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NORDRHEIN-WESTFALEN/2092: Strom speichern fürs Klima (Li)


Landtag intern 3/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Strom speichern fürs Klima
Mehr Flexibilität könnte erneuerbaren Energien nützen

Von Christoph Weißkirchen



14. März 2014 - Sie sind in Kameras, Taschenlampen, Radios und vielen anderen mobilen Geräten zu finden: Mit kleinen, handlichen Batterien lässt sich Strom speichern und problemlos andernorts nutzen. Dass solche Speichermedien aber durchaus mehr können, wurde spätestens mit der Einführung des Elektroautos deutlich. Ihre Bedeutung für ganze Energiesysteme erörterten nunmehr die Abgeordneten des Landtags in einer Anhörung der Enquetekommission "Zukunft der chemischen Industrie". Dabei ging es nicht nur um die Speicherung von Strom, sondern auch von Wärme. Und gleichermaßen um Fragen der technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Effizienz (zu den schriftlichen Stellungnahmen).


Am Ende sei es ein wirtschaftliches Problem, stellte Dr. Rainer Tamme (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) klar. Beim Einsatz neuer Technologien seien nicht allein die Leistungsfähigkeit und Effizienz entscheidend, sondern auch der Preis. Dies erläuterte er am Beispiel der Ergänzung von Solarzellen oder von Anlagen der Kraftwärmekopplung um sogenannte Langzeitspeicher für Wärme. Ein solches Vorhaben sei zwar für einen Einzelnen nach heutigem Stand gegebenenfalls noch zu teuer. Es stelle sich aber die Frage, ob und inwiefern nicht der Staat in einem solchen Fall die Vermeidung von fossilen Brennstoffen wie Öl oder Gas unterstützen wolle.

Dass Energiespeicher auch im Bereich der Elektrizität eine immer größere Rolle spielen werden, davon waren alle Experten überzeugt. Geeignete Speichermedien könnten dazu beitragen, Stromnetze in Zeiten des Spitzenverbrauchs zu entlasten, und mithelfen, eine unterbrechungsfreie Stromversorgung sicherzustellen, so Prof. Dirk Uwe Sauer (RWTH Aachen). Für ihn würden dabei die großen Speicher zukünftig mehr und mehr durch kleinere, dezentrale abgelöst. Diese kosteten weniger und besäßen zudem eine höhere Flexibilität. Allerdings müsse man darauf achten, dass Gewinnen von einzelnen Personen oder Unternehmen nicht insgesamt ein volkswirtschaftlicher Verlust gegenüberstehe.


Versorgungssicherheit

Die Energiewende brauche Flexibilität, betonte auch Clemens Triebel (Younicos AG). Das Versorgungssystem müsse so umgestaltet werden, dass es zukünftig flexibler auf die schwankende Leistung von Wind und Sonne reagieren könne. Die Versorgungssicherheit erfordere, dass erneuerbare und konventionelle Energien, Stromnetze und Stromspeicher intelligent zusammenarbeiteten. In diesem Fall sei es dann vielleicht auch möglich, konventionelle Kraftwerke ungefähr in dem Maße abzuschalten, wie man die erneuerbaren Energien ausbaue, so Triebel.

Die Politik müsse dabei die Frage lösen: Wie kann man mit dem Einsatz dieser neuen Technologien Geld verdienen? Vor dem Hintergrund des EEG-Modells sprach sich Triebel daher gegen subventionierte Lösungen aus. Dem widersprach Sauer und verwies auf die im Einzelfall doch kostenintensive Anlaufund Erprobungszeit. Eine zielorientierte Technologieförderung sei aus seiner Sicht daher notwendig. Eine solche Förderung könne man als Fondsmodell gestalten, schlug Dr. Georg Markowz (Evonik Industries AG) vor. Falls die neue Technologie rentabel sei und Geld einbringe, könnten die Investoren die Förderung dann ja zurückzahlen. Notwendig sei in diesem Zusammenhang, den Strommarkt so zu gestalten, dass er eine gesteigerte Flexibilität auch honoriere.

Ebenfalls schätzte Dr. Gerhard Hörpel (Universität Münster) den möglichen Nutzen der Energiespeicher für die Energiewende als sehr hoch ein. Allerdings müsse sich - wie bei der Elektromobilität - der Einsatz auch kostenmäßig rechnen. Er schätzte, dass es hierfür noch rund zehn Jahre dauern könne. Forschung und Entwicklung seien dabei auf sichere Rahmenbedingungen angewiesen, betonte Markowz. Beide unterstrichen, dass der Industriestandort Nordrhein-Westfalen eine gute Plattform für den Einsatz solcher neuer Technologien biete.

Mit Blick auf die hiesige chemische Industrie verwiesen die Experten auf die Möglichkeit, elektrisch erzeugte Energie in chemische Energie umzuwandeln und in Form verschiedener Gase zu speichern (Power-to-Gas). Auf diese Weise ließe sich auch überschüssiger Strom nutzen. Dieser werde heute ans Ausland "verramscht", bedauerte Sauer. Eine zentrale Aufgabe der Politik sah er daher auch darin, Rahmenbedingungen zu setzen und Geschäftsmöglichkeiten zu eröffnen.

Die geladenen Experten verwiesen aber auch auf den Vorsprung des asiatischen Raums im Bereich der Lithium-Ionen-Technologie, laut Hörpel das wichtigste Speichermedium für Strom im 21. Jahrhundert. Es sei aber sinnvoll, hier eine eigene Zellproduktion aufzubauen, plädierte er für Investitionen und Fördermaßnahmen in diesem Bereich. Denn Lithium biete ein enormes Entwicklungspotenzial und verspreche damit gute Innovationsmöglichkeiten. Es müsse ja nicht, wie früher einmal, auch in Erfrischungsgetränken enthalten sein.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 45. Jahrgang, 26.3.2014, S. 15
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2014