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NORDRHEIN-WESTFALEN/2001: Schlagabtausch bei Opel-Sondersitzung (Li)


Landtag intern 5/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Schlagabtausch bei Opel-Sondersitzung
Wer wusste was? Und wie geht es weiter?
Plenarbericht

Von Christoph Weißkirchen und Sonja Wand



30. April 2013 - In einer Sondersitzung des Landtags prallten die Auffassungen zum politischen Handeln bezüglich des Opel-Werks in Bochum aufeinander. Beantragt hatten die Debatte die Fraktionen von CDU, FDP und PIRATEN. Sie warfen der Landesregierung vor, den Landtag am vorausgegangenen Donnerstag, als es im Plenum schon einmal um Opel ging, nicht vollständig informiert zu haben. Die Regierung und die sie tragenden Fraktionen wiederum wiesen darauf hin, der Schließungsbeschluss für das Opel-Werk sei die Konsequenz aus der Ablehnung des Sanierungstarifvertrags. Jetzt brauche man politische Einigkeit.


Ein geschlossenes Signal der Landespolitik sei jetzt notwendig, betonte Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) im Hinblick auf die Situation beim Opel-Werk in Bochum. Am 17. April habe der Aufsichtsrat beschlossen, die Fahrzeugproduktion dort zu beenden. Dies sei die angekündigte Konsequenz aus der Ablehnung des Sanierungstarifvertrags durch die IG-Metall-Mitglieder des Bochumer Werks. Jetzt wolle man auf die Beteiligten einwirken, um Gespräche über Perspektiven für das Logistikzentrum, aber auch die Entwicklungsgesellschaft "Bochum Perspektive 2022" zu ermöglichen. Die CDU führe eine Theaterinszenierung auf. Der gesamte Landtag müsse zueinander finden.

Auch Norbert Römer (SPD) warb für ein Zeichen der Geschlossenheit seitens des Landtags. Gemeinsames Ziel müsse es erstens sein, den Gesprächsfaden zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite wieder aufzunehmen. Zweitens gehe es darum, in diesen Gesprächen verlässliche Aussagen zur Zukunft des Warenverteilzentrums und zur Komponentenfertigung zu treffen. Drittens sollten unabhängige Fachleute die Entwicklungsgesellschaft "Bochum Perspektive 2022" - mit 51-prozentiger Beteiligung der Stadt und 49-prozentiger Beteiligung des Opel-Konzerns - unterstützen. Die Opposition solle sich daran beteiligen, anstatt die Landesregierung und die SPD zu diffamieren.

"Sie haben in Wahrheit ein schlechtes Gewissen", antwortete Karl-Josef Laumann (CDU). Schließlich sei die NRW-Landesregierung beim Pokern um die verschiedenen Opel-Standorte leer ausgegangen. Wenn Rot-Grün nun sage, das Ende in Bochum sei die Konsequenz aus der Ablehnung des Sanierungstarifvertrags, dann schiebe sie die Verantwortung für die Schließung des Bochumer Werks der Belegschaft in die Schuhe. Noch vergangene Woche habe der Wirtschaftsminister gesagt, die Zukunft des Logistikzentrums sei offen. Wenn er sich mit zahlreichen Gesprächen eingebracht habe, sei offensichtlich, dass die Landesregierung für Opel kein relevanter Gesprächspartner sei.

Reiner Priggen (GRÜNE) erinnerte an Fehler des Mutterkonzerns General Motors: Nie sei es Opel erlaubt worden, auf Märkten außerhalb Europas und Russlands seine Fahrzeuge abzusetzen. Wenn zudem jeder Opel-Auszubildende im dritten Lehrjahr eine längere Betriebszugehörigkeit habe als das gesamte Management, brauche man sich über strategische Fehler nicht wundern. Die Landesregierung müsse sich jedenfalls kein schlechtes Gewissen einreden lassen. Nun helfe keine billige Attacke, sondern nur Zähheit und Akribie, um in Bochum das Maximale herauszuholen. An gemeinsamen vertraulichen Gesprächen diesbezüglich habe die CDU als einzige Fraktion nicht teilgenommen.

Als andere schon über das Ende in Bochum Bescheid gewusst hätten, habe die Landesregierung noch gesagt, die Lage beim Logistikzentrum sei offen, kritisierte Christian Lindner (FDP) und fragte: "Waren Sie falsch informiert oder haben Sie uns am Donnerstag und Freitag der vergangenen Woche falsch informiert?" Seine Antwort: "Mit Ihnen spricht keiner. Sie haben keinen Einfluss." Er zeigte sich enttäuscht darüber, dass es jetzt wieder nicht um konkrete Perspektiven und Pläne der Landesregierung in puncto Opel gehe. Erreicht habe sie bisher nichts. Die Wirtschaftspolitik im Kabinett Kraft habe kein Frühwarnsystem und werde von Entwicklungen überrascht.

Als "Politikzirkus" beschrieb die Bochumerin Simone Brand (PIRATEN) die Debatte. Alle anderen Fraktionen hätten gewusst, dass bei Ablehnung des Tarifvertrags in Bochum nichts von Opel übrig bleiben werde. Sie forderte, dass es bei der "Perspektive 2022" endlich vorangehe. Opel erwarte vor allem ein ordentliches Konzept. Erleichtert zeigte sich die Abgeordnete darüber, dass sich der Konzern von der "Schlüssel-auf-den-Tisch-lege-Praxis", wie Nokia es praktiziert habe, distanziere. Niemandem nutze es, wenn 3.000 Arbeitsplätze entstünden, die kurze Zeit später wieder wegfielen. Brand forderte ein Umdenken von industriellen hin zu innovativen Arbeitsplätzen.


Mit Mehrheit von SPD, GRÜNEN und Teilen der Fraktion der PIRATEN nahm der Landtag einen Entschließungsantrag von SPD und GRÜNEN (Drs. 16/2804) einschließlich eines Änderungsantrags (Drs. 16/2812) an. Fraktionsübergreifende Zustimmung gab es auch für einen Entschließungsantrag der CDU (Drs. 16/2809), der mit Ausnahme des Absatzes II.3 angenommen wurde. Ein Entschließungsantrag der FDP (Drs. 16/2811) fand dagegen keine Mehrheit.

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Quelle:
Landtag intern 5 - 44. Jahrgang, 15.5.2013, S. 4
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2013