicherlich noch hervorgehoben werden: Es wird ein fachlich unabhängiges, wissenschaftliches Qualitätsinstitut in Form einer Stiftung gegründet werden, das Instrumente entwickeln soll, mit denen man die Versorgungsqualität besser messen und dann eben auch transparenter dokumentieren kann. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden dann allgemein verständlich veröffentlicht.

Der zweite Punkt, mit dem sich das Kabinett befasst hat, war der jährliche Jahresabrüstungsbericht 2013, jetzt schon der 31. Abüstungs-, Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungspolitik sind zentrale Elemente deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Deshalb wird die Bundesregierung ihre Anstrengungen in diesem Bereich, die jetzt in diesem Bericht für 2013 dokumentiert sind, sicherlich auch 2014 engagiert fortsetzen und vertiefen.

Ich will nur einige Punkte hervorheben: 2013 gab es ein schwieriges internationales Umfeld. Dennoch konnte sich die Bundesregierung mit ihren internationalen Partnern in einigen Punkten eben erfolgreich für mehr Sicherheit und Stabilität durch weniger Waffen, durch höhere Transparenz und durch weniger Proliferation einsetzen. Ein Punkt, der zu nennen ist: Deutschland stellt Expertise und technische Fähigkeiten bei der vereinbarten Vernichtung der syrischen Chemiewaffenbestände bereit. Ein weiterer Punkt ist, dass es im Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm möglich war, einen gemeinsamen Aktionsplan der E3+3 zu vereinbaren. Sicherlich ein wichtiger Punkt ist auch der Abschluss des internationalen Vertrags über den Waffenhandel, des sogenannten Arms Trade Treaty, der weltweit zum ersten Mal einheitlich rechtlich bindende Standards für den Export von Waffen festlegt.

Mehr Informationen finden Sie im Bericht selbst, und den finden Sie auf der Internetseite des Auswärtigen Amts unter www.diplo.de. Er wird auch als Broschüre veröffentlicht, und die können Sie wiederum natürlich auch über das Bundespresseamt beziehen.

Der nächste Tagesordnungspunkt war der Zwischenbericht des Staatssekretärsausschusses zur Zuwanderung. Sie wissen, dass die Bundesregierung Anfang des Jahres einen solchen Staatssekretärsausschuss unter der gemeinsamen Federführung von Innenministerium und Arbeits- und Sozialministerium eingesetzt hat. Der hat nun diesen Zwischenbericht vorgelegt. Beide Minister waren dazu auch heute schon vor der Presse. Das ist eine Bestandsaufnahme zur Daten- und Rechtslage, wie sie sich jetzt darstellt. Außerdem gibt es in diesem Bericht erste Vorschläge dazu, wie ein Missbrauch von Sozialleistungen bekämpft werden kann und wie den besonders betroffenen Kommunen mögliche Hilfen zukommen können.

Ich will nur noch Folgendes zur Gesamtwertung sagen: Dass die Bundesregierung in diesem Bericht Wege aufzeigt, wie man die notwendige Bekämpfung von Missbrauch angeht, darf nicht den Blick dafür verstellen, dass Freizügigkeit in Europa nach unserer ganz festen Überzeugung eine der tragenden Grundfreiheiten und damit für die europäische Integration unverzichtbar ist. Deutschland profitiert von der Mobilität der Arbeitnehmer und von der Zuwanderung von Fachkräften. Sie zahlen in unsere Sozialsysteme ein, und sie tragen damit ganz klar zum Wohlstand unseres Landes sei. Probleme gibt es - regional unterschiedlich, vor allem in einigen Kommunen und Ballungsräumen. Der Staatssekretärsausschuss wird sich auch weiterhin mit dieser Problemlage und mit möglichen Handlungsansätzen befassen, und er wird seinen Schlussbericht dann im Juni dieses Jahres vorlegen.

Frage: Ich möchte zum Thema Ukraine/Russland fragen. Eine Frage zur Klärung: Gibt es eigentlich ein Junktim, nach dem die G8 erst dann wieder voll funktionsfähig ist, wenn die Krim zurückgegeben worden ist - das soll von Herrn Obama gekommen sein -, oder gibt es dieses Junktim nicht?

Zum Zweiten möchte ich bezüglich der Äußerungen, die von Frau Timoschenko weithin berichtet und auch von ihr bestätigt worden sind, und der Art, wie sie mit Herrn Putin umgehen möchte, fragen: Ist eine Person, die so etwas äußert, für die Bundesregierung überhaupt ein Gesprächspartner oder disqualifiziert sie sich nicht damit?

