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INNEN/4612: Beer-Rede - Wir glauben an die Menschen


FDP-Pressemitteilung vom 29. April 2017

BEER-Rede: Wir glauben an die Menschen


Mitschrift der Rede der FDP-Generalsekretärin Nicola Beer beim 68. Ord. Bundesparteitag der Freien Demokratischen Partei am 29. April 2017:


Liebe Parteifreundinnen, liebe Parteifreunde,

Inhalte, Inhalte, Inhalte. Dieser vorliegende Programmentwurf, er wäre nicht möglich gewesen ohne das schmerzhafte Jahr 2013. Er wäre nicht möglich gewesen ohne 2014. Ich hab es fast als ein noch härteres Jahr empfunden. Insbesondere die Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen, Sachsen, liebe Freunde, das hat wehgetan, für eine Idee einzustehen und so wenig Widerhall zu finden. Aber 2014 das war auch das Jahr des Aufbruchs, quer durch die Freien Demokraten, quer durch das Land haben wir diskutiert, wir haben uns ganz intensiv die Frage gestellt, was ist das, was uns umtreibt? Was lässt uns nicht los an der liberalen Idee? Was ist heute noch aktuell an der Botschaft von Freiheit und Verantwortung? Was treibt uns an als Freie Demokraten, in einer Welt, die immer schneller, immer kurzatmiger, immer oberflächlicher wird? In einer Welt, wo das Laute, das Schrille, der Tabubruch Schlagzeilen macht und nicht die tragfähige Lösung. In einer Welt, die Sicherheit in großen Kollektiven vorgaukelt. Ob das der Staat ist, die Gewerkschaft, der Verband, die uns das Denken und Entscheiden abnehmen sollen. Und gleichzeitig stets und immer eine Lösung für alle produzieren will, aber kleinteiligst geregelt reguliert, für jedes Detail noch eine Vorschrift, nichts, was nicht vorgeschrieben wäre, nichts, wo es nicht eine Zuständigkeit, eine Behörde, ein Gesetz gebe, nichts, wo für eine Lösung nicht sofort ein neues Problem gesucht wird.

Was ist es, was uns antreibt, was wir in dieser Gesellschaft stark machen wollen? Liebe Freunde, wir waren uns sicher am Ende dieses Jahres 2014, das, was uns gemeinsam antreibt, das ist der Mensch. Das ist seine Kraft, sein Potenzial, sein Ideenreichtum, sein Mut, auch abseits der üblichen Trampelpfade zu gehen, neue Wege zu suchen. Diese Kraft der Menschen, diese Kraft, die haben wir in uns selbst gefunden und genutzt für diese Neuaufstellung.

Wir haben diese Kraft genutzt, eine Welt von morgen und übermorgen neu zu denken. Nicht die vielen Puzzelteile der Tagespolitik neu zu verschieben, hin und her zu sortieren, sondern das große Bild, die Vision einer Gesellschaft zu entwerfen, wie wollen wir morgen, wie wollen wir übermorgen zusammen leben in diesem Land. Was wollen wir unseren Kindern und Enkelkindern weitergeben? Und vor allem, wie muss der Weg dorthin aussehen in diese Zukunft 2030? Und genau daraus, aus diesem sehr intensiven Prozess, aus diesem Antrieb, aus diesem Glauben an die Menschen in diesem Land, ist ein Programm entstanden, das die üblichen Schubladen der Tagespolitik beiseite legt und ganz klar eine Vision für die Gesellschaft der Zukunft aufzeigt, liebe Freunde.

Eine Welt, die über die weltbeste Bildung für jeden die Grundlagen legen will für ein Vorankommen aus eigener Leistung, für die Selbstbestimmung des Menschen und zwar in jeder Lebenslage. Und die dafür einen Rahmen bauen will, durch einen unkomplizierten Staat mit einer Politik, die auch rechnen kann und gleichzeitig damit dafür sorgt, dass unser Rechtsstaat wieder stark wird, dass er durchsetzungsfähig ist und zwar sowohl in Deutschland als auch für Bürger- und Menschenrechte weltweit.

