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NORDRHEIN-WESTFALEN/2136: Sachverständige diskutieren Zukunft der Elektromobilität (Li)


Landtag intern 7/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Antrieb aus der Steckdose Sachverständige diskutieren Zukunft der Elektromobilität

Von Daniela Braun



25. Juni 2014 - Tankst Du noch oder lädst Du schon? Über den Einsatz elektrischer Fahrzeuge in den kommenden Jahrzehnten haben Sachverständige im Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk auf Antrag der CDU-Fraktion (Drs. 16/4827) beraten. Die größte Herausforderung sahen die Fachleute in den derzeit noch relativ hohen Anschaffungskosten. An den Kapazitäten des Stromnetzes jedenfalls dürfte das Wachstum des Elektromobilitätsmarktes wohl nicht scheitern.


"Wenn der Preis für ein Elektromobil sinkt, egal wie dies geschieht, dann steigt die Nachfrage", prognostizierte Dr. Mark Walcher von der Smartlab Innovationsgesellschaft aus Aachen. In den Niederlanden etwa hätten Förderprojekte den Elektromobilitätsmarkt deutlich angeheizt. Hingegen passiert in dieser Richtung nach Auffassung des Unternehmers in Deutschland bislang relativ wenig. Mehr innovative Förderprojekte seien daher wünschenswert, um die Kosten für Fahrzeuge zu senken.

Diese Einschätzung bestätigte Christoph Humpert vom Verband kommunaler Unternehmen für die Stadtwerke: Ohne Fördergelder gebe es dort meist keine größeren Elektromobilitätsprojekte. Insgesamt sei das Thema für die kommunalen Unternehmen bislang eher eine Marketingsache. Viel hänge aber auch vom persönlichen Engagement des jeweiligen Stadtwerke-Chefs ab und davon, wie sehr die einzelne Kommune hinter der Idee stehe. Dabei haben Elektrofahrzeuge laut Thomas Kiel vom Städtetag NRW für den gemeindlichen Einsatz - abgesehen von den hohen Kosten - einige Vorteile: So seien sie unter anderem leise und schadstofffrei - wobei der Vorsprung bei der CO2-Vermeidung eher noch Zukunftsmusik sei, wie Georg Wilke vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie einwarf. Der Effekt hänge von einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien im Stromnetz ab.

Als weiteren Vorteil hob Dr. Matthias Dürr vom Forschungszentrum Jülich hervor, dass Elektroautos weniger Fahrzeugteile hätten. So fielen etwa Auspuffsystem und Getriebe gegenüber dem konventionellen Auto weg, was sich positiv auf die Unterhaltskosten auswirke. Ein Nachteil hingegen sei die noch relativ geringe Reichweite der Batterie, berichtete Beatrice Degand vom Autohersteller Renault. Diese zu erhöhen, stehe aktuell im Fokus. Degand geht von 30 bis 50 Prozent mehr Kapazität in den kommenden zehn Jahren aus.

Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland nach Angaben von Dürr rund 16.000 Elektrofahrzeuge. Und er stellte fest: "Die Kurve steigt stark nach oben." Ob am Ende das Ziel der Bundesregierung von einer Million E-Autos im Jahr 2020 erreicht werde, sei dabei gar nicht so entscheidend. Fest stehe aber, wie zahlreiche Fachleute wiederholt betonten, dass die Anschaffungskosten sinken müssten.

Auch Sven Spurmann von der TU Dortmund kam zu dem Schluss: "Der elektrische Antrieb ist definitiv die Antriebsform für die nächsten 150 Jahre." Offen ist laut Thomas Puls, leitender Ökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft, allerdings noch die Frage, was letztendlich der Stromspeicher für die Elektroautos sein wird. Denkbar seien unter anderem gewöhnliche Batterien, Lithium-Luft-Batterien, Wasserstoff oder chemische Speicher, Stichwort Power to Gas. Puls geht davon aus, dass es in den kommenden 10 bis 15 Jahren einen evolutionären Übergang zum Elektromobil geben wird.

Für das Stromnetz jedenfalls stelle das Millionenziel der Bundesregierung keine übermäßige Herausforderung dar. Ähnlich schätzte dies RWE-Vertreter Claus Fest ein. Wichtig sei, dass unter allen Umständen ein ordnungspolitischer Flickenteppich verhindert werde - denn dies wäre ein "Super-Gau" für die Elektromobilität. Fest rief deshalb dazu auf, dass sich die unterschiedlichen Akteure und Ebenen in Deutschland regelmäßig austauschten. Dem stimmte Andreas Allebrod von der Drive-Carsharing GmbH zu: "E-Mobilität ist ein Netzwerkthema, das macht keiner alleine."

Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, müsse die Infrastruktur von Ladestationen mit der Zahl der Fahrzeuge wachsen, betonte Städtetagsvertreter Kiel. Hierbei bräuchten die Kommunen Unterstützung, forderte Dr. Frank-Michael Baumann von der Energieagentur NRW. Gleichzeitig plädierte er für Projekte, die E-Autos sichtbar machten und auf die Straße brächten. Davon verspreche er sich mehr Akzeptanz für die Elektromobilität. Bevor sich diese jedoch im klassischen Alltag durchsetze, so zeigte sich Volker Wente vom Verband deutscher Verkehrsunternehmen überzeugt, werde der öffentliche Nahverkehr verknüpft mit Car-Sharing-Projekten und Co. wohl noch einiges an Pionierarbeit zu leisten haben.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 45. Jahrgang, 11.7.2014, S. 16
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2014