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EUROPA/1431: Kein falsches Entgegenkommen gegenüber Tsipras


fdk - freie demokratische korrespondenz 264/2015 - 3. Juni 2015

LAMBSDORFF: Kein falsches Entgegenkommen gegenüber Tsipras


Berlin. Zum Treffen von Juncker und Tsipras in Brüssel erklärt der Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament FDP-Präsidiumsmitglied ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF:

"Die Bundesregierung hat sich von den Linkspopulisten in Athen viel zu lange auf der Nase herumtanzen lassen. Das war ein Fehler - denn jetzt deuten sich weitere Hilfen an, ohne dass die griechische Regierung konkrete Zusagen gemacht hätte. Die Staats- und Regierungschefs waren im März noch einig, dass ohne konkrete, umgesetzte und überprüfte Reformen keine weiteren Hilfen fließen könnten. Auch der Deutsche Bundestag hat bei der Verlängerung der Hilfen für Athen auf konkrete Reformen gesetzt. Das gilt insbesondere für die Unions-Fraktion, die jetzt beantworten muss, ob sie die von ihr getragene Bundesregierung auch dann noch unterstützt, wenn sie gegenüber der Tsipras-Regierung einknickt und die Prinzipien der Stabilisierungspolitik über Bord wirft.

Die Logik der Rettungspolitik wir derzeit ad absurdum geführt. Schlimmer noch: Es zeichnet sich sogar eine Aufweichung des Kurses gegenüber Athen ab. Das neue Angebot der Geberländer enthält nämlich weniger ehrgeizige Haushaltsziele, als im letzten Hilfspaket vereinbart wurde. Von Reformdruck in Bezug auf solide öffentliche Finanzen kann deshalb keine Rede mehr sein. Damit ist Ministerpräsident Tsipras de facto der Gewinner des Krisengipfels von Berlin.

Dass Tsipras zudem gerade in dieser Phase ein unabgestimmtes eigenes Reformpaket vorstellt, zeigt, dass die griechische Regierung weiter pokert. Das funktioniert nur, weil Bundesregierung und EU-Kommission einen Grexit nach wie vor kategorisch ausschließen. Natürlich bleibt ein Grexit politisch und ökonomisch hochriskant. Aber sowohl im Vergleich zur ungleich instabileren Lage des Jahres 2010 als auch angesichts der Tatsache, dass es jetzt einen Europäischen Stabilisierungsmechanismus gibt, wäre er beherrschbar, wie auch der IWF bestätigt hat. Gefährlicher dagegen wäre ein falsches Entgegenkommen gegenüber einer linkspopulistischen Regierung - denn damit wird der Euro weich und die Rückkehr zu einer Stabilitätskultur in der Eurozone unmöglich gemacht. Für die FDP ist klar: Die größte Gefahr heute ist nicht mehr ein Grexit, sondern der Verbleib eines Landes im Euro unter den falschen Bedingungen."

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Quelle:
fdk - freie demokratische korrespondenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2015

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