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NORDRHEIN-WESTFALEN/2024: SPD und GRÜNE wollen gemeinnützige Wirtschaftsformen stärken (Li)


Landtag intern 7/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

PLENUM
Stabile Wirtschaft - selbstgemacht
SPD und GRÜNE wollen gemeinnützige Wirtschaftsformen stärken

Von Sonja Wand



20. Juni 2013 - Genossenschaften seien die insolvenzsicherste Rechtsform und erfreuten sich insbesondere seit der Finanzkrise wachsender Aufmerksamkeit, begründen SPD und GRÜNE einen Antrag (Drs. 16/3228) zur Stärkung solcher Körperschaften. Beratungsangebote der Landesregierung sollen beispielsweise intensiviert werden, Landesförderprogramme sollen bei ihrer Beratung Genossenschaften ebenso berücksichtigen wie andere Unternehmen. Die beiden Fraktionen sehen in Genossenschaften auch Chancen für Wege aus der Arbeitslosigkeit, für regionale Kinderbetreuung und bei der Unternehmensnachfolge durch Belegschaftsinitiativen. Auch über Partnerschaften von Kommunen und lokalen Genossenschaften oder Organisationen könne nachgedacht werden.


Inge Blask (SPD) sah im Sektor der sozialen Ökonomie ein stabiles Standbein der heimischen Wirtschaft und für die Zukunft eine Menge Potenzial. In der Finanzkrise hätten sich besonders Genossenschaften und andere Rechtsformen der gemeinwohlorientierten und solidarischen Wirtschaft als stabil und insolvenzsicher erwiesen. Die Gewinnmaximierung stehe bei Genossenschaften zwar nicht im Vordergrund, trotzdem könnten etwa einzelne Akteure durch Zusammenschluss ihre Marktposition stärken. Bei Kleinstgenossenschaften gelte es, den hohen Prüfaufwand zu minimieren, forderte die Abgeordnete.

"Die Steigerung der Güterproduktion und der Geldvermögen in Deutschland geht einher mit wachsender sozialer Spaltung, auch mit einem intensiven Verbrauch natürlicher Ressourcen", gab Daniela Schneckenburger (GRÜNE) zu bedenken. Die Finanzkrise zeige, dass das Renditeprinzip als alleinige Leitschnur wirtschaftlichen Handelns nicht tragfähig sei, begründete sie einen notwendigen stärkeren Fokus auf nachhaltigem, solidarischem Wirtschaften, das regionalorientiert und damit krisenfest sei. Schneckenburger verstand den Antrag als Einladung zur Debatte über Fraktionsgrenzen hinweg.

"Es gab und gibt Fehlentwicklungen. Aber nur mit gemeinwohlorientierter Wirtschaft werden wir die wahrscheinlich nicht beheben können", vermutete Hubertus Fehring (CDU). Zudem habe die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen 60 Jahre die Überlegenheit der Unternehmen mit verantwortungsbewussten und vollhaftenden Persönlichkeiten belegt. Fehring betonte die Stärke des deutschen Mittelstands. "Wir wünschen uns deshalb möglichst viele Einzel-, Familien- oder Personengesellschaften", schlussfolgerte er. Im Wohnungs- und im Energiesektor sah er jedoch durchaus Potenzial für Genossenschaften.

Ralph Bombis (FDP) fand im Antrag interessante Diskussionsansätze. Es war ihm aber wichtig zu betonen, dass gemeinwohlorientierte, solidarische Wirtschaftsformen nicht als Gegensatz zu gewinnorientierten Unternehmen verstanden werden sollten. Vielmehr seien Genossenschaften - eine liberale Erfindung - als Ergänzung zu gewinnorientierten Unternehmen gedacht. Bombis warb für das Modell der Sozialen Marktwirtschaft, in der beides seinen Platz habe. Eigeninitiative sei die treibende Kraft des Fortschritts, des Wohlstands, von dem alle profitierten und der letztendlich das Gemeinwohl ausmache.

Wenn Einzelne sich zu einem gemeinsamen Zweck zusammenschlössen, könne dies erstaunlich viel Energie freisetzen, hob Daniel Schwerd (PIRATEN) hervor und forderte, dass die Politik die vielfältigen Formen gemeinwohlorientierten und solidarischen Wirtschaftens unterstützen solle, wo sie nur könne. Es gebe in Deutschland sechsmal mehr Genossenschaftsmitglieder als Aktionäre, rechnete Schwerd vor. Gerade Energiegenossenschaften erfreuten sich steigender Attraktivität. Die Hälfte der Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energie werde inzwischen von Privatpersonen und Landwirten betrieben.

"Das Beispiel der Energiegenossenschaften zeigt, dass die Genossenschaft das Instrument der Wahl ist, wenn Bürgerinnen und Bürger initiativ werden und sich entscheiden, durch unmittelbares Engagement einen wirtschaftlichen Beitrag wie in diesem Fall zur Energiewende leisten zu wollen", erklärte Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD). Es gehe darum, bürgerliches Engagement mit wirtschaftlichem Handeln zusammenzubringen, und nicht darum, irgendetwas staatlich zu dirigieren. Der Minister stellte aber auch klar, dass es keine neuen Haushaltsmittel geben werde. Stattdessen müsse man Dinge bündeln.


FACHBERATUNG
Der Landtag hat den Antrag (Drs. 16/3228) einstimmig zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen. Mitberaten sollen der Ausschuss für Bauen und Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und der Arbeitsausschuss.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 44. Jahrgang, 24.7.2013, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2013