Und das verbindende Element ist für uns der Mensch. Und genauso deswegen wollen wir ihn stark machen, wollen wir ihm Mut machen. Denn es zu viele in diesem Land, die haben den Glauben an sich selbst schon verloren. Die trauen sich nicht mehr zu, es aus eigener Kraft zu können. Aber wir als Freie Demokraten, wir glauben an die Menschen, an jeden einzelnen in diesem Land. Wir wissen, dass jeder von ihnen große Potenziale hat, Ideen, vielleicht auch Träume, wie er sich seine Zukunft vorstellt. Wir wissen, dass jeder Mensch mündig und frei sein kann, für uns ist der Mensch kein zu schützendes kleines Kind, der Begriff von Herrn Justizminister Maas, des verletzlichen Verbrauchers, der eingehegt werden muss vor der bösen Welt durch die gute Politik, das ist nicht unser Bild vom freien und mündigen Menschen.

Wir wissen, dass jeder Macher in diesem Land sein kann. Dass jeder seines Glückes Schmied sein kann. Und dass er dabei nicht nur egoistisch an sich, sondern, dass er auch an die anderen denkt, weil wir auf seine Vernunft und seine Verantwortungsbereitschaft setzen. Und genau deswegen ist es Aufgabe des Staates, alles, aber auch alles dafür zu tun, damit jeder Mensch diese in ihm ruhenden Potenziale auch nutzen kann, Chancen ergreifen kann und aus diesen Chancen persönliche Erfolge machen kann. Und genau deswegen geht es darum, langfristig tragfähige Lösungen und Konzepte zu schaffen, denn, liebe Freunde, das ist Nachhaltigkeit in der Politik. Das ist Generationengerechtigkeit und genau deswegen muss man Kurs halten mit einem Ziel, aber dafür muss man ein Ziel haben, das nicht nur im Heute liegt.

Und deswegen ist Mut machen, ist stark machen genau das, was unser Programm prägt. Und genau deswegen steht völlig zu Recht am Anfang stark machen durch Bildung. Bildung, Bildung, Bildung. Genau das ist die Schlüsselposition, um Menschen stark zu machen. Bildung ist der Schlüssel zum persönlichen Glück. Aber genauso zu einer aufgeklärten Gesellschaft in einem innovativen Land hier in Deutschland.

Was ich weiß, was ich kann, das kann mir keiner mehr nehmen. Damit kann ich jeden Tag neu anfangen. Aber wir müssen eine Gesellschaft bauen, die auch zulässt, dass nachdem Scheitern ein Neuanfang steht, und die den Menschen sagt, nimm deinen Mut in die Hand, krempele die Ärmel auf und wir helfen dir, dass der Weg breit genug ist, dass du beim nächsten Mal erfolgreich sein wirst.

Denn, liebe Freunde, echte soziale Gerechtigkeit, das ist befähigen und nicht bevormunden. Und genau deswegen gehen wir auch dorthin, wo Bildung schwierig ist, wo Bildung tagtäglich eine Herausforderung ist. Genau deswegen fällt unser Blick nicht nur auf Schulen, Bildungseinrichtungen, Kindergärten, Hochschulen, wo alles glatt läuft, wo ein Preis nach dem anderen eingeheimst wird, sondern genau deswegen gilt unser Herzblut, unsere Leidenschaft den Grundschulen, den Hauptschulen. Gerade Schulen in Brennpunkten, die unglaublich viele Herausforderungen jeden Tag zu gegenwärtigen haben. Genau deswegen gilt unsere Leidenschaft der beruflichen Bildung. Denn es ist die berufliche Bildung, die die Durchlässigkeit in unserem Bildungssystem sicherstellt, die nach jedem Abschluss einen neuen Anschluss ermöglicht.

Und ja, die Freien Demokraten haben kein Problem, das Wort Exzellenz in den Mund zu nehmen. Wir haben keine Probleme damit, auch für Eliten zu kämpfen, für Leistungseliten, liebe Freunde. Wir bekennen uns klar dazu, dass es Exzellenz und Leistungseliten in unserem Land braucht. Immer wieder, denn das macht unser Land innovativer. Innovativer als andere, mit denen wir im Wettbewerb stehen. Und genau diese Innovationskraft, der daraus entstehende Wohlstand, den brauchen wir, um eine Zukunft für alle in diesem Land zu bauen. Doch wir gehen genau dorthin, wo die Herausforderung am größten ist, wo in Kindergärten und Schulen in unermüdlicher Art und Weise Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte täglich unermüdlich und teilweise den verzweifelten Kampf darum führen, jedem Kind in diesem Land eine Zukunft zu gewähren, damit jedes Kind in diesem Land Chancen hat und jedes Kind in diesem Land nach seinen Möglichkeiten erfolgreich werden kann.

