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INNEN/4121: Brüderle zu aktuellen politischen Themen


Presservice der Liberalen / F.D.P. Bundestagsfraktion - 26.02.2013

BRÜDERLE zu aktuellen politischen Themen



BERLIN. Zu den aktuellen politischen Fragen des heutigen Tages erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer BRÜDERLE vor Medienvertretern:

Wir haben heute eine breite Palette von Themen. Wir werden uns mit Italien beschäftigen. Das Wahlergebnis ist ja außerordentlich schwierig. Die Börsen der ganzen Welt sind verunsichert, die Kurse gehen erheblich nach unten. Wir hoffen sehr, dass Italien auf Reformkurs bleibt, Handlungsfähigkeit erhält und nicht die beiden Verfassungsorgane dort sich total blockieren. Das wäre eine verheerende Ausgangslage für die Eurostabilisierung.

Zweiter Schwerpunkt wird das NPD-Verbotsverfahren sein. Wir sind uns alle einig: Rechtes Gedankengut hat in Deutschland keinen Platz. Der Bundesinnenminister Friedrich hat wissen lassen, dass er einen Verbotsantrag der Länder unterstützt. Für die Bundesregierung gilt sicherlich, dass sie erst miteinander im Kabinett beraten muss, bevor dort eine Entscheidung getroffen wird. Das kann der Innenminister nicht alleine machen. Wir als Fraktion erwarten, dass er uns schnellstmöglich seine Erkenntnisse zur NPD zugänglich macht. Anders als die Innenminister verfügt der Bundestag nicht über eigene Erkenntnisse. Sie kennen unsere grundsätzliche Haltung zum NPD-Verbot, Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat das nochmal auf den Punkt gebracht. Geht das Verfahren erneut schief, wäre das ein Triumph für die NPD. Wenn sich die Regierung auf eine Haltung verständigt hat, dann werden wir im Parlament anschließend zu prüfen haben, wie wir weiter vorgehen und ob wir einem Antrag folgen oder nicht.

Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften: Wir begrüßen sehr, dass das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung Klarheit geschaffen hat. Das Gericht ist unabhängig und nur an die Verfassung gebunden. Es darf auch keinen Zweifel geben, dass das Urteil zügig umgesetzt wird. Uns ist wichtig, dass neben dem Adoptionsrecht auch sonst gleiche Rechte und Pflichten für gleichgeschlechtliche Paare wie für Ehepaare gelten. Dafür steht die FDP seit vielen Jahren auch durch unsere Beschlusslage auf vielen Bundesparteitagen. Wir würden eine schnelle Einigung mit der Union begrüßen. Die Bundesjustizministerin hat ja darauf hingewiesen, dass sie bereits einen Gesetzentwurf in der Schublade liegen hat.

Nächster Komplex: Doppelte Staatsbürgerschaft. Uns geht es darum, dass wir attraktiv sind mit einer Willkommenskultur in Deutschland. Wir wollen talentierte junge Menschen anziehen. Derzeit haben wir die Regelung, etwa mit den türkischstämmigen Mitbürgern, dass sie sich mit 23 Jahren entscheiden müssen, ob sie dann letztlich die deutsche oder die türkische Staatsangehörigkeit annehmen. Wir meinen, dass man diese Optionsregelung erneut überprüfen muss. Wenn es ein Element ist, diese Willkommenskultur in Deutschland weiter auszubauen, kann ich mir durchaus einen Schritt in Richtung der doppelten Staatsbürgerschaft vorstellen. Das Thema steht im nächsten Koalitionsausschuss an und wird dort weiter vertieft werden.

Nächster Punkt ist das Thema Fracking. Wir begrüßen sehr, dass der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesumweltminister sich auf einen Gesetzentwurf verständigt haben. Es geht darum, neue Technologien nicht nur zu verhindern, sondern auch zu ermöglichen. Selbstverständlich muss man das Pro und Contra abwägen. Also Fracking in Wasserschutzgebieten kann ich mir auch nicht vorstellen. Es muss sowieso, wie alle Regulierungen im Energiebereich eine Umweltverträglichkeitsprüfung, wie die Gesetzeslage ist in Deutschland, durchgeführt werden.

Lebensmittelskandale: Es ist wirklich erschreckend, dass nach Medienberichten 1.600 Lebensmittelkontrolleure fehlen. Hier haben die Landesbehörden meines Erachtens versagt. Wenn so viele Kontrolleure nicht da sind, das ist eine Länderkompetenz, dann haben sie ihre Aufgabe nicht hinreichend wahrgenommen. Deshalb muss man überlegen, ob man nicht ein engeres Zusammenwirken von Bund und Ländern auf den Weg bringen kann. Bei EHEC haben wir es so gehandhabt. Da hat es funktioniert. Die Verbraucher in Deutschland brauchen die Gewissheit, was sie kaufen und was sie essen. Deshalb müssten hier zusätzliche Möglichkeiten auf den Weg gebracht werden. Schnelle effektive Hilfe ist notwendig und ich erwarte jenseits verfahrensrechtlicher Diskussionen, dass Bund und Länder sich zusammensetzen.

Wir werden in dieser Woche ein Gesetz zur Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen des Hochfrequenzhandels verabschieden. Etwa die Hälfte der Börsentransaktionen ist bereits im Hochfrequenzbereich angesiedelt. Das Gesetz ist auf Initiative der FDP-Fraktion entstanden. Im Februar vergangenen Jahres haben wir einen Drei-Stufen-Plan vorgelegt. Es wird jetzt eine vernünftige ordnungspolitische Regelung auf den Weg gebracht, die mehr Transparenz schafft und die die Aufsichtsbehörden stärkt. Ähnlich wie beim Verbot der Leerverkäufe setzt Deutschland hier für Europa Maßstäbe.

Wir werden uns weiter mit Mali beschäftigen. Hier ist die Grundstruktur klar. Es werden zwei Mandate angestrebt. Einmal das Ausbildungsmandat und einmal die Unterstützung der Luftstreitkräfte der Franzosen im Transport und bei der Betankung. Wir als FDP-Bundestagsfraktion werden mit großer Geschlossenheit dafür stimmen.

Frage: Herr Brüderle, Zypern fordert Finanzhilfen der Eurostaaten. Finanzminister Schäuble hat bisher Hilfen für Zypern in Frage gestellt. Gestern Abend hat er gesagt, wir müssen jetzt schnell zu einer Einigung kommen. Wie schnell kann es eine Einigung geben, wie kann sie aussehen und wie ist die Stimmung in der Fraktion?

BRÜDERLE: Zunächst einmal muss die neue Regierung in Zypern gebildet werden. Am Sonntag waren die Präsidentschaftswahlen. Wir müssen uns entscheiden, dass der überdimensionierte Bankensektor restrukturiert wird und dass das Thema der Geldwäsche überzeugend gelöst wird. Die Troika, dass ist ohnehin zwingend, muss erst ihren Bericht vorlegen. Erst danach kann eine Entscheidung getroffen werden. Also das wird nicht über Nacht gehen. Meine Einschätzung ist, dass Ende März Entscheidungen anstehen können.

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2013