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NORDRHEIN-WESTFALEN/1981: Regelungen zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse geplant (Li)


Landtag intern 2/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Fachkräfte aus der EU
Regelungen zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse geplant
Ausschussbericht

Von Ilja Zeidler



20. Februar 2013 - Der Regierungsentwurf zum Anerkennungsgesetz (Drs. 16/1188) sieht vor, dass im Ausland erworbene Berufsqualifikationen in NRW leichter anerkannt werden können. Der demografische Wandel und der daraus resultierende Fachkräftemangel erforderten hierzu einheitliche Regeln und Verfahren. Unterschiedliche Auffassungen gab es bei Fachleuten aus Wirtschaft, Verbänden und Ausländervertretungen über die Gleichstellung der Abschlüsse zum Beispiel von Lehrern, Ärzten und Ingenieuren.


Bei der nordrhein-westfälischen Architektenschaft existiere im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen kein Fachkräftemangel, meinte Michael Arns (Architektenkammer NRW). Der Zugang zum Architektenberuf sei in NRW bereits seit vielen Jahren diskriminierungsfrei und praxisnah durch das Baukammerngesetz geregelt. So werde jedem ausländischen Interessenten bereits heute die Eintragung in die Architektenlisten ermöglicht. "Aufgrund dieser bereits bestehenden Rechtslage bedarf es für den Zugang zum Architektenberuf keiner Regelungen im Anerkennungsgesetz NRW", so Arns.

Das Ingenieurwesen sei bereits heute schon spürbar von Fachkräftemangel betroffen, stellte hingegen Dr.-Ing. Heinrich Bökamp fest. Mittel- und langfristig werde die demografische Entwicklung zu weiteren Engpässen für Ingenieurinnen und Ingenieure führen. "Die geplanten Anpassungen im Ingenieurgesetz greifen aber zu kurz", kritisierte Bökamp. Es gebe keine Kriterien für eine qualitativ angemessene Berufsausbildung. Die Festlegung von Mindeststandards bei der Ausgestaltung von Ingenieurstudiengängen habe hierbei eine zentrale Bedeutung, meinte Bökamp.

Für ein bundeseinheitliches Handeln und den Erhalt eines einheitlichen ärztlichen Weiterbildungsrechts bedürfe es einer Herausnahme aus dem geplanten Landesgesetz, so wie es die anderen Bundesländer planten, forderte Prof. Dr. med. Susanne Schwalen (Ärztekammer Nordrhein). Ansonsten entstünden im Anerkennungsrecht im Vergleich zu den anderen Bundesländern künftig abweichende Regelungen, Verfahrensweisen und Kriterien, so Schwalen. Dies würde auch der EU-Richtlinie 2005/36/EG, welche die Einführung einheitlicher Regelungen intendiert, widersprechen.

Lehrermangel

Es müsse einheitliche Verfahren geben, um einen "Anerkennungstourismus" zwischen den Ländern zu verhindern, forderte auch Franz Roggemann (IHK NRW, unternehmer.nrw und Westdeutscher Handwerkskammertag). "Die Wirtschaft hält es für erforderlich, auch Berufe, in denen der Staat selbst ausbildet, in das Anerkennungsgesetz mit einzubeziehen", sagte Roggemann im Hinblick auf den Lehrermangel an Berufskollegs. Dort fehle insbesondere in bestimmten mathematisch-technischen Fächern bereits jetzt der Nachwuchs. Mit im Ausland qualifizierten Lehrkräften könnte diesem Mangel begegnet werden, so Roggemann. Elisabeth Sonnenschein (Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen) wies auf die guten Erfahrungen bei der Umsetzung des Hamburger Anerkennungsgesetzes hin. Dort sei ein Anspruch auf Beratung im Gesetz festgeschrieben. "Mit der weiteren Gesetzgebung und der damit verbundenen Öffentlichkeit, die das Thema ,Anerkennung` in den Medien einnimmt, ist festzustellen, dass ein erheblicher Beratungsbedarf besteht", so Sonnenschein. Erste Erfahrungen in Hamburg zeigten, dass die gesetzlich verankerte Beratung erheblich zur Steigerung der Antragszahlen für Anerkennungsverfahren beitrage.

Im Hinblick auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel sei das Anerkennungsgesetz von großer Relevanz, lobte Muhammet Balaban (Landesintegrationsrat NRW) den angestrebten Integrationsaspekt. "Mit der Anerkennung durch das Gesetz werden die vorhandenen Leistungspotenziale der ausländischen Menschen in unserem Land gewürdigt und zugleich im ökonomischen Sinn genutzt", so Balaban. Dadurch werde ein weiterer Anreiz für die Zuwanderung von Fachkräften geschaffen. Allerdings fehle die Möglichkeit einer entsprechenden Nachqualifizierung bei einer Nichtanerkennung.

Nach Auswertungen der Gesellschaft für innovative Beschäftigung seien aktuell mehr als 55 Prozent der Ratsuchenden in Anerkennungserstberatungen nicht erwerbstätig, stellte deren Vertreter Dr. Ulrich Sassenbach fest. "Das Anerkennungsgesetz NRW bietet damit die Chance, einen erheblichen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration von Mitbürgern mit einem berufsbiografischen Migrationshintergrund zu leisten", so Sassenbach. Es verbessere grundsätzlich die Voraussetzungen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf die Überprüfung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen.

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Quelle:
Landtag intern 2 - 44. Jahrgang, 27.2.2013, S. 15
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2013