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BILDUNG/1086: Mit guten Ganztagsschulen allen Kindern gleiche Chancen bieten


SPD-Pressemitteilung 459/13 vom 26. August 2013

Mit guten Ganztagsschulen allen Kindern gleiche Chancen bieten



Auf der heutigen Konferenz der SPD "Gleiche Chancen für alle - eine gerechte Bildungspolitik für unser Land" in Offenbach wurde folgendes Papier von Yasemin Karakasoglu, Thorsten Schäfer-Gümbel, Sigmar Gabriel und Doris Ahnen vorgestellt:

Das deutsche Bildungssystem ist gut, aber nicht gut genug. Noch immer hängen Bildungschancen zu stark von sozialer und kultureller Herkunft, vom Bildungsstand der Eltern und deren Geldbeutel ab. Ziel unserer Politik ist es, diesen Zusammenhang aufzubrechen und dafür zu sorgen, dass jeder seinen Bildungsweg selbstbestimmt gemäß den eigenen Wünschen und Talenten gestalten kann. In Deutschland haben Kinder aus Akademikerfamilien bei gleicher Leistung eine fast viermal so hohe Chance eine Empfehlung für das Gymnasium zu bekommen, wie Kinder aus einer Arbeiterfamilie. Eine solche Entwicklung spaltet unsere Gesellschaft dauerhaft, das können und wollen wir nicht hinnehmen. Teilhabe und Aufstieg durch Bildung müssen für alle möglich sein.

Kooperationsverbot überwinden, Bildungsinvestitionen ausbauen

Wie kaum ein anderes Land ist Deutschland von der Ressource Bildung abhängig, zur Sicherung des sozialen Zusammenhaltes und des ökonomischen Erfolges gleichermaßen. In den Ländern, in denen wir Verantwortung tragen, haben wir in den letzten Jahren viel erreichen können, z.B. durch den Ausbau von Kitaplätzen und Ganztagsschulen oder die konsequente Abschaffung der Studiengebühren. Das föderale System in der Bildung hat sich bewährt, dennoch müssen wir uns bewusst sein, dass die gesamtstaatlichen Herausforderungen in Bildung und Wissenschaft nur von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam zu bewältigen sind.

Um den Ganztagsschulausbau voranbringen zu können und die Bildungsinfrastruktur insgesamt auszubauen, wollen wir neue Formen der Zusammenarbeit von Bund und Ländern entwickeln. Der Bund darf die Länder bei dieser Zukunftsaufgabe nicht weiter alleine lassen. Wir wollen das Kooperationsverbot durch einen kooperativen Bildungsföderalismus und die Möglichkeit dauerhafter Finanzhilfen des Bundes für Bildung und Wissenschaft ersetzen. Zur Finanzierung des Ganztagsschulausbaus und anderer Aufgaben im Bildungs- und Wissenschaftsbereich wollen wir insgesamt jährlich 20 Mrd. Euro zusätzlich investieren. Damit Bund und Länder gemeinsam in der Lage sind diese Mittel aufzubringen, werden wir einige Steuern für einige Starke erhöhen. Das ist sozial gerecht und ökonomisch sinnvoll.

Diese Einsicht aber fehlt der amtierenden Bundesregierung. Auch in der Bildungspolitik erweist sich Schwarz-Gelb als Koalition des Stillstands. Neue Impulse fehlen ebenso wie die Bereitschaft, Verantwortung für die Gesamtheit unseres Bildungssystems zu übernehmen. Bildung ist nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern trägt auch zur Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit bei. Eine moderne Bildungspolitik verändert die Institutionen und ihr Selbstverständnis und orientiert sich an der Vielfalt der Biographien. Das deutsche Bildungssystem muss sich unter den Bedingungen der Globalisierung interkulturell und international öffnen, um so fit zu machen für eine aktive und verantwortungsbewusste Mitwirkung in der globalisierten Welt.

Rechtsanspruch auf Ganztagsplätze

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen die Schulen im Mittelpunkt der Gesellschaft. Hier entstehen Lebenschancen durch Wissen und soziale Kompetenz. Die Schulen sind der Ort, an dem wir alle zusammen kommen, wo ein "Wir"-Gefühl entsteht. Wir stehen dafür, jede und jeden individuell zu fördern und Inklusion als grundlegendes Prinzip im Bildungswesen durchzusetzen. Schule muss ein Ort sein, der mehr Raum und Zeit für das gemeinsame Lernen bietet. Der bedarfsgerechte Ausbau und die Verbesserung bestehender Ganztagsschulen stellen hierfür die Weichen.

