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SACHSEN-ANHALT/322: ZwischenRuf 3-2014 - Das Magazin des Landtages


ZwischenRuf 3/2014
Das Magazin des Landtages von Sachsen-Anhalt

Das geteilte Gedächtnis

Vier runde Jahrestage machen 2014 zum "europäischen Jahr der Zeitgeschichte".




INHALT

IM BLICKPUNKT
Wie Wasser gebändigt werden soll
Nach drei Jahren Arbeit beendete der Ausschuss "Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement" seine Tätigkeit.

AUS DEM PLENUM
Doppelhaushalt ohne Neuverschuldung
Rund 21,3 Milliarden Euro Ausgaben hat die Landesregierung für die Jahre 2015 und 2016 eingeplant. Eine Neuverschuldung soll es nicht geben.

Reformpaket auf den Weg gebracht
Die angestrebte Parlamentsreform soll Kinderrechte stärken, die Anzahl der Abgeordneten verkleinern, für mehr Transparenz und Demokratie sorgen.

Mehr Rechte für Betriebsräte
Die Entlassung des Betriebsratsvorsitzenden beim Magdeburger Windkraftanlagen-Hersteller Enercon hat hohe Wellen geschlagen. Im Landtag wurde das Thema in einer Aktuellen Debatte diskutiert.

Schnabelschnitt ab 2017 passé
Aus Sicht des Tierschutzes ist die Praxis des Schnabelkürzens bei Legehennen völlig inakzeptabel. Die Grünen fordern das Ende dieser Praxis.

SACHSEN-ANHALT
Altparlamentarier noch immer politisch aktiv
26 ehemalige Abgeordnete aus Thüringen waren Mitte September im Landtag von Sachsen-Anhalt zu Gast.

Spuren gemeinsamer Geschichte
Jugendliche aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt treffen auf Zeitzeugen der friedlichen Revolution von 1989.

"Erich und Kumpane, dankt ab"
Auf Flugblättern und Plakaten forderten Bürger 1989 wenige Wochen vor dem Mauerfall Freiheit und Demokratie.

RÜCKBLICK
Botschafter Italiens zu Gast
Italien hat seit 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft inne. Aus diesem Anlass war der stellvertretende italienische Botschafter in Berlin zu Gast im Magdeburger Landtag.

Auf der Suche nach einer Vision
Von Sachsen-Anhalt bei der Entwicklung des ländlichen Raums lernen, wollten Gäste aus Tadschikistan.

Ein Werkstattbericht
Archivarinnen und Archivare aus ganz Deutschland weilten Ende September in der Landeshauptstadt Magdeburg, unter anderem auch im Landtag.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungsn der Originalpublikation:

GETEILTES GEDÄCHTNIS - Vier runde Jahrestage machen 2014 zum "Europäischen Jahr der Zeitgeschichte".

BALD WELTERBE? - 2015 entscheidet die UNESCO, ob die Landschaft an Saale und Unstrut bei Freyburg Welterbe wird.

PLÖTZLICH 10 - Kunststiftung Sachsen-Anhalt feiert zehnjähriges Jubiläum. Sie unterstützt kreative Newcomer.

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GUT INFORMIERT - Mit den Publikationen des Landtages

• Was gehört zu den Aufgaben des Landtages?
• Wann und wie kann ich eine Petition einreichen?
• Themen aus dem Plenum und den Ausschüssen!

Neben dem Internet bieten auch die gedruckten Publikationen des Landtages ein breites Informationsangebot. Diese können bestellt oder abonniert werden. Sie werden kostenfrei zugesandt:

Landtag von Sachsen-Anhalt
Domplatz 6 - 9
39104 Magdeburg
Telefon 0391 560-1226
Fax: 0391 560-1123
E-Mail: landtag@landtag.sachsen-anhalt.de

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Bianca Görke neu in den Reihen der Linken

Die Staßfurterin Bianca Görke (DIE LINKE) ist seit dem 31.Juli neue Abgeordnete des Landtags von Sachsen-Anhalt. Sie tritt die Nachfolge von Dr. Angelika Klein an, die fortan als Landrätin im Landkreis Mansfeld-Südharz tätig ist. Nach ihrer Karriere als Hotelier und Hotelmanagerin war Görke zuletzt als selbstständige Dozentin und Reiseleiterin tätig. Berufserfahrung und damit vielfältigen Einblick in die Arbeitswelt bringt sie auch aus dem Getreidehandel mit. Zudem war sie als Kreissportlehrerin und Stadtjugendpflegerin in Staßfurt tätig.

Die neue Abgeordnete wurde 1967 in Brandenburg geboren, lebt in Staßfurt, ist verheiratet und hat zwei Kinder. In ihrer politischen Laufbahn sammelte sie Erfahrungen durch ihre mehrjährige Arbeit als Stadträtin in Staßfurt, als Vorsitzende des Verwaltungsgemeinschaftsausschusses der VWG Staßfurt und als Ausschussmitglied im früheren Kreistag Aschersleben-Staßfurt. "Ich stehe für die Stabilisierung einer pluralistisch agierenden Partei mit einer fairen Kommunikation innerhalb und außerhalb der Parteigrenzen", erklärt Bianca Görke. Sie möchte Interessenvertreterin der Menschen vor Ort sein und Bindeglied zwischen der politischen Basis und den Entscheidungsträgern im Landtag. "Mehr Agieren, weniger Reagieren", hat sich die Abgeordnete auf die Fahnen geschrieben. Ihre erste Landtagssitzung bestritt Bianca Görke am 18. September.

Dr. Stefan Müller

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Finanzausschuss hat einen neuen Vorsitzenden

Swen Knöchel, Abgeordneter der Linken, ist neuer Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen im Landtag von Sachsen-Anhalt. Der studierte Finanzwirt tritt die Nachfolge seiner früheren Fraktionskollegin Dr. Angelika Klein an. Aufgrund der Verteilung der Ausschussvorsitze (gemäß der Sitzverteilung im Plenum) verblieb der Chefposten bei den Linken. Swen Knöchel ist seit der letzten Landtagswahl (2011) Abgeordneter und Mitglied des Finanzausschusses. "Unter der Leitung von Frau Dr. Klein war die Zusammenarbeit stets sachorientiert und kollegial. Ich werde alles daransetzen, dass es bei diesem angenehmen Arbeitsklima auch bleibt", erklärt Knöchel. Seit der Septembersitzung diskutiert der Ausschuss den Haushaltsentwurf 2015/2016 der Landesregierung. "Hier gilt es, sich in viele unterschiedliche Themengebiete einzuarbeiten und letztlich über die Verteilung der Haushaltsmittel mitzuentscheiden", so Knöchel im Hinblick auf die Schwerpunkte der kommenden Ausschussberatungen.

Dr. Stefan Müller

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KOLUMNE

Zwischen Ossi und Wessi steht der Mensch

Dr. Stefan Müllers Blick auf "25 Jahre nach der Wende".

Liebe Landsleute, wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise ..." - Der Rest von Hans-Dietrich Genschers Satz, damals Außenminister der Bundesrepu­blik Deutschland, geht im Jubelgeschrei der Menschen in der Prager Botschaft unter. Und doch kann ihn wohl jeder Zeitzeuge auch heute noch vervollständigen.

Die Menschen reisten über die DDR in die Bundesrepublik aus, wenig später fielen die Grenzübergänge in Berlin und im Rest der sozialistischen Republik. Die Gefühle waren so gemischt wie die Menschen hüben und drüben selbst: unbändige Freude, Skepsis, Angst. Alle drei Facetten wurden Wirklichkeit. Ich war neun Jahre alt und dachte zunächst weniger an Bananen als vielmehr daran, dass ich das rote Halstuch nicht mehr umgebunden bekommen würde.

Ab 1990 waren wir wieder Teil eines großen, endlich wieder ganzen Staates. Aber was wussten wir schon von den anderen? Was würde auf uns zukommen? In was für einem Land hatten wir eigentlich gelebt, das nun nicht mehr existierte?

Was damals politisch geschah und welche Auswirkungen dies auf unser aller Leben haben würde, war aus meiner Perspektive nicht abzusehen. Selbst nicht, als die ersten Betriebe "abgewickelt" wurden und meine Mutti plötzlich (zum Glück nicht lang) arbeitslos zu Hause war. Ja, an negativen wie positiven, bisweilen sogar skurrilen Folgen mangelte es nicht.

In der Stadtverwaltung meiner Heimatstadt gab es plötzlich den einen oder anderen Abteilungsleiter aus dem Westen, der bis ins kleinste Detail besser wissen wollte, wie man mit Sachlagen, Mitarbeitern und der Bevölkerung umgeht. Aber gleichzeitig erinnere ich mich an den ersten Besuch im Westen, bei dem man mir, dem aufgeregten Kind, sowohl eine Tafel Ritter Sport (von jemandem in der Straßenbahn) als auch ein glänzendes Mark-Stück (vorm Kaufhaus) zusteckte. Und unsere "Westbekannten", die wir 1987 in Ungarn kennengelernt, mit denen wir aber zwischenzeitlich keinen Kontakt mehr gehabt hatten, schickten uns nach dem Fall der Mauer ein Carepaket à la Berliner Luftbrücke. Mit Zucker und Mehl drin.

Das war zwar niedlich, ein wenig ungläubig geguckt haben wir trotzdem.

Die Philosophie des Lebens wird von Generation zu Generation weitervermittelt. Und natürlich gibt es da Unterschiede zwischen dem Osten und dem Westen; Unterschiede, die immer mehr aufweichen. Die junge Nach-der-DDR-Generation - die heute auch schon 24 Jahre alt ist - wird an ihre Kinder nur noch Geschichten und Geschichte "von früher", nichts selbst Erlebtes mehr vermitteln können. Wie es früher im Osten, aber auch im Westen war, fühlen dann nur noch die Alten. So dreht sich das Rad der Zeit.

Und nun - 25 Jahre nach 1989 - hat meine Familie immer noch unsere Bekannten aus dem Westen, meine Schwester hat "in den Westen geheiratet" und behauptet sich als im Osten Geborene mit ihren eigenen Werten und Ansichten, und meine restliche Familie lebt immer noch hier. Meine neue Kollegin kommt ebenfalls aus Sachsen-Anhalt, hat jahrelang in Polen und dann im bayerischen Allgäu gearbeitet und ist nun zurück. Sie bringt die Thematik, mit der sie sich auch dann und wann auseinanderzusetzen hatte, auf den Punkt: Unqualifizierte Sprüche über Ossis und Wessis zeugen doch nur davon, dass die Menschen nie ihren eigenen kleinen Lebenskreis überschritten und den jeweils anderen Teil des Landes - und vor allem die Menschen - kennengelernt haben. Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen.

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IM BLICKPUNKT

Wie Wasser gebändigt werden soll

Nach drei Jahren Arbeit beendete der Ausschuss "Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement" seine Tätigkeit und legte seine Ergebnisse in einem umfangreichen Bericht dar.