StS Seibert: Zum ersten Teil Ihrer Frage: Was es gibt, ist die gemeinsame Erklärung der G7-Partner, die sie gerade in Den Haag besprochen und verabschiedet haben. Aus ihr geht hervor, dass die G7-Partner die Einladung Russlands zum diesjährigen G8-Gipfel in Sotschi nicht annehmen werden und sie gemeinsam ihre Mitarbeit im G8-Format suspendieren, bis Russland seine Politik gegenüber der Ukraine geändert hat. Das ist der Kern der Erklärung von Den Haag, die Ihnen ja vorliegt. Darüber hinaus gehend muss ich hier, denke ich, nicht interpretieren.

Es ist gleichzeitig beschlossen worden, dass sich die G7 auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs zum geplanten Zeitpunkt, also Anfang Juni, in Brüssel trifft. Es war den G7-Partnern ein wichtiges Anliegen, dass dieses Treffen zustande kommt, denn die gemeinsame Agenda ist voll.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Zu dem abgehörten und dann veröffentlichen Telefonat von Frau Timoschenko will ich sagen: Bei aller Opposition zum russischen Vorgehen auf der Krim und bei allen Meinungsverschiedenheiten auch ganz grundsätzlicher Art gibt es doch Grenzen in Sprache und Denken, die nicht überschritten werden dürfen. Gewaltbilder, Gewaltfantasien liegen weit jenseits dieser Grenzen.

Die Haltung der Bundesregierung ist eindeutig: Wir begrüßen, dass es die ukrainische Regierung als ihre Pflicht ansieht, eine Regierung für alle Ukrainer zu sein. Gerade in der aktuellen Krise müssen sich alle Bevölkerungsteile, alle Regionen in der Arbeit dieser ukrainischen Regierung wiederfinden. Es geht um die Stabilisierung des Landes, und es geht um Versöhnung. Das ist auch das, was wir als Bundesregierung mit unseren internationalen Partnern auf dem Weg zu freien und fairen Wahlen Ende Mai unterstützen wollen. Auf diesem Weg ist Eskalation zu vermeiden.

Zusatzfrage: Heißt das, wenn Sie sagen, Gewaltfantasien, Äußerungen zu Gewalt liegen jenseits aller Grenzen, dass man mit jemandem, der so etwas äußert, als Partner im internationalen Politikverkehr nicht mehr sprechen kann?

StS Seibert: Ich habe dazu zu sagen, was ich dazu gesagt habe. Ich glaube, das ist eindeutig und hat vor allem die Überzeugung der Bundesregierung, was in der Ukraine jetzt nottut - nämlich Stabilisierung inklusive Politik - , deutlich ausgedrückt.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium. Es geht um die auf dem Maidan Verwundeten. Können Sie sagen, wie die Behandlung verläuft, in welchen Krankenhäusern sie untergebracht sind, wie viele es sind und ob man sie besuchen könnte?

Roth: Dazu habe ich zurzeit keine näheren Informationen. Dazu können Sie aber gern im Presseinformationszentrum des Sanitätsdienstes anfragen; die haben nähere Details dazu.

Frage: Herr Seibert, ich glaube, die Kanzlerin hat mit Frau Timoschenko telefoniert, ehe die Zitate zu Putin bekannt wurden. Hätte dieses Gespräch auch in Kenntnis ihrer Äußerungen in dem abgehörten Telefonat stattgefunden?

StS Seibert: Erstens bin ich nicht ganz sicher, ob ich weiß, von welchem Telefonat Sie reden. Zweitens ist das eine sehr hypothetische Frage.

Die Bundeskanzlerin hat Frau Timoschenko nach deren Freilassung, wie Sie wissen, in Dublin getroffen, und zwar gemeinsam mit Herrn Klitschko. Dieses Treffen war eine Begegnung mit relevanten Persönlichkeiten aus dem politischen Spektrum.

Zusatzfrage: Es gibt Informationen, dass es in jüngerer Vergangenheit möglicherweise im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel Telefonate zwischen Frau Merkel und Herrn Klitschko einerseits und Frau Timoschenko andererseits gegeben hat.