Leistungseliten entstehen nicht mit einem goldenen Löffel im Mund. Leistungselite, das ist eine Kombination aus dem Willen zum Erfolg und dem Mut zum Scheitern. Eine Kombination aus Kompetenz und Kreativität, Verantwortungsbewusstsein und Leistungswillen. Ich kann Ihnen sagen, ich weiß, wie Hochhaus riecht, denn ich bin dort aufgewachsen. Meine Eltern leben immer noch in der zehnten Etage dieses Hochhauses. Aber meine Eltern haben mir alles mitgegeben, was mir ermöglicht hat, meinen Lebensweg so zu gehen, wie ich es mir vorstelle und genau das wünsche ich mir für jeden Menschen in diesem Land, egal, welches Alters.

Und deshalb wird es darauf ankommen, liebe Freunde, in der Bildungspolitik endlich darüber zu diskutieren, wo Qualität unseres Bildungssystems entsteht. Wo wir investieren müssen in die Ausstattung und in die Aus- und Fortbildung unserer Erzieherinnen und Erzieher und Lehrkräfte. Die Qualität unseres Unterrichts, die Qualität unserer Bildung, sie wird davon abhängen, dass wir die Besten der Besten in unsere Bildungseinrichtungen bekommen, und wir haben auch ein Problem damit, die Besten der Besten dann besser zu bezahlen, damit unser Bildungssystem auch wettbewerbsfähig ist mit anderen Wirtschaftsbranchen.

Und genau deswegen müssen wir Schluss machen mit dem Schwarzen-Peter-Spiel zwischen Kommune, Land und Bund. Wir müssen auf Qualität abstellen, wir dürfen uns nicht verfangen in Strukturreformdebatten. Qualität entsteht nicht in einer Schulform, Qualität entsteht durch herausragende Lehrkräfte. Und von diesen Helden des Alltags haben wir ganz viele, aber wir schätzen sie nicht ausreichend wert.

Und deswegen müssen wir Schluss machen mit der Mangelbewirtschaftung in unserem Bildungssystem. Wir müssen Schluss machen mit der Gängelung derer, die vor Ort für gute Bildung sorgen. Und das bedeutet, dass wir uns einsetzen als Freie Demokraten für die Selbstständigkeit und das gilt für Einrichtungen, das gilt dafür zum Beispiel unsere Hochschulen genauso autonom und selbstständig zu machen wie unsere Schulen in Personal, in Budget und in der Organisationshoheit. Das gilt dafür, direkt vor Ort zu investieren, dort, wo die Menschen, die zusammenarbeiten, damit unsere Kinder Chancen haben. Die Entscheidungen treffen, die sie individuell fördern und fordern. Und eben nicht über verschiedene Ebenen, den Schwarzen Peter hin und her zu schieben. Das gilt dort, wo wir Menschen dadurch stark machen wollen, dass wir sie selbstständig machen. Genau deswegen setzen wir uns ein für die Wahlfreiheit über Bildungsgutscheine, für ein elterunabhängiges BAföG für alle, weil dann nämlich der Einzelne die Entscheidung über seinen Lebensweg trifft und nicht der Staat, liebe Freunde.

Aber ich glaube, das Wichtigste ist im Grunde genommen, Mut zu machen. Mut zu machen, eine Vielfalt zuzulassen in unserem Bildungssystem. Es ist der größte Irrglaube, anzunehmen, dass das, was nicht alle lernen können, keiner lernen darf, liebe Freunde.

Wir müssen die Standards setzen. Wir müssen vor Ort den Freiraum geben, den Weg dahin, individuell zu gestalten. Aber wir müssen kontrollieren, dass am Ende des Weges auch am Ziel angekommen wird und genau dafür müssen wir Menschen und Einrichtungen in unserem Bildungssystem stark machen.

