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RHEINLAND-PFALZ/2836: Anerkennung beruflicher Qualifikationen (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 30/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 26. August 2013

Anerkennung beruflicher Qualifikationen



Der Landtag setzte sich auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Aktuellen Stunde mit Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels auseinander. Die Regierungsfraktionen wollten die Anerkennung von im Ausland erlangten beruflichen Qualifikationen in Deutschland erleichtern, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ein entsprechender Gesetzesentwurf werde ins Parlament eingebracht. Die CDU begrüßte die Initiative, forderte jedoch eine Strategie und umfassende Konzepte zur Reduzierung des Fachkräftemangels.

Gunther Heinisch (Bündnis 90/Die Grünen) forderte die Integration und eine umfassende Anerkennung von Menschen unterschiedlicher Herkunft. "Wir alle kennen die Beispiele hoch qualifizierter Fachkräfte, die weit unter ihren Qualifikationen beschäftigt sind, Menschen mit einer beruflichen oder akademischen Ausbildung, die Gebäude reinigen oder Taxi fahren", so Heinisch. Aus gesellschaftlichen wie auch aus wirtschaftlichen Gründen sei es irrational, wenn diese Menschen wegen einer schlechten Anerkennungspraxis ihre Qualifikationen nicht einsetzen könnten. In Deutschland seien derzeit rund 300 000 Menschen an einer Anerkennung ihrer in anderen Ländern erworbenen beruflichen Qualifikation interessiert. Gerade in Zeiten des demografischen Wandels und mit Blick auf den Fachkräftemangel sei es nicht vertretbar, diese Menschen mit ihren beruflichen Kompetenzen und Fähigkeiten vom deutschen Arbeitsmarkt auszuschließen. Anfang April 2012 sei daher das Bundesgesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen in Kraft getreten. Nun müssten auch entsprechende landesrechtliche Grundlagen geschaffen werden.

Auch Martin Brandl (CDU) warnte vor den Auswirkungen des Fachkräftemangels. In einigen Branchen sei der Rückgang der abgeschlossenen Ausbildungsverträge alarmierend. Dies treffe insbesondere auf das Handwerk, den Mittelstand, aber auch auf die Gesundheitswirtschaft zu. Brandl warf der Landesregierung vor, das bereits vor einem Jahr auf Bundesebene eingeführte Gesetz verschlafen zu haben. "Wir brauchen eine Willkommenskultur, um eine qualifizierte Zuwanderung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels zu ermöglichen", betonte Brandl. Auch eine Reduzierung der Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss sei erforderlich. Es sei daher aber nicht verständlich, wieso dann gerade Berufsschulen als Stützen der "Dualen Ausbildung" den mit Abstand höchsten Unterrichtsausfall im Land hätten. Brandl forderte von der Landesregierung Konzepte, wie Ausbildungsoder Studienabbrecher sinnvoll einen Übergang in eine Ausbildung finden können.

Jens Guth (SPD) stimmte den Forderungen prinzipiell zu. Der Ruf der Wirtschaft nach Fachkräften werde immer lauter. Die Berufsorientierung in den Schulen müsse weiter ausgebaut und junge Leute qualifiziert werden, um zu verhindern, dass viele Jugendliche die Schule ohne einen Abschluss verlassen. Die Schulabbrecherquote liege derzeit immerhin noch bei sechs bis sieben Prozent. Dieses Potenzial müsse genutzt werden, auch um diesen Menschen eine Perspektive zu bieten. Es gehe aber nicht nur darum, Fachkräfte zu sichern. Der Gesetzesentwurf sei auch ein Ausdruck des Respekts gegenüber ausländischen Abschlüssen und ein Zeichen der Anerkennung für ihre Lebensleistungen. Dies sei auch die Voraussetzung für eine echte Integration, unterstrich Guth.

Auch Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßte den Gesetzesentwurf. Dadurch werde ein langfristiger Beitrag zur Willkommenskultur geleistet. Die Erwerbschancen von Migrantinnen und Migranten werden so ganz deutlich verbessert, so Lemke. "Der Gesetzentwurf ist somit ein Beitrag zur interkulturellen Öffnung des Arbeitsmarktes, von der alle einen Vorteil haben", machte Lemke deutlich. Im Jahr 2012 seien auch bereits an die 600 Anträge auf Anerkennung der im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikation bearbeitet worden. Dieses Gesetz ermögliche auch eine Antragstellung ohne deutschen Wohnsitz auf schriftlichem oder elektronischem Wege.

Ulrich Steinbach (Bündnis 90/Die Grünen) freute sich über die fraktionsübergreifende Einigkeit über die Erforderlichkeit einer entsprechenden gesetzlichen Regelung sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene. Es stelle sich jedoch die Frage, ob das Gesetz wirklich vollständig und ausreichend sei. Für ihn sei der Gesetzesentwurf nur ein erster Schritt. Es müsse überlegt werden, ob das Gesetz durch ermessenslenkende Maßnahmen möglicherweise sinnvoll ergänzt werden könne.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 30/2013, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2013