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NORDRHEIN-WESTFALEN/2223: Beistand für die Zeugen (Li)


Landtag intern 1/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Beistand für die Zeugen
Psychosoziale Prozessbegleitung Thema im Rechtsausschuss

Von Michael Zabka


20. Januar 2016 - Eine junge Frau wurde sexuell missbraucht. Nun soll sie als Zeugin vor Gericht aussagen. Davor hat sie Angst, denn sie weiß nicht, was sie dort erwartet. Helfen soll künftig eine psychosoziale Prozessbegleitung. Der Rechtsausschuss hat sich mit dem Thema befasst und dazu Experten aus Baden-Württemberg gehört.


Grundlage war ein Antrag der CDU-Fraktion (Drs. 16/10064). Sie hatte u. a. gefordert, umgehend ein Modellprojekt zur psychosozialen Prozessbegleitung auch in NRW zu starten - nach dem Vorbild des Projekts, das bereits in den baden-württembergischen Landgerichtsbezirken Ellwangen, Karlsruhe und Stuttgart umgesetzt wird. Auf diese Weise könne man die Zeit bis zum Inkrafttreten des 3. Opferrechtsreformgesetzes nutzen, um Erfahrungen zu sammeln. "Weil manche Opfer zum Teil erheblich unter den Tatfolgen leiden, stellt die Erfüllung ihrer Zeugenpflicht eine schwere Bürde für sie dar. Gerade deshalb muss die Justiz alles in ihrer Macht stehende tun, um besonders belastete Zeuginnen und Zeugen zu unterstützen und ihnen den Gang in den Zeugenstand zu erleichtern", hieß es im Antrag.

Projektleiterin Tina Neubauer stellte dem Ausschuss Inhalte und erste Erfahrungen aus Baden-Württemberg vor. Zielgruppen seien vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene mit besonderer Schutzbedürftigkeit - zum Beispiel Menschen mit Behinderungen oder psychischen Beeinträchtigungen. Je Landgerichtsbezirk seien zwei bis drei Prozessbegleiter und -begleiterinnen erforderlich. Sie erklärt Betroffenen, was nach einer Anzeige auf sie zukommt, wo sie Hilfe und rechtliche Unterstützung bekommen. Bei Kindern und Jugendlichen seien auch Kennenlerngespräche mit Richtern vorgesehen, sagte Neubauer. Die Erfahrungen seien positiv. "Kompetent begleitete Zeugen sind gute Zeugen", zitierte die Projektleiterin einen Richter.

Minister gegen Modellprojekt

Die Ausführungen stießen im Rechtsausschuss auf großes Interesse. Jens Kamieth (CDU) und Dirk Wedel (FDP) fragten nach der Vorlaufzeit des Projekts, Dagmar Hanses (GRÜNE) wies darauf hin, dass das 3. Opferrechtsreformgesetz bundesweit bereits am 1. Januar 2017 in Kraft treten werde und die psychosoziale Prozessbetreuung darin enthalten sei. Tanja Wagener (SPD) sprach in diesem Zusammenhang von einem sinnvollen Schritt.

Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) riet von einem Modellprojekt in NRW ab. Das Bundesgesetz werde bereits im Januar kommenden Jahres umgesetzt, darauf bereite man sich vor. Bislang gebe es im Land zehn Frauen und Männer mit der erforderlichen Qualifikation zur psychosozialen Prozessbegleitung. Derzeit sei das Ministerium mit Hochschulen und Fachhochschulen über Inhalte und Dauer der entsprechenden Lehrgänge im Gespräch. Geplant sei eine Zusammenarbeit mit freien Wohlfahrtsverbänden, die Justiz werde zudem eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter qualifizieren. Auf diese Weise solle sichergestellt werden, dass zum 1. Januar 2017 in jedem Gerichtsbezirk zumindest ein Ansprechpartner zur Verfügung stehe.

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Quelle:
Landtag intern 1 - 47. Jahrgang, 02.02.2016, S. 18
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2016

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