Seit September 2011 beschäftigte sich der "Vernässungsausschuss" mit der im Land vorherrschenden Wasserproblematik auf privaten, öffentlichen und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Nach Angaben des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft sind etwa 27 Prozent der Fläche Sachsen-Anhalts vernässungsgefährdet. Die Politik sah sich fraktionsübergreifend in der Pflicht, geeignete Maßnahmen in die Wege zu leiten, um diesem Problem erfolgreich und dauerhaft zu begegnen. Der zeitweilige Ausschuss des Landtags hat nach fast dreijähriger Tätigkeit seine Arbeit beendet und legte seinen Abschlussbericht vor. Die Ausschussvorsitzende Brigitte Take zieht in einem Interview Bilanz.


ZwischenRuf: Wieso bedurfte es eines Ausschusses im Landtag, um des Problems Herr zu werden?

Brigitte Take: Die Situation war vielschichtig und drängend. Betroffen waren Bürgerinnen und Bürger mit ihren vollgelaufenen Kellern, Landwirte sowie Städte und Gemeinden mit überschwemmten Straßen etc. Wir mussten die unterschiedlichen Ursachen für die Vernässungen zur Kenntnis nehmen und schließlich auch die Zuständigkeiten klären. Dabei stellte sich heraus, dass wir den Sachverstand aus den unterschiedlichsten Bereichen benötigten. So brauchten wir bei allem, was den öffentlichen Bereich angeht, die Mitarbeit aus dem Innenministerium, zum Straßenbau das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr und für die Landwirtschaft Experten aus dem entsprechenden Ministerium und den Ämtern für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten.

Schließlich ist für die Probleme des Altbergbaus das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft mit dem Landesamt für Geologie und Bergwesen zuständig. Dementsprechend erfolgte auch die Ausschussbesetzung mit Kollegen aus den entsprechenden Arbeitsbereichen beziehungsweise Ausschüssen. Der Umweltausschuss hätte in dieser umfassenden Form der Aufgabe nicht gerecht werden können, da er ja noch vielfältige andere Aufgaben hat.

Nicht Betroffene denken bei Vernässung an einen vollgelaufenen Keller und ein nasses Feld. Wie waren ihre Eindrücke vor Ort aber tatsächlich?

Die Eindrücke vor Ort waren für uns die Basis für unsere Arbeit. Wir haben ganz deutlich gesehen, in welchen Nöten die Leute waren. Es war uns zudem wichtig, uns ein konkretes Bild zu machen und schon nach möglichen Ursachen zu forschen. Und was wir da teilweise erlebten, war zum Jammern. Vernachlässigte Gräben, nicht mehr funktionstüchtige Dränagen, kein ausreichender Abfluss in die Vorfluter etc.

Der Ausschuss arbeitete zum Teil gewollt dezentral. Könnten Sie darauf bitte eingehen?

Nachdem wir zunächst die unterschiedlichen Bereiche unseres Landes unter die Lupe genommen hatten, ließen wir Bürgerinitiativen, Naturschutzverbände, die Ämter der zuständigen Landkreise, Landwirte und Experten aus den Ministerien zu Wort kommen. Wir ließen uns die Ergebnisse von Studien vorstellen, die von Hochschulen und Ingenieurbüros angefertigt worden waren. All das war hilfreich bei der Suche nach den Ursachen der Vernässung und den Empfehlungen für die Verbesserung der Situation.

Der Ausschuss hat einen 250-Seiten-Bericht vorgelegt. Welches sind die drei wichtigsten Erkenntnisse, und wie sollen diese umgesetzt werden?

Eine wichtige Erkenntnis war, dass zur Beseitigung dieser Schäden viel Geld benötigt wird. Dazu hat die Landesregierung unter anderem 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, die der Landtag in einem Nachtragshaushalt genehmigte und die an den Altlastenfonds angedockt wurden, um sie haushaltsübergreifend verwenden zu können.

Wir halten es weiter für wichtig, die Datengrundlage im Land zu verbessern. Ich denke da an hydrologische und hydrogeologische Daten, die möglichst nutzerfreundlich in eine Datenbank eingestellt werden sollten, sowie an ein zu ergänzendes Meliorationskataster und ein noch zu schaffendes Vernässungskataster. Außer der Bereitstellung von Mitteln für die Kommunen hält es der Ausschuss für dringend erforderlich, ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement zu entwickeln und auch daran zu denken, was zu tun ist, wenn es zu trocken wird.

Es gibt auf Landesebene bereits eine Reihe von Pilotprojekten gegen Vernässungserscheinungen. Könnten Sie bitte eines oder zwei genauer umreißen?

Eines der umfangreichsten Projekte ist die Verbesserung der Situation in Schönebeck/Elbe im Salzlandkreis. Dort hat Prof. Dr. Frido Reinstorf (Hochschule Magdeburg-Stendal) mit seinem Team eine Maßnahme in mehreren Varianten erarbeitet, die durch die Stadt jetzt entschieden werden sollen. In Schönebeck ist die Situation ganz besonders prekär, da vor vielen Jahren die Wasserförderung vor Ort eingestellt wurde und Wasser aus Talsperren hergeleitet wird. Außerdem befindet sich die Stadt im Einzugsbereich der Elbe und hat schon deshalb viel mit Wasser zu tun.

Weitere Pilotprojekte werden an den Gräben im Magdeburger Stadtteil Prester sowie am Lorkteich und am Lorkgraben in Dessau umgesetzt. Bei Letzterem werden die Wässer jetzt in einem offenen Gerinne in die Mulde abgeleitet. Wir haben uns das vor Ort angesehen - es funktioniert!

Das Vernässungsproblem wird sich nicht in wenigen Wochen und Monaten handhaben lassen, und die Maßnahmen werden auch nicht mit einem Taschengeld zu bezahlen sein. Von welchen Schadenssummen kann man ausgehen, und wie viel Geld wird für anstehende Arbeiten benötigt?

Das ist richtig. Wir haben die Ausschussarbeit ja auch zweimal verlängert. Man sieht aber überall schon, dass sich unsere Arbeit gelohnt hat. Man fährt jetzt auch mit offeneren Augen durch das Land und schaut unwillkürlich nach dem Zustand der Gräben und Vorfluter, die jetzt schon in einem bedeutend besseren Zustand sind als zu Beginn unserer Arbeit. Trotzdem müssen wir weiter am Ball bleiben. Eine so gewaltige Aufgabe lässt sich nicht in wenigen Wochen oder Monaten erledigen. Wir werden auch Geld in den nächsten Doppelhaushalt einstellen müssen, damit die jetzt schon zur Verfügung stehenden Fördermaßnahmen ergänzt werden können. Eine genaue Schadenssumme kann ich allerdings nicht nennen. Aber immerhin so viel: Der 30-Millionen- Euro-Topf wird gut genutzt, es ist aber noch Geld da. Viele Kommunen versuchen jetzt erst, ihre Probleme mit Fluthilfemitteln zu beseitigen, was man ja verstehen kann. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, man muss sie nur nutzen. Wir als Ausschussmitglieder sind weiter gern bereit mitzuhelfen.

Der Ausschuss hat seine Arbeit zwar beendet, aber die Vernässungsprobleme sind längst nicht allerorten behoben. Wo wird der Landtag mit seiner weiteren Arbeit ansetzen?

Alle Mitglieder des Zeitweiligen Ausschusses "Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement" sind bereit, sich weiter um die Problemlagen zu kümmern. Wir haben den Umweltausschuss gebeten, sich der Thematik weiter zu widmen und die fachliche Aufsicht über die Anträge zu übernehmen, die einen Umfang von über 500.000 Euro haben. Ich bin sicher, dass die Aufgabe bei den Kolleginnen und Kollegen in guten Händen ist.

Das Interview führte Dr. Stefan Müller.


Die Broschüre mit den Ergebnissen des Ausschusses kann in gedruckter Form bestellt und auf www.landtag.sachsen-anhalt.de heruntergeladen werden.

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IM BLICKPUNKT

Das geteilte Gedächtnis

Vier runde Jahrestage machen 2014 zum "Europäischen Jahr der Zeitgeschichte". Der Landtag präsentiert dazu eine Ausstellung über Europas Geschichte im 20. Jahrhundert, die zur Standortbestimmung einlädt.

Von der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts", dem Ersten Weltkrieg, bis zum "Europa als Herausforderung" unserer Tage spannt sich der Bogen der Ausstellung "Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme", die bis zum 28. Oktober im Landtagsgebäude zu sehen ist. Die Fotos und historischen Dokumente über die vergangenen 100 Jahre der Geschichte Europas mit zwei verheerenden Weltkriegen und zahlreichen kommunistischen Diktaturen machen deutlich, dass es zu einem geeinten und sozialen Europa keine Alternative gibt. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren, der Beginn des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren, die friedliche Revolution vor 25 Jahren und die Osterweiterung der Europäischen Union vor zehn Jahren sind die vier Ereignisse in diesem Jahr, die die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur veranlassten, 2014 zum "Europäischen Jahr der Zeitgeschichte" auszurufen. Auf zahlreichen Gedenkveranstaltungen, auch in Sachsen-Anhalt, mit Presse- und Fernsehdokumentationen, in Podiumsdiskussionen und Vorträgen ist diese außerordentliche Konstellation von Jahrestagen genutzt worden, sich mit der Geschichte Europas auseinanderzusetzen. Die jetzige Dokumentation im Landtag bietet dafür eine weitere besondere Gelegenheit. Sie ist der geeignete Rahmen für Filmvorführungen, Zeitzeugengespräche, Buchvorstellungen und andere Veranstaltungen zum "Jahrhundert der Extreme".

Die Ausstellung, sie wird vom Münchner Institut für Zeitgeschichte präsentiert, vom Deutschlandradio Kultur und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, zeigt Europas 20. Jahrhundert als dramatische Geschichte "zwischen Freiheit und Tyrannei" sowie "zwischen Demokratie und Diktatur". Sie umfasst auf 26 Tafeln 190 Fotos aus zahlreichen europäischen Archiven. Die Texte dazu stammen von Prof. Dr. Andreas Wirsching, Direktor des Münchner Instituts, und seiner Kollegin Dr. Petra Weber. Deutschlandradio Kultur steuert 25 zeithistorische Audiodokumente bei, die mit internetfähigen Mobiltelefonen mittels QR-Codes vor Ort abgerufen und angehört werden können.

Die Streiflichter aus 100 Jahren machen die enge Verflechtung der Nationalgeschichte mit der Moderne deutlich und laden zu einer historischen Standortbestimmung ein.

Für den Zeithistoriker und Kurator der Ausstellung Dr. Ulrich Mählert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur hat das "Superjahr des Gedenkens" eine besondere Dimension. 1990 hatten wir, sagte er der ZwischenRuf-Redaktion, die deutsche Teilung überwunden, und im Verlauf der letzten 25 Jahre durch die EU-Osterweiterung zu einem guten Teil auch die europäische Teilung. "Was sich aber fortsetzt, ist eine Teilung des europäischen Gedächtnisses", so Mählert weiter.

