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NORDRHEIN-WESTFALEN/1889: GEZ für alle (Li)


Landtag intern 13/2011
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

GEZ für alle
SPD, Grüne und CDU stimmen neuer Rundfunkbeitragsordnung zu

Von Daniela Braun


8. Dezember 2011 - Ob Radio, Fernsehen oder Web-TV: Ab dem Jahr 2013 gibt es für jegliche Rundfunknutzung einen pauschalen Monatsbeitrag von 17,98 Euro - und zwar pro Haushalt oder Betriebsstätte. Bislang zahlt jeder nur für die von ihm angemeldeten Geräte, was teils mit erheblichem Prüfaufwand seitens der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) verbunden ist. Der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde bereits Ende 2010 von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen. Nun mussten noch die einzelnen Länderparlamente zustimmen.


Die Diskussion um die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei mit dem neuen Vertrag nicht beendet, sagte Andrea Verpoorten (CDU). Doch trotz mancher Kritik sei der Systemwechsel wichtig, um eine Gebührenerhöhung zu verhindern, die wegen der vielen "Schwarzseher" drohe. Zudem rechtfertige das moderne Nutzungsverhalten nicht länger einen an bestimmten Geräten orientierten Beitrag. Grundsätzlich erteilte Verpoorten weiterem Finanzbedarf eine Absage: "Ein fokussierter Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln muss reichen, um den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen." Daneben forderte sie, die Parlamente bei Staatsverträgen stärker zu beteiligen.

"Das bisherige System benachteiligt die ehrlichen Gebührenzahler", befand Alexander Vogt (SPD). Die Vorteile des neuen Systems lägen auf der Hand: gerechter, weniger Kontrollen an der Haustür und stabile Beiträge. Auch schränke der Vertrag das Programm-Sponsoring ein - ein Schritt in die richtige Richtung: "Langfristig ist aus Sicht der SPD-Fraktion eine Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anzustreben", erklärte Vogt. Zudem forderte er ein einfacheres GEZ-Befreiungsverfahren, lobte aber die verbesserte Beitragsstaffelung zugunsten kleiner und mittelständischer Unternehmen. Ein Schwerpunkt bei einer kommenden Auswertung des neuen Systems müsse beim Datenschutz liegen.

"Ich bin der Meinung, dass wir uns eine Debatte überhaupt nicht leisten können, nämlich die Infragestellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks", sagte Oliver Keymis (Grüne). Entgegen anderslautender Stimmen liege dort der Informations- deutlich über dem Unterhaltungsanteil. 60 Cent pro Tag koste dieses Angebot die Menschen in Deutschland: "Das ist weiß Gott ein Betrag, der von fast jedem in diesem Land zu leisten ist", meinte der Grünen-Politiker. Und wer sozial schwach oder behindert sei, könne sich von den Beiträgen befreien lassen. Zudem lobte Keymis, dass der Vertrag auf Initiative von Rot-Grün hinsichtlich des Datenschutzes noch einmal nachgebessert wurde.

Das reiche nicht aus, betonte Ralf Witzel (FDP). Auch der Landesdatenschutzbeauftragte warne davor, den Vertrag so umzusetzen. "Die GEZ bekommt die Befugnis, Daten aus privaten Quellen zu erheben", argumentierte Witzel. Zwar solle diese Regelung zunächst zwei Jahre aussetzen, doch stelle sich die Frage, warum sie überhaupt im Vertrag stehe. Weg vom Endgerätebezug, sei der richtige Weg. Jedoch plädierte der FDP-Politiker für eine personenbezogene Medienabgabe in Form einer Flatrate. Ein Betrag von 9 Euro pro Person sei realistisch, wenn der Rundfunk etwas sparsamer arbeite. So gehöre zur gebotenen Grundversorgung nicht unbedingt eine Palette von 100 einzelnen Angeboten.

Ralf Michalowsky (Linke) forderte, den Vertrag neu zu verhandeln. Neben Datenschutzdefiziten belaste er kleine und mittlere Betriebe überproportional, bitte Nicht-Rundfunknutzer zur Kasse und schaffe den Nachteilsausgleich für Behinderte ab. Hinzu komme die Doppelbelastung für Menschen mit Zweitwohnungen oder Kleingartenlauben. Letzteres treffe vor allem die neuen Bundesländer: Während Lauben bis 24 Quadratmeter im Westen nicht als Wohnung galten, habe es eine solche Regel in der früheren DDR nicht gegeben. Die Folge: größere Lauben, die zukünftig als Wohnungen beitragspflichtig wären. Hier fehle bisher eine rechtssichere Formulierung.

Der Vertrag sehe bestimmte kleingärtnerische Anlagen nicht als Wohnungen und so auch nicht beitragspflichtig an, stellte Medienministerin Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) klar. Bei Lauben über 24 Quadratmetern sei eine Einzelfallprüfung notwendig: "Ist das Gebäude zum Wohnen geeignet, so fällt ein Rundfunkbeitrag an", erläuterte die Ministerin. Insgesamt betonte sie: "Es ist ein guter Staatsvertrag, der hier vorliegt, weil er viele Verbesserungen gegenüber dem geltenden Recht enthält." Das jetzige System könne die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht mehr sichern. Zudem sei die im neuen Vertrag genannte Datenerhebung durch geltendes Recht gedeckt.


ANGENOMMEN Mit den Stimmen von SPD, Grünen und CDU hat der Landtag den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (Drs. 15/1303) angenommen. FDP und Linke stimmten dagegen. Dasselbe Abstimmungsbild ergab sich für einen Entschließungsantrag von SPD und Grünen (Drs. 15/3490).


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Quelle:
Landtag intern 13 - 42. Jahrgang, 21.12.2011, S. 4
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Januar 2012