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NORDRHEIN-WESTFALEN/2149: Längeres Leben zu Hause durch wohnortnahe Gesundheitsversorgung (Li)


Landtag intern 9/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

"Mehr Daheim als Heim"
Längeres Leben zu Hause durch wohnortnahe Gesundheitsversorgung

Von Christoph Weißkirchen



1. Oktober 2014 - Angesichts der höheren Lebenserwartung wolle man mehr selbstbestimmte und aktivere Lebensjahre. Dieser Zielsetzung von Gesundheitsministerin Steffens schlossen sich alle Landtagsfraktionen an. Daher fand der Ansatz des "GEPA NRW", die notwendigen wohnortnahen Betreuungs- und Pflegeangebote deutlich auszubauen, allgemeine Zustimmung. Denn die Zahl der pflegebedürftigen Menschen werde, auch angesichts des demografischen Wandels, deutlich ansteigen.


Die Sicherung von Würde und Selbstbestimmung auch bei Pflege- und Unterstützungsbedarf sei Leitlinie des Gesetzentwurfs, erläuterte Günter Garbrecht (SPD). Um es Menschen zu ermöglichen, in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben, müssten Pflege- und Betreuungsstrukturen quartiersnah ausgerichtet werden. Mehr Daheim als Heim, mehr ambulant als stationär - das sei die Grundausrichtung der zukünftigen Strukturen, so Garbrecht. Dazu gehöre auch, die pflegenden Angehörigen mehr als bisher als integralen Bestandteil der Pflegeinfrastruktur in NRW zu verstehen. Ebenso seien alle Versorgungsbereiche notwendig: die ambulanten, die stationären und die teilstationären.

Was jetzt verabschiedet werden solle, sei gut, bekräftigte auch Peter Preuß (CDU). Der vorliegende Gesetzentwurf berücksichtige in angemessener Weise die Interessen aller, die in der Altenpflege tätig seien und Verantwortung trügen, sowie auch die Interessen der Pflegebedürftigen selbst. Preuß begrüßte den gemeinsamen Änderungsantrag aller Fraktionen vor allem hinsichtlich der finanziellen Rahmenbedingungen. Gleichzeitig unterstützte er den Ansatz, alternative Wohnformen, betreutes Wohnen, Hausgemeinschaften und ambulante Pflege zu fördern. Pflege werde zu einem großen Teil in der Familie geleistet, sei aber auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Die Zahl der älteren sowie auch der pflegebedürftigen Menschen werde zunehmen, so Arif Ünal (GRÜNE). Zunehmen werde auch die Zahl derjenigen, die keine Familienangehörigen hätten. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, wie auch pflegebedürftige Menschen im Alter in ihren Wohnungen und Quartieren bleiben könnten. Es sei notwendig, bei Bedarf die gesundheitliche und pflegerische Versorgung im unmittelbaren Wohnumfeld zu gewährleisten. Zu den Angeboten zählten das Wohnen mit Versorgungssicherheit in der eigenen Wohnung, Pflege- und Wohngruppen oder Haus- und Wohngemeinschaften, die auch rund um die Uhr Pflege und Unterstützung anböten.


Entscheidungsfreiheit

Die Menschen müssten die Chance haben, in Würde zu altern. Dies sei der FDP-Landtagsfraktion besonders wichtig, erklärte Susanne Schneider: "Liberal heißt hier, die Freiheit zu haben, sich für eine Pflegeform zu entscheiden." Notwendig seien die ideale Pflege und der optimale Pflegeort, und zwar für jeden individuellen Fall. Dies schließe auch den Wunsch vieler Menschen ein, so lange wie möglich in der eigenen Wohnung zu bleiben. Das vorliegende Gesetz bedeute eine Verbesserung der Betreuung und der Angebote: in Heimen, in Wohngemeinschaften und zu Hause. Ein Beispiel sei die notwendige Entlastung pflegender Familienangehöriger durch eine Kurzzeitpflege.

Durch das angestrebte Gesetz werde es möglich sein, die 70 Prozent der Pflegebedürftigen besser zu unterstützen, die heute im häuslichen Umfeld gepflegt würden und denkbar schlechte Versorgungsstrukturen hätten, meinte Olaf Wegner (PIRATEN). Dies betreffe auch Menschen, die aufgrund ihrer Hilfsbedürftigkeit zu Hause einsam verwahrlosten. So profitierten vor allem Menschen mit Gehbehinderung und Menschen ohne versorgende Familien von altersgerechten Mehrgenerationenhäusern und Quartiersentwicklungen. Das angestrebte Gesetz wecke allerdings die unrealistische Hoffnung, dass der Bedarf an stationären Pflegeeinrichtungen zurückgehe, kritisierte Wegner.

Den Gesetzentwurf hätten Landesregierung, Landtag, Verbände und Initiativen gemeinsam erarbeitet, hob Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, hervor. Er sei daher ein "Meilenstein für die Pflegepolitik in Nordrhein-Westfalen". Leider sei in den letzten zehn Jahren der Ausbau entsprechender quartiernaher Angebote nicht wirklich vorangekommen. Dies reiche von Einkaufsmöglichkeiten bis zur gesundheitlichen Versorgung. Auch brauchten viele pflegende Angehörige Unterstützung. Aufgrund einer verfehlten Steuerung hätten sich nicht wenige Kommunen aus der aktiven Pflegepolitik verabschiedet. Dieser Entwicklung steuere das aktuelle Gesetz entgegen.


Dem "Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen" (GEPA, Drs. 16/3388) stimmten SPD, CDU, GRÜNE, FDP, ein Teil der Fraktion der PIRATEN und der fraktionslose Abgeordnete Stein zu.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 45. Jahrgang, 5.11.2014, S. 8-9
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2014


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