Und deswegen auch der Wunsch, zu den Top Fünf Nationen bei den Investitionen im Bereich Bildung in der OECD zu gehören. Deswegen auch dieser Anspruch, weltbeste Bildung zu sein. Deutschland kann es sich nicht leisten, 7,5 Millionen Analphabeten zu haben. Es ist eine Schande, dass noch jeder 20. Schüler, jede 20. Schülerin ohne Schulabschluss unsere Bildungseinrichtungen verlässt. Aber dafür ist es wichtig, eine Leidenschaft zu entfachen in diesem Land, in seiner Gesellschaft für eine Bildungsoffensive, für Investitionen in Bildungsqualität, liebe Freunde. Wir sind es, die es als Bürgerinnen und Bürger dieses Landes in der Hand haben, Prioritäten dafür zu setzen, dass diese Gesellschaft sich um die Bildung, dass diese Gesellschaft sich damit um die Zukunft kümmert, und da dürfen wir uns nicht ausspielen lassen gegen andere Politikbereiche, in der Bildung wird die Grundlage gelegt dafür, dass Menschen stark und mündig sind.

Und wir wollen Menschen auch stark machen dadurch, dass wir zukunftsfähige Arbeit schaffen. Dass wir Arbeitsplätze von morgen und übermorgen ermöglichen. Denn wir wissen, dass wir etwas erwirtschaften müssen in diesem Land. Wir als Freie Demokraten, wir betreiben Wirtschaftspolitik nicht deswegen, weil wir uns im Licht der Bosse der großen Unternehmen sonnen wollen. Wir als Freie Demokraten, wir betrachten Wirtschaftspolitik als ein Instrument, um das erst zu erwirtschaften, was anschließend verteilt werden soll, liebe Freunde.

Nicht in der Sozialbürokratie entstehen die Arbeitsplätze der Zukunft, sondern Zukunft ist dort, wo wir über Bildung und moderne Arbeit Arbeitsplätze und damit eigenständige Teilhabe schaffen. In der Wirtschaft wird Innovation zusammen mit unseren Forscherinnen und Forschern geboren. Und es ist diese Innovation, die zu Wachstum, die zu Wohlstand in unserem Land führt. Und das ist die Basis auch für gesellschaftliche Solidarität, liebe Freunde. Gesellschaftliche Solidarität, das ist für die Freien Demokraten untrennbar verbunden mit einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung. Es heißt soziale Marktwirtschaft. Verantwortung und Freiheit. Und die Freien Demokraten betrachten das als die zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Es mag sein, dass sich die Sozialdemokratie auch um das Soziale kümmert. Es mag sein, dass sich die Christdemokratie auch um die Wirtschaft kümmert. Ist in Ordnung. Also ein Teil der Christdemokratie sich um auch um die Wirtschaft kümmert. Aber, liebe Freunde, es gibt nur eine Partei, es sind nur die Freien Demokraten, die die Bereiche soziale Verantwortung und freiheitliches Wirtschaftssystem in der sozialen Marktwirtschaft zusammenführen.

Und da entsteht der gesellschaftliche Vorteil für die gesamte Gesellschaft. Und wir haben als Freie Demokraten auch einen ethischen Ansatz, wie wir Marktwirtschaft, wie wir soziale Marktwirtschaft betreiben wollen. Das ist der Grund, warum wir so eine hohe Sympathie für die Familienunternehmer, für die Handwerker, für die kleinen Gewerbetreibenden haben. Denn da wird das tagtäglich noch gelebt, das Leitprinzip des ehrbaren Kaufmanns, liebe Freunde. Derjenige, der die Verantwortung für seien Mitarbeiter schafft und das Ziel der tragfähigen Strukturen für die Gewinne, die er wieder investieren kann in neue Produkte, in neue Maschinen, das ist derjenige als ehrbarer Kaufmann, der mit seinem guten Wort, mit seinem guten Namen dafür steht, die Prinzipien zusammenzuführen. Das ist derjenige, der unterscheiden kann, dass nicht alles, was legal ist, in unserer Gesellschaft auch legitim ist. Und ich sage euch, liebe Freunde, wenn Herr Schulz permanent auf die Wirtschaft einprügelt, dann finde ich, sollte er erst mal selber den Unterschied zwischen legal und legitim lernen.

Denn es mag sein, dass es legal war, einen Mitarbeiter in Brüssel anzustellen, aber meines Erachtens ist es definitiv nicht legitim, Steuergelder dafür auszugeben, wenn man weiß, dass der Herr mit hohem Spesenkonten nur in Berlin eingesetzt wird.