StS Seibert: Solche Telefonate sind mir im Moment nicht bekannt. Ich kann dazu im Moment nichts sagen. Es hat die Kontakte der Bundeskanzlerin mit Herrn Klitschko, mit Frau Timoschenko gegeben, die auch von der Öffentlichkeit beobachtet werden konnten. Über diese Telefonate weiß ich jetzt nichts.

Frage: Herr Seibert, hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wer eigentlich dort abhört? Ist es, wenn jemand abhört und solche Mitschnitte macht, in Ordnung, sie zu veröffentlichen, oder geht das gar nicht? Ist das ein probates politisches Mittel in dieser Auseinandersetzung?

StS Seibert: Unsere Haltung zum Abhören ist bekannt. Ich muss es einfach als Faktum nehmen, dass das abgehörte Gespräch von Frau Timoschenko veröffentlicht worden ist. Es hat dafür in den letzten Wochen auch schon andere Beispiele gegeben. Die Spurensuche sollten Sie betreiben; ich habe dazu keine Erkenntnisse.

Zusatzfrage: Wenn ich da kurz nachfragen darf: Ich nehme an, dass der Bundesregierung nachgeordnete Behörden da auch Spurensuche betreiben. Gibt es denn Erkenntnisse darüber, wer es ist? Sind es die Russen, die das machen?

StS Seibert: Ich kann Ihnen dazu keine Erkenntnisse vortragen.

Frage: Herr Seibert, der amerikanische Präsident hat Russland gestern eine "Regionalmacht" genannt. Teilt die Bundesregierung diese Meinung?

StS Seibert: Ich möchte hier keine Kategorisierung vornehmen. Für die Bundesregierung gilt: Russland ist eine wichtige Kraft in Europa und darüber hinaus auch bei der Bewältigung globaler Probleme.

Wir wollen mit Russland im Interesse von Frieden, Stabilität und Wohlstand gut zusammenarbeiten. Aber wir müssen auch sagen: Die Grundlage dieser Zusammenarbeit ist immer das Recht, und wir sehen im Falle der Ukraine klare Verstöße von russischer Seite gegen das internationale Recht.

Frage: Eine Frage an das Außenministerium: Gab es in den letzten Wochen Gedankenaustausch zwischen Außenminister Steinmeier und Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder zur Lage in der Ukraine und zum Umgang mit Russland in dieser Situation?

Chebli: Dazu liegen mir keine Erkenntnisse vor, nein.

Frage: Ich habe eine Frage zu Russland. Heute Morgen musste eine Air France-Maschine in Hamburg unplanmäßig landen - weil Russland angeblich ganz kurzfristig einen Teil seines Luftraums gesperrt hat -, da nicht genug Treibstoff vorhanden war, um den Flug nach Paris zu bewältigen. Können Sie mir sagen, ob deutsche Fluggesellschaften ähnliche Probleme mit Flügen über Russland hatten? Gibt es Regelungen, die besagen, wie lange vorher ein Land die Warnung über eine Schließung des Luftraums bekanntgeben muss?

Moosmayer: Dazu liegen mir keine Informationen vor, aber ich fürchte, da muss man die russische zivile Luftfahrtbehörde fragen. Ich glaube nicht, dass wir den russischen Luftraum beobachten. Aber ich kann gern nachfragen, ob wir da irgendwelche Erkenntnisse haben, und das nachreichen.

Zusatzfrage: Ja, denn es gibt Spekulationen, dass es durchaus ein Schikanemanöver Russlands sein könnte, jetzt sein sehr großes Staatsgebiet dahin gehend zu nutzen, es westlichen Fluggesellschaften schwer zu machen.

Moosmayer: Ich erkundige mich gern, ob wir da Erkenntnisse haben, und würde es nachreichen.

Frage: Ich will die Frage vielleicht etwas generischer formulieren: Wie viel Vorlaufzeit ist denn für NOTAMs üblich, und haben Sie Erkenntnisse, dass Russland vom üblichen Verfahren in Bezug auf die Zivilluftfahrt abweicht?

Moosmayer: Ich habe keine Erkenntnisse dazu, tut mir leid.

Frage: Ich habe Fragen zum Thema Fluglärm. Heute übergibt der Sachverständigenrat für Umweltfragen ein Gutachten beziehungsweise Handlungsempfehlungen, wie Fluglärm reduziert werden kann.

