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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2088: Haushalt 2015 - "Solide und gerecht" oder "Dokument des Scheiterns"? (Landtag)


Der Landtag - Nr. 04 / Dezember 2014
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

Haushalt 2015: "Solide und gerecht" oder "Dokument des Scheiterns"?


Schleswig-Holsteins Landeshaushalt für 2015 ist unter Dach und Fach. Der Landtag verabschiedete den Etat Mitte Dezember mit den Stimmen von SPD, Grünen und SSW. Die Koalition sieht sich auf Kurs Richtung Konsolidierung und Modernisierung. Die Opposition aus CDU, FDP und Piraten votierte geschlossen mit Nein und forderte vergeblich mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur.


Nach sechsstündiger, teils hitziger Debatte stand der Etat. Er sieht Ausgaben von gut 10,3 Milliarden Euro vor. Statt der ursprünglich geplanten 98 Millionen Euro ist die Neuverschuldung mit 262 Millionen angesetzt. Zur Verfassungsgrenze bleibt ein Puffer von 134 Millionen. Rot-Grün-Blau erhöht die Verschuldung, weil die Steuereinnahmen weniger stark wachsen als zunächst erwartet. Die Investitionsquote liegt wie im Vorjahr bei 7,3 Prozent. Der Schuldenberg des Landes beträgt rund 27 Milliarden Euro.

CDU-Fraktionschef Daniel Günther attackierte den Haushalt als "Dokument des Scheiterns dieser Landesregierung". Die Koalition habe eine Milliarde Euro mehr zur Verfügung als Schwarz-Gelb im Jahr 2012, rechnete Günther vor: "Sie aber investieren weder in Straßen noch in Bildung." Das Geld "versickere" in der Verwaltung. Die CDU hatte vergeblich gefordert, die Investitionsquote auf 7,8 Prozent hochzufahren, 18 Millionen Euro Bafög-Mittel an die Hochschulen zu verteilen und 90 Millionen in die maroden Landesstraßen zu stecken. Zudem sei es möglich, so Günther, 400 neue Lehrer und mittelfristig 160 zusätzliche Polizisten einzustellen. Die Forderungen der Opposition seien reine "Parteitagsrhetorik" und nicht seriös finanziert, konterte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Er verteidigte die Neuverschuldung von 262 Millionen Euro. Sportstätten, Schwimmbäder und Krankenhäuser erhielten ebenso mehr Geld wie das Landeslabor oder die Städtebauförderung: "Wir wissen, dass der Bedarf an vielen Stellen größer ist, aber im Rahmen der Möglichkeiten tun wir das Möglichste". Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben warf der Opposition vor, sie wolle populistisch Mittel verteilen, die es gar nicht gebe. Im Gegensatz zur Union, die auf die Marschroute "Beton statt Köpfe" setze, stehe der Haushalt der Nord-Ampel dafür, das Leben der Menschen besser zu machen, so von Kalben.

Der FDP-Finanzexperte Heiner Garg nannte Rot-Grün-Blau die "mit Abstand schlechteste Regierung, die dieses Land jemals erdulden musste". Seine Forderung: Jeweils 50 Millionen mehr für Hochschulen und Infrastruktur, 30 Millionen für die Krankenhaus-Sanierung. Garg hielt insbesondere der SPD vor, sich gegen ein Prüfungsrecht des Landesrechnungshofs bei der Eingliederungshilfe zu stemmen. Hierbei geht es um rund 650 Millionen Euro pro Jahr für Menschen mit Behinderung. "Die Frage, wie dieses Geld passgenau verwendet werden kann, interessiert Sie nicht", schimpfte Garg: Die SPD vertrete an dieser Stelle nur die Interessen der Sozialverbände.

Piraten-Fraktionschef Torge Schmidt warnte die Koalition davor, auf dauerhaft niedrige Zinsen zu setzen: "Falls das Zinsniveau wieder steigt, kommen wir in eine Haushaltsnotlage." Ein Prozent Zinssteigerung auf dem Kapitalmarkt mache Mehrausgaben von 300 Millionen Euro aus. Das Ziel der Koalition, mehr Lehrerstellen im System zu belassen, sei zwar zu begrüßen, so Schmidt. Allerdings gebe es noch gar keine "verlässliche Lehrerbedarfsprognose". Auch die Piraten wollten die Hochschulen stärker bezuschussen und verlangten mehr Mittel für die Verbraucherzentralen.

Lars Harms vom SSW unterstrich, die Nord-Ampel habe im sozialen und kulturellen Bereich neue Akzente gesetzt. Dies sei nicht "nice to have", weil man "Geld über hat", sondern ein "unverzichtbarer Grundpfeiler der Gesellschaft". Auch Harms bedauerte, dass der Rechnungshof weiterhin den Kommunen bei der Vergabe der Eingliederungshilfe nicht auf die Finger schauen darf. Hier seien SSW und Grüne koalitionsintern am Veto der SPD gescheitert.

Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) zeigte sich überzeugt: "Schleswig-Holstein kommt dem Ziel eines dauerhaft ausgeglichenen Haushalts einen weiteren großen Schritt näher". Mit seiner "Balance aus Investition in Bildung, Infrastruktur und Haushaltskonsolidierung" sei der Etat "solide und gerecht". Angesichts der Proteste - vor dem Landeshaus demonstrierten während der Haushaltsberatungen 2.500 Studenten für eine bessere Ausstattung der Unis - sprach Albig aber auch von einem "Haushalt der kleinen Schritte". "Mehr geht nicht in dieser Zeit", bekannte er. Die Koalition habe sich "bewusst dafür entschieden", die BAföGMittel des Bundes in 728 Lehrerstellen zu stecken und 2015 nicht an die Unis zu geben.

Der Haushalt im Detail: Drucksache 18/2480 (396 Seiten)

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 04 / Dezember 2014, S. 7-8
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Februar 2015

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