Und es geht uns darum als Freie Demokraten Menschen dadurch stark zu machen, dass wir den Weg breit machen, auf dem sie in die Zukunft gehen wollen. Genau deswegen sind für uns Begriffe wie Bürokratieabbau, Innovationsprinzip oder auch das Soliditätsprinzip eben keine Schlagworte, sondern wir haben konkrete Vorstellungen, die wir damit verbinden. Es geht darum, zum Beispiel lieber das Venture-Capital-Kapital in unserem Land zu verdoppeln und die Bürokratie zu halbieren. In dem wir das One-in-Two-out-Prinzip einführen. Es geht darum, eine Gründeroffensive in diesem Land zu starten, damit Menschen es sich zutrauen, auch neue Unternehmen zu gründen. Grade in einer Arbeitswelt, die solche Umwälzungen haben wird, dass wir wissen, dass Arbeitsplätze wegfallen. Aber es ist politisch verantwortungsvoll, dafür zu sorgen, dass mindestens genauso viel, besser noch mehr, neue Arbeitsplätze in diesem Land entstehen, liebe Freunde.

Und genau deswegen setzen wir uns dafür ein, alles wegzuschaffen, was behindert. Alles aus dem Weg zu räumen, was die Menschen daran hindert, eigenständig aufzubauen, Bürokratismus, Bevormundung und Besserwisserei, das sind die größten Feinde von ausreichend Arbeit und Selbstbestimmung in diesem Land, liebe Freunde.

Und dafür muss der Staat den Rahmen setzen. Er muss nicht mitspielen auf dem Marktwirtschaftsplatz, er muss die Spielregeln setzen, und er muss einen Rahmen dafür setzen, dass andere in diesem Land erfolgreich wirtschaften können. Und das ist der Grund, warum wir uns einsetzen für E-Government, für E-Health, für ein neues Datenrecht, dass die neuen Entwicklungen der Digitalisierung auch im Bereich der Datenhoheit endlich aufnimmt in diesem Land, dass Selbstbestimmung, dass mehr Schutz durch ein neues Datenrecht durchsetzt. Nicht, liebe Freunde, weil Digitalisierung hip ist, nicht, weil all die anderen Parteien offensichtlich noch gar keine Ahnung haben, was sich hinter dem Begriff Digitalisierung versteckt, haben wir das im Wahlprogramm, sondern weil die Digitalisierung nur dann unser Leben zukunftsfähig gestalten kann, wenn wir sie gestalten, statt wie eine Welle von ihr überrollt zu werden.

Und genau deswegen wollen wir uns auch für solides Wirtschaften in diesem Land einsetzen. Nicht nur in dem Bereich, wo Unternehmen verantwortlich sind, sondern wir wollen auch dafür sorgen, dass dieser Staat endlich wieder solide mit seinen Ressourcen umgeht. Generationengerechtigkeit von Haushalt bis enkelfitte Rente, das ist nachhaltige Politik, die bezieht sich nicht nämlich nicht nur auf Wörter, die "Bio" kombinierbar sind.

Und, liebe Freunde, dazu gehört eben auch, Menschen stark zu machen, in dem man eine faire Balance zwischen privat und Staat schafft. Kalte Progression, Soli weg, Grunderwerbssteuer mit einem Freibetrag versehen, die Gesamtbelastungsgrenze unserer Bevölkerung im Blick zu haben, und zwar sowohl, was die Steuern, als auch die permanent steigenden Sozialabgaben betrifft. Rente wieder enkelfit zu machen, Kindergeld 2.0. Eins meiner Lieblingsmodule, liebe Mieke, Kindergeld 2.0, endlich weg von der ganzen Bürokratie. Am Kind orientierte Leistung zusammenfassen und damit das liberale Bürgergeld auch im Bereich der Familienleistungen erweitern. Das sind neue Ansätze, um sozialen Aufstieg in unserer Gesellschaft möglich zu machen.

Und lassen wir uns nichts einreden, wir hätten keine Ahnung davon, wie man soziale Gerechtigkeit definiert. Das Problem unserer Gesellschaft ist nicht, dass es einen Unterschied gibt zwischen arm und reich, dass nicht alle dasselbe Geld in der Tasche haben. Der Skandal unserer Gesellschaft ist, dass der soziale Aufstieg aus eigener Kraft in diesem Land so schwer geworden ist. Und genau deswegen engagieren wir uns als Freie Demokraten.