Eine Frage zunächst an das Umweltministerium: Es geht um die Festlegung von Flugrouten. Eine dieser Handlungsempfehlungen sieht vor, dass das Umweltbundesamt künftig der Festlegung bei der Planung zustimmen soll. Bisher heißt es, das Umweltbundesamt soll ins Benehmen gesetzt werden. Künftig geht es um das Einvernehmen. Meine Frage an das Umweltministerium lautet: Ist das aus Ihrer Sicht eine Handlungsempfehlung, der man nachkommen kann? Ist das umzusetzen?

Fichtner: Es ist richtig, dass in diesen Minuten der Sachverständigenrat für Umweltfragen das Gutachten der Ministerin übergibt. Wir werden uns das Gutachten ansehen, werden es prüfen, machen uns jetzt aber keine Schlussfolgerungen zu eigen.

Zusatzfrage: Zu diesem Einzelpunkt können Sie also noch nichts sagen?

Fichtner: Das kann ich nicht, nein.

Zusatzfrage: Darf ich in derselben Sache eine Frage an das Verkehrsministerium richten? Es gibt auch eine Handlungsempfehlung quasi an Sie. Es geht um die faktische Abweichung von Flugrouten. Dieses Gutachten sagt, dass es eine interne Betriebsanweisung gibt, nach der Fluglotsen einem Piloten während des Fluges im Einzelfall eine Abweichung von der geplanten Route erlauben können. Das Gutachten beziehungsweise der Sachverständigenrat kommt zu dem Schluss, dass das rechtswidrig sei und außer Kraft gesetzt werden solle. Ist Ihnen das bekannt? Ist das eine Geschichte, an der Sie schon dran sind, und ergeben sich daraus irgendwelche Folgerungen?

Moosmayer: Ich muss mich meinem Kollegen leider anschließen: Diese Studie ist heute erst übergeben worden und meines Wissens 200 Seiten stark. Wir müssten sie uns und diese Vorschläge erst in Gänze anschauen und dann Stellung nehmen. Das kann jetzt nicht auf die Schnelle passieren, tut mir leid.

Zusatzfrage: Können Sie den Sachverhalt bestätigen, dass es eine solche interne Betriebsanweisung gibt?

Moosmayer: Ich kann bestätigen, dass Sicherheit immer vorgeht. Wenn der Tower sagt, es gibt Gründe, dass ein Flug von seiner vorgesehenen Route abweicht, dann darf er das tun. Das geht immer vor.

Aber wie gesagt: Was in dem Gutachten steht, weiß ich noch nicht. Es enthält im Zweifel mehrere Vorschläge. Die müsste man sich in ihrer Gesamtheit anschauen und dann in der Gesamtheit dazu Stellung nehmen.

Frage: Eine Frage an das Verteidigungsministerium, zum einen als Nachklapp zu vorhin: Herr Roth, gibt es in Bezug auf Flüge der Bundeswehr Richtung Afghanistan, die ja auch über Russland verlaufen, irgendwelche Anzeichen für Probleme, Abweichungen, Nichtfreigaben usw.? Ich weiß, das ist ein anderes Verfahren und kein ziviler Verkehr, aber vielleicht gibt es da Erkenntnisse.

Die eigentliche Frage: Die Ministerin hat wieder für ein bisschen Aufsehen gesorgt mit dem - wie es manche Kollegen formulierten - "Moppel zur Truppe!". Können Sie uns genauer erklären, was dahinter steckt? Muss der Soldat nicht mehr schnell laufen können, wenn er nur noch am Schreibtisch eingesetzt wird, oder wie muss ich das verstehen?

Roth: Zu Ihrer ersten Frage: Mir liegen darüber keine Erkenntnisse vor.

Zu Ihrem zweiten Thema: Zunächst einmal ist es so, dass jeder Soldat eine gewisse Grundfitness haben muss. Es gibt aber bei der Bundeswehr ein breites Spektrum an Tätigkeiten oder Verwendungen und Aufgaben, und für dieses breite Spektrum gibt es auch unterschiedliche körperliche Anforderungen und Voraussetzungen. Sie können zum Beispiel die Anforderung an einen Jet-Piloten, einen Kampfschwimmer oder einen Fallschirmjäger nicht mit der vergleichen, die an einen IT-Spezialisten gestellt wird, der im Bereich des Stabsdienstes oder des Geschäftszimmers eingesetzt ist. Daran wird sich auch zukünftig nichts ändern. Aber wir müssen gucken, ob wir nicht zurzeit Ausschlusskriterien haben, die es einem qualifizierten Seiteneinsteiger vielleicht nicht ermöglichen, bei uns einen Karriereweg zu durchlaufen, weil er vielleicht die vorgegebene Zeit beim 5000-Meter-Lauf um ein, zwei Sekunden verfehlt. Da müssen wir schauen, ob es dort Kriterien gibt, die nicht mehr zeitgemäß oder nicht mehr angebracht sind, damit wir auch solche Leute zu uns bekommen können.