Während man in Westeuropa die Perspektive klar auf dem Nationalsozialismus habe, gebe es in Ostmitteleuropa die Situation, dass man sich einerseits an die nationalsozialistische Fremdherrschaft und Diktatur erinnere, gleichzeitig aber auch an die Jahrzehnte der kommunistischen Diktatur. Das sei ein Thema, das in Ostmitteleuropa noch für große gesellschaftliche Kontroversen sorge, was aber andererseits in Westeuropa nicht so richtig ernst genommen werde. "Wir wollen dazu einladen, die europäische Geschichte, ich sage das jetzt mal ganz unwissenschaftlich, ganzheitlich zu betrachten." Dazu sei die Ausstellung bestens geeignet. Sie soll anregen, neu über Europa nachzudenken. "Wir wünschen uns, dass die Ausstellung dazu beiträgt, das nach wie vor geteilte europäische Gedächtnis zusammenzuführen und insbesondere die Geschichte Ostmitteleuropas stärker ins Bewusstsein zu rücken."?

Wolfgang Schulz


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen in der Originalpublikation:

- Die Fotos (v.l.) erinnern an drei der vier historischen Jahrestage in diesem Jahr: Zum 100. Mal jährte sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, 75 Jahre sind seit dem Beginn des von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkrieges vergangen und 25 Jahre seit der friedlichen Revolution mit der Grenzöffnung am 9. November 1989.

- Die Erweiterung der Europäischen Union am 1. Mai 2004 war eine einmalige historische Chance und gleichzeitig eine enorme politische Herausforderung. Durch die Aufnahme weiterer zehn mittel- und osteuropäischer Staaten wurde ein Beitrag zur dauerhaften Überwindung der Teilung Europas geleistet. Zum 1. Mai 2004 sind Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern (nach dem Scheitern des Referendums trat nur der griechische Landesteil bei) als Vollmitglieder aufgenommen worden.

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Weitere Ausstellungen

Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme

Termin: noch bis zum 28.10.2014.
Eine Informationsausstellung, präsentiert vom Münchner Institut für Zeitgeschichte, Deutschlandradio Kultur und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Berlin.
26 großformatige Plakate verkörpern Streiflichter auf die Geschichte Europas im 20. Jahrhundert mit Bezug zu den runden Jahrestagen 2014.

Im Tigerkäfig der Stasi

Termin: 5. bis 28.11.2014
In seiner Kunstausstellung (großformatige Gemälde, Holzschnitte und andere Techniken) verarbeitet der Berliner Gino Kuhn den 25. Jahrestag des Mauerfalls und die Erlebnisse seiner Haftzeit als Fluchthelfer in der DDR bis zum Freikauf durch die Bundesrepublik Deutschland.

Einblicke

Termin: 3.12.2014 bis 10.01.2015
Hartmut Schultz aus Bernburg und Oliver Raschke aus Hannover setzen in einer Ausstellung, bestehend aus 14 Zeichnungen und 18 Fotografien, das Wirken der Stiftung Evangelische Jugendhilfe St. Johannis Bernburg in den letzten 20 Jahre in Szene. Schultz lebt auf dem Stiftungsgelände und repräsentiert in seinen Werken einen Blickwinkel von innen. Raschke dagegen reflektiert seine Sicht aus Tagesaufhalten und den dabei entstandenen Fotografien.

Die Ausstellungen im Parlamentsgebäude am Domplatz können von Montag bis Freitag in der Zeit von 8 bis 18 Uhr besucht werden. Der Eintritt ist frei. Die Ausstellungstermine können sich im Einzelfall noch verschieben. Es wird empfohlen, sich über die Internetseite des Landtags www.landtag.sachsen-anhalt.de aktuell zu informieren.

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REGIONALFENSTER

Auf dem Weg zum Welterbe

2015 entscheidet die UNESCO, ob der Naumburger Dom und die hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut sich Welterbe nennen dürfen. Die Antragsteller haben keinen Zweifel, dass es nirgends auf der Welt ein vergleichbares Gesamtensemble dieser Epoche auf so engem Raum gibt.


Welterbe? Welterbe!" Das meinen zumindest der Burgenlandkreis, die Stadt Naumburg, die Vereinigten Domstifter sowie etliche lokale und Landesakteure mit Blick auf die Saale-Unstrut-Region. Im kommenden Sommer entscheidet die UNESCO, ob die dortige mittelalterliche Herrschaftslandschaft und ihr dominantes Wahrzeichen - der Naumburger Dom - sich künftig wirklich Welterbe nennen dürfen.

Die diesen Status beantragt haben, hegen keinen Zweifel: auf kleinstem Gebiet fokussiert hier eine außergewöhnliche Dichte an hervorragenden baulichen Zeugnissen, an Entwicklungslinien der Kulturlandschaft sowie an einmaligen künstlerischen Schöpfungen wie in einem Brennspiegel die zentralen Entwicklungen des europäischen Hochmittelalters. Aus dieser Epoche gibt es nirgends sonst auf der Welt ein derartiges Gesamtensemble an Befestigungsanlagen, Profan- und Sakralbauten auf so engem Raum.

Hinzu kommen die weltberühmten Stifterfiguren im Naumburger Dom mit ihrer herausragenden und beispiellosen künstlerischen Gestaltung. Dies alles sollte genügen, um neben weltweit bisher 981 anderen Denkmälern in 160 Ländern einen gebührenden Platz auf der Welterbeliste der UNESCO zu finden, sind die Befürworter des Antrags überzeugt. Bis zur Entscheidung über den Welterbestatus von "Naumburger Dom und der hochmittelalterlichen Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut" im Sommer 2015 beurteilen internationale Gremien, ob die Region tatsächlich von außergewöhnlichem universellen Wert ist, ob sie die Bedingungen der Integrität (Unversehrtheit) und Authentizität (historische Echtheit) sowie die Erfordernisse hinsichtlich Schutz und Verwaltung erfüllt.

Im 11. bis 13. Jahrhundert, dem Hochmittelalter, wurden am Zusammenfluss von Saale und Unstrut viele Städte, Dörfer und Kloster neu gegründet, Kirchen und Burgen gebaut. Diese dominieren nach wie vor machtvoll die Flusstäler. Der Naumburger Dom als Glanzpunkt des Gebietes und die Marienkirche von Freyburg prägen die beiden Städte in Mitteldeutschlands Burgenregion mit ihrer über 1000-jährigen Weinbaugeschichte. Ein Großteil der Kirchen in den 27 umliegenden Dörfern hat die Bauformen der Romanik bewahrt. Auch nach rund 800 Jahren ist die hochmittelalterliche Landschaftsstruktur, eingebettet in Laubmischwälder, Ackerterrassen und Streuobstwiesen, noch gut erkennbar.

"Welterbe? Welterbe!" - unter diesem Motto entführt eine Sonderausstellung im Naumburger Schlösschen am Markt die Besucher in die Welt des Hochmittelalters an Saale und Unstrut und verdeutlicht, warum bei der UNESCO der Antrag auf Anerkennung des Welterbestatus gestellt wurde.

Doch schon ohne diesen beeindruckt die Region. Als "Toskana des Nordens" verzauberte sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Jugendstil-Künstler Max Klinger, nach dem einer der Weinberge über dem Unstruttal benannt ist. Wie dieser winden sich in der Gegend viele alte Steil- und Terrassenlagen oberhalb der Flussauen. Am idyllischen "Blütengrund", wo sich Saale und Unstrut vereinen, ziert ein "Steinernes Album" mit zwölf überlebensgroßen biblischen Szenen zum Weinbau und zur Jagd die Mauer eines Weinberges.

Die charakteristischen Weinberge entlang von Saale und Unstrut zählen zu den ältesten Weinbauanlagen Deutschlands. Rund um das heutige Freyburg wurde nachweislich schon 998 Wein angebaut. Heute laden im nördlichsten Qualitätsweinanbaugebiet Deutschlands über 50 Weingüter, die Winzervereinigung Freyburg, das Landesweingut Kloster Pforta und die Rotkäppchen-Sektkellerei zum Probieren, Genießen und Verweilen ein. Über die Arbeit des Winzers in Steillagen klärt der Herzogliche Weinberg in Freyburg auf. Die als Schauweinberg genutzte Anlage entstand 1774 als barocker Weingarten mit dem für die Region typischen Weinbergshaus als Mittelpunkt.

Die "Wein-Hauptstadt" Freyburg ist auch Sitz einer vor 80 Jahren gegründeten Genossenschaft, der heute etwa 450 Weinbauern zwischen Höhnstedt, Freyburg und Jena angehören. Manches Mitglied der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut hat nur wenige Weinstöcke hinter dem Haus, andere wie die Agrarunternehmen in Gleina, Steigra, Burgscheidungen und Höhnstedt, verfügen über große Rebflächen. Insgesamt kommt Saale-Unstrut-Wein von rund 360 Hektar Rebfläche. Gut 20 Prozent davon sind Steillagen, die von den Winzern besonders viel körperliches Engagement erfordern.

Zur über tausendjährigen Weinbau-Tradition in dieser Region gesellt sich modernste Technik im Keller. Neben computergestützten Gärtanks behauptet sich aber nach wie vor das gute alte Holzfass. Das Zusammenspiel von Hightech-Gärtanks und traditionellem Holzausbau - die Winzervereinigung verfügt über einen der größten und schönsten Holzfass-Keller Deutschlands - bringt Weine hervor, die bevorzugt trocken und fruchtig ausgebaut werden. Leicht, frisch und vorwiegend weiß geben sich die Tropfen, die in ganz Deutschland vertrieben werden.

Rotkäppchen ist eine prickelnde Erfolgsgeschichte aus Freyburg.

Eine prickelnde Erfolgsgeschichte bis zum Marktführer unter den Schaumweinen wurde in den vergangenen Jahren in Freyburgs Zentrum geschrieben, in der Rotkäppchen-Sektkellerei. Dort gründeten vor mehr als 150 Jahren die Brüder Kloss und ihr Freund Foerster ein Weingeschäft und verkauften bald schon Sekt unter dem Namen Rotkäppchen - nicht nach dem Märchen, sondern nach der roten Flaschenkappe so benannt.

Beinahe märchenhaft verlief dann aber nach der Wende in Deutschland der Aufstieg der zu DDR-Zeiten volkseigenen Kellerei. Heute sieht sich die Rotkäppchen-Mumm-Sektkellerei GmbH als "Deutschlands Haus aus Sekt, Spirituosen und Wein". Am Unternehmenssitz in Freyburg lockt die Traditionskellerei jährlich Tausende Besucher in die historischen Gebäude: Fünfstöckige in den Fels getriebene Keller, das Domkellergewölbe mit dem größten deutschen Cuvéefass aus Holz und ein denkmalgeschützter Lichthof im Jugendstil.

