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ASIEN/795: Sri Lanka - Tamilen-Frage weiterhin heikel, Regierung lehnt UN-Menschenrechtsresolution ab (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. März 2012

Sri Lanka: Tamilen-Frage weiterhin heikel - Regierung lehnt UN-Menschenrechtsresolution ab

von Amantha Perera

Präsident Rajapaksa verbittet sich jede ausländische Einmischung - Bild: © Amantha Perera/IPS

Präsident Rajapaksa verbittet sich jede ausländische Einmischung
Bild: © Amantha Perera/IPS

Colombo, 23. März (IPS) - Als der UN-Menschenrechtsrat Sri Lanka kürzlich in einer Resolution dazu ermahnte, den Empfehlungen der nach dem Bürgerkrieg gebildeten Versöhnungskommission zu folgen, kamen aus der Hauptstadt Colombo kritische Töne.

"Die Resolution ermutigt Sri Lanka dazu, die Empfehlungen seiner eigenen Kommission umzusetzen und Verantwortung zu übernehmen, auf deren Grundlage anhaltende Versöhnungsbemühungen aufbauen können", sagte die US-Botschafterin in dem Gremium, Eileen Chamberlain Donahoe, in Genf.

Wie erwartet lehnten die srilankischen Führer die Resolution ab. Der Kabinettsminister Mahinda Samarasinghe, der die Delegation seines Landes in Genf leitete, kritisierte die Resolution als "falsch verstanden, unberechtigt und unzeitig".

Seit das Militär den 30-jährigen Bürgerkrieg in dem südasiatischen Inselstaat beendete, sind inzwischen zwei Jahre und zehn Monate vergangen. Die meisten Mitglieder des UN-Menschenrechtsrats halten es für an der Zeit, dass die Regierung in Colombo die Rechte der Tamilen-Minderheit im Land garantiert.

Tausende Zivilisten starben, als der Krieg 2009 mit einer blutigen Offensive im Norden des Landes zu Ende ging. Dort hatte sich die Separatistenbewegung 'Tiger von Tamil Eelam' (LTTE) verschanzt.

Die von den USA initiierte Resolution wurde mit 24 Ja-Stimmen, 15 Gegenstimmen und acht Enthaltungen angenommen. Sri Lankas Außenminister G. L. Peiris äußerte sich aber zufrieden darüber, dass 15 Länder trotz des hohen Drucks nicht gegen den Inselstaat votiert hätten. "Soweit Sri Lanka betroffen ist, wird sich unsere Politik in allen Bereichen weiterhin an den vitalen Interessen und dem Wohlergehen der Bevölkerung orientieren."


Verbündeter Indien ließ Sri Lanka im Stich

Signifikanterweise votierte jedoch Sri Lankas Verbündeter und einflussreicher Nachbar Indien zugunsten der Resolution. Premierminister Manmohan Singh erläuterte am 19. März vor dem indischen Parlament die neue Haltung seines Landes, das Colombo gegen Versuche aus den USA und Europa verteidigt hatte, den Krieg 2009 vor den UN-Menschenrechtrat zu bringen.

Laut einer offiziellen Erklärung Indiens hatte die srilankische Regierung im gleichen Jahr dem UN-Gremium zugesichert, "einen einvernehmlichen Weg in Richtung Aussöhnung durch eine politische Vereinbarung zu schaffen, die alle ethnischen und religiösen Gruppen in dem Land respektiert".

Indien drängte Sri Lanka, Maßnahmen zu ergreifen, um sich in der Verantwortung zu zeigen und die Einhaltung der Menschenrechte zu fördern. "Diese Schritte werden mehr als alle unsere Erklärungen in dem Rat eine echte Aussöhnung zwischen allen Gruppen in Sri Lanka einschließlich der Tamilen herbeiführen."

Menschenrechtsaktivisten messen der Resolution lediglich einen symbolischen Wert bei. "Dieser besteht darin, dass viele Länder erklärt haben, Sri Lanka habe die Erwartungen hinsichtlich der internationalen Menschenrechtsabkommen nicht erfüllt", sagte Ruki Fernando vom 'Law and Society Trust'. Viel werde nun davon abhängen, ob die Regierung bereit sei, die Empfehlungen der Versöhnungskommission umzusetzen und mit dem UN-Menschenrechtsrat zu kooperieren.

Die im September 2010 von Staatspräsident Mahinda Rajapaksa gebildete Kommission, die die Kriegsereignisse zwischen 2002 und Mai 2009 untersuchen sollte, legte im vergangenen November ihren Abschlussbericht vor. Beobachtern zufolge deutet manches darauf hin, dass die Regierung nicht kooperieren wird. Der srilankische Delegationsleiter Mahinda Samarasinghe erklärte gegenüber dem UN-Menschenrechtsrat, dass sein Land das Gremium regelmäßig über Fortschritte informieren werde.

Knapp einen Tag nach der Annahme der Resolution verkündete Präsident Rajapaksa bei einer öffentlichen Veranstaltung in der nordwestlichen Stadt Puttalam, dass er keine Form der ausländischen Intervention dulden werde. "Nach dem Krieg gegen die LTTE ist dies die zweite Schlacht, vor der wir stehen", sagte der Wohnungsbauminister Wimal Weeravansha bei einem anderen Treffen in Colombo.


Öffentliche Proteste gegen westliche Einmischung

Weeravansha hat bereits Bürgerproteste gegen die von ihm als westliche Einmischungsversuche genannten Initiativen angeführt. Mitte 2010 rief er zu einem Hungerstreik vor den UN-Büros in der srilankischen Hauptstadt auf. Außerdem forderte er die Menschen im Land auf, US-Produkte wie Coca Cola und Google zu boykottieren.

Die meisten Teilnehmer von Demonstrationen sind der Ansicht, dass Sri Lanka und die Rajapaksa-Regierung zur Zielscheibe der Kritik westlicher Staaten werden, weil sie mit mächtigen Staaten wie Indien, China und Russland verbündet sind. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/Pages/HRCIndex.aspx
http://www.lawandsocietytrust.org/
http://www.amnesty.de/laenderbericht/sri-lanka
http://www.hrw.org/asia/sri-lanka
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107161

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 23. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2012