Und dazu gehört für uns auch einen durchsetzungsfähigen Rechtsstaat stark zu machen, damit die Bürger, die freien, die mündigen Bürger in diesem Land, stark sein können. Denn uns als Freien Demokraten braucht keiner zu erklären, dass Freiheit auch Sicherheit braucht, damit ich diese Freiheit eigenständig leben kann. Aber liebe Freunde, wir als Freie Demokraten, wir weisen darauf hin, dass Freiheit dort verloren geht, wo ich glaube, durch einen totalen Überwachungsstaat genau diese Freiheit abzusichern. Die 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht. Aber es ist 100 Prozent sicher, dass dann die Freiheit verloren geht.

Und deswegen steht in diesem Programmentwurf drin, dass wir die Vorratsdatenspeicherung, so wie sie jetzt beschlossen worden ist, von Sozialdemokratie und der Christdemokratie gemeinsam, die Sozialdemokratie, liebe Freunde, die ist gelandet wie ein Bettvorleger in diesem Fall. Schneller konnte man sich nicht drehen, um Macht zu erhalten. Dass wir diese Vorratsdatenspeicherung ablehnen, aber dass wir wissen, dass entsprechende Sicherheit auch durchgesetzt werden muss, dass wir dementsprechend unsere Polizei, unsere Staatsanwaltschaften, unsere Justiz ausreichend ausstatten müssen, dass wir sie modern ausstatten, aber auch modern ausbilden müssen in diesem Land, damit Verbrechen keine Chance hat, damit der Bürger sich in Deutschland auch wieder sicherer fühlen kann.

Und wenn die Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestages schon Gesetze machen wollen, dann sollen sie doch endlich mal eine konsistente Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik in ein Gesetz fassen.

Und dann brauchen wir auch endlich eine Behördenstruktur, die funktioniert. Die sich austauscht. Und die diese Gesetzeslage auch durchsetzt. Denn mal ganz ehrlich, krasser als jetzt mit dem Fall, den wir gestern zur Kenntnis nehmen mussten, dass es einem Bundeswehrsoldaten möglich ist, sich als syrischer Flüchtling in unseren Behörden anerkennen zu lassen, kann man nicht demonstrieren, dass diese Große Koalition das reine Chaos in der Einwanderungspolitik hat.

Und genauso engagiert gehen wir als Freie Demokraten einen Neustart in der Europäischen Union ein. Wir verstecken nicht verhämt, dass wir eigentlich für Europa sind, so wie die beiden großen Parteien das tun, um noch ein bisschen Wutbürger einzusammeln. Wir grenzen uns klar ab von denen, die auf Abschottung, die auf völkische Konzepte, die gegen Europa Stellung beziehen. Wir als Freie Demokraten, wir sind klar proeuropäisch. Aber wir wollen eine bessere Union und nicht eine immer engere Union, liebe Freunde. Unser Problem ist nicht, dass wir keine gemeinsame europäische Sozialpolitik haben, unser Problem ist, dass wir Europa nicht wettbewerbsfähig genug machen, damit die Menschen Arbeit und Auskommen auf diesem Kontinent haben.

Wir brauchen einen soliden Euro. Und dazu muss endlich das System auch der Staateinsolvenz in den europäischen Regelwerken durchgesetzt werden. Wir brauchen engagierten Einsatz für Freihandel. Und ich bin mittlerweile froh, dass CETA vor der Bundestagswahl nicht mehr im Deutschen Bundestag abgestimmt wird, weil es würde scheitern im Deutschen Bundestag und noch viel schneller im Deutschen Bundesrat, liebe Freunde. Wir brauchen neue Mehrheiten, damit Freihandel endlich wieder als das angesehen wird, was es wirklich ist: Unsere Standards international zu setzen, und mehr Wachstum und Wohlstand für alle Menschen auf diesem Erdball zu organisieren.

Und wir brauchen einen Neustart auch dieser Europäischen Union auch im Hinblick auf die Erweiterungsbemühungen. Ich halte es für einen großen Fehler, dass Außenminister Gabriel sich gestern auf der Außenministerkonferenz der Europäischen Union dafür ausgesprochen hat, die Gespräche mit der Türkei im Rahmen der Beitrittsbemühungen fortzusetzen.

