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NORDRHEIN-WESTFALEN/2150: Leben im Alter - Neues Gesetz soll Selbstbestimmung und Autonomie stärken (Li)


Landtag intern 9/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

PLENUM
Leben im Alter
Neues Gesetz soll Selbstbestimmung und Autonomie stärken

Von Christoph Weißkirchen



Die Zahl der Pflegebedürftigen wird laut Prognosen in den nächsten 20 Jahren um 20 bis 25 Prozent steigen. Gleichzeitig nimmt aufgrund der demografischen Entwicklung die Zahl älterer Menschen insgesamt zu. Auf diese Entwicklung will das Land NRW vorbereitet sein. Das Ziel ist, dass Menschen selbstbestimmt und so lange wie möglich autonom in ihren gewohnten vier Wänden leben können.


Dazu braucht es die geeignete Infrastruktur. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger müssen Geschäfte, Ärzte, Apotheken in der Nähe und am besten barrierefrei erreichen können. Umgekehrt benötigen sie vor Ort, in ihrer Kommune, ein ausreichendes Angebot an qualifizierten Betreuungs- und Pflegediensten, die sie so lange wie möglich zu Hause versorgen können.

Dieser neue Ansatz ist eine Herausforderung für das Land wie die Kommunen gleichermaßen. Ansatz und Maßnahmen wurden nun festgeschrieben in einem Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demografiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur (GEPA-NRW, Drs. 16/3388). Es umfasst außerdem die Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten. Und zielt ab auf ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen sowie Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen.

Sie sollen, so die Begründung des Gesetzes, ihren Wunsch nach einer aktiven gesellschaftlichen Teilhabe bis ins hohe Alter verwirklichen und gemeinsam mit ihren Angehörigen eine angemessene Unterstützung finden, wenn sie auf Pflege und Betreuung angewiesen sind.


Angebote vor Ort

Damit dies gelingt, müssen nicht nur Wohnungen barrierefrei ausgestaltet sein. Auch die Umgebung, in der man lebt. Beispielsweise werden zwei Drittel aller pflegebedürftigen Menschen und Demenzerkrankten zu Hause, in ihren Familien betreut. Daher, so das neue Gesetz, sei der quartiernahe Ansatz wohlbegründet und zwingend: "Nur bei einer quartiersnahen Versorgung treten zu Selbstverantwortung und Selbstbestimmung bei den älteren und pflegebedürftigen Menschen die Bewahrung der sozialen Einbindung im vertrauten Wohn- und Lebensumfeld in gewünschtem Maße hinzu."

Zur besseren Vorbeugung will man künftig Altenpolitik und Pflegepolitik verstärkt miteinander verzahnen. Die entsprechende Weiterentwicklung des Landespflegegesetzes zu einem Landesalten- und -pflegegesetz bedeutet damit auch eine Abkehr von der bislang vorherrschenden Fokussierung auf die Strukturen der rein professionellen Pflege in größeren Einrichtungen, weg vom eigenen Heim. Der neue Ansatz laute "ambulant vor stationär", aber nicht "ambulant statt stationär", so ein wichtiger Punkt auch in den Beratungen des zuständigen Fachausschusses des Landtags. Generell unterstrich dieser in einem breit getragenen Änderungsantrag (Drs. 16/6873) unter anderem die Notwendigkeit stärkerer Steuerungsmöglichkeiten seitens der Kommunen.

Denn die neuen Regelungen bedeuten auch ein verändertes Verständnis der Aufgabenschwerpunkte von Land und Kommunen. Konkret geht es um die Stärkung und - wo nötig - den Ausbau der notwendigen Infrastruktur. Dies soll dadurch erreicht werden, dass man das lokale soziale Geschehen im Vorfeld einer möglicherweise notwendigen Pflege und dann für die Zeit einer Pflege stabilisiert und stärkt. Insgesamt geht es also um die Schaffung und Gestaltung eines inklusiven Gemeinwesens, in dem Alt und Jung, pflegebedürftige und nicht pflegebedürftige Menschen zusammenleben.

Angestrebt wird auch die Schaffung eines Angebots neuer Wohnformen, die eine Alternative zu stationären Einrichtungen darstellen sollen. Gleichzeitig müsse aber der ordnungsrechtliche Schutz von pflegebedürftigen Menschen sowie von Menschen mit Behinderungen beibehalten werden. Um dies zu erreichen, wurde auch das Wohn- und Teilhabegesetz entsprechend weiterentwickelt. Darin wurden die Anforderungen an verschiedene Wohn- und Betreuungsangebote neu gestaltet. So soll es künftig Vorschriften für klassisch stationäre Einrichtungen, für Wohngemeinschaften sowie für Kurzzeitbetreuung, Tagesund Nachbetreuung bzw. Hospize geben.

Insgesamt verfolgen sowohl die Weiterentwicklung des Landespflegegesetzes als auch des Wohn- und Teilhabegesetzes das Ziel, das Leben in der eigenen Wohnung ebenso wie alternative Wohnformen zu fördern. Dies umfasst die dazu notwendige ambulante Versorgung sowie eine entsprechende Ausgestaltung des jeweiligen Wohnquartiers. Bestehende stationäre Einrichtungen sollen - falls notwendig - modernisiert werden. In der Erläuterung des Gesetzes schreibt die Landesregierung, dass sie keinen Ausbau von Kapazitäten im stationären Bereich anstrebt. Vielmehr könnten diese mittelfristig durch quartiersnahe, kleinräumige Angebote ersetzt werden.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 45. Jahrgang, 5.11.2014, S. 8-9
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2014


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