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NORDRHEIN-WESTFALEN/2139: Expertenanhörung zum geplanten Hochschulzukunftsgesetz (Li)


Landtag intern 7/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
Umstrittene Koordinierung
Expertenanhörung zum geplanten Hochschulzukunftsgesetz

Von Christoph Weißkirchen



18. Juni 2014 - 680.000 Studierende sind derzeit an den Hochschulen in NRW eingeschrieben. Um sie, ihre Studienbedingungen, die Handlungsspielräume der Hochschulen sowie den Grad der Landesplanung geht es im geplanten Hochschulzukunftsgesetz der Regierung. In einer Anhörung von Wissenschafts- und Frauenausschuss wurde der Entwurf vor allem in puncto Steuerungsmechanismen kritisiert und in puncto Sozialschutz begrüßt. Den Fachleuten lag des Weiteren der Entwurf eines Wissenschaftsgesetzes der PIRATEN-Fraktion vor.


"Warum vertrauen Sie Ihren Hochschulen nicht?": Diese Frage von Prof. Dr. Dieter Lenzen (Hochschulrektorenkonferenz) fasste ein zentrales Kritikelement der Fachleute mit Blick auf das vorgesehene Hochschulzukunftsgesetz (Drs. 16/5410) zusammen. Sie befürchten eine Einschränkung der Autonomie der Hochschulen.

Kernpunkt der Kritik: Die Regierung schaffe sich die Möglichkeit, über Rahmenvorgaben in die Hochschulen einzugreifen, so Heinz-Joachim Henkemeier (Arbeitsgemeinschaft der Kanzler der Fachhochschulen). Sie könne zukünftig Rahmenvorgaben formulieren und auch durchsetzen. Dies bedeute die Möglichkeit zur Detailsteuerung, nehme Flexibilität und führe zu mehr Bürokratie, so Prof. Dr. Ursula Gather (Landesrektorenkonferenz der Universitäten). Aus ihrer Sicht drohe durch die faktische Rücknahme der Hochschulautonomie eine Schwächung der Wettbewerbs- und Innovationskraft der nordrhein-westfälischen Wissenschaftslandschaft.

Durch die geplante Stärkung der ministeriellen Einflussmöglichkeiten zeige sich ein Geist des Misstrauens gegenüber den Hochschulen, befürchtete ebenso Prof. Dr. Martin Sternberg (Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen). Und auch der vorgesehene Landeshochschulentwicklungsplan gehöre nicht ins Ministerium, sondern ins Parlament, unterstrich Dr. Annette Fugmann-Heesing (Hochschulratsvorsitzende der Universitäten).

Prof. Kurt Mehnert (Landesrektorenkonferenz der Kunst- und Musikhochschulen) bemängelte, die Betroffenen seien bei der Erarbeitung des Gesetzes nicht einbezogen worden. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf sei ein gravierender Eingriff an der Realität vorbei, so sein Fazit.

Soziale Aspekte

Die negativen Folgen der gegenwärtigen Flexibilität hätten die Beschäftigten zu tragen, zeigte dagegen Andreas Meyer-Lauber (DGB) einen anderen Aspekt der Debatte auf. Dies zeige sich in gravierenden Mängeln bei den Beschäftigungsbedingungen, die aus seiner Sicht nur durch staatliche Rahmenvorgaben abgestellt werden könnten, begrüßte er den Ansatz des geplanten neuen Gesetzes. Für Studierende sah er die vorgesehene Möglichkeit eines Teilzeitstudiums als Verbesserung an. Sie müssten darüber hinaus das Recht erhalten, nach einer erfolgreich absolvierten Bachelor-Prüfung ein Master-Studium beginnen zu können, forderte Meyer-Lauber. Vor allem müssten Universitäten den Studentinnen und Studenten nicht nur wissenschaftliche Inhalte und Berufsqualifikationen vermitteln, sondern sie auch zu Bürgerinnen und Bürgern ausbilden. Von daher komme der inneren Demokratie an der Hochschule eine besondere Bedeutung zu.

"Was ist schlecht daran, wenn es Regeln für gute Beschäftigung gibt, wenn die Rechte der Beschäftigten gestärkt werden?", fragte gleichfalls Klaus Böhme (Landespersonalrätekonferenz der Hochschulen). Allerdings müsse dieser Aspekt in der kommenden Hochschulgesetznovelle weiter konkretisiert werden, forderte Bernadette Stolle (Landepersonalrätekonferenz). Ebenso wie Sonja Lohf vom Landes-Asten-Treffen NRW forderte sie weitergehende Schritte hinsichtlich der Beteiligungsmöglichkeiten des wissenschaftlichen Personals in der akademischen Selbstverwaltung.

Hochschulrat - Senat

Eine weitere Diskussionsrunde behandelte insbesondere die Zusammensetzung und Aufgaben des Hochschulrates sowie dessen Verhältnis zum Senat. So sprach sich Ralf Richter (Hans-Böckler-Stiftung) dafür aus, die Hochschulräte erstens weniger wirtschaftsbezogen zu besetzen und ihnen zweitens nur eine beratende Rolle zu geben. Gerade die Verbindung zur Wirtschaft sei die Stärke der Hochschulräte, meinte dagegen Michael F. Bayer (Industrie- und Handelskammer NRW).

In ihrer heutigen Rolle seien die Hochschulräte verfassungsrechtlich hoch problematisch, wandte Prof. Dr. Thomas Stelzer-Rothe (Hochschullehrerbund) ein. Gleiches sah Torsten Bultmann (Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler) mit Blick auf die Kombination von Hochschulrat und Hochschulleitung. Er unterstützte ebenso wie Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup (Westfälische Hochschule Recklinghausen) die vorgesehene Stärkung des Senats. Um ein attraktives Gremium zu bleiben, müsse ein Hochschulrat aber doch echte Kompetenzen behalten, hielt Horst-Werner Maier-Hunke (Landesvereinigung der Unternehmensverbände) dagegen.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 45. Jahrgang, 11.7.2014, S. 21
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. August 2014