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AFRIKA/1024: Streik im öffentlichen Dienst Südafrikas (ZLV)


Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek - 23. August 2011

Streik im öffentlichen Dienst Südafrikas

von Detlev Reichel, Thabazimbi


Der nationale Streik der Arbeiter im öffentlichen Dienst erhitzt zur Zeit die Gemüter der bürgerlichen Massenmedien in Südafrika. Die Gewerkschaft South African Municipal Workers' Union (SAMWU) fordert 18 Prozent mehr Lohn, die Regierung in Gestalt der Vereinigung der öffentlichen Arbeitgeber (South African Local Governments Association, SALGA) bietet 6,08 Prozent.

Seit Montag verleihen Gewerkschafter im ganzen Land ihren Lohnforderungen Nachdruck mit Streikposten, Demonstrationen und militanten Aktionen. Selbst im kleinen Bergbaustädtchen Thabazimbi im Bushveld der nördlichsten Provinz Limpopo gab es eine Demonstration. Die Mehrheit der Beschäftigten in der Müllabfuhr, den Wasserwerken, dem Fahrdienst usw. empfinden das Angebot von SALGA als Beleidigung. Arbeiterinnen und Arbeiter im öffentlichen Dienst verdienen durchschnittlich umgerechnet 450 Euro im Monat. Bei den steigenden Lebenshaltungskosten in Südafrika ist damit schwer auszukommen, wenn man bedenkt, daß ein Arbeiter in vielen Fällen eine ganze Familie - von der Groer bis zu den Nichten und Enkeln mit seinem kargen Lohn versorgen muss. In Südafrika liegt die Arbeitslosigkeit zwischen 25 bis 30 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung.

Eine der häufigsten Protestformen in diesem Streik ist das Auskippen von Abfall auf den Fahrdamm. Plastikmülltonnen werden angezündet, vereinzelt, wie in Kapstadt, kam es leider auch zu Vandalismus und Plünderungen.

Selbstverständlich mahnt die SAMWU ihre Mitglieder, Aktionen zu unterlassen, die lediglich dazu führen, die Bevölkerung gegen sie aufzubringen. Aber die Arbeiter hätten ein Recht darauf, zornig zu sein, sagt die Gewerkschaft. »Sie wissen, daß sie die Straanach wieder säubern müssen. Aber solange sie unsichtbar bleiben, unterbewertet, unterbezahlt und miesen Arbeitsbedingungen unterworfen, machen sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auf ihre Situation aufmerksam«, erläuterte SAMWU-Sprecher Tahir Sema gegenüber der Presse.

In den Provinzhauptstädten übergaben Gewerkschafter ihre Forderungen an die Provinz-Premiers. So auch in Johannesburg, wo am Freitag mehrere Hundert streikende städtische Beschäftigte der Premierministerin der Provinz Gauteng, Nomvula Mokonyane, eine Petition überreichten. Darin fordern die Gewerkschafter die Intervention der Premierministerin im Tarifstreit. »Die (öffentlichen) Unternehmen können 18 Prozent Lohnsteigerung verkraften, ohne öffentliche Tarife und Steuern erhöhen zu müssen - schauen Sie sich nur die Gehälter der Geschäftsführer und Manager an«, sagt Koena Ramotlou, SAMWU-Vorsitzender in Gauteng. Municipal Manager, eine Art Geschäftsführer der Stadtverwaltung, nehmen bis zu 800.000 Rand, rund 77.330 Euro Jahresgehalt mit nach Hause.

In der kleinen, aber bevölkerungsreichen Industrie-Provinz Gauteng hat die Gewerkschaft SAMWU noch mit ganz anderen Widrigkeiten zu kämpfen. Dort läuft zur Zeit ein Korruptionsverfahren gegen Provinz-Funktionäre, die angeblich ca. 6 Millionen Rand (rund 580.000 Euro) aus der Gewerkschaftskasse unterschlagen haben sollen. Diese Information ist gerade rechtzeitig zum Streik an die Medien gelangt. Die schwache Mobilisierung der Arbeiter in Gauteng ist vermutlich diesem Umstand geschuldet.


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Quelle:
Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. August 2011