In welcher Welt lebt Herr Gabriel eigentlich? Welchen EU-Beitrittswillen sieht er denn noch an dieser Stelle? Die Gespräche über den EU-Beitritt nicht zu beenden, liebe Freunde, das stärkt nicht den Dialog mit der Türkei, das schwächt die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union und sie verhöhnt den Eintritt für Bürger- und Freiheitsrechte rund um den Erdball.

Denn ebenso wenig wie die OSZE bestätigen konnte, dass bei dem Referendum in der Türkei alles mit rechten Dingen zugegangen ist, ebenso wenig kann irgendjemand in der Europäischen Union dafür garantieren, dass die Milliarden von Heranführungshilfen, die wir weiterhin auszahlen, wenn diese Beitrittsverhandlungen nicht beendet werden, dass die von Erdogan und seinem Regime nicht in das genaue Gegenteil investiert werden, liebe Freunde.

Und genau das ist unsere Vision für dieses Deutschland 2030. Das ist unsere Agenda für die Zukunft. Und ich bin grade als Generalsekretärin sehr stolz darauf, dass dieses Programm in einem breiten Beteiligungsprozess über ein Jahr lang entstanden ist. Jedes Mitglied hatte die Möglichkeit, mit zu diskutieren. Wir haben fünf Beteiligungsrunden gemacht und wir haben auch jede Menge externen Sachverstand eingeholt. Wir haben uns rückgekoppelt mit den unterschiedlichsten Organisationen, zivilgesellschaftlichen Vertretern in unserem Land. Und liebe Freunde, ich finde ehrlich gesagt, das ist das beste Beispiel, um der versammelten Öffentlichkeit zu beweisen, dass die Freien Demokraten alles andere sind als eine One-Man-Show.

Denn das, was hier auf dem Tisch liegt, das, was wir bis Sonntag hier verabschieden werden, dieses Programm, es zeigt eindrücklich auf, dass das, was die Freien Demokraten machen, kein Show Act ist, das sind Inhalte für die Zukunft, die unser Land gestalten werden.

Und liebe Freunde, es mag sein, dass die anderen einen Heilsbringer an der Spitze ihrer Parteien brauchen. Frau Merkel, Herr Schulz, Herr Kretschmann, ist mir völlig egal. Wir sind stolz darauf, dass wir einen genialen Bundesvorsitzenden haben. Aber wir haben 56.000 Mitglieder in dieser Partei. Und wir haben als Freie Demokraten vor allem die Kraft der vielen. Da sind viele Frauen und Männer, die sich leidenschaftlich und engagiert für die freidemokratische Sache einsetzen. Ich habe gerade gestern da drüben am Ausgang eine Frau kennengelernt, die vor einem halben Jahr in München den Freien Demokraten beigetreten ist. Stefanie Wagner-Schröpf. Sofort engagiert dabei. Wirbt bei jedem Spaziergang mit ihrem Hund für die Freien Demokraten, wenn sie andere Hundebesitzer bei dieser Gelegenheit trifft. Leute, das ist die Kraft der vielen und deswegen setzen wir der One-Man-Show der anderen Parteien unsere Inhalte und die Kraft der vielen entgegen in diesem Wahlkampf.

Wir haben unserem Programm eine neue Form gegeben. Die Digitalisierung hat auch unser Programm erreicht, nicht nur in den Inhalten, auch im Aufbau. Unser Programm ist komplett individualisierbar. Sie haben über die Schlagwortsuche die Möglichkeit, sich genau die Module passgerecht herausgeben zu lassen, die Sie als Bürgerin oder Bürger interessieren. Alle 88 Seiten, so wie sie hier sind, liebe Freunde, ich weiß, das waren nur 50 Prozent dessen, was wir inhaltlich im letzten Jahr erarbeitet haben. Aber nichts, und ich betone das auch noch mal vor Beginn jetzt der Änderungsanträge, nichts von dem, was wir erarbeitet haben, ist verloren. Wir haben ergänzende Beschlusslage, und der Bundesvorstand wird weiter arbeiten bis zum Wahlabend, um diese ergänzende Beschlusslage, um weitere aktuelle Ideen noch zu erweitern. All das wird vernetzt werden mit den Modulen, die wir heute hier beraten und verabschieden. Wir können als Freie Demokraten sicherstellen, dass jede Bürgerin, dass jeder Bürger, der sich für unsere Inhalte, Vorschläge und Lösungen interessiert, die M öglichkeit hat, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche sich über unsere Inhalte zu informieren, liebe Freunde.