Zusatzfrage: Ich bin alt genug, um mich noch an Zeiten der Wehrpflicht zu erinnern. Da gab es so etwas wie T7, die "Plattfußsoldaten", die nur für die Schreibstube eingesetzt wurden, um es laienhaft auszudrücken. Wird dann sozusagen diese Tauglichkeitsstufe wiedereingeführt?

Roth: Welche Maßnahmen daraus konkret abgeleitet werden, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Aber Sie müssen auch unterscheiden: Das eine ist die körperliche Leistungsfähigkeit und das andere die gesundheitliche Eignung. Da muss man auch differenzieren. Wir werden hier von gewissen Grundstandards nicht abweichen, müssen aber noch einmal schauen, ob es heute irgendwelche Kriterien gibt, die nicht mehr zeitgemäß und nicht mehr angebracht sind, um hier Leute zu uns zu bekommen oder auch zu werben, die wir brauchen: qualifiziertes Fachpersonal. Da müssen wir genau hinschauen.

Frage: Ich möchte das Verkehrsministerium und das Finanzministerium fragen, ob dort Erkenntnisse vorliegen, nach denen man in diesem Jahr von der Deutschen Bahn, deren Hauptaktionär ja der Bund ist, 300 Millionen Euro Dividende weniger erhalten wird als ursprünglich geplant?

Ich möchte dazu vom Finanzministerium wissen, ob das schon in den Haushaltsplänen berücksichtigt ist oder ob das einen zusätzlichen Einsparvorgang nötig macht.

Moosmayer: Die Dividende der Bahn wird vom Gesamtkonzern DB AG an den Eigentümer Bund ausgeschüttet, und zwar immer auf der Grundlage des Ergebnisses des jeweiligen Geschäftsjahres. Alles, was wir in unseren Haushaltsplänen ansetzen, sind insofern immer nur Schätzungen, denn die Dividendenausschüttungen werden jährlich festgelegt, je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt. Diese Hauptversammlung ist heute. Das heißt, heute wird auch festgelegt und entschieden, wie diese Dividende ausfällt. Aber es ist klar, dass die nicht so hoch ausfallen wird, wie ursprünglich einmal angesetzt, denn das Geschäftsjahr verlief nicht so gut. Die Bilanz ist nach allem, was man hört, deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Von daher: Auch über die zukünftige Entwicklung wird jetzt weiter zu verhandeln sein, immer unter dem Vorbehalt, dass es die Bilanzen entsprechend hergeben.

Kothé: Das Wichtigste hat die Kollegin schon erläutert. Vielleicht so viel zum Haushalt: Wir planen immer vorsichtig und haben, glaube ich, Vorsorge getroffen.

Zusatzfrage: Darf ich nachfragen? Es geht um die Dividende für das laufende, nicht für das vergangene Jahr. Es gibt ja Vorausschauen, Unternehmensplanungen, in denen auch der Eigentümer schon ein Indiz erhält, was er zu erwarten hat. Auf der anderen Seite gibt es einen Haushalt 2014, der mit gewissen Zahlen zu arbeiten hat. Was ist denn die Grundlage der Zahlen, mit denen der Finanzminister rechnet, wenn er Einnahmen zum Beispiel von der Bahnbeteiligung einbezieht? Sind das Unternehmensplanungen? Ist das die letzte Dividende? Was ist das?

Kothé: Natürlich müssen wir da Schätzungen zugrunde legen; das ist wie bei vielen anderen Haushaltspositionen auch. Die Bahn ist ja nicht das einzige Unternehmen, von dem wir Dividenden erhalten.

Was die Frage angeht, wie wir das genau ansetzen und berechnen: Wie gesagt, kalkulieren wir das mit Vorsicht. Zu dem internen Aufstellungsverfahren werde ich Ihnen an der Stelle aus gutem Grund keine Auskunft geben.

