Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/2043: Den Einbrechern auf der Spur (Li)


Landtag intern 9/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Den Einbrechern auf der Spur
Anhörung: Fachleute eher für "Riegel vor" als "Beute zurück"

Von Christian Wolf



10. Oktober 2013 - Seit Jahren steigen die Zahlen von Wohnungseinbrüchen in Nordrhein-Westfalen. Allein in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres verzeichnete die Polizei über 30.500 Fälle - etwa 4 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2012. Höchste Zeit also, die Beutetour der Einbrecher zu stoppen. Die FDP-Landtagsfraktion fordert aus diesem Grund ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität (Drs. 16/2621). Im Innenausschuss wurden dazu eine Reihe von Experten befragt. Die unterstützten die bisherigen Maßnahmen der Landesregierung und machten darüber hinaus noch weitere Vorschläge.


Hauptforderung des FDP-Antrags ist ein wirksames Gesamtkonzept gegen die steigenden Wohnungseinbruchszahlen sowie ein polizeiliches Sofortprogramm "Beute zurück", um die Fahndung nach Diebesgut zu intensivieren. Unter den Experten gab es dafür nur wenig Unterstützung. So vertrat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Auffassung, dass es in NRW nicht an Konzepten mangele. Als Beispiel nannte der stellvertretende Landesvorsitzende Wolfgang Spies die Aktion "Riegel vor" für einen besseren Schutz der eigenen vier Wände. Dieses Konzept solle erst einmal umgesetzt werden, anstatt bereits neue Entwürfe zu entwickeln, sagte Spies.

Dem Eindruck, die Einbruchskriminalität sei bislang kein Schwerpunkt in der Polizeiarbeit, trat der Direktor des Landeskriminalamtes entgegen. "Das ist seit mehreren Jahren der Fall", sagte Wolfgang Gatzke und sprach von "erheblichen Erfolgen". So sei die Verurteilungsquote in NRW mit 14 bis 17 Prozent doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Und auch die Aktion "Riegel vor" zeige erste Wirkungen, da die Steigerungsraten bei Einbrüchen zurückgingen. Unterstützung kam ebenfalls vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BdK), der die aktuellen Konzepte als "äußerst zielgerichtet" beurteilte.


Einbrüchen vorbeugen

Trotz der lobenden Worte unterbreiteten die Experten aber auch Verbesserungsvorschläge. GdP-Vizechef Spies nannte beispielhaft Schwerpunktkontrollen, verstärkte Streifenfahrten und eine intensivere Fahndung nach Diebesgut. Aus den Reihen der Kriminalbeamten kam der Hinweis, dass die Ermittler mit der derzeitigen Personaldecke an Kapazitätsgrenzen stießen. In Sachen Prävention gab es einen konkreten Vorschlag an die Politik: Wie bei Rauchmeldern sollten auch beim Einbruchschutz verbindliche Vorgaben in die Landesbauordnung eingearbeitet werden, forderte BdK-Vertreter Sebastian Fiedler.

Der Bochumer Kriminologe Frank Kawelovski sprach sich für den Aufbau eines Internetportals aus, auf dem Bürger und Polizei nach Beute suchen können. Bislang gebe es "erhebliche Defizite" bei den Nachforschungen bzgl. Diebesgut, monierte er. Darüber hinaus müsse die Arbeit der Ermittler optimiert werden. Wohnungsdurchsuchungen bei Tatverdächtigen, die lange Zeit nach der Tat angeordnet würden, seien nutzlos. "Wir können da was holen, aber nicht nach Wochen oder Monaten", sagte Kawelovski und forderte juristische Eilverfahren. Als weiteren Baustein nannte er einen Ausbau der Telekommunikationsüberwachung. Gleich mehrere Sachverständige kritisierten, dass es bei Gebrauchtwarengeschäften keine Buchführungspflichten mehr gebe. Händler müssten dadurch keinerlei Daten zu den An- und Verkäufern sammeln. Genau diese seien bei den Ermittlungen der Polizei aber oftmals hilfreich, um an die Täter zu gelangen.


Ursache Armutsgefälle?

Über die Ursachen der Einbruchskriminalität sprach Professor Thomas Feltes vom Bochumer Lehrstuhl für Kriminologie. Vor allem die Kluft zwischen Arm und Reich sei verantwortlich. In den kommenden Jahren müsse durch das steigende Armutsgefälle in Europa mit einer noch weiter zunehmenden Migrationskriminalität gerechnet werden. Wer genau die Täter seien, lasse sich nicht genau sagen. "Ich denke nicht, dass man bei einer Aufklärungsquote von 14 Prozent Aussagen zur Täterstruktur machen kann", sagte er. Grundsätzlich lasse sich aber festhalten, dass es häufig junge und sozial benachteiligte Menschen seien. Auch Drogenabhängige gehörten zum Täterkreis. Die oftmals angeführten Vergleiche mit anderen Bundesländern, wonach die Einbruchskriminalität dort niedriger sei als in NRW, wies der Kriminologe zurück. Jedes Land habe andere Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, die eigentlich keinen Vergleich zuließen, sagte Feltes. In Sachen Prävention sei aber weniger die Justiz als vielmehr die gesamte Gesellschaft in all ihren Facetten gefragt.

*

Quelle:
Landtag intern 9 - 44. Jahrgang, 16.10.2013, S. 15
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -23 04, -21 07, -23 09,
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2013