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ASIEN/727: Kambodscha - Vertreibungen durch fehlerhaftes Weltbankprojekt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. März 2011

Kambodscha: Vertreibungen durch fehlerhaftes Weltbankprojekt

Von Irwin Loy

Häuser an der Ostseite des Boeung-Kak-Sees abgerissen - Bild: © Irwin Loy/IPS

Häuser an der Ostseite des Boeung-Kak-Sees abgerissen
Bild: © Irwin Loy/IPS

Phnom Penh, 21. März (IPS) - Die Weltbank hat im Zusammenhang mit einem Landvergabeprojekt in Kambodscha die Vertreibung von 4.000 Familien am Ufer des Poeung-Kak-Sees in der Hauptstadt Phnom Penh zugelassen. Zu diesem Ergebnis kommt der Prüfungsausschuss der internationalen Finanzorganisation.

Die Anschuldigungen der Boeung-Kak-Anrainer seien ernst, sagte Roberto Lenton, Vorsitzender der Weltbankprüfstelle in einer Mitteilung. Der Fall werfe grundlegende Fragen zu ihren Landrechten auf. Außerdem habe die Weltbank mit ihrer Zustimmung zu dem Projekt gegen eigene Richtlinien zur Vermeidung von Zwangsräumungen verstoßen.

In einer ganzen Reihe von Berichten und Mitteilungen kommt das Panel zu dem Schluss, dass das von der Weltbank finanzierte Landtitelvergabeprojekt nicht den Schutz der einkommensschwachen Familien gewährleistet hat, die sich hier im Zentrum der Hauptstadt nach dem Ende der brutalen Herrschaft der Roten Khmer niederließen.

Dass in dem südostasiatischen Land viele Menschen keine Landrechte besitzen, ist ein Erbe der Roten Khmer, die Privateigentum verboten hatten. Die Weltbank finanziert das Landmanagementprojekt LMAP als Teil eines Plans, um die Landprobleme Kambodschas zu lösen. LMAP war in Verruf geraten, weil es den 4.000 Anrainern auf Geheiß der Regierung Landtitel verweigert hatte.

Obwohl viele der Bewohner etliche Jahre lang am Rand des Boeung-Kak-Sees lebten, erklärten die Behörden das Gelände zu Staatseigentum, das sie später an einen chinesischen Investor verpachteten. Im Anschluss daran wurden die Anrainer aufgefordert, das 133 Hektar große Areal zu verlassen, auf dem Bürotürme und Villen entstehen sollen.

"Den Prüfungsteam war der Schaden, den die Menschen durch die Vertreibung erlitten haben, ersichtlich", heißt es in dem Untersuchungsbericht des Weltbank-Kontrolle. Sie werfen der internationalen Finanzorganisation vor, das Problem gegenüber der kambodschanischen Regierung und dem Projektpartner erst dann angesprochen zu haben, als die Situation schon nicht mehr zu retten war.

LMAP ist es gelungen, mehr als eine Million Landtitel an vorwiegend ländliche Familien auszugeben. Dann wurde es von der Regierung abrupt mit der Begründung eingestellt, die Weltbank stelle "zu viele Bedingungen".

Etwa 1.600 der insgesamt 4.000 betroffenen Familien haben die von den Behörden angebotenen winzigen Abfindungen in Höhe von insgesamt 8.500 US-Dollar angenommen und das Gebiet verlassen. Auch allen anderen Familien liegen Räumungsaufforderungen vor.

Inzwischen hat die Weltbank selbst eingeräumt, dass Tausende von Familien von der Vertreibung bedroht sind, denen die LMAP eigentlich helfen sollte. Sie entdeckte bei der Untersuchung der Vorwürfe weitere 8.400 Familien, die ebenfalls Gefahr laufen, vertrieben zu werden. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2011