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NORDRHEIN-WESTFALEN/1894: Zukunft ohne Kasernen (Li)


Landtag intern 13/2011
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Zukunft ohne Kasernen
Landtag diskutiert Auswirkungen der Bundeswehrreform auf NRW

Von Daniela Braun


9. Dezember 2011 - Über die Folgen der Bundeswehrreform für die Regionen haben jüngst auch die Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag debattiert. Nach dem Plan des Bundesverteidigungsministers sollen in Nordrhein-Westfalen fast 10.000 Dienstposten wegfallen. Dies betrifft vor allem die Standorte in Königswinter, Kerpen und Rheine. In einem Antrag fordert die CDU die rot-grüne Landesregierung auf, den mehr als 30 betroffenen Kommunen unter die Arme zu greifen und die Nachnutzung militärischer Flächen zu sichern (Drs. 15/3406).


In Nordrhein-Westfalen bedeute die Strukturreform das faktische Aus für drei Standorte, erläuterte der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann (CDU). Hinzu kämen die Abzüge der alliierten Streitkräfte. So sei beispielsweise die Stadt Rheine in einigen Jahren im Prinzip bundeswehrfrei. Wo sich bislang ein Hubschrauberlandeplatz befunden habe, gebe es dann eine ungenutzte Fläche von 500 Hektar. Laumann regte an, das Baugesetzbuch zu überdenken, damit Städte und Gemeinden solche verlassenen Flächen in Außenbereichen für Industrie und Gewerbe nutzen dürften. Zudem forderte er einen Hilfsfonds des Landes für die von der Reform betroffenen Kommunen.

Der Slogan der Friedensbewegung habe sich erfüllt, stellte Prof. Dr. Rainer Bovermann (SPD) fest. Darüber müssten sich eigentlich alle freuen. Jedoch habe die Reform auch eine Kehrseite, wie etwa den Verlust von Arbeitsplätzen. So würden in NRW von derzeit 36.600 Dienstposten nur noch 26.800 übrig bleiben. "Insgesamt hinterlässt die Strukturreform in NRW deutliche Einschnitte", betonte der SPD-Politiker. Er begrüßte, dass die CDU die Problematik selbst aufgreife. Allerdings sei es für zuverlässige Aussagen zu finanziellen Hilfen für die Kommunen noch zu früh. Der Ball in Sachen Konversionshilfe liege aus seiner Sicht derzeit beim Bund.

Reiner Priggen (Grüne) schloss sich der Freude über die friedliche Lage in und um Deutschland an. Problematisch sei es, wenn Gebiete nach Militärabzug jahrelang brachlägen. Allerdings gebe es durchaus positive Beispiele, wo sich betroffene Städte gut weiterentwickelt hätten. Grundsätzlich lobte Priggen die Strukturreform dafür, dass sie sich relativ gleichmäßig auf ganz Deutschland auswirke. Nun müssten sich alle gemeinsam für ein kommunalfreundliches Programm bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) einsetzen, appellierte der Grüne. So sollte der Bund die Flächen zu Null an die Kommunen weitergeben, damit diese sie erfolgreich nutzen könnten.

Die sicherheitspolitischen Herausforderungen hätten sich deutlich verändert, stellte auch Kai Abruszat (FDP) fest. Er forderte dazu auf, die Folgen der Strukturreform nicht nur zu beklagen, sondern als neue Herausforderung anzunehmen. Auch lobte er den Einsatz der Soldatinnen und Soldaten. "Dennoch sind die Einschnitte, die wir erleben, schmerzhaft", so der FDP-Politiker. In den betroffenen NRWKommunen lebten rund 2,5 Millionen Menschen, machte Abruszat das Ausmaß der Reform deutlich. Es gehe nun darum, gemeinsam das Landesinteresse zu formulieren und gegenüber der Bundesregierung zu artikulieren. Die Kommunen erwarteten zu Recht Unterstützung.

Konversion meine den Übergang freiwerdender Militärflächen in eine friedliche Nutzung, betonte Ali Atalan (Linke). Diesbezüglich kritisierte er den im CDU-Antrag genannten Appell, die Existenz der wehrtechnischen Industrie weiterhin zu sichern. Die CDU nutze so die Sorge um Arbeitsplätze zur Lobbyarbeit für die Wehrindustrie, bewertete Atalan den Antrag als Trojanisches Pferd. Einen Konversions-Hilfsfonds für die von der Reform betroffenen Städte und Gemeinden unterstütze die Linke jedoch voll. Dies sei auch eine moralische Pflicht. Schließlich müssten die Kommunen mit Folgen von Entscheidungen leben, die sie nicht selbst getroffen hätten.

"Wir werden die Bundeswehrstrukturreform in Nordrhein-Westfalen gestalten", sagte Wirtschaftsminister Harry Kurt Voigtsberger (SPD) zu. Neben den faktisch wegfallenden Standorten Königswinter, Kerpen und Rheine würden weitere 30 verkleinert. Zusätzlich zögen die Briten bis zum Jahr 2020 komplett aus NRW ab. Mit den Herausforderungen dürften die Kommunen nicht alleine gelassen werden, betonte der Minister und verwies auf erste Perspektiv-Workshops. "Die Kommunen hier im Lande können sich sicher sein, dass das Land bei dieser schwierigen Aufgabe an ihrer Seite steht." Die Frage nach einer Konversionshilfe stelle sich jedoch vor allem beim Bund.


WEITERE BERATUNG
Der Landtag hat den CDU-Antrag zur weiteren Beratung einstimmig an den Haupt- und Medienausschuss (federführend) sowie mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, den Haushalts- und Finanzausschuss und den Ausschuss für Kommunalpolitik überwiesen.


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Quelle:
Landtag intern 13 - 42. Jahrgang, 21.12.2011, S. 9
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2012