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NORDRHEIN-WESTFALEN/2340: Kohle, Strom und Zukunft (Li)


Landtag intern 6/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Plenarbericht
Kohle, Strom und Zukunft
Landtag diskutiert in Aktueller Stunde über Energiepolitik

von Thomas Becker, Michael Zabka und Dr. Stephan Malessa


13. Juni 2018 - Die auf Bundesebene geplante Kommission zur Zukunft der Kohleverstromung stand im Mittelpunkt einer Plenardebatte. Dabei ging es auch um den Zeitpunkt des Ausstiegs aus der Braunkohle. Der Debatte lag ein Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zugrunde.


Der Titel des Antrags lautet "Zukunft der Kohleverstromung ökonomisch und sozial verantwortbar gestalten - Kommission 'Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung' muss Interessen des Industrie- und Energielandes Nordrhein-Westfalen im Blick haben" (Drs. 17/2800). In ihrem Antrag betonen die Fraktionen, dass nach Angaben der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie in NRW etwa 50.000 Beschäftigte im Zusammenhang mit der Kohleverstromung tätig seien. Die Arbeit der Kommission, deren Einsetzung das Bundeskabinett am 6. Juni 2018 beschlossen hatte, sei "von vitalem Interesse für das Industrie- und Energieland Nordrhein-Westfalen".

CDU-Fraktionsvorsitzender Bodo Löttgen sagte, die Kommission müsse Herausforderungen etwa der wirtschaftlichen Entwicklung, des Strukturwandels und des Klimaschutzes in den Blick nehmen. Zudem solle die Kommission einen Plan "zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung" vorlegen, sagte Löttgen. Das Ende des Braunkohleabbaus sei in NRW für 2045 vorgesehen. Änderten sich technologische Möglichkeiten, könne es "unter Abwägung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkte auch gelingen, bezahlbare Versorgungssicherheit mit einem früheren Abbauende zu verbinden".

Die Kommission sei "keine Kohleausstiegskommission", sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christof Rasche. "Das Ziel der Kommission muss sein, sichere, bezahlbare und umweltfreundliche Energieversorgung zu sichern; ein zu früher Ausstieg aus der Kohleverstromung widerspricht diesem Ziel." Dabei dürften auch Entwicklungen in anderen Industriestaaten nicht ignoriert werden. "Manche setzen auf Kohle-, manche setzen auf Atomstrom, eine ganze Reihe von Industriestaaten setzt sogar auf beide Energieträger. Kein einziger großer Industriestaat kommt auf die Idee, heute oder morgen beide Energieträger abzuschalten."

"Verantwortung für Menschen"

SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty bot den regierungstragenden Fraktionen Unterstützung an - vorausgesetzt, sie hätten einen "erkennbaren Kurs in der Energiepolitik dieses Landes". Dies sei aber nicht der Fall. Er warf der Landesregierung "völlige Konzeptlosigkeit" vor. Dies gelte auch für den Zeitpunkt des Kohleausstiegs: "Der Energiesektor ist kein Freibad, das man abhängig von der politischen Wetterlage öffnen oder schließen kann." Die Landesregierung müsse eine "begründete Position" entwickeln und selbst Verantwortung für die Menschen im rheinischen Revier übernehmen. Niemand dürfe "ins Bergfreie fallen".

Wibke Brems (Grüne) sprach von "scheinheiligen Bekenntnissen zum Klimaschutz" und einer Verklärung des Bergbaus. Dies mache sie wütend. Alle wollten weitermachen wie bisher - nach dem Motto: "Et hätt noch emmer joot jejange." Beim Klimaschutz funktioniere das aber nicht mehr. Deutschland verweigere sich wirksamen Maßnahmen "aus Angst vor der Industrie- und Kohlelobby". Die Treibhausgas-Emission in Deutschland stagniere seit Jahren, der Ausbau erneuerbarer Energien werde gebremst. Brems forderte einen Kohleausstieg vor dem Jahr 2045. Dies wünsche auch die Mehrheit der Deutschen.

"Eine günstige Energieversorgung ist eine wesentliche Voraussetzung für Wohlstand und Wachstum in der gesamten Welt", sagte Christian Loose (AfD). Der "Tod der Kohleverstromung" sei bereits beschlossen, kritisierte er. Dabei gebe es technische Fortschritte, z. B. durch einen erhöhten Wirkungsgrad der Kraftwerke, die heute weniger Kohle verbrauchten. Es seien über hundert Gigawatt Leistung aus Wind- und Solarkraftwerken in den Markt gedrückt und dadurch konventionelle Kraftwerke herausgedrängt worden. Er warnte, dass die Industrie aufgrund hoher Strompreise abwandere und sich das Investitionsklima verschlechtere.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, es gehe um mehr "als um eine "Kohleausstiegskommission". Der Klimaschutz sei ein wichtiges Ziel mit klaren völkerrechtlichen Vereinbarungen. Aber die Versorgungssicherheit sei das "Rückgrat des Industrielandes Deutschland und Nordrhein-Westfalens". NRW sei das "Land der energieintensiven Grundstoffindustrien", diese brauchten zu jeder Sekunde verfügbaren Strom. Die Kommission müsse im Blick haben, Klimaziele trotz des Ausstiegs aus der Kernenergie zu erreichen, Versorgungssicherheit zu garantieren und die soziale Abfederung und den Strukturwandel der Region zu begleiten.

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Quelle:
Landtag intern 6 - 49. Jahrgang, 19.06.2018, S. 3
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2018

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