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NORDRHEIN-WESTFALEN/2232: Wirtschaftspolitik im Blickpunkt (Li)


Landtag intern 3/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Wirtschaftspolitik im Blickpunkt
Aktuelle Stunde zur Situation an Rhein und Ruhr

Von Wibke Busch, Daniela Braun und Michael Zabka


21. April 2016 - Die Wirtschaftspolitik der Landesregierung hat im Plenum für eine kontroverse Debatte gesorgt. Hintergrund: Aktuellen Daten zufolge war NRW beim Wirtschaftswachstum im Bundesländervergleich 2015 Schlusslicht, die Industrieproduktion an Rhein und Ruhr um 2,1 Prozent gesunken. Die Oppositionsfraktionen warfen Rot-Grün Versäumnisse vor. Der Wirtschaftsminister wiederum wies auf Belastungen durch die Energiewende hin.

FDP-Fraktionschef Christian Lindner sagte, wachsender Wohlstand sei nur mit einer prosperierenden Wirtschaft möglich. "Wachstum hebt wie die Flut alle Boote - die kleinen und die großen." Wenn es fehle, sei sozialer Aufstieg schwieriger. Der Landesregierung warf er vor: "NRW wird ärmer und perspektivloser. Und das ist Ihre Verantwortung." Er kritisierte u. a., Rot-Grün wolle mit dem Landesentwicklungsplan neue industrielle Flächen vermeiden und lege dem Mittelstand mit zunehmender Bürokratie Fesseln an. Dies müsse korrigiert werden. Rot- Grün solle zudem seine "ideologische Energiepolitik" aufgeben.

"Keine Analyse"

Die Landesregierung wolle den Bürgerinnen und Bürgern weismachen, dass jeder Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung trage, nur sie selbst nicht, kritisierte CDU-Fraktionschef Armin Laschet. Es fehle eine Analyse der derzeitigen Situation, und es fehlten die notwendigen Konsequenzen. Die aktuellen Zahlen müssten die "Sozialdemokratie wachrütteln - was soll denn noch passieren?" Und: "Wir wollen uns nicht in dieses Schicksal fügen und nicht so tatenlos zusehen wie Sie in dieser Frage", sagte er in Richtung Landesregierung. Die Menschen wollten, dass diese ihre Sorgen ernst nehme.

"Der ganze Plenarsaal ist überschwemmt mit Krokodilstränen", kritisierte Frank Sundermann (SPD) seine Vorredner. Wer sich seriös mit der aktuellen Wirtschaftslage befassen wolle, müsse zunächst über Ursachen reden. Dazu zählten u. a. die Probleme der großen Energiekonzerne, zu denen auch die ehemalige schwarz-gelbe Bundesregierung mit ihrer "Rückwärtsrolle beim Atomausstieg" beigetragen habe. Insgesamt, so Sundermann, blickten die NRW- Unternehmen aber zuversichtlich auf das Jahr 2016. Rot-Grün tue viel für die Wirtschaft, betonte der Abgeordnete und unterstrich: "Wir sind Europas attraktivster Wirtschaftsstandort."

"NRW ist nicht mehr das Herzland der Industrie", widersprach Dr. Joachim Paul (PIRATEN). Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes liege unter dem Bundesdurchschnitt, dasselbe gelte für die Zahl neuer Start-up-Unternehmen. "Woran es mangelt, sind Investitionen - nicht zuletzt öffentliche", kritisierte der Sprecher der PIRATEN-Fraktion. Daran habe NRW in den vergangenen Jahren fälschlicherweise gespart und sich stattdessen zu sehr auf die Staatsschulden konzentriert. Das Ergebnis sei ein Land im "Krisenmodus". Nach Auffassung von Paul fehlt es der Landesregierung an Ideen für eine kreative Wirtschaftspolitik.

Nordrhein-Westfalen sei für die Zukunft wesentlich besser aufgestellt, als CDU und FDP dies darstellten, sagte Reiner Priggen (GRÜNE). Bei beiden Fraktionen vermisse er eine Analyse der Situation. Seit 1990 hätten alle Bundesregierungen die Energiewende als Ziel angegeben, und von diesem Ziel sei NRW mit seiner Grundstoffindustrie besonders betroffen. Zwei Drittel der Emissionen stammten in NRW schließlich aus der Stromproduktion aus Stein- und Braunkohle. Wer behaupte, das Tarifvertragstreuegesetz sei ursächlich für die Schwierigkeiten in Nordrhein-Westfalen, leiste einen "absoluten Offenbarungseid".

Nordrhein-Westfalen sei noch nicht da, wo es hingehöre, sagte Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD). Die Aufholjagd habe aber längst begonnen: "Und wir haben einen langen Atem." Auch Duin wies auf Belastungen durch die Energiewende hin. NRW sei stärker betroffen als andere Länder. Der Anteil der Grundstoffindustrie liege in NRW bei 30 Prozent, im Bundesdurchschnitt (ohne NRW) bei 18 Prozent. Duin sah für das Land gute Perspektiven. Der Minister nannte Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und den Ausbau des Glasfasernetzes als "weiteren Aktivposten zur Förderung der digitalen Wirtschaft".

Für die Aktuelle Stunde lagen ein Antrag der FDP-Fraktion (Drs. 16/11754) sowie ein Antrag der CDU-Fraktion (Drs. 16/11755) vor.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 47. Jahrgang, 26.04.2016, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2016

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