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NORDRHEIN-WESTFALEN/1890: Höhe und Bedingungen der Finanzhilfen für die Kommunen umstritten (Li)


Landtag intern 13/2011
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Steiniger Weg
Höhe und Bedingungen der Finanzhilfen für die Kommunen umstritten

Von Anica Bömke


8. Dezember 2011 - Mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP hat der Landtag das "Stärkungspaktgesetz" in 2. Lesung verabschiedet. Dies stellt 34 Kommunen, deren Überschuldung entweder bereits eingetreten oder bis 2013 zu erwarten ist, ab 2011 über 10 Jahre hinweg jährlich insgesamt 350 Millionen Euro zur Verfügung. Im Gegenzug müssen die Kommunen Sparkonzepte erarbeiten und werden bei der Umsetzung überwacht. Ab 2012 können auch die Kommunen freiwillig teilnehmen, deren Überschuldung bis zum Jahr 2016 droht. Spätestens im Jahr 2021 sollen die teilnehmenden Städte und Gemeinden aus eigener Kraft einen Haushaltsausgleich erreichen. Umfang und Vorgehensweise des Gesetzes waren in der Debatte umstritten.


Als "Danaergeschenk", das sich dem Empfänger als "unheilvoll und schadensstiftend" erweise, bezeichnete Bodo Löttgen (CDU) das von der Landesregierung vorgelegte Gesetz. Eine große Schwäche des Programms sei es, dass mit ihm nur 34 extrem klamme Kommunen bedacht würden. Bei einer Gesamtverschuldung aller 396 NRW-Kommunen in Höhe von 57 Milliarden Euro sei die "vorweihnachtlich milde Gabe" schlicht nicht ausreichend. Mit der Verabschiedung des Gesetzes zementiere die Landesregierung den bereits durch die letzten Gemeindefinanzierungsgesetze verabschiedeten Weg einer "kommunalen Zweiklassengesellschaft".

Von einem "historischen Tag", an dem eine Landesregierung erstmals einen massiven Konsolidierungspakt mit den Kommunen schließe, sprach dagegen Michael Hübner (SPD). In einem "Kraftakt" stelle das Land in den nächsten zehn Jahren den 34 am stärksten betroffenen Kommunen 3,5 Milliarden Euro Hilfen zur Verfügung. Ab 2014 werde den Kommunen, die in erster oder zweiter Stufe am Stärkungspakt Stadtfinanzen teilnähmen, insgesamt 610 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Daraus werde erkennbar, dass nicht nur 34 Städte, sondern eine erheblich größere Zahl von Städten an dem Programm teilnehmen könnten.

Mehrdad Mostofizadeh (Grüne) sah in dem Gesetz einen "Meilenstein" auf dem Weg zur Konsolidierung der Kommunalfinanzen. Wichtig sei, dass bei Abweichungen vom Haushaltssanierungskonzept verpflichtend ein Sparkommissar bestellt werden müsse. "Insgesamt werden heute 5,8 Milliarden Euro in ein Paket geschnürt", betonte Mostofizadeh. Die CDU dagegen habe sich zuvor "in einem ungeahnten Raubzug durch die kommunalen Kassen bewegt, der die kommunale Finanzkrise noch verschärft hat". Zur Stärkung der Kommunen werde aber auch die Unterstützung des Bundes durch eine Entlastung bei den Sozialabgaben gebraucht.

"Der Stärkungspakt war nötig. Er war längst überfällig", betonte Horst Engel (FDP). Am Ende der Beratungen sei es gelungen, "ein Änderungspaket zu erarbeiten, das den Gesetzentwurf der Landesregierung substanziell verbessert und umsetzbar macht". Man habe einen "sinnvollen Kompromiss" gefunden, insbesondere auch durch die Streichung der finanziellen Beteiligung wohlhabenderer Kommunen. Das Stärkungspaktgesetz stelle sicher, dass die teilnehmenden Kommunen eine realistische Chance hätten, sich durch Hilfszahlungen und eigene Konsolidierungsmaßnahmen aus ihrer finanziellen Notlage zu befreien.

"Die minimalen Hilfen, die Sie zur Verfügung stellen, werden an so starke Kürzungsauflagen und Bedingungen geknüpft, dass das Selbstverwaltungsrecht der 34 Kommunen erdrosselt wird", kritisierte Özlem Alev Demirel (Linke) den Gesetzesvorschlag. Dieser bedeute für die "zwangsbeglückten Gemeinden" die Schließung vieler freiwilligen Einrichtungen, die Veräußerung von kommunalem Vermögen, eine drastische Erhöhung der Grundsteuern, Kürzungen bei den Personalausgaben, betriebsbedingte Kündigungen und schlechteren Service. Notwendig sei dagegen eine "echte" Entschuldung der Kommunen durch einen Landesfonds.

Von einem "Tag der Entscheidungen", an dem sich zeige, wer wirklich an der Seite der Kommunen stehe, sprach Innenminister Ralf Jäger: "Niemals zuvor hat eine Landesregierung mehr Geld für die Kommunen in NRW bereitgestellt." Mit dem Stärkungspakt Stadtfinanzen gehe es nun darum, gezielt den Kommunen zu helfen, bei denen die Not am größten sei, und diese wieder handlungsfähig zu machen. Bei der Gesamtfinanzierung der Komplementärmittel solle eine "faire Lastenverteilung" zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen stattfinden. Man helfe und fordere gleichzeitig Solidarität ein.


ZUSTIMMUNG
Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzesentwurf (Drs. 15/2859) wurde in 2. Lesung mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und Linken verabschiedet.


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Quelle:
Landtag intern 13 - 42. Jahrgang, 21.12.2011, S. 5
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2012