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RHEINLAND-PFALZ/2716: Höhere Wertschätzung für Lebensmittel (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 39/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 22. Oktober 2012

Höhere Wertschätzung für Lebensmittel



Ein Antrag der Fraktion SPD und Bündnis 90/ Die Grünen soll die Wertschätzung von Lebensmitteln und geringere Verschwendung fördern. Die Regierungsfraktionen zeigten sich enttäuscht angesichts der Gegenstimme der CDU, die einen Alternativantrag eingereicht hatte und einen Verzicht auf "politische Denkmäler" forderte, um die Ernährungskompetenz der Bürger langfristig fördern zu können. Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen gegen die Stimmen der CDU angenommen, der Alternativantrag wurde abgelehnt.

Michael Billen (CDU) betonte die grundsätzliche Einigkeit aller Fraktionen. Man sei davon überzeugt, dass es ein Umdenken in der Gesellschaft geben müsse, damit Lebensmittel eine höhere Wertschätzung erhielten und dadurch weniger Verschwendung Einzug halten könne.

Der Antrag treffe ins Schwarze, so Thorsten Wehner (SPD). Es sei allein schon eine Frage der Ressourcen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. "Billig" könne es nicht immer geben, da die Kapazität der Erde begrenzt sei. Es gelte deshalb, ein grundsätzliches Umdenken in der Gesellschaft zu erreichen. Die richtige Ernährung müsse Teil der Erziehung sein, um eine langfristige Änderung im Bewusstsein der Bürger zu schaffen. Beispielsweise könne ein größerer Anteil an Bioprodukten in der Gemeinschaftsverpflegung durch einen Preisanstieg vermitteln, dass nachhaltige Ernährung nicht zum Tiefpreis möglich ist. Auch müsse man Verpackungen anpassen, um ein Umdenken weg von der Verschwendung zu ermöglichen. Es sei bedauerlich, dass sich die CDU trotz allgemeiner Einigkeit gegen den Antrag stelle, so Wehner. Es scheine so, als stelle diese sich immer dann stur, wenn es um das Prädikat "Bio" gehe.

In weiten Teilen der Gesellschaft nehme der bewusste Umgang mit Lebensmitteln einen geringen Stellenwert ein, kritisierte Johannes Zehfuß (CDU). Gesunde und nachhaltige Ernährung stehe hinter anderen Interessen der Bürger weit zurück, dies sei durch neuere Studien belegt worden. Die Gesellschaft trete damit ihre essentiellen Lebensgrundlagen mit Füßen. Ziel dürfe nicht sein, nur weniger Kilogramm Lebensmittel wegzuwerfen. Jedes weggeworfene Kilogramm sei eines zu viel, so Zehfuß. Oftmals würden Lebensmittel aus ästhetischen Gründen entsorgt. Der Weg zur Tonne scheine außerdem oftmals der einfachere zu sein, als der, Lebensmittel bestmöglich zu verwerten. Eine Bewusstseinsänderung in der Gesellschaft sei deshalb unumgänglich.

Auch Dietmar Johnen (Bündnis 90/Die Grünen) unterstrich die grundsätzliche Einigkeit aller Fraktionen. Seit den Siebziger-Jahren herrsche in Deutschland eine Überflussgesellschaft. "Alles frisch, zu jeder Zeit, für wenig Geld", das fordere der Verbraucher. Daran müsse gearbeitet werden. Es sei deshalb unausweichlich, hochwertige Lebensmittel zu verteuern. Nur so könne ein Umdenken erreicht werden, indem die marktbedingten Ursachen der Verschwendung strukturell aufgelöst würden. Zwischen Lebensmittelsicherheit und Abfallregulierung müsse daneben ein Gleichgewicht geschaffen werden. Mögliches Musterbeispiel dafür könnten die Niederlande sein, die eine Ernährungsplattform für Lebensmittelsicherheit geschaffen hätten. Johnen hob hervor, dass der Verbraucher sich regionalere und sichere Produkte wünsche, was es weiterhin zu fördern gelte.

Es dürfe nicht die Produktionssteigerung Maßstab der Politik sein, sondern Nachhaltigkeit, so Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken (Bündnis 90/Die Grünen). Nach einem Bericht der EU-Kommission landeten 50 Prozent der Lebensmittel auf dem Müll. Die Frage sei nun, wie damit umgegangen werden könne. Noch dazu seien die Folgen falscher Ernährung für einen beträchtlichen Teil der Gesundheitskosten verantwortlich. Dies gebe Anlass zum Handeln. Weltweit gesehen seien mittlerweile 45 Prozent der Kulturflächen durch falsche Produktionsweisen geschädigt und große Teile der Menschheit litten an Unterernährung so Höfken weiter.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 39/2012, Seite 4
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2012