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NORDRHEIN-WESTFALEN/2133: Mehr Erneuerbare, mehr Wettbewerb, mehr Arbeitsplätze? (Li)


Landtag intern 7/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Mehr Erneuerbare, mehr Wettbewerb, mehr Arbeitsplätze?
Landtag diskutiert über bundesweite EEG-Reform

Von Christoph Weißkirchen



4. Juli 2014 - Nordrhein-Westfalen ist das Energieland Nummer eins in Deutschland. Werden die Rahmenbedingungen der Energieerzeugung geändert, ist das Bundesland daher in besonderem Maße betroffen. Vor diesem Hintergrund diskutierte der Landtag in einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde (Drs. 16/6191) über die vor einer Woche im Bundestag beschlossene Reform des Erneuerbare-Energien Gesetzes (EEG). FDP, GRÜNE und PIRATEN kritisierten diese aus unterschiedlichen Perspektiven; CDU und SPD, die im Bund gemeinsam regieren, verteidigten das neue Gesetz. Ein zentraler Punkt: Wer muss wieviel an EEG-Umlage zahlen?


Die Korrektur des EEG sei überfällig gewesen, meinte Dietmar Brockes (FDP). Bereits seit Jahren von der FDP angemahnt, habe sich diese Erkenntnis bei den anderen Parteien erst im vergangenen Bundestagswahlkampf durchgesetzt. Zu kritisieren sei allerdings, dass es beim "Subventionsmonster" geblieben sei, bei dem 24 Milliarden Euro von unten nach oben verteilt würden. Mittlerweile seien 52 Prozent des Strompreises durch den Staat zu verantworten. Dabei blicke die Wirtschaft insbesondere aufgrund der neuen Regelungen zum Eigenstrom "in den Abgrund", so Brockes. Die Landesregierung schaue trotz anderslautender Erklärungen und Beschlüsse der drohenden Deindustrialisierung tatenlos zu.

Die FDP sei doch in den Jahren 2009 bis 2013 Teil der Bundesregierung gewesen, erinnerte Rainer Schmeltzer (SPD). Und in dieser Zeit sei die EEG-Umlage von 1 auf 5 Cent gestiegen. Die jetzige Reform sei unter anderem deshalb notwendig geworden, da die EU-Kommission das EEG an seiner empfindlichsten Stelle, der Ausgleichsregelung für energieintensive Unternehmen, angegriffen habe. Aufgrund der besonderen Bedeutung für NRW freue er sich, dass hier nicht zuletzt durch den Einsatz der Landesregierung ein rechtssicherer Kompromiss gefunden wurde. Zudem habe man den Brüsseler Vorstoß abwehren können, die bestehenden Anlagen ab dem Jahr 2017 automatisch mit Neuanlagen gleichzusetzen.

Die Energiewende sei ein Projekt für mehrere Generationen, betonte Thomas Kufen (CDU). Durch die aktuelle Reform habe man das Kostenbewusstsein gestärkt, die Unwucht als politisches Problem erkannt und das System auf mehr Wettbewerb ausgerichtet. Dabei sei für NRW erreicht worden, dass die besonderen Ausgleichsregelungen grundsätzlich beibehalten werden könnten. Offen geblieben sei die Frage, wie konventionelle Kraftwerke in Zukunft wirtschaftlich betrieben werden könnten. Gelöst werden müsse auch das Problem der Subventionsspirale sowie die noch offenen Regelungen zur Nutzung des Eigenstroms. Hier brauchten vor allem die Stahlund Chemieunternehmen in NRW Planungssicherheit.


Investitionssicherheit

Das Eiltempo, mit dem das Reformgesetz am Ende durch den Bundestag gebracht worden sei, war einer der Kritikpunkte von Wibke Brems (GRÜNE) in der Debatte. Vor allem aber wandte sie sich dagegen, dass sich die FDP-Forderung nach Investitionssicherheit ausschließlich auf die konventionelle Energiewirtschaft beziehe. Dem stünden 26.000 Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien gegenüber. Deren Deckelung sichere Kohlekraftwerke und helfe damit eben nicht dem Klima, beanstandete Brems die getroffene Neuregelung. Faktisch hebele diese den Einspeisevorrang für erneuerbare Energien aus, wenn aufgrund der nicht regelbaren Großkraftwerke ein Überangebot an Strom herrsche.

Dieser Deckel bedeute das Risiko sinkender Renditen für Windenergie und erschwere damit deren Finanzierung, meinte auch Kai Schmalenbach (PIRATEN). Dies stelle insbesondere für kleine Unternehmen ein Problem dar. Nach seiner Ansicht hätten es kleine- und mittelgroße Stromanbieter zukünftig schwerer, an den Markt zu gehen. Insofern versuche die aktuelle Reform, die bestehenden Oligopole zu erhalten. Da aber die Arbeitsplätze in diesen Strukturen auf lange Sicht doch wegfallen würden, sei es sinnvoller, sich schon heute auf die Zukunftsbranchen der erneuerbaren Energien zu konzentrieren und den Ausstieg aus der konventionellen Energieversorgung konstruktiv zu begleiten.

"Sie hätten etwas verändern können", erinnerte auch Umweltminister Johannes Remmel (GRÜNE) die FDP an deren Zeit in der Bundesregierung. Mit Blick auf die Ausgleichsregelung oder die bestehenden Anlagen sei sie bewusst untätig gewesen. Die rot-grüne Landesregierung habe dafür gesorgt, dass die jetzige Reform den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht ausbremse und dass gleichzeitig die Ausgleichsregelung für stromintensive Betriebe gesichert werde, betonte Remmel ebenso wie Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD). Beide erklärten, auch wenn man sich beim Eigenstrom anderes gewünscht habe, werde man die Gesamtreform nicht daran scheitern lassen und damit Arbeitsplätze gefährden.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 45. Jahrgang, 11.7.2014, S. 11
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. August 2014