Frage: Herr Seibert, ich wollte fragen, ob Sie, die Bundeskanzlerin, die Bundesregierung erleichtert sind, dass Herr Tebartz-van Elst seines Amtes endgültig enthoben ist?

StS Seibert: Das ist eine Entscheidung innerhalb der katholischen Kirche, zu der ich hier als Bundesregierungssprecher keinen Kommentar abgebe.

Frage: Ich möchte das Wirtschaftsministerium fragen, nachdem der Minister immer wieder betont hat, dass er bis Ende des Monats eine Einigung mit Brüssel über die EEG-Reform haben wolle, und wir nun in Richtung Ende des Monats gehen: Wie ist denn der Stand der Dinge? Gibt es da irgendwelche Fortschritte im Hinblick auf eine Einigung insbesondere bei Industrierabatten und Ähnlichem?

Toschev: Sie sagen es: Die Abstimmung innerhalb der Kommission läuft weiter. Sie finalisiert momentan ihre Beihilfeleitlinien im Umwelt- und Energiebereich. Teil dessen sind auch die Entlastungen für energieintensive Unternehmen; das ist ja eine europaweite Regelung und nicht nur eine speziell für Deutschland. Die Kommission ist mit den Mitgliedsstaaten im Gespräch. Da gibt es keinen neuen Stand, den ich jetzt mitteilen könnte.

Zusatzfrage: Gibt es noch irgendwelche Termine in den nächsten Tagen, die der Minister in Brüssel oder mit Brüsseler Kommissaren hat?

Toschev: Das ist mir nicht bekannt, nein. Aber die Gespräche zur Ergänzung gehen natürlich auf vielfältiger Ebene weiter.

Frage: Darf ich zum Thema Ukraine zurückkehren? Herr Seibert, Helmut Schmidt sagt in der "ZEIT" von morgen, dass das Vorgehen von Putin verständlich sei. Es gibt scharfe Kritik am Westen und auch an dieser Strategie der Sanktionen. Mit dieser Position ist der Altkanzler nicht allein; Schröder hat so etwas gesagt, und es gibt andere "Väter der Politik", die in diesen Tagen so etwas sagen. Was denkt die Bundesregierung darüber?

StS Seibert: Der Altbundeskanzler hat seine persönliche Meinung geäußert, die ich hier nicht zu kommentieren habe. Sie haben hier von uns oft genug und ausführlich gehört, welche Überzeugungen die Bundesregierung in dieser schweren europäischen Krise hat. Und den Vergleich bitte ich Sie selbst anzustellen.

Frage: Ich habe eine Frage an die Bundesregierung zum gestrigen Gipfel in Den Haag: Die Amerikaner planen neue Atombomben für Deutschland. Könnte die Bundesregierung den Amerikanern da vielleicht ins Gewissen reden?

StS Seibert: Das war ein Gipfel zur nuklearen Sicherung, bei dem es darum geht, wie nukleare Materialien vor dem Zugriff ungeeigneter und gefährlicher Kräfte gesichert werden können. Im Wesentlichen ist die Aufgabe dieses Gipfels, glaube ich, damit beschrieben.

Bei dem dritten Gipfel zu diesem Thema ist man eigentlich einig gewesen, dass in den letzten Jahren seit 2010 einige Fortschritte erzielt werden konnten, der Prozess allerdings weiterbetrieben werden muss. Es war kein Gipfel über die individuellen Entscheidungen von Atommächten, Atomwaffen zu platzieren oder zu erneuern.

Zusatzfrage: Hat die Bundesregierung ein Problem damit, wenn es neue Atomwaffen aus Amerika für Deutschland gäbe?

StS Seibert: Das war zunächst nicht das Thema des gestrigen Gipfels. Im Übrigen kann ich solche Entscheidungen der amerikanischen Regierung, die mir auch im Detail nicht bekannt sind, hier nicht kommentieren.

Zusatzfrage: Aber die Bundesregierung wird doch wissen, ob sie neue Atomwaffen akzeptieren will? Außenminister Steinmeier ist doch ein Verfechter eines atomwaffenfreien Deutschlands.

Chebli: Ja, Außenminister Steinmeier ist in der Tat ein Verfechter eines atomwaffenfreien Deutschlands, und bei der Linie bleibt es.

Ich würde nur Herrn Seibert noch einmal zustimmen: Gestern ging es um ein anderes Thema. Weiteres vermag ich nicht dazu zu sagen.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 26. März 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/03/2014-03-26-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-0
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2014