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NORDRHEIN-WESTFALEN/2176: Rätsel Pfandflasche (Li)


Landtag intern 2/2015
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Rätsel Pfandflasche
Anhörung: Was steckt hinter Mehrweg und Einweg?

Von Michael Zabka


12. März 2015 - Sind Pfandflaschen automatisch Mehrwegflaschen? Rund 50 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher gehen einer Umfrage zufolge genau davon aus, sagen SPD, GRÜNE und PIRATEN. Das sei aber falsch. In einem gemeinsamen Antrag setzen sich die Fraktionen deshalb für eine eindeutige Kennzeichnung am Produkt und am Supermarktregal ein.


Die Maßnahmen sollen zu einer Erhöhung der Mehrwegquote beitragen. In einer Anhörung des Umweltausschusses zum Thema gingen die Meinungen jedoch auseinander.

Die derzeitige Marktentwicklung tendiere eindeutig zur Einwegflasche, heißt es in dem Antrag (Drs. 16/6852). Dies liege vor allem an den Discountern, die sich "dem Mehrwegsystem verweigern". Aus ökonomischen und ökologischen Gründen müsse diesem Trend entgegengesteuert werden.

So sieht es auch die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten. Es müsse dringend gehandelt und für alle Beteiligten Klarheit und Verbindlichkeit geschaffen werden. Sonst bestehe die Gefahr, dass das Mehrwegsystem zumindest bei Mineralwasser und Erfrischungsgetränken komplett zusammenbreche. Zehntausende Arbeitsplätze könnten dann wegfallen, kleine und mittelständische Betriebe wären in ihrer Existenz bedroht. Außerdem: Mehrweg schone Ressourcen und die Umwelt.


Bessere Information

Der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels unterstützte den Vorstoß von SPD, GRÜNEN und PIRATEN ebenso wie die Deutsche Umwelthilfe und die Initiative Mehrweg. Diese hielten eine zusätzliche Abgabe auf "unökologische Getränkeverpackungen" für dringend erforderlich. Aus sozioökonomischer Sicht sei das Mehrwegsystem "Garant für regional strukturierte Wirtschaftskreisläufe", hieß es in der Stellungnahme der Genossenschaft Deutscher Brunnen. "Bürgerinnen und Bürger brauchen mehr Durchblick beim Getränkekauf ", so die Verbraucherzentrale NRW. Nur so könne "der dramatische Einbruch des Verkaufs von Mehrwegflaschen gestoppt werden".

Der Gesamtbetriebsrat von Coca-Cola sprach sich ebenfalls für Mehrwegflaschen aus, sie seien Einwegverpackungen "aus ökologischer und sozialer Hinsicht überlegen". Dennoch sei die Stabilität des Mehrwegsystems "aufgrund der steigenden Nachfrage nach Einwegverpackungen durch die Handelsriesen gefährdet". Man lehne daher die Entscheidung der Coca-Cola-Unternehmensleitung, mittelfristig 25 Prozent des bisherigen Mehrwegvolumens abzubauen und den Vertrieb von Einweg-Getränkeverpackungen zu erhöhen, entschieden ab.

Eine andere Position bezogen der "Bund Getränkeverpackungen der Zukunft" und die Firma "Lekkerland". Die im Antrag gestellten Forderungen seien "unverhältnismäßig und nicht zielführend für eine sinnvolle und zukunftsweisende Kreislaufwirtschaft". Vielmehr gefährdeten sie die "nachweislich erzielten Erfolge des DPG-Pfandsystems in Deutschland". Ein- und Mehrwegsysteme müssten "mit ihren spezifischen Eigenschaften in Bezug auf Gewicht, Rück-, Umlauf- und Recyclingquoten sowie Transportdistanzen als gleichwertige Systeme beurteilt werden". Bereits heute würden bis zu 96 Prozent der zurückgegebenen Einwegflaschen recycelt. Ähnlich argumentierte die "Arbeitsgemeinschaft konsumenten- und ökologieorientierte Getränkeverpackungen". Zusätzliche Abgaben auf Einwegflaschen würden eine "unangemessene und durch nichts zu rechtfertigende Diskriminierung darstellen".

Es gebe keine aktuellen Ökobilanzen für Getränkeverpackungen, die den notwendigen Anforderungen an Methode, Datenherkunft und Transparenz genügten, so die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung. Die Ergebnisse aus den Jahren 1995 und 2000 seien zumindest hinsichtlich der Datengrundlagen überholt: "Die Hypothese einer Annäherung der Verpackungssysteme Einweg und Mehrweg ist jedoch naheliegend." Eine eindeutige Kennzeichnung der Systeme sei sinnvoll, kaufentscheidend seien jedoch eher Qualität und Preis. Daran werde die Kennzeichnung nichts ändern.

Der Handelsverband Nordrhein-Westfalen unterstütze grundsätzlich alle Maßnahmen zur Stärkung der Mehrwegquote. Gleichwohl seien auch bei Einwegflaschen in den vergangenen Jahren ökologische Fortschritte erzielt worden, die bei Systemvergleichen meist nicht berücksichtigt würden. Beide Systeme hätten ihre Daseinsberechtigung, so die IG Metall Koblenz. Die "Bedingungen guter Arbeit" sollten bei der Gesamtbetrachtung eine wesentliche Rolle spielen.

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Quelle:
Landtag intern 2 - 46. Jahrgang, 18.3.2015, S. 9
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Mai 2015

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