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AFRIKA/1296: Afrika-Gipfel als Startschuss für verstärktes Engagement der USA (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 33 vom 15. August 2014
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Die Entdeckung Schwarzafrikas
Afrika-Gipfel als Startschuss für verstärktes Engagement der USA

von Georg Polikeit



Nun scheint auch USA-Präsident Obama, der erste US-Präsident mit dunkler Hautfarbe, die Entwicklungspotenziale und Zukunftschancen auf dem afrikanischen Kontinents entdeckt zu haben. Afrika werde "die nächste große Erfolgsstory", verkündete er auf dem ersten Afrika-Gipfel der USA, zu dem er Anfang August rund 50 afrikanische Staats- und Regierungschefs nach Washington eingeladen hatte. Afrika sei "der jüngste Kontinent und der Kontinent mit dem stärksten Wirtschaftswachstum", sagte er. Zeitgleich prognostizierte der IWF für Afrika im Jahr 2015 ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 5,8 Prozent, mehr als auf jedem anderen Kontinent.

Bei solchen Zukunftsaussichten wollen auch die 90 großen US-amerikanischen Konzerne nicht länger abseits bleiben, die gleichfalls zu dem Gipfel mit den Afrikanern eingeladen waren (u. a. General Electric, Chevron, Citigroup, Ford Motor, Lockheed Martin und Walmart). Obama ermunterte seine Gäste, die Gelegenheit zu nutzen, um mit den Managern dieser Firmen in individuellen Gesprächen künftige Projekte anzubahnen.

Die Macher von Politik und Wirtschaft in den USA haben für eine stärkere Hinwendung zu Afrika allen Grund. Denn sie sind da ziemlich im Rückstand. Während die USA den ersten Afrika-Gipfel abhielten, hat China schon die fünfte Veranstaltung solcher Art hinter sich. Der Umsatz chinesischer Unternehmen mit Afrika belief sich 2013 auf 210 Milliarden Dollar, mehr als doppelt so viel wie die USA (85 Milliarden). Nach China kommt im Handel mit Afrika vor den USA noch die EU auf Platz 2. Auch Länder wie Indien und Brasilien haben die Geschäfte mit Afrika in den letzten Jahren erheblich ausgebaut. "Wir haben viel Arbeit. Wir müssen es besser machen, viel besser", meinte der Chef des Weißen Hauses.

Offenbar sind die Führungskreise der USA ernsthaft bestrebt, sich einen größeren Anteil am afrikanischen Kuchen zu sichern. In erster Linie geht es natürlich um die reichen afrikanischen Bodenschätze. Aber anvisiert wird auch eine größere Rolle der US-Konzerne beim Ausbau von afrikanischen Infrastrukturen. Da geht es um teilweise große Aufträge für den Bau von Kraftwerken, Stromnetzen, Energieanlagen und um den Ausbau von afrikanischen Kommunikationsnetzen (Telefon, Internet). Auch die US-amerikanischen Banken sollen sich stärker im Afrika-Geschäft engagieren, z. B. mit Krediten für solche Aufträge. Außerdem gibt es in Afrika billige Arbeitskräfte für die profitable Herstellung von Waren aller Art. Und nicht zuletzt ist Afrika auch als wachsender Absatzmarkt für USamerikanische Produkte von Interesse.

Unter diesem Blickwinkel hat Obama den Afrikanern US-amerikanische Investitionen in Milliardenhöhe versprochen. Der größte Teil davon soll allerdings nicht vom Staat, sondern von den amerikanischen Multis kommen. Aber auch das staatliche Entwicklungsprogramm "Power Africa" wurde auf 26 Milliarden US-Dollar verdoppelt. Damit soll vor allem die Versorgung des südlichen Afrika mit Strom ausgeweitet werden. Außerdem wurde das seit 2000 laufende Freihandelsabkommen, mit dem einige afrikanische Produkte zollbegünstigt in die USA importiert werden können (African Growth and Opportunity Act - AGOA) über 2015 hinaus verlängert und mit 7 Milliarden Dollar zusätzlich ausgestattet. Das macht zusammen 33 Milliarden, die der US-Staat aufbringen will.

Ob dies allerdings ausreichen wird, um, wie versprochen, dem Wirtschaftswachstum in Afrika einen starken Schub zu versetzen und mehr Beschäftigung und Arbeitsplätze für die Afrikaner zu schaffen, steht auf einem anderen Blatt. Die Erfahrung besagt, dass die US-Konzerne, wenn sie Geld in die Hand nehmen und Investitionen finanzieren, in der Regel keine Liebesgaben verschenken. Investitionen müssen sich für sie lohnen. Das heißt, dass die Frage, was mit dem Geld gemacht und wo investiert wird, nicht in erster Linie von den Afrikanern nach den nationalen Notwendigkeiten und Bedürfnissen der Menschen entschieden wird, sondern danach, wovon sich die "Investoren" die größten Gewinne versprechen.

Die Obama-Administration hat den Afrika-Gipfel aber auch dafür genutzt, ein stärkeres militärisches Engagement der USA in Afrika einzuläuten. Obama verkündete zwar, dass er keine Bodentruppen in die afrikanischen Krisenherde schicken wolle. Aber eine größere Rolle der USA bei der "Beratung" afrikanischer Staaten in "Sicherheitsfragen", bei der Ausbildung afrikanischer Streitkräfte und nicht zuletzt auch bei ihrer Ausrüstung mit modernen Waffen wurde angekündigt. Für die "Initiative für Sicherheit und Gouvernanz" in Afrika sollen bereits im ersten Jahr 65 Millionen Dollar eingesetzt werden. Als Empfänger dieser "Militärhilfe" wurden Tunesien, Mali, Niger, Nigeria, Kenia und Ghana benannt. Außerdem wollen die USA einen "Beitrag" zum Aufbau einer afrikanischen "schnellen Eingreiftruppe" (CARIC) leisten, wurde angekündigt. Dabei sollen insbesondere Äthiopien, Senegal, Ghana, Tansania, Ruanda und Uganda mit US-Hilfe "bedacht" werden. Das United States Africa Command (Africom), in Stuttgart angesiedelt, soll entsprechend ausgebaut werden.

"Afrika ist ein Kontinent des Aufbruchs... Afrika ist ein Kontinent der Zukunft und der Chancen, aber Herausforderungen und Risiken für die weitere Entwicklung bleiben." So steht es in den neuen "Afrikapolitischen Leitlinien", die das deutsche Bundeskabinett im Mai verabschiedet hat. Nun scheint die US-Administration nachgezogen zu haben. Es darf also erwartet werden, dass sich der Run der westlichen Großmächte auf die Reichtümer und Märkte Afrikas in nächster Zeit erheblich verstärken wird.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 46. Jahrgang, Nr. 33 vom 15. August 2014, Seite 7
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2014