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NORDRHEIN-WESTFALEN/2051: Fairer Wettbewerb um Energienetze (Li)


Landtag intern 10/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Fairer Wettbewerb um Energienetze
Landtag diskutiert über genauere Regeln für Konzessionsvergaben
Plenarbericht

Von Daniela Braun



17. Oktober 2013 - Strom kommt bei uns seit Jahrzehnten aus der Steckdose. Doch wer für die Leitungswege bis zur Kontaktbox zuständig ist, entscheidet sich regelmäßig neu: Spätestens alle 20 Jahre müssen Kommunen den Netzbetrieb wieder ausschreiben und entsprechende Konzessionen vergeben. Kommunaleigene Unternehmen können sich ebenso bewerben wie Energieriesen. Manche Städte und Gemeinden haben ihre Strom- und Gasleitungen auf diesem Weg bereits in ihre eigene Zuständigkeit zurückgeführt. Allerdings, so fordern SPD und GRÜNE in einem Antrag (Drs. 16/4153), müsse der Wettbewerb fairer werden und Regelungslücken müssten verschwinden. Seit dem Jahr 2005 schreibt das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) des Bundes vor, dass der Netzbetrieb und das sonstige Energiegeschäft getrennt voneinander zu organisieren sind.


"Die Rolle einer dezentralen Energieversorgung wird steigen", unterstrich Guido van den Berg (SPD) in der Plenardebatte. Konkret gehe es nun darum, Kommunen bei der Vergabe von Konzessionen zu stärken. Solche Verfahren gehörten zu den kompliziertesten in der Kommunalpolitik, betonte der Abgeordnete. Häufig handele es sich um einen Kampf zwischen David und Goliath - Stadtwerke gegen Energieriesen. Das Kernproblem dabei: Verkäufer von Netzen seien derzeit nicht verpflichtet, dem Käufer alle technischen und wirtschaftlichen Netzdaten offenzulegen, so van den Berg. Er forderte deshalb mehr Transparenz. Darüber hinaus sei die Frage einer angemessenen Netzvergütung zu klären.

Diese Informationen seien für Konzessionsbewerber essenziell, betonte Wibke Brems (GRÜNE). Doch das Bundesgesetz regle derzeit nicht, welchen Datenumfang Netzverkäufer offenlegen müssten und wie genau die Preise für die Netzübernahme zu ermitteln seien. Altbetreiber forderten häufig überzogene Summen, lange Gerichtsprozesse folgten. Brems sprach sich daher für ein objektives Verfahren aus, damit Kommunen und kommunale Unternehmen schneller Sicherheit hätten. Zudem müsse klar sein, dass sie in durch Prozesse entstandenen Übergangszeiten weiter die vereinbarte Konzessionsabgabe erhielten, so Brems. "All diese Aspekte sollten in einer Bundesratsinitiative aufgegriffen werden."

"Sie machen den Vorschlag einer Bundesratsinitiative, obwohl wir gar nicht wissen, an welche Bundesregierung sich die Initiative richten wird", merkte Thomas Kufen (CDU) an. Insgesamt stimmte er der Idee des rot-grünen Antrags aber zu. Tatsächlich sei die Kommunalpolitik in den vergangenen Jahren immer komplexer geworden, was in der Folge ehrenamtliche Ratsmitglieder bei Entscheidungsfindungen vielfach verunsichere. "Insofern können wir dem Ansinnen, das Sie vorgetragen haben, es für die Kommunen transparenter und einfacher zu machen, sehr viel abgewinnen", meinte Kufen. Wie genau der Beitrag aus NRW hierzu aussehen könne, werde die Ausschussberatung ergeben.

Fairer Wettbewerb und klare Regeln bei der Konzessionsvergabe: Das sei in seinem Sinne, so Dietmar Brockes (FDP). Doch die Koalition schieße übers Ziel hinaus. Offenbar bezwecke sie, "alle Hürden für eine Rekommunalisierung aus dem Weg zu räumen". Zudem treibe Rot-Grün Gemeinden dazu, Aufgaben zu übernehmen, die sie womöglich nicht stemmen könnten, kritisierte Brockes. Ziel müsse es sein, die berechtigten Interessen der Marktteilnehmer angemessen auszugleichen. Dies habe die EnGW-Novelle aus dem Jahr 2011 bereits im Grundsatz erreicht. Brockes gestand aber zu, dass man das Gesetz teils noch präzisieren könne, etwa für die Konzessionsabgabe in Übergangsphasen.

"Das ist ein schöner Antrag", lobte Kai Schmalenbach (PIRATEN). In den genannten Zielen seien sich die Fraktionen sehr einig. Insofern sei er guter Dinge, dass am Ende der Beratung ein gemeinsames Werk stehen werde. Tatsächlich könne es sich für Städte und Gemeinden bei der dezentralen Energiegewinnung lohnen, die Strom- und Gasnetze zurückzukaufen und so die Energiewende vor Ort mitzugestalten, meinte Schmalenbach. Wichtig sei, dass Kommunen frei entscheiden könnten, ob sie das wollten. Die aktuelle Regelung stehe dem jedoch im Weg, da die Preise für den Netzkauf viel zu hoch seien. Zudem müsse das Problem der mangelhaften Datengrundlage beim Kauf gelöst werden.

Eine Konzessionsvergabe sei kein Kinderspiel, stimmte Energieminister Garrelt Duin (SPD) zu: "Deswegen geht es darum, rechtliche Vorgaben zu schaffen, die klar sind." Aktuell seien diese unzureichend, woraus für die Kommunen eine rechtlich unsichere und finanziell bedrohliche Situation resultiere. Zu ähnlichen Schlüssen wie SPD und GRÜNE in ihrem Antrag sei auch eine Arbeitsgruppe seines Ministeriums gekommen. Die EnGW-Novelle beinhalte längst nicht alle notwendigen Aspekte. Unabhängig davon, betonte der Minister, sei die Rekommunalisierung von Netzen mit großen wirtschaftlichen Risiken verbunden. Hier müsse die Kommune vor Ort verantwortungsbewusst entscheiden.


Weitere Beratung
Die Abgeordneten haben den Antrag (Drs. 16/4153) zur weiteren Beratung einstimmig an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk sowie zur Mitberatung an die Ausschüsse für Kommunalpolitik und für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen.

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Quelle:
Landtag intern 10 - 44. Jahrgang, 27.11.2013, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Dezember 2013