Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE


NORDRHEIN-WESTFALEN/2181: Neues Jagdrecht für NRW (Li)


Landtag intern 3/2015
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Neues Jagdrecht für NRW
Umstrittenes Gesetz nach langer Diskussion verabschiedet

Von Wibke Busch und Michael Zabka


29. April 2015 - Kaum ein anderes Gesetzesvorhaben ist in den vergangenen Monaten derart kontrovers diskutiert worden wie das neue Jagdgesetz. Höhepunkt: Rund 15.000 Jäger, Land- und Forstwirte demonstrierten im März vor dem Landtag gegen die Pläne der Landesregierung. Der Entwurf enthielt ihrer Ansicht nach zu viele Verbote, sie sorgten sich um die Zukunft der Jagd in NRW.


Umstritten war auch die vorgesehene Wiedereinführung der Jagdsteuer. Sie ist mittlerweile vom Tisch - und das Gesetz verabschiedet. Dessen Ziel: Jagd soll sich stärker als bisher an Tierschutz und ökologischen Prinzipien ausrichten. So werden Totschlagfallen und der Abschuss streunender Katzen verboten. Die Liste der jagdbaren Arten wird eingeschränkt.

"Wir haben unser Versprechen gehalten", sagte Norbert Meesters (SPD) und wies auf "durchaus wesentliche und wichtige Änderungen" im neuen Jagdgesetz hin. Leider aber rede der Landesjagdverband diese Änderungen und damit den eigenen Erfolg klein. In einem Dialog müsse man auch Kompromisse eingehen. Es sei gelungen, ein "modernes, praktikables Jagdgesetz" vorzulegen. Es trage dazu bei, die gesellschaftliche Akzeptanz der Jagd zu erhöhen. "Wir wollen das Gesetz beobachten und evaluieren", kündigte Meesters an. Dabei setze man auch auf die Kompetenz der Jägerschaft.

Rainer Deppe (CDU) kritisierte das Verfahren; es sei nicht ordentlich gewesen. Das Gesetz sei "durchgepeitscht" worden und ein Beispiel für die "alte Arroganz der Macht von Rot-Grün". Deppe sprach von einem "vermurksten Gesetz", in der Öffentlichkeit sei das "Zerrbild des schießwütigen Jägers" gezeichnet worden. Die vorgenommenen Änderungen seien minimal. Dafür hätten Jäger und Landwirte nicht demonstriert. Das Gesetz sei von "Besserwisserei" und "ideologischer Gängelei" geprägt. "Die Jäger hätten unsere Unterstützung verdient", erklärte Deppe.

"Wir verabschieden ein Jagdrecht, das unser Bundesland auf die Höhe der Zeit bringt", sagte Norwich Rüße (GRÜNE). Es trage den geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung. Nordrhein-Westfalen schlage mit dem Gesetz im Übrigen keinen Sonderweg ein. Vielmehr befinde man sich in guter Gesellschaft mit anderen Bundesländern. In den vergangenen Wochen habe man intensiv über Änderungen beraten. Mit dem Verzicht auf eine Wiedereinführung der Jagdsteuer sei man den Jägern weit entgegengekommen. Gute Argumente seien gehört und ins Gesetz aufgenommen worden.

Für die FDP-Fraktion sagte Karlheinz Busen, dass Rot-Grün mit dem neuen Gesetz den gesamten ländlichen Raum düpiere. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von SPD und GRÜNEN hätten weder auf Bürger noch auf die Praktiker gehört und ein "schlechtes Gesetz" im "Schweinsgalopp" durch den Landtag gepeitscht. Dieses Gesetz widerspreche dem Natur- und dem Tierschutz. Die Landesregierung habe zugleich eine jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Politik und den Jägerinnen und Jägern aufgekündigt. Ihr fehle "der Respekt vor deren Leistung und deren gesellschaftlichem Engagement".

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) nannte das neue Gesetz dagegen "überwiegend gelungen". Die Regierungsfraktionen von SPD und GRÜNEN seien Argumenten zugänglich gewesen. Am Ende habe es gute Kompromisse gegeben. Es sei nicht um ein Jagdverbot gegangen, sondern um die Reform eines "antiquierten" Jagdrechts in Nordrhein-Westfalen. Rohwedder kritisierte allerdings das Vorgehen der Koalitionsfraktionen im Landtag. So sei der Änderungsantrag "durchgedrückt" worden, ohne dass er im zuständigen Fachausschuss vorgelegt worden sei. Im Sport gäbe es bei einem solchen Vorgehen "massive Abzüge in der B-Note".

Umweltminister Johannes Remmel (GRÜNE) verteidigte das neue Jagdgesetz. Es sorge für mehr Tier-, Natur- und Waldschutz an Rhein und Ruhr und sende ein Signal über Nordrhein-Westfalen hinaus. Der Minister erinnerte einerseits an den Protest der Jägerinnen und Jäger gegen die Novellierung. Er betonte andererseits, dass es einen "enormen Zuspruch" zu dem Gesetz aus allen Bevölkerungsgruppen gegeben habe. CDU und FDP warf er vor, ein Bild des ländlichen Raumes zu zeichnen, das es so nicht mehr gebe. Er habe die Hoffnung, dass nach der Verabschiedung des Gesetzes durch den Landtag der "Pulverdampf " verrauche.


Das Gesetz (Drs. 16/7383) wurde in namentlicher Abstimmung verabschiedet; dafür stimmten 137 Abgeordnete, 86 waren dagegen. Drei Abgeordnete enthielten sich.
Ein Video der Plenarsitzung finden Sie auf der Internetseite des Landtags unter:
www.landtag.nrw.de

*

Quelle:
Landtag intern 3 - 46. Jahrgang, 30.4.2015, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -21 07, -23 09
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang