Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/1974: Klares Bekenntnis für Bonn (Li)


Landtag intern 2/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Klares Bekenntnis für Bonn
Fraktionen votieren geschlossen für den Fortbestand der Arbeitsteilung
Plenarbericht

Von Ilja Zeidler



24. Januar 2013 - Einstimmig angenommen wurde der gemeinsame Antrag aller Fraktionen für den dauerhaften Erhalt des Berlin/Bonn-Gesetzes (Drs. 16/1957). Der Landtag fordert die Bundesregierung auf, sich eindeutig zur bewährten Aufgabenteilung zwischen Bonn und Berlin zu bekennen und deren Fortbestand zu garantieren.


Es gehe darum, "einen neuen und brandgefährlichen Angriff" des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück auf die faire Aufgabenteilung zwischen Bonn und Berlin abzuwehren, so Dr. Gerhard Papke (FDP). Die Landesregierung und das Parlament müssten mit der heutigen Debatte ein klares Signal gegen die Verunsicherung setzen, die die Äußerungen Steinbrücks ausgelöst hätten, forderte Papke. An der bisherigen klaren Verteidigung des Bonn/Berlin-Gesetzes müsse unbedingt festgehalten werden, sagte er auch im Hinblick auf über 30.000 Arbeitsplätze in der Region, die ansonsten in Gefahr wären. Im Falle eines Umzugs drohe dem Rhein-Sieg-Kreis ein Kaufkraftverlust von jährlich 400 Millionen Euro.

Den Vorwürfen der FDP hielt Renate Hendricks (SPD) entgegen, dass gerade das politische Handeln der Bundesregierung den Bonn-Berlin- Vertrag aushöhle. Aufgrund der schrittweisen Verlagerung des Verteidigungsministeriums befänden sich jetzt mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze in Berlin. Ministerpräsidentin Kraft habe ein klares Bekenntnis zur Bundeshauptstadt Bonn abgelegt und sich für einen Fortbestand der Arbeitsteilung stark gemacht. Der im Gesetz festgelegte Konsens entspreche dem föderalen System. Die Kosten für zwei Regierungsstandorte beliefen sich auf 10 bis 15 Millionen Euro. Ein etwaiger Umzug nach Berlin würde hingegen Gelder in Milliardenhöhe verschlingen.

Der Vertrag werde kontinuierlich gebrochen, kritisierte auch Horst Becker (GRÜNE). Die Mehrzahl der ministeriellen Arbeitsplätze befinde sich entgegen der getroffenen Vereinbarungen mittlerweile in Berlin und "das mit steigender Tendenz". Trotz des Ausgleichsvertrages versuchten das Verteidigungs- und das Wissenschaftsministerium durch groß angelegte Baumaßnahmen in Berlin Fakten zu schaffen. So werde auf einen schrittweisen Umzug aller Ministerien hingearbeitet, stellte Becker fest. Der Landtag müsse über die Parteigrenzen hinweg seinen Einfluss auf die Einhaltung des Berlin/Bonn-Gesetzes geltend machen, um Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und die Interessen der Region zu verteidigen.

"Die Arbeitsteilung zwischen Berlin und Bonn hat sich insgesamt bewährt, und sie funktioniert", resümierte Ilka Freifrau von Boeselager (CDU). Deswegen sei eine Diskussion über eine Neuausrichtung des Berlin/Bonn-Gesetzes weder aus Effizienz- noch aus Kostengründen angebracht. Das Gegenteil sei der Fall, so von Boeselager: Mit dem Einsatz moderner Technologien habe man die Teilungskosten sogar bis auf jetzt deutlich unter 10 Millionen Euro reduziert. Die Menschen in der Region müssten sich auf die gesetzlichen Zusagen der Vereinbarung verlassen können. Denn der Bund sei im Rhein-Sieg-Kreis der größte Arbeitgeber und stehe damit in der Verantwortung für den Erhalt von 30.000 Arbeitsplätzen.

"Was damals für Berlin galt, muss heute auch für Bonn gelten", betonte Dietmar Schulz (PIRATEN). Er verwies darauf, dass bei der Entscheidung für Berlin die Kosten keine Rolle hätten spielen dürfen. Eine solche politische Grundsatzentscheidung dürfe man nicht nach ein paar Jahren wieder aufheben. Die Diskussion über den möglichen Verlust von Arbeitsplätzen in NRW wegen eines etwaigen kompletten Berlin-Umzugs habe man dem Kanzlerkandidaten Steinbrück zu verdanken, konstatierte Schulz. Das Berlin/Bonn-Gesetz dürfe aber nicht aus Wahlkampfgründen infrage gestellt werden. Es sei die politische Geschäftsgrundlage für die Sicherstellung einer dauerhaften und fairen Arbeitsteilung.

Die Bundesregierung handle gegen das Berlin/Bonn-Gesetz, kritisierte die Ministerin für Bundesangelegenheiten Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD). Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück habe hingegen nur Überlegungen angestellt. Die gesetzliche Fixierung der Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin werde von der Bundesregierung zunehmend infrage gestellt. Das Bundesverteidigungsministerium habe die internen Reformen allein auf Kosten Bonns durchgesetzt, ohne auf Widerstand der Kanzlerin oder von Kabinettskollegen zu stoßen. Das Gesetz werde in einem schleichenden Prozess ausgehöhlt und es würden Fakten geschaffen, die Geist und Buchstaben des Gesetzes widersprächen.

*

Quelle:
Landtag intern 2 - 44. Jahrgang, 27.2.2013, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -21 07, -23 09, -23 04
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2013