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NORDRHEIN-WESTFALEN/2217: Köln und die Folgen (Li)


Landtag intern 1/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Köln und die Folgen
Landtag setzt Untersuchungsausschuss ein

Von Christian Wolf, Sonja Wand und Wibke Busch


27. Januar 2016 - Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll die Ereignisse am und im Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht aufklären (siehe auch Berichte auf den Seiten 4 und 5). Der Landtag beschloss die Einsetzung des Gremiums mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, GRÜNEN, FDP und des fraktionslosen Abgeordneten Daniel Schwerd.


Die PIRATEN enthielten sich. Dem Untersuchungsausschuss (Drs. 16/10798) werden zwölf Mitglieder angehören. Den Vorsitz übernimmt Peter Biesenbach (CDU), stellvertretender Vorsitzender ist Martin Börschel (SPD).

Der Untersuchungsauftrag erstreckt sich u.a. auf die Personalsituation der Polizei, die sogenannten Hogesa-Krawalle bei Köln im Jahr 2014 sowie die sexuelle Gewalt gegenüber Frauen und sogenannte No-Go-Areas, also rechtsfreie Räume.

Für die CDU-Fraktion sagte Peter Biesenbach, vorrangige Aufgabe des Gremiums müsse sein, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat wiederherzustellen. Er betonte: "So etwas darf sich nicht wiederholen." Er freue sich auf die Arbeit im Ausschuss, mache sich aber keine Illusionen: Die Mitglieder hätten einen "Berg an Arbeit" vor sich. Erfolg werde das Gremium haben, wenn es sich ernsthaft kümmere, Lösungen finde und Vertrauen wiederherstelle.

Marc Lürbke (FDP) nannte die Silvesternacht eine "Zäsur für das Sicherheitsgefühl" der Bevölkerung. Das Vertrauen in den Rechtsstaat sei "in erheblichem Maß" beschädigt worden. Folge seien "erste Formen der Selbstjustiz" und Bürgerwehren. "Das ist ein brandgefährlicher Trend, den wir nicht dulden können und wollen." Daher sei es Aufgabe des Untersuchungsausschusses, Vertrauen zurückzugewinnen. Es sei eine "lückenlose Aufarbeitung" notwendig.

Für eine transparente und vorurteilsfreie Aufarbeitung ohne Mutmaßungen und Unterstellungen sprach sich der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Willi Körfges aus. Ziel müsse es sein, Fehler bei der Landes- sowie bei der Bundespolizei aufzuarbeiten. Es gehe nicht nur um die Geschehnisse vor dem Hauptbahnhof, sondern auch im Gebäude. Der Untersuchungsausschuss dürfe aber kein Ort für "parteipolitisches Kalkül" werden, mahnte Körfges.

Sexualisierte Gewalt

Dass auch das Thema sexualisierte Gewalt in der gesamten Gesellschaft thematisiert werden soll, begrüßte Matthi Bolte (GRÜNE). Solche Taten passierten im Alltag tausendfach, ohne dass die Täter zur Rechenschaft gezogen würden. Nötig sei eine bessere Prävention. Die Aufklärung der Silvester-Übergriffe sei man den Frauen, aber auch den Flüchtlingen schuldig. "Die Menschen dürfen jetzt nicht einem Generalverdacht ausgesetzt werden", sagte Bolte.

Seine Fraktion lehne den Untersuchungsausschuss ab, erklärte PIRATEN-Fraktionsvorsitzender Michele Marsching: "Wir brauchen keinen erneuten Missbrauch der Opfer für Wahlkampfzwecke." Er vermisse die Opferperspektive im Katalog der Fragen, die der Ausschuss klären solle. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss stelle nicht das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder her. Stattdessen solle der Innenminister zurücktreten und einem Nachfolger "mit Rückgrat" Platz machen.

Zwar ändere auch ein Untersuchungsausschuss an diesem "vollkommenen Staatsversagen" nichts, aber Aufklärung tue "bitter Not", erklärte der fraktionslose Abgeordnete Daniel Schwerd.

Ein Änderungsvorschlag des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd (Drs. 16/10884) wurde abgelehnt.


THEMA IN AUSSCHÜSSEN
Die Übergriffe in der Silvesternacht waren auch Thema in den Fachausschüssen. Für den Rechtsausschuss (20. Januar 2016) hatte die FDP eine Aktuelle Viertelstunde zum 15-Punkte-Programm der Landesregierung beantragt. Ebenfalls am 20. Januar befasste sich der Ausschuss für Frauen, Gleichstellung und Emanzipation mit den Übergriffen. Im Innenausschuss standen die Übergriffe am 21. Januar erneut auf der Tagesordnung. Zuvor hatte es bereits eine Sondersitzung dazu gegeben

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Quelle:
Landtag intern 1 - 47. Jahrgang, 02.02.2016, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2016

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