Gemeinsam mit Bund und Ländern wollen wir deshalb schrittweise jedem, der möchte, einen Ganztagsplatz anbieten - egal wo und in welcher Schulform. Im Sinne eines ganzheitlichen Bildungsangebotes wollen wir dieses Angebot zu einem Rechtsanspruch auf Plätze in Ganztagskitas und -schulen weiterentwickeln, um so verlässliche Perspektiven zu geben.

Zweites Ganztagsschulprogramm

Vor genau zehn Jahren hat eine SPD geführte Bundesregierung einen Paradigmenwechsel in der deutschen Bildungspolitik eingeleitet. Mit einem ersten Ganztagsschulprogramm ist es gelungen, zwischen 2003 und 2009 fast 8.000 neue Ganztagsschulen zu schaffen. 70% der Eltern wünschen sich heute für ihre Kinder einen Platz in einer Ganztagsschule, entsprechende Angebote aber gibt es erst für etwa 30%. Aus pädagogischer, integrations-, sozial- und auch wirtschaftspolitischer Sicht bietet der weitere quantitative und qualitative Ganztagsausbau hervorragende Chancen, das Bildungssystem leistungsfähiger zu machen, alle Begabungen zur Entfaltung zu bringen und Chancengleichheit zu stärken.

Deshalb wollen wir, dass der Bund in einem zweiten Ganztagsschulprogramm in der kommenden Legislaturperiode zusätzliche Mittel für den Ganztagsschulausbau bereitstellt. Mit einem solchen Programm könnte es gelingen, in vier Jahren rund 1 Million zusätzliche Ganztagsschulplätze zu schaffen. Damit würden die notwendigen Impulse gesetzt, um möglichst allen Kindern die gleichen Chancen für ihr Leben mit auf den Weg zu geben.

Schulsozialarbeit flächendeckend ausbauen

Bei einem weiteren Ausbau der Ganztagsschulen in Deutschland kommt es darauf an, nicht nur in die Infrastruktur, sondern insbesondere auch in die Qualität der Angebote zu investieren. Eine gute Ganztagsschule ist mehr als nur ein warmes Mittagessen oder ein beliebiges Betreuungsangebot. Gute Ganztagsschulen schaffen die personellen, zeitlichen und räumlichen Voraussetzungen, um das starre 45-Minuten-Zeitkorsett zu durchbrechen und im Wechsel von Lern- und Entspannungsphasen flexiblere und kindgerechtere Lernumfelder zu schaffen.

Eine gute Ganztagsschule schafft Chancen, damit genug qualifiziertes Fachpersonal - Lehrkräfte, Sozialpädagoginnen und -pädagogen, Erzieherinnen und Erzieher - allen Kindern und Jugendlichen hilft, ihre Stärken und Begabungen, ihre Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft zu entwickeln, zu erproben und zu entfalten. Mit guten Konzepten können Ganztagsschulen zu aktiven gesellschaftlichen Orten entwickelt werden, die integrative und inklusive Funktionen mit attraktiven Freizeitangeboten und außerschulischen Bildungsangeboten sowie lebendigen Beziehungen zum lokalen Umfeld verbinden. Gute Ganztagsschulen können dabei helfen, die so wichtigen Übergänge im Bildungssystem besser vorzubereiten. Zugleich bieten sie den Eltern die Verlässlichkeit, die sie zur Vereinbarung von Familie und Beruf benötigen.

Um die Entwicklung guter Ganztagsschulen voranzubringen, wollen wir die Schulsozialarbeit flächendeckend ausbauen. Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen ergänzen die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer und können in multiprofessionellen Teams den Kindern und Jugendlichen gezielte Angebote machen. Deshalb sehen wir in der Schulsozialarbeit einen wichtigen Baustein der Qualitätskomponente eines zweiten Ganztagsschulprogramms. Die im Bildungs- und Teilhabepaket 2011 von der SPD durchgesetzten Bundesmittel für Schulsozialarbeit müssen zudem dauerhaft zur Verfügung stehen.

Dafür steht die SPD:

  • Kooperationsverbot für Schulen und Hochschulen aufheben,
  • jährlich 20 Mrd. Euro zusätzlich für Bildung,
  • Rechtsanspruch auf Ganztagsplätze in Kitas und Schulen,
  • ein zweites Ganztagsschulprogramm
  • flächendeckender Ausbau der Schulsozialarbeit

Damit das WIR entscheidet.

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Quelle:
SPD-Pressemitteilung 459/13 vom 26. August 2013
Herausgeber: SPD Parteivorstand, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2013