Ein Hauch von Mittelalter weht indes durch das von frühester Zeit an vom Weinbau geprägte Winzerstädtchen Freyburg. Während sich das nahe Naumburg als ottonische Bischofsstadt seine Gliederung mit einem Dombezirk und der Markt- und Bürgerstadt bis heute bewahrt hat, besitzt Freyburg als Gründung der Thüringer Landgrafen ein regelmäßiges rechtwinkliges Grundrissraster und gilt als Musterbeispiel einer landgräflichen Stadtgründung, von deren mittelalterlicher Befestigung an vielen Stellen noch Teile sichtbar sind. Weithin sichtbar ist auch Freyburgs Stadtkirche St. Marien, die ihre Entstehung Landgraf Ludwig IV. und seiner später heilig gesprochenen Gemahlin Elisabeth verdankt.

Hoch über Freyburg thront stolz die Neuenburg. Die größte Burg der Thüringer Landgrafen wurde um 1090 durch Ludwig den Springer gegründet. Als Schwesterburg der Wartburg war sie einst wichtiges Zentrum mittelalterlich-höfischer Kultur und wurde später kurfürstliches Wohn- und Jagdschloss der Herzöge von Sachsen-Weißenfels. Heute gehört die mächtige Anlage mit romanischer Doppelkapelle, dem Bergfried "Dicker Wilhelm", einem Weinmuseum, der Kinderkemenate, der Alten Remise und einem Museum zu den Höhepunkten an Sachsen-Anhalts Straße der Romanik.

Außer Schloss Neuenburg und den Kirchen von Naumburg und Freyburg reihen sich an den Flussläufen von Saale und Unstrut weitere beeindruckende Kulturdenkmäler wie das Kloster Pforta mit seiner Klosterkirche und Kloster Zscheiplitz sowie die Burganlagen von Schönburg, Goseck, Rudelsburg und Saaleck aneinander und erinnern an die Blütezeit des Hochmittelalters. Wichtige Handelsstraßen wie die Via Regia und die Regensburger Straße kreuzten sich hier und beförderten Wirtschaft, kulturellen Austausch und eine europaweite Vernetzung.

Entstanden ist eine Kulturlandschaft, die noch heute die Entwicklungen einer ganzen weltgeschichtlichen Epoche lebendig vor Augen führt und deshalb unter dem Titel "Der Naumburger Dom und die hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut" um Aufnahme in die Welterbeliste hofft.

Gudrun Oelze


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Die Saale-Unstrut-Region befindet sich auf halber Strecke zwischen Leipzig und Weimar. Unberührte Landschaften mit Weinbergen, Steilterrassen, jahrhundertealten Trockenmauern, romantischen Weinbergshäuschen und malerischen Flusstälern prägen das Landschaftsbild. Beeindruckende Bauwerke, wie der Naumburger Dom (r.), zeugen von der einstigen Bedeutung dieser Region.

- Blick auf Freyburg - Zentrum des Weinanbaugebietes Saale-Unstrut in Sachsen-Anhalt.

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AUS DEM PLENUM

Doppelhaushalt 2015/2016 erneut ohne Neuverschuldung

Rund 21,3 Milliarden Euro Ausgaben hat die Landesregierung auf ihrem Rechnungszettel, den sie bei der Einbringung des Doppelhaushalts für die Jahre 2015 und 2016 vorlegte. Das umfangreiche Zahlenmaterial wird nun in den Ausschüssen beraten.


Die erste Landtagssitzung nach der Sommerpause begann mit einem parlamentarischen Höhepunkt im Kalenderjahr. Vor der ersten Haushaltslesung erinnerte Landtagspräsident Detlef Gürth daran, dass jeder Abgeordnete die Verantwortung auf den Schultern trage, über rund 10,7 Milliarden Euro pro Jahr zu entscheiden. "Das ist nicht wenig", betonte er, zumal alle wissen, "dass jeder einzelne Cent von den Steuerzahlern im Land erwirtschaftet wurde."

Der Etatentwurf betrifft die Jahre 2015 und 2016, in denen nach dem Willen der Landesregierung zusammen gut 21,3 Milliarden Euro ausgegeben werden können.

Fast genauso groß ist der Schuldenberg, auf dem Sachsen-Anhalt sitzt. Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) sieht darin eine "schwere politische Hypothek", für die alle im Landtag vertretenen Parteien Verantwortung tragen. Als Erfolg wertete er, dass seit 2006 - bis auf 2010 und 2011 - keine neuen Schulden hinzukamen. Auch in den beiden nächsten Jahren werde Sachsen-Anhalt keine neuen Schulden machen, sondern die Rückführung der aufgelaufenen Verschuldung fortsetzen, betonte er in der mehrstündigen Generaldebatte zum Entwurf des Doppelhaushaltes 2015/2016.

Ein Haushalt, mit dem Geschichte geschrieben werde, freute man sich beim Koalitionspartner CDU. Erstmals in der Geschichte des Landes Sachsen-Anhalt würden die Parlamentarier über eine gesamte Wahlperiode hinaus nur das Geld ausgeben, das tatsächlich zur Verfügung steht. Mit behutsamen Reformen, auch mit guten Steuereinnahmen, aber ohne Radikalkur und gesellschaftliche Verwerfungen sei diese Trendwende gelungen.

Das sei kein kurzer Kraftakt gewesen, hatte zuvor der Finanzminister erinnert. Mit dem neuen Doppelhaushalt habe sich die Landesregierung eindeutig entschieden, weiter Ausgabenstrukturen zu schaffen, die dauerhaft bezahlbar seien. Auch dieser Etatentwurf sei vom Dreiklang "konsolidieren, vorsorgen und investieren" geprägt, betonte Jens Bullerjahn. Für ihn gilt: Neue Schulden sind in konjunkturell normalen Zeiten tabu - und danach richten sich die Ausgaben. Noch bis 2020 befinde sich Sachsen-Anhalt auf dem "Weg zur finanzpolitischen Normalität". Auf diesem Weg seien vorhandene Schulden weiter abzubauen, im kommenden Jahr 75 Millionen Euro, 2016 schon 100 Millionen Euro. "Wir wollen die Tilgungsraten jährlich um 25 Millionen Euro steigern, bis 225 Millionen Euro nach 2020 erreicht sind", so der Finanzminister, der zugleich auf ein weiterhin hohes Niveau bei den Investitionen verwies. Für wichtige Leistungsgesetze und Zuweisungen wie Sozialhilfe, Kinderbetreuung und Hochschulen sind im Landesetat der nächsten zwei Jahre wieder große Posten eingeplant.

Für DIE LINKE hat der Haushaltsentwurf der Landesregierung "massive Schwächen, die zum einen die kommunale Selbstverwaltung und öffentliche Daseinsvorsorge im Land bedrohen, aber auch die Entwicklungsfähigkeit des Landes behindern". Der Fraktionsvorsitzende Wulf Gallert stellte die von der Koalition gepriesene Schuldentilgung zur Disposition. Strategisches Ziel müsse es vielmehr sein, mit einer guten öffentlichen Daseinsvorsorge, einem guten Bildungsangebot und einer klugen Innovationsstrategie eine Entwicklung in Sachsen-Anhalt zu ermöglichen, die langfristig - mit Hilfe des Bundes - auch mit dem Schuldenberg fertig werde.

Auch bei den Grünen klang die Devise "Mehr investieren, mehr vorsorgen, mehr tilgen" wie die Quadratur des Kreises. Sie sei geneigt, die geplante Tilgung als reine Symbolpolitik zu bezeichnen, sagte die Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Prof. Dr. Claudia Dalbert. Es werde mehr als 100 Jahre dauern, bis die Schulden abgetragen sind. Dafür aber fehlten Zukunftsinvestitionen. Ohnehin bedeute Investition für die Landesregierung vor allen Dingen Investition in Beton, kritisierte Claudia Dalbert. Während der Hochbauhaushalt ansteigen soll, wurden für Wissenschaft und Forschung sowie für Bildung und Kultur Millionen Euro weniger eingeplant.

Unter der Überschrift "Investieren, konsolidieren, vorsorgen" werden in diesem Doppelhaushalt alle verfügbaren Drittmittel für Investitionen gebunden, Vorsorgeelemente gestärkt und der Schuldenabbau fortgesetzt, hob indes der CDU-Fraktionsvorsitzende André Schröder hervor, der es als "finanzpolitische Trendwende" bezeichnete, dass Sachsen-Anhalt in dieser Legislaturperiode nicht nur keine neuen Kredite aufnehme, sondern mit der Tilgung von Schulden beginne und sich Rücklagen schaffe.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Katrin Budde betonte ebenfalls: "Wir sind finanzpolitisch gut aufgestellt." Zwar würden auch die Sozialdemokraten an manchen Stellen gern mehr Geld ausgeben. Aber die Nichtverschuldung sei "ein struktureller Wert, den wir uns erhalten müssen". Sie erinnerte daran, dass Sachsen-Anhalt in den nächsten beiden Jahren mehr als eine Milliarde Euro aus europäischen Fördertöpfen erhalte. Das seien immerhin vier bis fünf Prozent des Gesamthaushaltes. Dessen Entwurf wurde zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen.

Gudrun Oelze

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AUS DEM PLENUM

Reformpaket auf den Weg gebracht

Die von allen Fraktionen angestrebte Parlamentsreform soll Kinderrechte in die Verfassung bringen, die Anzahl der Abgeordneten verkleinern, für mehr Transparenz bei der Ausübung des Mandats und für mehr direkte Demokratie sorgen.


Der Landtag hat in der September-Sitzungsperiode per Gesetzentwurf eine umfassende Parlamentsreform auf den Weg gebracht. Das Paket ist angefüllt mit Regelungsentwürfen zur Änderung der Landesverfassung, des Wahlgesetzes, des Volksabstimmungsgesetzes, des Abgeordnetengesetzes, des Fraktionsgesetzes und der Geschäftsordnung. Es gelte, den demographischen Wandel auch im eigenen Haus zu gestalten, gleichzeitig aber die Stärke der parlamentarischen Demokratie zu gewährleisten, erklärte Landtagspräsident Detlef Gürth bei der Einbringung. Der Gesetzentwurf wird - bis auf wenige Unklarheiten bei der Neueinteilung der Wahlkreise und der Höhe der Bürokosten- und Aufwandspauschale - von allen Fraktionen gleichermaßen getragen.

Die Verankerung von Kinder- und Elternrechten in der Landesverfassung wird im Zuge der Reform ebenso angestrebt wie die Absenkung des Quorums bei Volksbegehren. Künftig sollen nicht mehr elf, sondern nur noch neun Prozent der Wahlberechtigten als Unterstützer erforderlich sein.

Wichtiges Anliegen ist die Verkleinerung des Plenums: In zwei Schritten (zu den Landtagswahlen 2016 und 2021) sollen insgesamt vier Direktmandate sowie vier Listenmandate gestrichen werden. Der Landtag von Sachsen-Anhalt wird 2021 fünf Mandate weniger als in den Landesparlamenten der Nachbarn Thüringen und Brandenburg haben. Dies zieht die Neueinteilung der Wahlkreise nach sich. Der Termin der Landtagswahl soll zukünftig vom Landtag bestimmt werden.