Und deswegen an dieser Stelle auch mein ganz, ganz herzlicher Dank. Dank an alle, die Ideen, Konzepte, Vorschläge eingebracht haben. Ich darf stellvertretend denen danken, die mit mir zusammen im letzten Jahr in der Programmkommission gearbeitet haben. Unsere sogenannten Rudelführer für die sechs Leitbilder, Leitfeldthemen, die wir in diesem Programm verankert haben: Björn Försterling, Johannes Vogel, Heiner Garg, Michael Link, Uli Rülke und Manuel Höferling und natürlich nicht zu vergessen der Stellvertreter in dieser Programmkommission, mein Stellvertreter: Konstantin Kuhle von den Jungen Liberalen.

Ich darf mich bedanken beim Hans-Dietrich-Genscher-Haus. Denn, liebe Freunde, ich glaube, wir dürfen nicht vergessen, wir organisieren ja insbesondere ehrenamtliche Schwarmintelligenz und das wäre nicht möglich, ohne die sehr engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hans-Dietrich-Genscher-Haus im Hinblick aufs Programm.

Im Hinblick aufs Programm wirklich drei Schaffer im Weinberg des Herrn: Herr Scholl, Frau Meier, Frau Assmann und meine Büroleiterin Angelika Sick als Organisatorin da nicht zu vergessen. Herzlichen Dank an euch, dass ihr uns so wunderbar unterstützt habt.

Und sie waren es auch, die diese vielen Ideen entgegengenommen haben. Alle Bundesfachausschüsse, jedes einzelne Mitglied, die vielen externen Experten, die wir eingebunden haben, all das ist eingeflossen, gewogen, bewertet und entsprechend formuliert worden. Und ich bin sicher, dass wir nach dem Beratungsprozess heute und morgen ein noch besseres Programm gemeinsam verabschieden werden. Aber liebe Freunde, ich glaube auch, dass wir damit ganz deutlich darauf hinweisen können und auch darauf hinweisen müssen, dass es genau um solche Inhalte, dass es um den Wettbewerb der besten Ideen, der tragfähigsten Konzepte für die Zukunft geht. Denn wenn Sie sich anschauen, dann passiert in der aktuellen Politik etwas ganz anderes. Eine Umfrage nach der anderen jagt sich ab, ob Herr Schulz oder Frau Merkel vorne liegen in der Beliebtheit der Bundesbevölkerung. Ich sage euch, es ist völlig unerheblich, ob an dem einen Tag Frau Merkel oder Herr Schulz, Herr Schulz oder Frau Merkel die Nase in den Umfragen knapp vorne haben, darauf kommt es überhaupt nicht an. Es kommt darauf an, dass wir in diesem Land endlich einen Mentalitätswechsel entfachen. Und zwar sowohl in der Gesellschaft, aber noch viel dringlicher bei seinem politischen Führungspersonal, so wie es momentan im Parlament und auch in den Bundesministerien sitzt, liebe Freunde.

Und deshalb kann ich euch garantieren, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich da für alle Kandidatinnen und Kandidaten der Freien Demokraten quer durch alle Bundesländer spreche, so wie Sie jetzt in den nächsten Monaten Wahlkampf machen werden für die FDP, für einen starken Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag, die FDP wird nur, und ich betone, nur für eine Kanzlerin oder einen Kanzler im Deutschen Bundestag stimmen, der eine Vorstellung, eine Vision für die Zukunft von Deutschland hat und nicht nur eine Vorstellung über die Zusammensetzung seines Kabinetts.

Und genau deshalb gilt: Schauen wir nicht länger zu, die Zukunft für Deutschland, sie beginnt genau heute, jetzt und hier.

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Quelle:
Presseservice der Liberalen
FDP-Bundesgeschäftsstelle
Reinhardtstraße 14, 10117 Berlin
Telefon: 030 - 28 49 58 41, Fax: 030 - 28 49 58 42
E-Mail: presse@fdp.de
Internet: www.fdp.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2017

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