Mit dem neuen § 45 des Abgeordnetengesetzes rücken die Vorstellungen über die Ausübung des Mandats in den Fokus. Sie soll im Mittelpunkt der Tätigkeit der Mitglieder des Landtags stehen. Nebentätigkeiten sind aber ausdrücklich zulässig und erwünscht.

Neben dem Mandat einen halben Fuß im Beruf zu behalten, aus dem man komme, verlange diesen Abgeordneten viel ab, tue ihrer Arbeit aber auch ungemein gut. Zudem soll mit der Reform die Entschädigung der Abgeordneten mit dem Umstieg auf ein Indexierungsverfahren neu geordnet werden.

Die neu einzuführenden Transparenzregeln mit ihren Offenlegungspflichten orientieren sich an denen des Deutschen Bundestags. Das Immunitätsprivileg soll künftig darin bestehen, dass es in einen nachträglich durch das Parlament zur Wahrung seiner Arbeitsfähigkeit im Einzelfall herzustellenden Immunitätsschutz umgestaltet wird.

Das Gesamtpaket, das von allen Fraktionen des Hauses in den jeweiligen Redebeiträgen gelobt und mit Impulsen für die Ausschussberatungen versehen wurde, werde nach den weiteren Beratungen die übergroße Mehrheit der Abgeordneten finden, zeigte sich Landtagspräsident Detlef Gürth sicher.

Die abschließende Beratung und Verabschiedung des Gesetzpakets ist für die November-Sitzungsperiode vorgesehen. So kann der Beschluss rechtzeitig und in gebührendem Abstand vor der Wahl zum 7. Landtag im Jahr 2016 von Sachsen-Anhalt ins Gesetzblatt gebracht werden.

Dr. Stefan Müller

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AUS DEM PLENUM

Mehr Rechte für Betriebsräte?

Die Entlassung des Betriebsratsvorsitzenden beim Magdeburger Windkraftanlagen-Hersteller Enercon hat hohe Wellen geschlagen. Die IG Metall sammelte bundesweit 14.000 Unterschriften, und im Landtag wurde das Thema in einer Aktuellen Debatte diskutiert.


Dr. Frank Thiel (DIE LINKE) nannte es einen "Skandal", dass ein Betriebsratsvorsitzender, der sich für die Rechte der Leiharbeiter einsetzt, Gegenstand eines Gerichtsverfahrens werde. Seinen Recherchen zufolge, hätten Beschäftigte bestätigt, dass es der Geschäftsführung bei Enercon darum gehe, "Gewerkschaft im Betrieb zu verhindern". Besonders empörend sei der Fall Enercon aus Sicht der Fraktion der Linken, weil die Firma seit Jahren von öffentlichen Fördermitteln profitiere. Thiel forderte daher, Unternehmen, die den Beschäftigten keinen Tariflohn zahlen, dürften nicht auch noch aus Steuerleistungen finanziell bevorzugt werden.

Sachsen-Anhalts Minister für Arbeit und Soziales, Norbert Bischoff (SPD), erklärte, die außerordentliche Kündigung sei ein negatives Beispiel, das ernst genommen werden müsse. Nicht zuletzt, da solche Negativbeispiele den "Ruf des Landes als einen Ort, in dem man gerne lebt und arbeitet, beschädigen".

Generell hätten nur sechs Prozent der heimischen Betriebe einen Betriebsrat. Bei dem hohen Anteil von klein- und mittelständischen Unternehmen in Sachsen-Anhalt hält Bischoff dies allerdings für einen guten Wert.

Ulrich Thomas (CDU) sprach dagegen von "Klassenkampfrhetorik". Enercon sei nicht nur einer der wichtigsten Steuerzahler in Magdeburg, sondern auch vorbildlich bei der Lehrlingsausbildung.

Er zeigte sich überzeugt, dass die Debatte kontraproduktiv sei und nicht zur Stärkung der Wirtschaft in Magdeburg beitrage. Der Fraktion DIE LINKE warf Thomas vor, dass sie mit der Debatte nachgewiesen hätte, "auf dem Unternehmensauge blind" zu sein: "Sachsen-Anhalts Wirtschaft wäre unter ihrer Regierung nicht dort, wo wir heute sind."

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befürchtet negative wirtschaftliche Folgen für das Unternehmen und sprach sich dafür aus, den Dialog mit Enercon zu suchen. Mitbestimmung müsse ein Wertmaßstab in allen gesellschaftlichen Bereichen sein, sagte Grünen-Abgeordnete Franziska Latta - in Schulen wie Betrieben.

Sehr deutliche Worte fand SPD-Fraktionsvorsitzende Kathrin Budde: "Gewählte Betriebsträte kündigt man nicht!" Mitbestimmung sei eine wichtige Säule der sozialen Marktwirtschaft. "Wenn Gewerkschaften aus den Betrieben rausgetrieben werden, dann gute Nacht für Deutschland." Nach Meinung von Budde sei es gut, dass sich der Betriebsrat auch für die Leiharbeiter bei Enercon eingesetzt habe. Wenn sich Leiharbeiter, wie im Fall Enercon, am Wochenende weiterqualifizieren und das Unternehmen davon profitiere, dann gehöre ihnen das auch vergütet, entweder in Zeit oder in Geld. Dass aber gar nichts passiere, sei eine "Sauerei" und daher müsse einer ihre Rechte wahrnehmen, so Budde.

Außerdem sprach sie sich dafür aus, bei den Regularien für die Fördermittelvergabe zukünftig die Gewerkschaften stärker mit einzubeziehen. Diese hätten eine gute Innenkenntnis der Unternehmen und vielleicht müsste man sich dann hinterher nicht wundern, wofür man den einen oder anderen Euro aus Fördermitteln ausgebeben habe. Abschließend warb Budde dafür, zu einer vernünftigen Sozialpartnerschaft zurückzufinden. Dies würde dem Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt langfristig am meisten helfen.

Stefanie Böhme

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AUS DEM PLENUM

Schnabelbeschnitt ab 2017 passé

Aus Sicht des Tierschutzes ist die Praxis des Schnabelkürzens bei Legehennen völlig inakzeptabel. Wie lange müssen die Hennen das noch aushalten, fragen die Grünen und fordern den schnellstmöglichen Ausstieg aus dieser Praxis.


Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzte sich mit einem Antrag dafür ein, das Schnabelkürzen bei Legehennen zu verbieten. Derzeit werden in vielen Boden- und Freilandgehegen routinemäßig die Schnäbel bei Küken gekürzt. Ohne Betäubung wird den Jungtieren mit einem heißen Messer oder per Infrarotstrahl der Schnabel kupiert (beschnitten), damit gegenseitigem Federpicken und Kannibalismus in der engen Haltung vorgebeugt wird. Dies ist allerdings sehr schmerzhaft für die Tiere.

CDU und SPD brachten einen Alternativantrag ein, durch den die Legehennenbetriebe in Sachsen-Anhalt auf den bundesweiten Ausstieg aus dem Schnabelkürzen ab dem Jahr 2017 vorbereitet werden sollen.

"Wir gehen mit den Tieren nicht gut um", erklärte Dorothea Frederking (Grüne) und forderte von Politik, Handel und Verbrauchern einen respektvollen Umgang mit Nutztieren. Amputationen sind laut Tierschutz verboten, die untere Veterinärbehörde kann sie aber erlauben, wenn der Eingriff für den Schutz der Tiere (im Umstand ihrer Haltung) unerlässlich ist. Diese Ausnahmeregelung sei in Deutschland leider die Regel: "Wir sind in der Pflicht, das zu beenden", forderte Frederking, denn beim Schnabel handele es sich um das wichtigste Tastorgan des Huhns, vergleichbar etwa mit den Fingerspitzen beim Menschen. Anstatt die Hühner an ihre Lebensbedingungen anzupassen, sollten die Haltungsbedingungen an die Tiere angepasst werden.

Die Legehennenhaltung ist laut Landwirtschaftsminister Dr. Hermann Onko Aeikens seit vielen Jahren in der Diskussion. Momentan gebe es kein Patentrezept, um Federpicken und Kannibalismus in den Ställen zu verhindern. Sinnvoll sei nur ein stufenweises Vorgehen beim Ausstieg, ein kurzfristig festgelegter Termin würde zu vielen verletzten und verendeten Tieren führen (wenn die Ställe nicht entsprechend verändert werden können).

Der Ausstieg aus der Praxis des Schnabelkürzens solle so schnell wie möglich erfolgen, erklärte Jürgen Barth (SPD). Er schlug vor, im Forum Nutztierhaltung eine Fachtagung durchzuführen, die den Ausstieg aus dem Schnabelkürzen thematisiert. Es herrsche Konsens darüber, das Schnabelkupieren so schnell wie möglich abzuschaffen, räumte Bernhard Daldrup (CDU) ein. Man dürfe jetzt aber nicht vorschnell handeln - nicht zum Preis von weiteren Tierschäden, nicht zu Lasten der Wirtschaft und schon gar nicht aus reinem Populismus heraus, den Daldrup im Antrag der Grünen erkannt haben wollte. Die entscheidenden Regelungen seien schon auf den Weg gebracht.

"Es geht darum, Nägel mit Köpfen zu machen", brachte Hans-Jörg Krause (DIE LINKE) seinen Standpunkt in Sachen Schnabelbeschnitt auf den Punkt. Krause prangerte die vielfache Willkür im Handel an: Eier, Fleisch und andere Nahrungsmittel würden wie Ramschartikel angeboten - da müsse das Wohl des Tieres zwangsläufig auf der Strecke bleiben. Hier müsse entgegengesteuert werden. Bei der Abstimmung wurde der Antrag der Grünen abgelehnt, der Alternativantrag von CDU und SPD angenommen.

Dr. Stefan Müller

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SACHSEN-ANHALT

Altparlamentarier noch immer politisch aktiv

26 ehemalige Abgeordnete aus Thüringen waren Mitte September im Landtag von Sachsen-Anhalt zu Gast.


"Ich hoffe, dass ist nicht der Hintereingang", dachte sich Elisabeth Wackernagel als sie Mitte September mit einer Gruppe ehemaliger Landtagsabgeordneter aus Thüringen vor der Eingangstür des Landtags auf dem Domplatz stand. Das Gebäude an sich kannte sie schon, aber drin war sie noch nie, und so einen "bescheidenen Eingang" hätte sie nicht erwartet. Die 65-Jährige erzählt, dass sie in Thüringen den Eingangsbereich ebenfalls neu gestaltet haben, allerdings mit Glas und etwas offener, so dass die Leute sehen: "Wir sind da."

Die Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Landtags von Thüringen ist in kleiner Bus-Stärke von 26 Männern und Frauen angereist. In den Gesichtern zeigt sich Vorfreude auf einen spannenden Tag, gemischt mit ein bisschen Nostalgie, schließlich war das Leben im Landtag selbst einmal ihr Alltag. Sie freuen sich auf einen Rundgang durch den Landtag, auf Begegnungen mit Abgeordneten und Vertretern der Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Landtages von Sachsen-Anhalt, auf die Sitzung im Plenarsaal und natürlich auf das Treffen mit Landtagspräsident Detlef Gürth.

Gegründet hat sich die Vereinigung im Jahr 2000 auf Initiative eines ehemaligen Landtagspräsidenten. Mittlerweile zählt sie 70 Mitglieder und "nach der Landtagswahl in Thüringen gibt es sicher noch einmal einen ordentlichen Schub", vermutet ihr Vorsitzender Hartmut Sieckmann.

Eigentlich ist er offiziell der "Präsident" der Vereinigung, bevorzugt aber selbst die bescheidenere Variante des "Vorsitzenden". Sieckmann war von 1990 bis 1994 Minister für Umwelt und Landesplanung in einer CDU/FDP-Regierung in Thüringen.

Das Landtagsgebäude in Magdeburg kennt der FDP-Politiker noch aus DDR-Zeiten als es eine Wasserwirtschaftsschule beherbergte. Sieckmann absolvierte hier ein Aufbaustudium im Bereich Wasser- und Abwasserwirtschaft. Was aus dem Gebäude geworden ist, lässt den ehemaligen Minister sichtlich staunen: "Mein erster Eindruck ist sehr positiv, und ich kann das Land Sachsen-Anhalt und den Landtag nur zu so einem beeindruckenden Gebäude beglückwünschen."

Die Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Thüringer Landtags fährt nicht nur zu Ausflügen in andere Landtage Deutschlands, sie organisiert auch Fahrten zu Projekten, die die früheren Abgeordnete selbst angeschoben haben. Hartmut Sieckmann ist davon überzeugt: "Wir haben auch nach unserer aktiven Zeit eine Verantwortung für die Demokratie." Dazu gehört für ihn beispielsweise auch, Jugendlichen zu erklären, wie wichtig die Demokratie ist.

Stefanie Böhme

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SACHSEN-ANHALT

Spuren gemeinsamer Geschichte

Jugendliche aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt treffen beim "Jugendforum 2014" auf Zeitzeugen der friedlichen Revolution von 1989 und diskutieren über die Zukunft Deutschlands und Europas.


Für Schülerinnen und Schüler der 11. Klassen von heute sind die Ereignisse im Herbst 1989 ein Teil der deutschen Geschichte. Sie kehren als Lernstoff im Unterricht wieder oder in Erzählungen der Eltern und Großeltern.

Dass die Menschen im Osten seinerzeit Woche für Woche zu Zehntausenden auf die Straßen gegangen sind, um für Freiheit, Demokratie und ehrliche Politik zu demonstrieren, ist für junge Menschen, für die diese Werte selbstverständliche Teile des Lebens sind, nur mehr schwer vorstellbar. Leere Verkaufsregale, Mangelware, Schlange stehen - das kann man nur noch auf Fotos sehen oder Berichten aus der Familie entnehmen.

Junge Menschen aus West und Ost, Nord und Süd der Bundesrepublik - sie eint ihr Lebensalter und die Tatsache, dass sie in einem wiedervereinigten Deutschland geboren wurden und aufgewachsen sind. Sie haben keine eigenen Erinnerungen an ein "Früher, bevor alles anders wurde", bevor Montagsdemonstrationen, Runde Tische und "Wir sind das Volk!" den Weg für politische Umwälzungen freimachten, die selbst die erfahrensten Politiker nicht in Gänze hatten absehen können. 1989 schlug die Stunde der Zukunft für Deutschland und Europa.

Doch wie setzt man sich mit einem solch komplexen Thema auseinander, wenn eigene Erfahrungen oder Menschen im persönlichen Umfeld fehlen, die Auskünfte über den damaligen Ist-Zustand des verschwundenen Landes DDR geben könnten? Unter dem Motto "25 Jahre Herbst 1989" kommen auf Einladung der Landtage von Sachsen-Anhalt und Niedersachsen am 19. und 20. Oktober Elftklässlerinnen und Elftklässler zu einem Jugendforum in Magdeburg zusammen, um die Vergangenheit und ihre Auswirkungen auf das Leben heute und in Zukunft greifbar zu machen.

Neben dem Besuch historischer Orte des Herbstes '89 treffen die Jugendlichen aus Jessen, Wernigerode, Celle und Meinersen während ihres zweitägigen Aufenthalts in der Landeshauptstadt auf Zeitzeugen, die in einer Gesprächsrunde ihre positiven und negativen Erlebnisse jener entscheidenden Monate ihres Lebens und das ihres Landes darstellen.

Sie werfen Fragen auf, beantworten sie und vermitteln dabei das Gefühl, das die Menschen seinerzeit gegen alle Gefahren auf die Straße trieb, um endlich für Recht und Freiheit einzustehen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind am zweiten Veranstaltungstag aber auch selbst gefordert: In Diskussionsforen mit den Titeln "Bürgerbeteiligung und Bürgerprotest in der Demokratie", "Transparenz und Meinungsbildung im digitalen Zeitalter", "Zukunft Europa - Europas junge Generation" und "Migration und Integration in Deutschland" debattieren die jungen Schüler gemeinsam mit Experten über Themen, an die vor 25 Jahren noch kaum zu denken gewesen, für die damals aber bereits der Grundstein gelegt worden ist.

Dr. Stefan Müller

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SACHSEN-ANHALT

"Erich und Kumpane, dankt ab!"

Auf Flugblättern und Plakaten, während der Montagsgebete und bei Demonstrationen forderten Bürger der Bezirke Magdeburg und Halle 1989 wenige Wochen vor dem Mauerfall Freiheit und Demokratie.


Wenn vom Fall der Mauer vor 25 Jahren gesprochen wird, verbinden die meisten Menschen damit das Bild der Mauer, die einst Berlin trennte. Jedoch fiel 1989 nicht nur eine Mauer, sondern der Eiserne Vorhang - quer durch Deutschland. Der ZwischenRuf blickt zurück, wie die Verhältnisse damals auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts waren.

Gleich an drei Stellen tauchten am 24. August 1989 in Coswig im Bezirk Halle Flugblätter auf. "Viele Jahre haben wir Euch geholfen. Ihr habt uns verkauft. Jetzt können wir Euch nicht mehr halten. Erich und Kumpane, dankt ab!", hieß es auf dem einen. "Hunderte jede Nacht, Erich, wann wirst Du endlich wach?" und "Ungarn, Polen und SU Reformen, Erich, was sagst Du dazu?" auf den anderen beiden (mit Erich ist SED-Generalsekretär Erich Honecker gemeint gewesen, d.A.). Stasi und Polizei gerieten in helle Aufregung und meldeten den Fund der "Hetzschriften" nach Berlin. "Täterhinweise liegen nicht vor", mussten sie eingestehen, dabei hätten sie wissen müssen, dass eine große Mehrheit der DDR-Bevölkerung nicht hinter der "Führung von Partei und Regierung" stand und immer offener für demokratische Reformen eintrat.

Die politische und wirtschaftliche Lage in allen Bezirken der DDR hatte sich 1988/89 zugespitzt. Die "sozialistische Planwirtschaft" war längst an ihre Grenzen gestoßen. Überall herrschte Mangel. 34 Betriebe im Bezirk Magdeburg konnten im Januar 1988 keine Jahresendprämien zahlen, da sie die notwendigen Finanzmittel nicht erwirtschaftet hatten. Im größten Kaufhaus des Bezirkes, im CENTRUM-Warenhaus Magdeburg, gab es bei Damen- und Herrenoberbekleidung sowie bei Waren des täglichen Bedarfs große Sortimentslücken.

Verheerend auch die Lage auf dem Wohnungssektor. Neben dem fehlenden Wohnraum wurde wie in vielen Teilen der Wirtschaft der Mangel an Material beklagt. Verschlissene Badewannen, kaputte WC-Becken und defekte Spülkästen konnten in Magdeburg in zahlreichen kommunalen Wohnungen nicht ausgetauscht werden, weil es einfach keine Ersatzteile gab.

Dächer waren zuhauf undicht, und Busse mussten stillgelegt werden, weil Teile fehlten. Selbst im Gesundheitswesen, jahrelang Vorzeigebereich der SED, häuften sich die Mängellisten. Es fehlten zum Beispiel in der Kinder- und Frauenklinik der Medizinischen Akademie Magdeburg Inkubatoren, Wärmebetten und Beatmungsgeräte. Eine Folge: Die Säuglingssterblichkeit stieg rapide an. Der Bezirk Magdeburg lag mit zehn pro tausend Geburten im Bezirksvergleich an letzter Stelle, der DDR-Durchschnitt betrug 8,7.

Die Aufzählung könnte aus allen Bereichen des Lebens fortgesetzt werden. Überall mehrte sich besonders ab 1988 die Unzufriedenheit der Bürger. Wurde in den Jahren zuvor meist hinter vorgehaltener Hand aus Angst vor der Geheimpolizei über die Unzulänglichkeiten des Systems geschimpft, kam es nun immer häufiger zu offenen Protesten. SED und Staat reagierten mit verstärktem Druck auf die Opposition, die sich mehr und mehr zu formieren begann. Die Wahlfälschung bei den Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 brachte das Fass schon fast zum Überlaufen. 3500 Bürger stellten danach allein im Bezirk Magdeburg Ausreiseanträge. Im Bezirk Halle war die Zahl der Ausreiseanträge schon 1988 auf 7500 gestiegen.

Alle Reformversuche scheiterten am Starrsinn der SED-Funktionäre. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit bis zum endgültigen Zusammenbruch des sozialistischen Partei- und Staatssystems in der DDR.

In den Bezirken Magdeburg und Halle, dem heutigen Sachsen-Anhalt, waren wie in anderen Teilen der DDR die Kirchen der wichtigste Anlaufpunkt für die oppositionellen Gruppierungen. Sie waren zugleich Gastgeber für Veranstaltungen der neuen Bewegung als auch aktive Mitgestalter des Umbruchs. In Halle beispielsweise fand das erste der späteren regelmäßigen "Nachtgebete" bereits am 29. Januar 1988 in der Christusgemeinde als Reaktion auf die Ereignisse um die Liebknecht-Luxemburg-Demonstration kurz zuvor in Berlin statt.

Während der "Nachtgebete" wurden Probleme der Friedens-, Menschen- und Bürgerrechtsbewegung sowie der Ausreiseproblematik besprochen. In Magdeburg fanden Ausreisewillige und Andersdenkende Schutz und Unterkunft vor allem im evangelischen Dom. Im August 1988 beklagten staatliche Stellen, dass sich die regelmäßigen Friedensgebete mit Domprediger Giselher Quast zunehmend gegen die Politik des Staates wenden würden. Ein gutes Jahr später, im Wendeherbst 1989, gingen den Demonstrationen Tausender Magdeburger die Montagsgebete für gesellschaftliche Erneuerung im Dom voraus.

Der Herbst 1989 war kein Zufall, sondern das logische Ende eines Systems, das keine andere Meinung zuließ. Mehr als zwei Millionen Menschen sind vor 25 Jahren für die friedliche Revolution auf die Straßen gegangen. Sie brachten damit nicht nur die unsägliche innerdeutsche Grenze zum Einsturz, sondern ebneten zugleich den Weg zur deutschen Einheit. Im März 1990 war eines der bedeutendsten Ziele erreicht: freie und geheime Wahlen. "Der Mauerfall ist das wichtigste Ereignis unserer jüngsten deutschen Geschichte, und die Erinnerungen daran müssen für die nachfolgenden Generationen gewahrt werden", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Rainer Eppelmann, Anfang September vor Landtagsabgeordneten in Magdeburg.

Wolfgang Schulz

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VORGESTELLT

"Plötzlich 10!"

Die Kunststiftung Sachsen-Anhalt feiert zehnjähriges Jubiläum. Sie unterstützt kreative Newcomer. Gefördert wird zeigenössische Kunst aus Sachsen-Anhalt. Zuschüsse gibt es für künstlerische Ideen, und Projekte der Malerei, Grafik, Bildhauerei und Architektur.


Am 15. Oktober 2004 gegründet, ist sie "Plötzlich 10!" - die Kunststiftung Sachsen-Anhalt. Schon eine ganze Dekade lang unterstützt sie kreative Newcomer dabei, ihre Arbeit national und international zur Geltung zu bringen. Gefördert wird zeitgenössische Kunst in und aus Sachsen-Anhalt. Finanzielle Zuschüsse gibt es für die Umsetzung künstlerischer Ideen aller Branchen, unter anderem für Projekte der Malerei, Grafik, Bildhauerei und Architektur, der angewandten Kunst, des Theaters, des Tanzes und des Films, der Musik, Literatur, der Installation und Performance.

Durch Wettbewerbe, Ausstellungen, Film- und Literaturnächte will die Kunststiftung auch den Kontakt der Gegenwartskunst in Sachsen-Anhalt zu ihrem Publikum fördern. So lädt sie in ihrem Stiftungssitz im Neuwerk 11 in Halle regelmäßig zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst ein. Ausstellungen der Stipendiaten zeigen den Stand der noch nicht etablierten, vor allem jungen Kunst des Landes. Als Plattform für die Künstler bieten die Ausstellungsräume ihnen den Raum für Ausstellungen und Lesungen, kuratorische Kooperationen und künstlerische Experimente.

Anlässlich des zehnjährigen Bestehens zeigt im Neuwerk 11 eine Schriftinstallation einen Rückblick auf die Arbeit der Kunststiftung und Künstlerporträts aller Stipendiaten.

"Unser Jubiläum feiern wir mit Kunst und Mode, Literatur und Film, Musik und Gesprächen", verrät Stiftungsdirektorin Manon Bursian. "Zeitgenössische Kunst in Sachsen-Anhalt ist an- und aufregend, manchmal radikal, immer spannend", meint sie und informiert, dass Sachsen-Anhalts Kunststiftung mit einem Grundkapital von 8,3 Millionen Euro aus der ehemaligen Stiftung Kulturfonds der neuen Bundesländer ausgestattet wurde und seit nunmehr zehn Jahren Künstlerinnen und Künstlern aus Sachsen-Anhalt mit Stipendien finanziell beisteht. Darüber hinaus erlauben spezielle Förderprogramme auch den Blick über regionale Grenzen hinweg. So können Künstlerinnen und Künstler Stipendien für Aufenthalte in New York, Tel Aviv, Istanbul, Kaliningrad und in weiteren ihrer Arbeit förderlichen Ländern erhalten. Für dieses Jahr lagen der Stiftung 26 Anträge zu einem Sonderstipendium New York vor. Bewilligt wurde es dem Designer und Grafiker Alexander Thomas Schmidt, der von Juni bis Ende August in New York lebte und arbeitete.

"Durch die internationalen Arbeitsstipendien können wir Künstler aus Sachsen-Anhalt in die Welt entsenden und ihnen die Begegnung mit der Kunst und Kultur anderer Länder ermöglichen", sagt Manon Bursian.

Bisher konnten sich 58 Stipendiaten über Aufenthalte im Rahmen von Artistin-Residence-Programmen freuen. Ferner wurden durch die Kunststiftung Sachsen-Anhalt in den zehn Jahren ihres Bestehens 253 Einzelstipendien vergeben und 301 Projekte gefördert. Dazu gehört auch "ApocalyptiCAT", eine Ausstellung von Holz- und Papierschnitten der mit dem Landeskunstpreis 2013 gewürdigten Künstlerin Franca Bartholomäi.

"Kunst ist keine Ware, über sie kann es keinen Konsens geben. Die Spielräume der Phantasie und Kreativität sind nicht nur nach Kriterien der Rentabilität und des Marktwerts zu erhalten und zu fördern, sie haben ihre eigenen, freien Gesetze. Diese Freiräume zu schaffen und gleichzeitig optimale strukturelle Bedingungen herzustellen, ist die wichtigste Aufgabe der Kulturpolitik heute."
Manon Bursian, Direktorin der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt

Zur Eröffnung der noch bis 10. Oktober 2014 am Goethe-Institut Washington präsentierten Schau betonte Gunnar Schellenberger, Mitglied des Landtags und des Stiftungsrates, dass internationale Kooperationen als ein Schwerpunkt der Stiftungsarbeit weltweite Begegnungen mit zeitgenössischer Kunst aus Sachsen-Anhalt ermöglichen. "Die Präsentation von herausragenden Arbeiten der Stipendiaten der Kunststiftung machen das vielfältige Kunstgeschehen unseres Bundeslandes über regionale Grenzen hinaus sichtbar und bringen schließlich auch positive Impulse für die Region zurück", so der Politiker.

In der ersten Antragsrunde 2014 hat der Stiftungsrat die Förderung von 43 Künstlern und Projekten mit einem Umfang von insgesamt 241.388 Euro bewilligt. Dazu gehörte ein Ausstellungsprojekt der Initiative "sichtbar - zeitgenössische Kunst e. V.", die im Rahmen der Händelfestspiele in Halle die vielseitige regionale Kunstszene für das kulturinteressierte Publikum wahrnehmbar machte. Ein weiteres gefördertes Projekt bereichert das Cranachjahr 2015 in der Lutherstadt Wittenberg.

Im Rahmen von "Cranach City" nähern sich in einem kollektiven künstlerischen Prozess regionale und internationale Künstler aus den Bereichen Multimedia, Videomapping, 3D-Programming, Media Art, Theater und Tanz mit der Performance "LIGDRACA - Der Lichtdrachen" den Bildmotiven Lucas Cranachs d.J. und den Parallelen zu heutigen Phänomenen an. Die vom Wittenberg Kultur e.V. initiierte Installation wird im kommenden Jahr an der Fassade des Alten Rathauses in Wittenberg zu sehen sein.

Zuvor aber feiert die Kunststiftung vom 15. Oktober bis 25. November 2014 mit ihren Stipendiaten in Halle in der Jubiläumsausstellung "Plötzlich 10!" und begleitenden Veranstaltungen zehn Jahre erfolgreiche, spartenübergreifende und international vernetzte Arbeit. Im Garten der Kunststiftung zeigt "diving platform" eine temporäre Installation von Marc Fromm, und in ganz Sachsen-Anhalt sind Künstlerarbeiten auf Reisen und Bildmotive der Stipendiaten auf Plakatwänden zu entdecken. Am 20. Oktober 2014 wird Sachsen-Anhalts Ministerpräsident a.D. Prof. Dr. Wolfgang Böhmer in der Kunststiftung über "Heimat zwischen Sehnsucht und Distanz" referieren.

Gudrun Oelze


Das komplette Veranstaltungsprogramm der Kunststiftung steht im Web unter www.kunststiftung-sachsen-anhalt.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Ein Haus für die zeitgenössische Kunst. Im Dezember 2011 hat die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt in Halle eine einzigartige Ausstellungsfläche eröffnet. Das zugleich als Stiftungssitz dienende Gebäude lädt zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst ein und präsentiert die Vielfalt, die aus der Förderung durch die Kunststiftung entsteht.

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RÜCKBLICK

Botschafter Italiens zu Gast

Italien hat seit dem 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft inne. Aus diesem Anlass war der stellvertretende italienische Botschafter in Berlin, Giovanni Pugliese, Anfang September zu Gast im Magdeburger Landtag.


Er hätte kein besseres Wetter von der Spree an die Elbe mitbringen können: Bei Sonnenschein und blauem Himmel ist der stellvertretende italienische Botschafter in Berlin, Giovanni Pugliese, Anfang September im Landtag von Sachsen-Anhalt zu Gast gewesen. Anlässlich der italienischen EU-Ratspräsidentschaft hatten ihn die Mitglieder des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien zu einem Gespräch eingeladen. In einem Vortrag vor den Ausschussmitgliedern erläuterte Pugliese die Ziele der italienischen EU-Ratspräsidentschaft bis zum Jahresende.

Schwerpunkte seien die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Steigerung des Wirtschaftswachstums in Europa, so Pugliese. Er betonte, dass vor allem junge Menschen in Europa wieder eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt finden müssten.

Außerdem will Italien bis Ende des Jahres ein Papier zur gemeinsamen Klima- und Energiepolitik 2030 voranbringen und den Wettbewerb innerhalb der Europäischen Union fördern. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ergebe sich aus der globalen Rolle und Verantwortung Europas in der Welt. Hier nannte Pugliese insbesondere die Herausforderung durch politische Umbrüche in Nordafrika, Syrien und der Ukraine sowie die stetig wachsende Zahl an Migranten in Europa.

Seitens des Landtags betonte der Vorsitzende des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien, Ralf Geisthardt (CDU), dass Europa von Visionen und Realitätssinn lebe. "Wir gehen optimistisch an die Lösung der Probleme, und wir müssen besser lernen, den Bürgerinnen und Bürgern deutlich zu machen, welche Möglichkeiten Europa bietet. Dann werden aus Visionen auch echte Chancen."

Die EU-Ratspräsidentschaft wechselt nach einer festgelegten Reihenfolge alle sechs Monate. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören die Organisation und Durchführung aller Ratstreffen, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten zu garantieren sowie die Vertretung der EU gegenüber Drittstaaten und internationalen Organisationen zu gewährleisten. Deutschland war im ersten Halbjahr 2007 an der Reihe und wird die EU-Ratspräsidentschaft erst nach 2020 wieder übernehmen.

Stefanie Böhme

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RÜCKBLICK

Auf der Suche nach einer Vision

Von Sachsen-Anhalt lernen und aus den Erfahrungen bei der Entwicklung des ländlichen Raums profitieren. Das war Ziel einer Studienreise von zehn Projektmitarbeitern der Aga-Khan-Stiftung Tadschikistan im September. Dafür reisten die Teilnehmer einmal quer durch unser Land und machten auch im Landtag Station.


Wir wollen so viel wie möglich lernen und viele Ideen mit in unsere Heimat nehmen", sagte Jodgor Faisov, Direktor der Aga-Khan-Stiftung Tadschikistan, anlässlich eines Besuches Anfang September im Landtag. Zwar sei ihm bewusst, dass nicht alle Erfahrungen eins zu eins in seiner Heimat wiederholt werden könnten, "aber wir können eine ungefähre Vorstellung bekommen, was möglich ist, wir suchen eine Vision."

Tadschikistan liegt in Zentralasien, entlang der alten Seidenstraße. Im Süden grenzt es an Afghanistan, im Osten an China. Nach Informationen des Auswärtigen Amtes können nur sieben Prozent der Landesfläche landwirtschaftlich genutzt werden, dennoch arbeiten 70 Prozent der Bevölkerung in diesem Bereich. Es werden vor allem Baumwolle, Obst (Aprikosen, Weintrauben, Nüsse), Gemüse und Getreide angebaut. Von den acht Millionen Tadschiken leben mehr als 40 Prozent unterhalb der Armutsgrenze. Auf die Frage, welche Dinge in seinem Land am dringendsten angepackt werden müssten, antwortete Jodgor Faisov: "Das sind die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Demokratisierung der Gesellschaft."

Bei einem Arbeitsessen mit dem Landtagspräsidenten und einzelnen Abgeordneten interessierten sich die tadschikischen Gäste vor allem für Themen aus den Bereichen Landwirtschaft, Tourismus und Zivilgesellschaft. Landtagspräsident Detlef Gürth sagte nach dem Treffen: "Jeder muss seinen eigenen Weg gehen, wir fühlen uns daher nicht berufen, Vorschläge zu machen. Aber wir erzählen gern, was in den letzten 25 Jahren für uns wichtig war." Außerdem gab er der Delegation mit auf den Weg, wie wichtig es sei, den Menschen die Freiheit zu geben, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und dabei nicht zu vergessen, dass damit auch Verantwortung verbunden sei. Schließlich wies Gürth in dem Gespräch auch auf den Gedanken der Nachhaltigkeit hin: "Man sollte immer bedenken, welche Folgen unser Tun und Handeln für unsere Kinder und für nachfolgende Generationen haben."

Finanziert und organisiert wurde die Reise der Tadschiken von der Aga-Khan-Stiftung, der größten nicht-staatlichen Entwicklungshilfeorganisation der Welt. Diese hatte ganz bewusst Sachsen-Anhalt als Anschauungsobjekt gewählt. Zum einen, weil Sachsen-Anhalt nach der Wende 1989 teilweise mit den gleichen Problemen und Veränderungen konfrontiert war wie Tadschikistan heute. Als Beispiel sei hier die Privatisierung großer staatlicher landwirtschaftlicher Betriebe genannt. Zum anderen weist Sachsen-Anhalt ähnliche geoklimatische Bedingungen wie die tadschikischen Mittelebenen auf. Nach dem Landtag besuchte die tadschikische Delegation unter anderem noch das Majoranwerk in Aschersleben, die Rinderzuchtanlage in Hohenberg-Krusemark und das Bundesgartenschaugelände in Havelberg.

Stefanie Böhme

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RÜCKBLICK

Ein Werkstattbericht

Archivarinnen und Archivare aus ganz Deutschland weilten Ende September in der Landeshauptstadt Magdeburg. Die Mitglieder der Fachgruppe 6 interessierten sich insbesondere für die Arbeit im Archiv und in der Parlamentsdokumentation des Landtags.


Stellen Sie sich vor, Sie wollen für einen Bericht in einem Archiv Informationen und Materialien zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs recherchieren und das Archiv hat weder eine Homepage noch Recherchemöglichkeiten im Internet. Die Kontaktaufnahme und die Recherche wären für Sie enorm erschwert. Wahrscheinlich würden Sie sich ein anderes Archiv aussuchen, das bessere Zugänge bietet, weil Sie gar nicht die Zeit haben, um per Telefon und persönlicher Vorsprache alle Details zu klären. Wie schafft man da Abhilfe?

Der Deutsche Archivtag machte bei seiner 84. Auflage vom 24. bis 27. September Station in der Landeshauptstadt Magdeburg. Unter dem Motto "Neue Wege ins Archiv - Nutzer, Nutzung, Nutzen" kamen Archivmitarbeiter und andere Experten zusammen, um allem voran die Entwicklung der Archive in der digitalen Welt zu erörtern. Der Archivtag wurde in der Magdeburger Messe abgehalten.

Die Fachgruppe 6, bestehend aus Vertretern der Archive in den deutschen Parlamenten und Stiftungen, traf sich jedoch am Eröffnungstag zum Informationsaustausch traditionell - sofern in einer Landeshauptstadt stattfindend - im Archiv des Landesparlaments.

Die Fachgruppe 6 tagte in diesem Jahr gemeinsam mit Landtagsarchivar Peter Fauck und Andrea Link-Köster von der Parlamentsdokumentation im Landtag von Sachsen-Anhalt. In ihren Vorträgen gaben sie darüber Auskunft, wie die Schriftgutverwaltung und Langzeitarchivierung per elektronischer Akte im Landtag gehandhabt wird und welche Angebote die Parlamentsdokumentation für Abgeordnete, Mitarbeiter, aber auch Bürger bereithält. Der Landtag von Sachsen-Anhalt nimmt bei der elektronischen Langzeitarchivierung von Dokumenten, Fotos, Filmen und Audiodateien eine Vorreiterrolle in Deutschland ein. Ergänzend gab es für die Fachgruppe 6 eine Führung durch den Landtag und das Referat 14, das die Bibliothek, die Dokumentation und das Archiv umfasst.

Hat man sich vor dem Internetgang noch mit Findkarten und Buchregister durch den Aktendschungel eines Archivs geschlagen, sind heutzutage Online-Findmittel selbstverständlich geworden. Komfortable Recherchemethoden jenseits des Staubs der Jahrhunderte werden eingefordert und neue Kommunikationswege wollen genutzt werden. Wie können die Archive digitales und digitalisiertes Archivgut rechtskonform bereitstellen? Welche Recherchemöglichkeiten können mit vertretbarem Aufwand zur Verfügung gestellt werden? Interessant wird auch sein, inwiefern durch neue Kommunikationsmöglichkeiten auch neue Informationen zum Archivgut aufkommen, die für ein größeres Publikum interessant sind und deshalb zugänglich sein sollten.

Diese Anliegen wurden beim 84. Deutschen Archivtag in Magdeburg thematisiert. In gut 40 Foren wurden sie in vielen Facetten ausgeleuchtet und diskutiert. In einer abschließenden Podiumsdiskussion wurden die Ergebnisse zusammengeführt und zukunftsgerichtet diskutiert.

Dr. Stefan Müller

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VOM HARZ INS HERZ VON ANHALT

Unter dem Motto "Bunte Stadt - buntes Land" war die Stadt Wernigerode im Juli Gastgeber für den diesjährigen Sachsen-Anhalt-Tag. Über drei Tage lang strömten Hunderttausende Menschen in die Stadt im Harz und feierten bei tropischen Temperaturen ausgelassen ihr Landesfest. Mittendrin an allen drei Tagen waren auch die Abgeordneten des Landtags. In der Themenstraße "Weltoffenes Sachsen-Anhalt" informierten sie über die Geschehnisse im Landtag und standen Rede und Antwort.

Der nächste Sachsen-Anhalt-Tag findet im Herzen der Region Anhalt statt - in Köthen. Die Stadt ist nicht nur als Bachstadt bekannt, sondern hat sich seit der Wende auch als Weltstadt der Homöopathie einen Namen gemacht. Außerdem feiert Köthen im nächsten Jahr sein 900-jähriges Stadtjubiläum. Termin für das nächste Landesfest ist der 29. bis 31. Mai 2015, das Motto lautet dann: "Köthen - ANHALTen und erleben!" Alle weiteren Informationen finden Sie im Internet auf
www.sachsen-anhalt-tag-2015.de

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Informativ, transparent und modern

Politik in Sachsen-Anhalt online erleben

Der Webauftritt des Landtags macht das Parlament von Sachsen-Anhalt "durchschaubar": Die bedienfreundliche Navigation leitet zu den unterschiedlichen Angeboten - von aktuellen Informationen über Hintergrundberichte bis hin zu Wissenswertem über Ihren Landtag.

Erleben Sie Politik online - egal ob zu Hause oder unterwegs.

www.landtag.sachsen-anhalt.de

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IMPRESSUM

Herausgeber: Der Präsident des Landtages von Sachsen-Anhalt

Auflage und Erscheinen: 10.000 Exemplare, vierteljährlich

Redaktion/Bestelladresse: Landtag von Sachsen-Anhalt
Ref. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Besucherdienst
und Protokoll
Domplatz 6-9, 39094 Magdeburg
Fon: 0391 / 560 0
Fax: 0391 / 560 1123
www.landtag.sachsen-anhalt.de
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Redaktion: Ursula Lüdkemeier (Ltg.), Stefanie Böhme, Ulrich Grimm, Dr. Stefan Müller, Gudrun Oelze, Wolfgang Schulz,

Fotos:
Titel: DPA; Seite 4: Fotos - Landtag von Sachsen-Anhalt; Seite 5: Illustration Sebastian Bretthauer, Ideengut; Seite 6: CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt; Seite 7: Dr. Uwe Volkmar Köck; Seite 8: Bundesarchiv, Bild 183-R05951 (l), Bundesarchiv, Bild 183-B22222 Herber (r); Seite 9: Bundesstiftung Aufarbeitung (Fotobestand Uwe Gerig, Bild 6319) (l), coonlight - fotolia.com (r); Seite 10-11: Saale-Unstrut-Tourismus e.V.; Seite 12-13: Fotos, Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH; Seite 14: Landtag von Sachsen-Anhalt; Seite 16: Marco2811 - fotolia.com; Seite 17: K. Rockmann/pixelio.de; Seite 18: Fotos Landtag von Sachsen-Anhalt; Seite 19: Landtag von Sachsen-Anhalt; Seite 20: Archiv Ideengut; Seite 21: Bundesstiftung Aufarbeitung (Fotobestand Uwe Gerig, Bild 9102); Seite 22: Christian Richters; Seite 23: Christian Richters (o), Falk Wenzel (u); Seite 24: Landtag von Sachsen-Anhalt; Seite 25: Fotos - Landtag von Sachsen-Anhalt; Seite 26: Landtag von Sachsen-Anhalt, Seite 27: Fotos - Landtag von Sachsen-Anhalt.

Satz & Gestaltung: IdeenGut OHG | www.ideengut.info

Druck: Harzdruckerei GmbH. www.harzdruck.de

Redaktionsschluss: 30. September 2014

Dieses Magazin dient der Öffentlichkeitsarbeit des Landtages von Sachsen-Anhalt. Es wird kostenfrei verteilt. Es darf weder von Wahlbewerbern noch von Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden.

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Quelle:
ZwischenRuf 3/2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2014